Protocol of the Session on March 26, 2014

nie zuvor besuchen das Gymnasium. Sie haben das Ziel, die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Dadurch gibt es am Gymnasium eine so große Begabungsverteilung unter den Schülern wie noch nie. Dann eben gibt es Gott sei Dank an den bayerischen Gymnasien einen so hohen Anteil wie noch nie von Schülern aus Familien, in denen sonst niemand Gymnasialerfahrung oder akademische Erfahrung aufweisen kann. Außerdem gibt es an den bayerischen Gymnasien einen hohen Anteil junger Menschen aus Familien mit Zuwanderungshintergrund; Gott sei Dank nimmt deren Zahl zu. Genau darauf müssen wir Antwort geben. Das tun wir mit unseren Angeboten.

Im vergangenen Herbst habe ich als Teilnehmer an der Landesversammlung des Philologenverbandes auf die dortigen Entscheidungen reagiert. Ich habe betont, dass wir eine Antwort auf den Befund brauchen, dass die Schülerschaft am bayerischen Gymnasium so heterogen ist wie noch nie. Wir antworten darauf mit einem völlig neuen Förderkonzept, das übrigens die bayerische gymnasiale Schulfamilie entwickelt und beschlossen hat. Die Bayerische Staatsregierung und die sie damals tragende Koalition haben mehrere hundert zusätzliche Lehrerplanstellen bereitgestellt. Die Bayerische Staatsregierung hat dafür gesorgt, dass flächendeckend eine völlig neue Förderkonzeption in der Mittelstufe verfolgt werden kann. Bei der Versammlung des Philologenverbandes habe ich gesagt, dass wir bereit sind, diesen Weg im Dialog mit dem Philologenverband zu beschreiten. Wir sind bereit, über Gedanken zu sprechen, die von dieser Analyse zur qualitätvollen Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums ausgehen.

Genau das hat der bayerische Ministerpräsident aufgegriffen und unterstrichen. Die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion haben heute bekräftigt, dass wir ausgehend von dieser Analyse und diesem Modell, das wir in Bayern anbieten können, die Überlegungen des Philologenverbandes zum Anlass nehmen, um mit der gesamten gymnasialen Schulfamilie und darüber hinaus selbstverständlich mit allen weiteren interessierten bildungspolitischen Kräften über die Weiterentwicklung des Gymnasiums zu sprechen. Ich meine, dass wir ein bayerisches Gymnasium haben, das darauf reagiert, wie unterschiedlich Kinder sich entwickeln. Der Herr Fraktionsvorsitzende hat unterstrichen, dass wir das mit der nötigen Sorgfalt und Ruhe tun und hat zu Recht darauf hingewiesen, dass man eine solche Debatte nach dem Prinzip zu führen hat, dass Qualität vor Geschwindigkeit geht, ohne dabei die notwendige zeitliche Dimension aus den Augen zu verlieren. Genau diese Antwort geben wir heute. Wir erfüllen diesen angebotenen Dialog mit Leben. Das hat die Staatsregierung gestern noch einmal bekräftigt. Das werden wir zeitnah tun, um die

Entwicklung des bayerischen Gymnasiums mit diesen Herausforderungen, denen zu begegnen ist, ruhig und sachlich voranzubringen.

Ich kann das Zerrbild, das Sie vom bayerischen Gymnasium in vielen Teilen heute hier zeichnen, nicht bestätigen. Wir sehen, dass diese neue Förderkonzeption an allen bayerischen Gymnasien in der Mittelstufe in vollem Umfang umgesetzt ist. Wir wissen, dass zum Teil sogar Angebote zur Unterstützung der Begabtenförderung in einer solchen Förderkultur vorhanden sind. An einem großen Teil der bayerischen Gymnasien wird von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, ein zusätzliches Jahr in Anspruch zu nehmen. Insofern ist heute ein guter Tag für die gymnasiale Familie in Bayern.

(Beifall bei der CSU)

Entschuldigung, Herr Minister, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Es folgt eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Felbinger.

Herr Staatsminister, Sie haben Ihr Förderkonzept für das bayerische Gymnasium noch einmal erläutert und ein Loblied darauf gesungen. Können Sie uns definitiv sagen, ob Sie künftig das G 8 oder das G 9 möchten?

Ihr Volksbegehren weist einen wirklich strukturellen Retro-Entwurf auf. Sie denken systemisch. Wir sind in Bayern längst darüber hinweg. Im Mittelpunkt muss das Kind stehen. Das kann ich Ihnen am Konzept der flexiblen Grundschule erklären.

(Beifall bei der CSU)

Sie denken einfach noch so wie im 19. oder im 20. Jahrhundert. An einer flexiblen Grundschule durchlaufen bis 1 % der Kinder die ersten zwei Jahrgangsstufen in einer jahrgangskombinierten Klasse in einem Schuljahr, weil die Kinder diesen Entwicklungsgang gehen können. Rund 95 % der Kinder, die an einer solchen flexiblen Grundschule beschult werden, durchlaufen die ersten zwei Jahrgangsstufen in einer jahrgangskombinierten Klasse in zwei Schuljahren, weil das ihrer Entwicklung entspricht. Knapp 4 % der Kinder an flexiblen Grundschulen durchlaufen die ersten zwei Jahrgangsstufen in einer jahrgangskombinierten Klasse in drei Schuljahren, weil dies ihrer Entwicklung entspricht. Das ist die Realität an Bayerns Schulen. Genau das ist die Philosophie, mit der wir das bayerische Gymnasium weiterentwickeln. Sie haben demgegenüber einen Retro-Entwurf, mit dem Schulen gezwungen werden sollen, acht- und neunjährige Züge zusammen an einem Standort zu führen.

(Zuruf des Abgeordneten Günther Felbinger (FREIE WÄHLER))

- Zwischen Höflichkeit und Brüllen sollte Intelligenz liegen. Das kann man feststellen. – Sie müssen die Frage beantworten, wie Sie mit einem solchen RetroModell an Standorten, die nicht in Ballungszentren liegen, Angebote mit parallel geführten Zügen bei niedrigen Schülerzahlen aufrechterhalten wollen. Sie sind die Totengräber der kleinen Landgymnasien. Dies müssen Sie der Bevölkerung erklären, nicht wir.

(Beifall bei der CSU)

Wenn ich mich mit Herrn Kollegen Piazolo austausche, kann ich an seinen Überlegungen erkennen, dass auch Sie Antworten auf die unterschiedliche Entwicklung der Schülerschaft an den Gymnasien geben wollen. Hier besteht ein Anknüpfungspunkt, wo wir gemeinsam weiterdenken können, weil wir diese Analyse teilen. Ich könnte mich jetzt wiederholen, verweise aber auf das Protokoll. 61 % der Kinder im Landkreis München treten auf das Gymnasium über. In der Kernstadt München sind es 52 %. Damit haben wir einen sehr hohen Anteil an Schülerinnen und Schülern am Gymnasium, Gott sei Dank auch aus Elternhäusern, die keine gymnasiale oder akademische Vorbildung aufweisen. Gott sei Dank haben auch die jungen Menschen mit Migrationshintergrund an dieser Zahl einen hohen Anteil, der noch steigerungsfähig ist. Auf diese Entwicklungen brauchen wir Antworten. Deshalb kann es nicht nur um die formale Frage G 8 oder G 9 bzw. Schuhschachtel 8 oder Schuhschachtel 9 gehen. Wir müssen den jungen Menschen die Möglichkeit geben, auf ihre Entwicklung eine Antwort durch das bayerische Gymnasium zu bekommen. Das ist mit der Konzeption, die in Bayern Wirklichkeit ist, ein Stück weit der Fall.

Darf ich Sie an die Redezeit erinnern?

Okay. Wir können diese Diskussion gerne verschieben. Dies ist jedenfalls die Philosophie, mit der wir herangehen. Wir wollen die politische Aussage, eine Dialogplattform zu schaffen, mit Leben erfüllen.

Herr Staatsminister, einen Moment. Für die nächste Zwischenbemerkung erteile ich Herrn Kollegen Gehring das Wort.

Herr Kultusminister, ich teile Ihre Analyse, dass sich das Gymnasium des 21. Jahrhunderts verändert. Wir haben höhere Übertrittsquoten und eine veränderte Schülerschaft, wobei ich sagen muss: Eine Übertrittsquote in Bayern von 40 % ist im bundesweiten Vergleich niedrig. Bayern

hat eine Entwicklung nachgeholt und wird weiter aufholen müssen. Die Anforderungen an ein neues Gymnasium stehen vor uns.

Sie sprechen in Bezug auf den Vorschlag der FREIEN WÄHLER gern von einem Retro-Modell. Sie kennen unsere Position dazu. Sie haben jedoch auch ein Retro-Modell. Sie stellen zwar die richtigen Fragen, aber Ihre Antwort lautet immer, dass alles in der Struktur des jetzigen G 8 bleiben müsse. Alles soll systemimmanent beim G 8 bleiben.

Die Philologen, ein Teil Ihrer gymnasialen Schulfamilie, waren noch im August auf Ihrer Linie. Sie haben diese Linie verlassen. Andere haben sie auch verlassen. Sie haben erkannt, was in Bayern bei den Verbänden, bei den Eltern, bei den Lehrerinnen und Lehrern und in der Schülerschaft los ist. Wir haben eine Trendumkehr. Das Bild hat sich gewandelt. Sie können deshalb nicht sagen: Wir machen einen Dialog, aber es bleibt alles so, wie wir es uns im Kultusministerium ausgedacht haben. Sie müssen jetzt entweder springen oder nicht. Meine Sorge ist, dass der Ministerpräsident irgendwann springt, und dann springen Sie hinterher. Dann wird es aber wieder kein Konzept geben, und es wird wieder keine gute Reform des Gymnasiums auf den Weg gebracht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Bildung ist ein organischer Prozess, die Bildungspolitik auch. Auch wenn Sie springen, wir werden in Ruhe vorangehen. Es ist schön, wenn Sie wissen, was wir im Kultusministerium entwickeln werden. Ich beschreibe die gymnasiale Wirklichkeit in Bayern sehr differenziert. Ich glaube, dass ich sehr deutlich gemacht habe, wo inhaltliche und qualitative Entwicklungen vorangetrieben werden können. Nach der gemeinsamen Analyse und der Ankündigung des Modells des Philologenverbandes, das ich gestern der "dpa" entnommen habe, dessen Ansatz ich aber logischerweise noch nicht intensiv prüfen konnte, ist die Strategie, dass eine differenzierte Lernzeit in unterschiedlicher Form ermöglicht werden soll. Dieser Ansatz, der mit meinem Namen verbunden ist, soll die Grundlage der Weiterentwicklung sein. Darüber werden wir gemeinsam sprechen.

Bei der Weiterentwicklung des Lehrplans sollte bei unterschiedlichen Lernzeiten nicht vom Stoffumfang des alten neunjährigen Gymnasiums ausgegangen werden, sondern im Wesentlichen von dem Stoffumfang des achtjährigen Gymnasiums. Wenn Sie von einem Stoffumfang von neun Jahren ausgehen, also von deutlich mehr, müssten wir darüber diskutieren. Das habe ich bis jetzt bei Ihnen so nicht wahrgenom

men. Ich verstehe die individuelle Lernzeit so, dass von einem stofflichen Umfang von acht Jahren auszugehen ist und dafür neun Jahre Lernzeit zur Verfügung gestellt werden.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Davon hat doch kein Mensch gesprochen!)

Wenn Sie von einem Stoffumfang von neun Jahren ausgehen, wäre das ein ganz neuer Ansatz. Wir werden diesen Weg gegebenenfalls so nicht mitgehen. Ich bin aber, wie Sie wissen, immer gern bereit, das Gymnasium im Dialog mit Ihnen fortzuentwickeln.

Mir wurde noch der Wunsch von Frau Kollegin Kohnen nach einer weiteren Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte, Frau Kollegin.

Herr Minister Spaenle, ich möchte Sie fragen, ob Sie der Ansicht sind, dass das G 8 damals organisch eingeführt wurde. Haben Sie da wirklich viele Menschen gefragt, insbesondere Menschen, die davon betroffen sind, wie Schüler, Eltern und Lehrer? Ich finde, dass Sie im Moment sehr wortreich, sehr fantasievoll, fast prosaisch und lyrisch um das G 8 herumreden. Wir hätten gern eine Antwort auf die Frage, wann sich die Situation ändert, in der die Schüler stecken. Wir können hier so viele Prozentzahlen aufsagen, wie wir wollen: Die Schüler leiden unter Leistungsdruck und erbringen derzeit die schlechtesten Abiturleistungen. Ich selbst und viele der Kollegen haben Kinder im G 8.

Reden Sie doch einmal Tacheles, statt uns immer etwas von "organisch" und Ähnlichem zu erzählen. Was wollen Sie denn machen? Wann kommt das G 9? Wann wollen Sie diesen Weg gehen? Welches Konzept haben Sie? Sie eiern hier herum, dass es unerträglich ist.

(Beifall bei der SPD)

Ich fühle mich durch die Qualität Ihrer prosaischen Lyrik sehr berührt. – Das Ergebnis der bayerischen Abiturienten sieht so aus, dass wir im bundesweiten Ranking hinter Thüringen auf Platz 2 stehen. Das ist das Ergebnis des bayerischen Gymnasiums.

(Beifall bei der CSU)

Bayern ist das einzige Land, das im Moment den Schülern im Gymnasium eine unterschiedliche Lernzeit gemäß ihrer Entwicklung ermöglicht. Bayern gibt als eines von wenigen Ländern eine Antwort auf diese

Entwicklung, und zwar mit einem Konzept, das vom Schüler ausgeht.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Aber kein Mensch nimmt das an! Kein Schüler macht das Flexijahr!)

Wir gehen nicht von der Struktur aus. Von dieser Überlegung ausgehend verstehe ich den Anstoß des Philologenverbandes. Wir werden uns intensiv mit den anderen Gruppen der Schulfamilie des bayerischen Gymnasiums austauschen. Wir wollen den Ansatz umsetzen, dass die jungen Menschen am Gymnasium die Lernzeit in Anspruch nehmen können, die sie benötigen, um das Ziel des bayerischen Abiturs gut zu erreichen.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen nun zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt.

Zunächst lasse ich in einfacher Form über den Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/1094 abstimmen. Das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Gibt es Gegenstimmen? – Das sind die Fraktionen der CSU und der SPD. Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltung des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN ist der Antrag abgelehnt. Nun komme ich zu den namentlichen Abstimmungen. Ich bitte kurz um Aufmerksamkeit. Zuerst wird der Antrag auf Drucksache 17/1099 der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN aufgerufen. Für die erste Abstimmung stehen fünf Minuten zur Verfügung, für die weiteren Abstimmungen dann nur mehr drei Minuten. Der Abstimmungsvorgang ist eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 18.00 bis 18.05 Uhr)

Kolleginnen und Kollegen, die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung und bitte kurz um Ihre Aufmerksamkeit. Ich werde die nächsten beiden Abstimmungen auf jeweils drei Minuten verkürzen.

Wir kommen zur nächsten namentlichen Abstimmung über den Antrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/1107. Die Urnen stehen bereit. Sie haben drei Minuten für die Abstimmung.

(Namentliche Abstimmung von 18.05 bis 18.08 Uhr)

Ich schließe den Abstimmungsvorgang. Die Abstimmung ist beendet. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben. Zwischenzeitlich fahren wir mit der nächsten Abstimmung fort. Ich lasse über den Antrag der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/1108 abstimmen. Die Urnen stehen wieder bereit. Auch für diesen Abstimmungsvorgang stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Unruhe)

Ich habe die Abstimmung noch nicht eröffnet. – Ich eröffne jetzt die Abstimmung.

(Namentliche Abstimmung von 18.09 bis 18.12 Uhr)

Die drei Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Auch dieses Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben.

Ich gebe nun die Ergebnisse der Richterwahl bekannt - das ist der Tagesordnungspunkt 4. Zunächst zum Wahlvorschlag Michael Lorbacher: An der Wahl haben 150 Abgeordnete teilgenommen. Kein Stimmzettel war ungültig. Auf Herrn Michael Lorbacher entfielen 125 Stimmen. Mit Nein stimmten zwei Abgeordnete. Der Stimme enthielten sich 23 Abgeordnete.