Protocol of the Session on March 26, 2014

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. Bitte bleiben Sie am Rednerpult, Frau Dr. Strohmayr. Es folgt die Zwischenbemerkung von Frau Brendel-Fischer.

Frau Dr. Strohmayr, Sie haben schon in der letzten Legislaturperiode immer wieder angesprochen, dass unsere Lehrpläne so voll sind und die Kinder deswegen so viel lernen müssen. Könnten Sie sich vorstellen, die Lernzeit in

acht Jahren zu erhöhen? Da gibt es doch sicher kreative Möglichkeiten. In Ihrem Antrag steht dieses Switchen auf neun Jahre nicht dezidiert. Können Sie sich vorstellen, in acht Jahren mehr Lernzeit zu haben, indem Sie Lerninhalte, die man nicht braucht, herausnehmen?

Ich glaube, am Lehrplan ist in den letzten Jahren genug herumgedoktert worden. Sie selbst sprechen immer von Ruhe im System. Wir sollten hier einmal Ruhe einkehren lassen und nicht noch weiter herumexperimentieren. Wir sollten stattdessen wirklich einmal an der Zeit drehen. Natürlich gibt es Möglichkeiten – das möchte ich nicht bestreiten -, das G 8 zu verbessern. Aber das wissen Sie, glaube ich, selber am besten. Wir waren erst vor Kurzem gemeinsam auf dem Ganztagsschulkongress. Wir haben sogar darüber gesprochen. Sie wissen auch und haben es mir selber erzählt - deshalb finde ich Ihre Frage auch nicht gerechtfertigt -, dass die Ganztagsschule in Bayern, gerade am Gymnasium, noch nicht angenommen wird. Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen. Wir brauchen einen Weg für ein Gymnasium, bei dem wir, natürlich bedarfsgerecht, Ganztagsangebote machen, falls Sie darauf hinauswollen, bei dem wir Schülerinnen und Schülern aber auch die Möglichkeit geben, im G 9 das Abitur zu machen.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. – Jetzt kommt Herr Professor Piazolo bitte ans Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich zu Wort gemeldet, weil man das eine oder andere so einfach nicht glauben kann. Seit zwei Tagen wird das Konzept des Philologenverbandes in der gesamten Medien- und Presselandschaft diskutiert. Nur Ihnen, Frau SchreyerStäblein, scheint es nicht vorzuliegen. Sie kennen es nicht!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Wir haben nächste Woche einen Termin und werden es dann entscheiden!)

Sie wissen nicht, was darin steht. Sie haben es noch nie gehört. Das ist doch unglaublich.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Sie sind vor einigen Monaten vom Wähler beauftragt worden, hier zu regieren – nicht Sie persönlich, aber

die CSU –, und Sie kümmern sich nicht darum, was in diesem Land in der Bildungspolitik an Konzepten auf dem Tisch liegt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD – Unruhe bei der CSU)

Ich war heute auf der Pressekonferenz.

(Prof. Dr. Gerhard Waschler (CSU): Sie haben wohl das Plenum geschwänzt!)

- Nein, ich habe das Plenum nicht geschwänzt, Herr Waschler, sondern ich war sogar als erster Redner im Plenum. Wenn Sie da gewesen wären, wüssten Sie das.

(Beifall und Heiterkeit bei den FREIEN WÄH- LERN, der SPD und den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Ihre Rede war zu unauffällig, Herr Kollege!)

Herr Professor, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nachher gerne. – Nein, ich glaube, bei meiner Rede war Herr Waschler nicht da. Das liegt also nicht an der Rede, sondern es liegt an seiner Person. Wenn er nicht da ist, kann er sie auch nicht mitbekommen.

Es geht doch um Folgendes: Wenn man in einem Land Bildungspolitik mitgestaltet und ein nicht unbedeutender Philologenverband – das wissen Sie, wahrscheinlich sind Sie selber Mitglied, Herr Waschler ein Konzept vorlegt, dann ist es doch eine Pflicht der CSU-Fraktion, dieses Konzept zur Kenntnis zu nehmen und zu kennen. Und das soll nicht erst Tage danach geschehen, sondern heute ist das Konzept auf dem Markt, und seit vorgestern wird es besprochen. Ich jedenfalls glaube, dass das dazugehört. Der Pressesprecher des Kultusministeriums hat es schon seit Stunden. Dann sollte es Ihnen auch zugänglich sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN – Zurufe der Abgeordneten Jürgen W. Heike (CSU) und Professor Dr. Gerhard Waschler (CSU))

Angeblich kennen Sie unser Konzept auch nicht. Es liegt schon seit Monaten vor, aber Sie kennen es nicht. Insofern bitte ich darum, dass wir, wenn wir über Konzepte reden, diese anschauen und uns darüber austauschen.

Der nächste Punkt ist auch eine Bitte. Es ist nicht zu bestreiten, dass es wirklich einen vielstimmigen Chor gibt, gerade auch in Ihrer Fraktion und in Ihrer Regierung. Das sieht man alleine heute, wenn man sich die

Meldung durchliest – gut, das ist nur aus zweiter Hand, das gebe ich zu. Der Herr Ministerpräsident sagt, die Regierung soll jetzt das Heft in die Hand nehmen. Da frage ich mich: Wer ist denn an der Regierung? Er hat es in der Hand. Er müsste das Heft in der Hand haben.

(Beifall und Lachen bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Er sollte nicht sagen, die Regierung soll das Heft jetzt in die Hand nehmen. Er müsste es in der Hand haben. Sie, Herr Spaenle, scheinen das Konzept im Gegensatz zu Ihrer Fraktionskollegin zu kennen.

(Margarete Bause (GRÜNE): Aber die Regierung kann es nicht!)

Sie sagen, es gibt gute Anknüpfungspunkte im Konzept. Zitiere ich das richtig? Sie haben heute gesagt, es gibt gute Anknüpfungspunkte im Konzept des Philologenverbandes. Das heißt, Sie kennen das Konzept.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Sie kennen die Grundsätze, und Sie kennen das Konzept. Machen Sie sich einfach einmal bei Herrn Spaenle kundig, was dieses Konzept enthält.

(Lachen bei den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Das Nächste: Herr Kreuzer sagt, wir werden so schnell nichts ändern. Herr Ministerpräsident Seehofer sagt, wir nehmen das Heft in die Hand. Das bedeutet für mich, wir wollen auch etwas ändern. Der Fraktionsvorsitzende sagt, wir werden so schnell nichts ändern. Wir debattieren das nicht erst seit drei Tagen, sondern seit Wochen und Monaten. Ich wüsste ganz gerne, wo die CSU-Fraktion und wo die Regierung steht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN – Zuruf der Abgeordneten Kathrin Sonnenholzner (SPD))

Ich habe eine Bitte, die ich nicht im Interesse der Fraktion der FREIEN WÄHLER, der SPD oder der GRÜNEN, sondern im Interesse der Schüler und Eltern in diesem Land ausspreche: Machen Sie endlich deutlich, wo Sie stehen, und stellen Sie in den nächsten Wochen klar, wie das Gymnasium aussehen soll und wie Sie es in den nächsten Tagen und Monaten und insbesondere bis zum nächsten Schuljahr entwickeln wollen! Das ist meine Bitte. Tun Sie den Schülern diesen Gefallen! Sie haben lange genug unter

dem G 8 gelitten. Ändern Sie etwas, meine sehr verehrten Damen und Herren!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Einen Moment bitte, es folgt eine Zwischenbemerkung. Bitte schön.

Herr Piazolo, Sie haben gerade deutlich darauf hingewiesen, dass die Philologen ihr Konzept heute Morgen vorgestellt haben. Nach meiner Kenntnis soll es morgen Abend dem Ministerpräsidenten und dem Minister und nächste Woche der Fraktion vorgestellt werden. Daher können Sie davon ausgehen, dass wir darüber mit Sicherheit gründlich diskutieren. Sie können aber nicht erwarten, dass wir heute einen Bericht bekommen und daraufhin auf die Schnelle verkünden: Jetzt machen wir alles anders; denn das ist genau das, was Sie angegriffen haben.

(Isabell Zacharias (SPD): Dann legt doch einen eigenen Vorschlag vor!)

Sie haben gesagt, wir sollen nicht im Hauruck-Verfahren vorgehen. Wie passt das zusammen? Über das G 8 sagen Sie, es wurde zu schnell eingeführt. Jetzt wollen wir das Konzept in Ruhe ansehen, und das ist Ihnen auch nicht recht. Wie passt das zusammen?

Das erkläre ich Ihnen. Erstens ist die eine oder andere Bemerkung zugespitzt; das gebe ich zu, das gehört sich aber in einer solchen Plenardebatte durchaus. Zweitens teile ich Ihnen mit, was ich erwarte. Ich erwarte von der CSU-Fraktion, aber auch von der Regierung, dass sie nicht auf ein Konzept des Philologenverbandes wartet, sondern selber weiß, was sie will. Das erwarte ich von der CSU-Fraktion. Das ist verantwortungsvolle Bildungspolitik.

(Anhaltender Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Danke schön. Ich bitte nun Herrn Minister Dr. Spaenle ans Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Hohes Haus, sehr geehrter Herr Kollege Piazolo! Das aus meiner Sicht nachrangigste und pädagogisch unkreativste Konzept machen Sie derzeit zum Gegenstand einer Volksgesetzgebung. Das möchte ich schon einmal betonen.

Das bayerische Gymnasium ist eine leistungsstarke Schule. Seit der Einführung seiner achtjährigen Form vor genau zehn Jahren hat der Zuspruch zum bayerischen Gymnasium von etwa 34 % auf jetzt 40 % der Schülerinnen und Schüler eines Jahrgangs zugenommen. Das Gymnasium ist also die am häufigsten gewählte Schulart unter den weiterführenden Schulen bei uns in Bayern. So viel sage ich zu Qualität und Akzeptanz des bayerischen Gymnasiums.

Bayern ist das erste Land, das es jungen Menschen im Schulwesen ermöglicht, die individuelle Lernzeit in Anspruch zu nehmen, die sie für ihre persönliche Entwicklung benötigen. Diesen Weg gehen wir mit der flexiblen Grundschule und mit den Möglichkeiten, die wir auf dem Weg zum mittleren Abschluss etwa an der Mittelschule mit dem 9+2-Modell bieten. Wir bieten jedem jungen Menschen, der in Bayern einen mittleren Abschluss erworben hat, die Möglichkeit, sich weiterzubilden und die berufliche Oberschulen oder die Oberstufe des bayerischen Gymnasiums zu besuchen. Wir können den jungen Menschen, die auf diesem Weg zusätzliche Zeit und Entwicklungsmöglichkeiten brauchen, in jeder Schulart flächendeckend ein zusätzliches Jahr anbieten.

Mit Beginn dieses Schuljahres können wir auch in der Schulart, die im Landesdurchschnitt von 40 %, also von den meisten Familien in unserem Land, als weiterführende Schule gewählt wird, ein solches Grundkonzept anbieten. Hierbei erkenne ich zum Beispiel einen thematischen Anknüpfungspunkt an die Überlegungen des Philologenverbandes. Die Frage der Anforderungen stellt sich hier in besonderer Weise. Die jungen Menschen in Bayern können darüber entscheiden, ob sie das Gymnasium mit dem Flexibilisierungsjahr in neun Jahren oder in acht Jahren absolvieren. – Frau Kollegin Strohmayr, ich sage dies als Antwort auf die Frage, ob man in Bayern acht oder neun Jahre am Gymnasium verbringen kann: Genau das tut man in Bayern. Deswegen ist aus unserer Sicht die Frage, ob neun oder acht Jahre für alle gelten soll, pädagogisch überholt.

(Dr. Simone Strohmayr (SPD): Sie wollen es also gar nicht mehr festlegen?)

Konkret geht es um die Frage, ob das bayerische Gymnasium in der Form, wie es qualitätvoll entwickelt ist, mit einer Konzeption, die einen auf acht Jahre angelegten Stundenplan und Lehrplan vorsieht, den Ansprüchen des 21. Jahrhunderts gerecht wird. Der Hauptanspruch, den das Gymnasium heute zu erfüllen hat, liegt genau in dieser Zahl von 40 % begründet. Übrigens ist diese Herausforderung nicht nur in Bayern zu bewältigen, sondern in ganz Deutschland. So viele junge Menschen eines Jahrgangs wie noch

nie zuvor besuchen das Gymnasium. Sie haben das Ziel, die allgemeine Hochschulreife zu erwerben. Dadurch gibt es am Gymnasium eine so große Begabungsverteilung unter den Schülern wie noch nie. Dann eben gibt es Gott sei Dank an den bayerischen Gymnasien einen so hohen Anteil wie noch nie von Schülern aus Familien, in denen sonst niemand Gymnasialerfahrung oder akademische Erfahrung aufweisen kann. Außerdem gibt es an den bayerischen Gymnasien einen hohen Anteil junger Menschen aus Familien mit Zuwanderungshintergrund; Gott sei Dank nimmt deren Zahl zu. Genau darauf müssen wir Antwort geben. Das tun wir mit unseren Angeboten.