Protocol of the Session on March 22, 2018

wird, sondern durchaus in einem größeren Friedhof stattfinden kann, wo die entsprechenden Räumlichkeiten vorhanden sind.

Diese Gesichtspunkte können geregelt werden. Man kann sie in den Griff bekommen. Insofern finde ich wirklich keine Argumente, weshalb man die Würde dieser Menschen, die halt etwas anderes wollen, nicht berücksichtigen könnte. Die Religionsfreiheit ist in unserer Verfassung ein schützenswertes Gut. Wenn wir den Menschen helfen, die ihrer Tradition folgen wollen und keine Sargbestattung haben möchten, können wir dem doch letztlich Rechnung tragen. Niemand wird in seinen Rechten verletzt. Es gab diese Art der Bestattung bei uns schon, sie ist also nichts, was wir neu erfinden würden. Insofern sehe ich wenige Argumente, die dafür sprechen, die Sargpflicht in Zukunft beizubehalten.

Wir FREIEN WÄHLER werden diesem Gesetzentwurf zustimmen. Meine Damen und Herren, ich bin überzeugt, dass weitere Gesetzentwürfe kommen werden, wenn der vorliegende abgelehnt wird. Deshalb bitte ich die Mehrheitsfraktion, sich das Protokoll der Anhörung noch einmal anzusehen. Unter denjenigen, die wir unter den unterschiedlichsten Gesichtspunkten eingeladen haben, um ihre Meinung darzulegen, werden Sie niemanden finden – mit Ausnahme vielleicht der Sarghersteller –, der die Auffassung verträte, dass wir die Sargbestattung in der jetzigen Form in Bayern beibehalten müssen. Insofern stimmen wir dem Gesetzentwurf zu.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Hanisch. – Nächster Redner ist der Herr Kollege Mistol. Bitte sehr, Herr Mistol.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Religionsfreiheit gibt uns die Möglichkeit, den Glauben ungestört ausüben zu können. Das ist ein sehr hohes Gut in unserer Gesellschaft, geschützt von Verfassung und Grundgesetz. Diese Auffassung kann man heute nicht oft genug vertreten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich persönlich möchte in einer Gesellschaft leben, in der alle in Freiheit zusammenleben, in der alle ihren Glauben leben dürfen – oder auch nicht, wenn man beispielsweise gar nicht religiös ist – und in der man in Respekt voreinander zusammenlebt. An diesem Respekt mangelt es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU. Das muss ich Ihnen deutlich sagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Religionsfreiheit gehört nämlich auch, dass sich ein Mensch seinem Glauben gemäß bestatten lassen kann. Das ist ein menschliches Grundbedürfnis.

Bayern ist eines der letzten Bundesländer, in dem die Bestattung nur im Leichentuch nicht zulässig ist. Es ist eines der letzten Bundesländer! Keiner weiß, warum das noch so ist. Ich bin auch heute nach Ihrer Rede, Kollege von Lerchenfeld, nicht schlauer geworden, warum das so ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir hatten im Ausschuss eine Anhörung. In dieser Anhörung haben alle Experten

(Ludwig Freiherr von Lerchenfeld (CSU): Nein, nicht alle! )

mit Ausnahme des Vertreters des Bestatterverbandes erklärt, dass es kein Problem sei, Verstorbene nur im Leinentuch zu bestatten. Insbesondere auch die christlichen Kirchen, mit denen Sie in diesem Bereich immer gern argumentieren, haben darauf verwiesen, dass es sich bei dem Gesetzentwurf um eine sinnvolle Änderung handeln würde. Sie haben keine Angst, dass ihnen etwas weggenommen würde oder dass Traditionen beschädigt würden. Es ist nämlich gar keine Tradition. Auch bei uns ist es erst seit einigen Jahrhunderten Usus, im Sarg bestattet zu werden. Ihr Argument ist insofern nicht maßgeblich, es sticht nicht, dass es eine Sargpflicht geben müsste.

Wir haben in dieser Debatte häufig argumentiert, dass es um die Muslime geht. Ich schätze Sie sehr, Kollege von Lerchenfeld, aber das, was Sie heute gesagt haben, war schon sehr dreist. Wenn Sie sagen, den islamischen Bestattungsriten könne schon heute weitestgehend entsprochen werden, frage ich Sie, ob Sie bei der Anhörung vielleicht nicht dabei waren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Warum verweigern Sie sich der Tatsache, dass es da ein Problem gibt? – Sonst hätten wir doch keine Anhörung durchgeführt. Sie sagen, es gebe kein Problem. Den Vogel haben Sie jetzt mit Ihrem Zitat abgeschossen. Ich meine Ihr Zitat einer Stellungnahme aus Saudi-Arabien oder Abu Dhabi. Definieren diejenigen, die Sie zitiert haben, was muslimisch ist? – Da glaube ich vielmehr denjenigen Moslems, die bei uns leben und sagen, das ist das, was meinen Glauben ausmacht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich glaube mehr denjenigen, die bei uns leben und denen, die in der Anhörung dabei waren, als das, was

Sie an Zitaten bringen. Sie haben das irgendwo gefunden, weil es Ihnen gerade in den Kram passt.

Es geht im Kern nicht um die Muslime, sondern es geht im Kern um die Selbstbestimmung, und zwar nicht nur für Muslime, sondern auch für die Juden; denn auch bei ihnen ist es nicht Tradition, im Sarg zu bestatten. Es geht um alle, die sich anders bestatten lassen wollen, als es bisher zugelassen ist. Die Menschen wollen selbstbestimmt leben; Sie aber wollen den Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben. Sie wollen es ihnen sogar bis in den Tod vorschreiben. Sie sind den Argumenten nicht zugänglich, die bei dieser Anhörung vorgetragen wurden. Das ist aus der Sicht der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ein Armutszeugnis. Ich bekräftige es: Es ist Politikverweigerung. Und Politikverweigerung hat bisher noch keiner Partei gutgetan. Wer glaubt, das christliche Abendland auf dem Friedhof verteidigen zu müssen, ist weit weg von der Realität in Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der CSU, kommen Sie bitte heraus aus Ihren politischen Schützengräben, treffen Sie eine sachgerechte Entscheidung, die den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft befördert und die nicht spaltet.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Herr Mistol. Bitte bleiben Sie noch am Rednerpult. – Wir haben eine Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Hiersemann. Bitte sehr.

Herr Kollege, würden Sie mir zustimmen, dass die angesprochene Problematik nicht ausschließlich die Bestattung von Menschen aus anderen Regionen betrifft, sondern auch die Tatsache, dass ein hoher Anteil von über 50 % der deutschen Christen die Einäscherung bevorzugt und dafür die Sargpflicht vorgeschrieben ist? Da hilft uns also der Verweis auf Saudi-Arabien oder andere arabische Länder nicht weiter. Offensichtlich wird auch verkannt, dass es nicht um das Verbot einer Sargbestattung geht, sondern um die freie Wahl auch für deutsche Christen. Christentum und christliche Tradition werden ja anschließend noch Debattengegenstand in diesem Hohen Hause sein. Da ist überhaupt nicht zu erkennen, warum die über 50 % der deutschen Christen, die sich gerne verbrennen lassen möchten, das mit einem Sarg bewerkstelligen lassen müssen.

Danke sehr, Frau Hiersemann. – Herr Mistol, bitte.

Frau Kollegin, ich kann es kurz machen. Ich stimme Ihnen vollumfänglich zu. Allerdings habe ich den Eindruck, dass den Kolleginnen und Kollegen der CSU die Dimension dieses Themas bisher nicht aufgegangen ist, obwohl wir sehr lange im Ausschuss darüber diskutiert haben und obwohl wir nicht zum ersten Mal mit einem solchen Gesetzentwurf konfrontiert sind. Auch wir GRÜNE haben schon einmal einen solchen Gesetzentwurf eingebracht. Wir haben das wirklich von vorn bis hinten durchdiskutiert.

(Manfred Ländner (CSU): Wir werden auch weiterhin darüber reden!)

Sie sind sich bis heute der Dimension dieses Themas leider nicht bewusst.

(Beifall bei den GRÜNEN – Manfred Ländner (CSU): Ich stelle fest, wenn man nicht eurer Meinung ist, dann ist man blöd!)

Vielen Dank, Herr Kollege Mistol. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 17/19007 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie die Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Damit ist dieser Gesetzentwurf abgelehnt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir machen jetzt Mittagspause; ich schlage vor, bis 13.30 Uhr. Reicht Ihnen das? – Okay, um 13.30 Uhr geht es weiter.

(Unterbrechung von 13.07 bis 13.34 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir setzen die Sitzung nach der Mittagspause fort.

Bevor ich den Tagesordnungspunkt 12, die Beratung der Dringlichkeitsanträge, aufrufe, gebe ich Ihnen folgende Änderungen im Sitzungsablauf bekannt: Die Anträge der Oppositionsfraktionen zu den Neonicotinoiden – das sind die Tagesordnungspunkte 19, 21 und 22 – wurden zurückgezogen und in geänderter Fassung als Dringlichkeitsanträge eingereicht. Der bisherige Tagesordnungspunkt 20 – das ist der Antrag der CSU-Fraktion zu den Neonicotinoiden – wird im Einvernehmen der Fraktionen mit den Dringlichkeits

anträgen aufgerufen. Damit haben sich die Tagesordnungspunkte 19, 21 und 22 erledigt.

Die Tagesordnungspunkte 13 bis 15 – das sind die Anträge zur Kennzeichnung von Polizeibeamten – werden ebenfalls im Einvernehmen der Fraktionen auf die Plenarsitzung am 18. April 2018 verschoben.

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 12 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Gisela Sengl u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Bienensterben stoppen - Einsatz von Neonicotinoiden beenden (Drs. 17/21245)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Horst Arnold, Florian von Brunn u. a. und Fraktion (SPD) Bienen retten! Einsatz von Neonicotinoiden beenden (Drs. 17/21274)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Nikolaus Kraus u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Verbot der drei untersuchten Neonicotinoide voranbringen - Landwirte nicht im Regen stehen lassen (Drs. 17/21275)

und

Antrag der Abgeordneten Tanja Schorer-Dremel, Angelika Schorer, Dr. Otto Hünnerkopf u. a. (CSU) Sorgsamer Umgang mit Neonicotinoiden (Drs. 17/19819)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Sengl vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön. Die nächste Rednerin wäre dann die Kollegin Müller.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt fliegen keine Bienen, weil es für die Jahreszeit immer noch zu kalt ist. Bald fliegen aber gar keine Bienen mehr, weil es einfach keine mehr gibt. Dabei geht es nicht nur um die Honigbienen, sondern auch um die 570 Arten der Wildbienen, deren Bestäubungsleistung übrigens um ein Vielfaches höher ist als die der Honigbienen. Chemischsynthetische Pflanzenschutzmittel, also Pestizide,