Frau Kollegin Kamm, das sollte nicht – wie Sie mir unterstellen – ein Plädoyer für den Weiterbetrieb der Kernkraftwerke sein.
In keinster Weise. – Sie fordern, Gundremmingen sofort abzuschalten; darauf zielt Ihr Antrag ab. Dann hätten wir leider ein Problem.
Wir brauchen in Zukunft eines: Speichertechnologien! Diese haben wir noch nicht. Was würde geschehen, wenn Sie Gundremmingen heute aus dem Netz herausnähmen? – Dazu ein Beispiel: Wir haben das Potenzial für 42 Gigawattstunden Sonnenstrom und für 52 Gigawattstunden Windstrom aufgebaut; in der Summe sind es aktuell zwischen 94 und 95 Gigawattstunden. Am 24. Januar 2017 lieferten uns um 7.00 Uhr in der Früh Sonne und Wind 0,7 Gigawattstunden – von 94! Das ist doch die Realität. Um 9.00 Uhr lieferte uns regenerativer Sonnen- und Windstrom 2 Gigawattstunden. Zu jener Zeit lag unser gesamter Stromverbrauch bei 84 Gigawattstunden; genau waren es 83,6. 94 hätten wir, 0,7 haben wir! Daran sehen Sie doch, dass einiges schief ist. Wenn wir jetzt, wie Sie es fordern, die Atomkraftwerke komplett schnell abschalten, dann bekommen wir in
(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN – Katharina Schulze (GRÜNE): Wir waren in der Debatte auch schon einmal weiter!)
Neben Ihrer Studie – ich bin bei Ihrer zweiten Frage – gibt es andere Studien, nämlich solche, die genau das Gegenteil besagen.
Herr Kollege Ritt, die Versorgungssicherheit, die Sie ansprechen, ist mit Sicherheit durch andere Regelungen gewährleistet. Ich würde sagen, dass das, was Sie hier gesagt haben, falsch ist. Niemand in Bayern oder in ganz Deutschland muss befürchten, in größerem Umfang keinen Strom mehr zu haben. Es sind Vorsorgemaßnahmen getroffen worden,
aber nicht nur wegen der Atomkraft, sondern insgesamt wegen der Versorgung. Die Versorgungssicherheit ist gewährleistet. Der Europäische Verbund – den manche nicht wollen; im Strombereich funktioniert er aber ganz gut – wird mit Sicherheit für stabile Netze sorgen. Sollte dem nicht so sein, müssten wir sofort einschreiten und denen, die dafür zuständig sind, das Mandat entziehen.
Was ich eigentlich von Ihnen, Herr Ritt, ganz persönlich wissen will: Garantieren Sie als bayerischer Abgeordneter der bayerischen Bevölkerung, der deutschen Bevölkerung und unseren Nachbarn in Europa, dass dieses Kraftwerk keine Störung mehr haben wird und dass nichts mehr passieren wird? Garantieren Sie heute dies?
Wenn Sie das ganz persönlich garantieren – weil Sie davon überzeugt sind –, dann sagen Sie es heute. Sie haben mit der Inbrunst von Überzeugung verschiedene Störungen aufgelistet und gleichzeitig behauptet, alles funktioniere. Sagen Sie der bayerischen Bevölkerung die Wahrheit: Sind Sie der Meinung, dass nichts mehr passieren wird, dass keine Störungen mehr auftreten werden?
Herr Kollege, all die Störfälle, die Herr Kollege Woerlein aufgeführt hat, waren auf der Meldestufe INES null angesiedelt. Mit dem Hinweis auf all die Störfälle, die von Ihnen als GAU dargestellt wurden – Sie sagten wohl sogar "Super-GAU" –, zielen Sie nur auf eines, nämlich darauf, Ängste in der Bevölkerung zu schüren.
Sie müssen aber unterscheiden. Die Japaner hatten ein besonderes Problem. In Deutschland wird es nie eine Welle von zwölf Metern Höhe geben. Einen Tsunami werden wir wahrscheinlich beide in den nächsten 100 Jahren nicht erleben.
Deswegen sage ich: Unsere Atomkraftwerke sind sicher. Das sage ich als Abgeordneter, der hier am Rednerpult steht.
Es wird sicherlich das eine oder andere Ereignis auf der Meldestufe null eintreten. Aber daran sieht man, wie offen das System ist. Die Betreiber melden Ereignisse. Ich erinnere an die Situation, als es um den Virenbefall ging. Der Betreiber hat das gemeldet.
Danke schön, Kollege Ritt. – Schließlich noch die Wortmeldung von Kollegen Zierer, Fraktion FREIE WÄHLER. Bitte sehr.
Sehr geehrtes Präsidium, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Sicherheitsaspekte beim Atomkraftwerk Gundremmingen haben uns in den zurückliegenden Jahren zu oft beschäftigt. Einmal waren es Computerpannen, ein anderes Mal abgestürzte Brennelemente. Angesichts dessen ist es logisch, dass man alarmiert ist, wenn man von fehlerhaften Brennelementen hört, noch dazu, wenn man es aus den Medien erfahren muss. Bei einem so sensiblen Thema sollten die Aufsichtsbehörden und der Betreiber informieren, auch wenn es keine Meldepflicht gibt. Transparenz bei diesem hochsensiblen Thema schaut ganz anders aus.
Die Information hätte Anfang November 2017 kommen müssen, als Erkenntnisse über die Probleme bei der Qualitätskontrolle des Brennelementeherstellers Areva vorlagen. Dann hätten sich viele Befürchtungen von vornherein entkräften lassen.
In Bayern haben Medien am 21. November erstmals über diesen Vorgang berichtet. Zu jenem Zeitpunkt gab es in der Schweiz längst ausführliche öffentliche Stellungnahmen von der Atomaufsicht. Die Schweizer Atomaufsichtsbehörde bestätigt, dass die Fehler in der Qualitätssicherung des Herstellers hinterher nur sehr schwer erkennbar waren. Echte Schäden an den Hüllrohren wurden dagegen sehr schnell entdeckt. Im Ausschuss gab es die Aussage des Ministeriums: Es gab keine Rechtsgrundlage, den sofortigen Austausch anzuordnen.
Zu den Anträgen der GRÜNEN und der SPD werden wir uns – wie bereits im Ausschuss – der Stimme enthalten. Ich denke, dass auch eine externe Untersuchung der Vorgänge nicht weit führen wird. In Leibstadt in der Schweiz wurden die betroffenen Brennelemente ausgetauscht, weil das AKW ohnehin für die Revision heruntergefahren wurde. Auch dort war es aber nicht die Atomaufsicht, die den Austausch angeordnet hat, sondern der Betreiber hat das selbst entschieden.
Meine Damen und Herren, zu dem heutigen Diskussionsbeitrag meines Kollegen von der CSU kann man nur sagen: Ehrlich oder peinlich? Herr Ritt, wenn Sie ehrlich gewesen sind, dann haben Sie das Versagen der Staatsregierung und der Bundesregierung aufgezählt, nämlich das Versagen, die Versorgung mit Elektrizität sicherzustellen. Sie haben ein Plädoyer für die Atomwirtschaft gehalten. Sie haben ein Plädoyer für Atomkraftwerke gehalten. Sie haben gesagt, der Strom werde ohne Atomkraftwerke 2020 in Spitzen
zeiten zusammenbrechen. Sie haben behauptet, dann gingen in Bayern die Lichter aus. Ich muss sagen: Gute Nacht, wenn das stimmt. Es wird Zeit, dass etwas getan wird.
Danke schön, Herr Kollege Zierer. – Ich gebe nun bekannt, dass die CSU-Fraktion namentliche Abstimmung zum Antrag der GRÜNEN beantragt hat. Das können wir jetzt nicht mehr erledigen, darum ziehen wir den nächsten Tagesordnungspunkt vor. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.
Ich gebe nun das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Antrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Verena Osgyan und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betreffend "Parité in den Parlamenten", Drucksache 17/18657, bekannt: Mit Ja haben 47 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 74 Abgeordnete, bei 9 Stimmenthaltungen. Damit ist der Antrag abgelehnt.
Ich komme jetzt zum Tagesordnungspunkt 3 zurück. Ich rufe die Listennummer 17 der nicht einzeln zu beratenden Anträge auf:
Antrag der Abgeordneten Franz Schindler, Dr. Paul Wengert, Horst Arnold u. a. (SPD) Zusätzliche Stellen für die Verwaltungsgerichte (Drs. 17/18801)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt 24 Minuten. Die Verteilung setze ich als bekannt voraus. Der erste Redner ist der Kollege Arnold. Bitte schön.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer Visionen hat, wer sich weiter auf den richtigen Weg begeben will, wer vorrücken möchte, sollte sich selbst fit machen, die Hausaufgaben erledigen und seine Lage richtig beurteilen. Dies ist auch hinsichtlich der Stellen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit angesagt. Bereits Ende des dritten Quartals 2017 hat sich durch eine Anfrage unseres Fraktionsvorsitzenden abgezeichnet, dass die Verfahrenseingänge in der Verwaltungsgerichtsbarkeit bereits 20 % über den Gesamtverfahrenszahlen des Jahres 2016 lagen. Im Jahre 2016 waren es 39.044 Verfahren. Nach neun Monaten im Jahr 2017 waren es bereits 56.828 Verfahren. Aus der Gerichtsbarkeit selbst wurden veritable, gewichtige und nachhaltige Hilferufe laut. Der Tenor lautete: Hilfe, wir saufen ab! Selbst der Bayerische Rundfunk, B5 aktuell,
hat berichtet, dass die Verfahrensdauer aufgrund der immensen Verfahrensmengen erheblich länger als nur auf ein Jahr ausgedehnt wird. Folgerichtig hat meine Fraktion am 27. Oktober 2017 den Antrag gestellt und die Staatsregierung aufgefordert, zusätzliche Planstellen für Richterinnen und Richter und für die Geschäftsstellen der Verwaltungsgerichte auszuweisen. Zudem sollte der Stellenplan dem gestiegenen Bedarf angepasst werden.
Dieser Antrag wurde am 16.11.2017 im Ausschuss diskutiert. Dabei haben sich sowohl die CSU-Fraktion als auch die Staatsregierung gerühmt, dass bereits 26 Stellen besetzt seien. Darüber hinaus würden aus einem Stellenpool im Haushalt 50 Stellen zur Verfügung stehen. Diese Stellen seien reserviert und abrufbar. Des Weiteren seien bereits im September weitere 19 Richterstellen aus dem Richterpool reserviert und würden besetzt. Alles in allem wurde am 16.11.2017 die Meinung vertreten, dass man flexibel reagiert hätte und es keinen zusätzlichen Bedarf gebe. Im Übrigen ist man davon ausgegangen, dass der Scheitelpunkt der Verfahrenswelle überschritten sei. Dies sei nach Auskunft vom BAMF und von weiteren Behörden angenommen worden. Unser Antrag wurde am 16.11. abgelehnt.
Knapp zwei Monate später hat die CSU Folgendes klargemacht: Sie, die CSU, läuft nicht hinterher, sondern setzt eigene Themen. Sie will frisch und mit programmatischer Kraft ins neue Jahr gehen. Unter diesem Etikett wird keine zwei Monate später angekündigt, dass 50 neue Verwaltungsrichterstellen eingerichtet werden, um den rechtsstaatlichen Prozess zu beschleunigen.
Meine Damen, meine Herren, was hat sich in diesen zwei Monaten am Erkenntnisstand der CSU geändert? – Hier ist es zu einem massiven Wandel in der Einschätzung und in der Beurteilung gekommen.