Protocol of the Session on December 13, 2017

Es geht aber nicht nur um die Einnahmen, sondern auch um die Ausgaben. In den letzten beiden Tagen haben wir über verschiedene Themen wie Miete oder Lebenshaltungskosten diskutiert. In diesen Bereichen finden sich zahlreiche Ansatzpunkte. Man muss sich bewusst machen, dass vor allem die Menschen, die alleine einen Haushalt führen, besonders von Altersarmut betroffen sind. Das können junge Alleinerziehende oder alleinstehende Rentnerinnen und Rentner sein. Wer für seine Wohnung, sein Auto oder seine Zeitung alleine aufkommen muss, der ist prädestiniert dafür, in Altersarmut zu landen. Bei diesen Ursachen müssen wir genauer hinschauen. Daher ist der Berichtsantrag der FREIEN WÄHLER der richtige.

Ich möchte einen letzten Satz dazu sagen: Ich engagiere mich in Würzburg beim Projekt "Liebe im Karton". Wir sind eine Gruppe von etwa 50 Leuten, die für die Kunden der Tafel in Würzburg und in Karlstadt ein Weihnachtspäckchen packen. Dieses Projekt macht einem erst einmal bewusst, wie viele Menschen die Tafel in Anspruch nehmen. Wir bewegen uns hier im ganz hohen dreistelligen Bereich. Das sind Familien mit Kindern, Familien ohne Kinder, Ältere, Jüngere. Es ist aus jedem Bereich jemand dabei. Die Ursachen sind immer wieder mal die Gleichen. Da hinzugucken und da genau die Ursachen zu erforschen, darauf freue ich mich. Ich freue mich darauf, dass wir dann die Debatte im Ausschuss weiterführen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Celina, im letzten Moment hat der Kollege Fahn noch eine Zwischenbemerkung angemeldet.

Ich möchte es ganz kurz machen. Ich bedanke mich, dass auch die GRÜNEN dem Berichtsantrag zustimmen, weil aus diesem Berichtsantrag weitere Maßnahmen entstehen werden. Sie haben es aber abgelehnt, Frau Weikert. Deswegen müssen Sie jetzt mal ruhig sein. Es wird mündlich und schriftlich berichtet. Das heißt, wir können im Sozialausschuss weiterdiskutieren. Dann steht drin – Frau Weikert, Sie haben es nicht gehört –, "um dann aufgrund des gegebenen Berichts erforderliche weitere Maßnahmen zum Abbau der Altersarmut einzuleiten". Das ist im Prinzip in die Zukunft gerichtet. Deswegen ist es nicht nur ein Berichtsantrag, sondern wir können danach weiterdiskutieren. Aber der Ausgangspunkt ist der Berichtsantrag. Das wollte ich nur sagen. Nochmal danke, dass die GRÜNEN zustimmen.

Vielleicht da noch ganz kurz eine Erwiderung: Die Tücke liegt natürlich im De

tail. Bei der Verabschiedung gemeinsamer Anträge mit der CSU mit dem Ziel, die Ursachen tatsächlich konkret anzugehen, haben wir in den letzten drei Jahren gelernt, dass alle die Maßnahmen, die wir als Oppositionsfraktionen vorschlagen, wenn sie richtig konkret werden, eher selten angenommen werden. Daher hat die SPD schon recht, wenn sie sagt, ein Konzept oder konkrete Dinge wären wichtig. – Die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns ein halbes Jahr vor der Landtagswahl mit einer friedlichen CSU zusammenfinden, um hier gemeinsam Maßnahmen festzulegen, halte ich für gering. Insofern, Frau Weikert, hatten Sie schon recht.

Danke schön, Frau Kollegin Celina. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Der federführende Ausschuss für Arbeit und Soziales, Jugend, Familie und Integration empfiehlt beide Anträge zur Ablehnung. Von der Fraktion FREIE WÄHLER wurde ein Änderungsantrag gestellt. Der Antrag lautet dann wie folgt:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, über die Daten und Fakten zur Altersarmut aus dem Sozialbericht sowie zu bereits ergriffenen Maßnahmen zielgerichtet in mündlicher und schriftlicher Form zu berichten, um dann aufgrund des gegebenen Berichts erforderliche weitere Maßnahmen zum Abbau der Altersarmut einzuleiten.

Wer dem Antrag der FREIEN WÄHLER auf Drucksache 17/15852 in der eben vorgetragenen geänderten Fassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gibt es Gegenstimmen? – Sehe ich keine. Enthaltungen? – Auch nicht. Dann ist dem Antrag in der geänderten Fassung zugestimmt.

Jetzt folgt die Abstimmung über den SPD-Antrag. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag auf Drucksache 17/15822 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD, FREIEN WÄHLERN und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist dann die CSU-Fraktion. Gibt es Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Nun rufe ich zur Beratung den

Tagesordnungspunkt 30 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Arbeits- und Ausbildungsverbote aufheben (Drs. 17/18469)

Dieser konnte in der Sitzung am 7. Dezember aus Zeitgründen nicht mehr beraten werden. Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Verteilung darf ich als bekannt voraussetzen. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Kamm. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Leider warten noch immer sehr viele junge Geflüchtete, die hier in Bayern einen Hauptschul- oder Mittelschulabschluss erreicht und dabei beachtliche Integrationsleistungen gezeigt haben, auf die Genehmigung ihres vorgelegten qualifizierten Ausbildungsvertrags. Über 4.000 hätten im September eine Ausbildung beginnen können. Nach einer Information der Bundesagentur für Arbeit – Zahlen des Bayerischen Innenministeriums liegen leider immer noch nicht vor – waren im November 2017 1.635 junge Menschen mit Fluchthintergrund in Ausbildung, 414 von diesen erwerbstätig, 215 in Fördermaßnahmen, aber fast 2.000 unversorgt. Das ist eine schlechte Bilanz, liebe Kolleginnen und Kollegen. Da hilft es auch nicht, Frau Aigner, wenn einige von ihnen ein Praktikum gemacht haben.

Obwohl bei dem Ehrenamtsempfang im Landtag ein Vertreter der IHK darauf verwiesen hat, dass in Bayern 10.000 Ausbildungsplätze nicht besetzt sind, dürfen so viele immer noch keine Ausbildung beginnen! Viele Ehrenamtliche baten bei dem Ehrenamtsempfang, die 3+2-Regelung nicht so restriktiv wie möglich, sondern so großzügig wie möglich zu praktizieren. Eine Reihe von Petitionen ist nach wie vor zwar nicht beantwortet worden. Aber viele wurden abgegeben, um eine Ausbildungsgenehmigung zu erwirken. Wir hoffen, dass die Betriebe, die integrationswilligen Geflüchteten und die Ehrenamtlichen nicht länger durch bürokratische Mühlen zermürbt werden und bei den Helferinnen und Helfern und den Geflüchteten nicht die Botschaft ankommt, Integration lohne sich nicht.

Ganz konkret bitten wir mit diesem Antrag zum einen, dass Geduldeten, die nicht abgeschoben werden oder die nicht zurückkehren können, von unseren Ausländerbehörden ein vorläufiger Ausbildungsbeginn genehmigt wird, auch wenn die Beschaffung von Pass-, Geburts-, Identitäts- oder Abstammungsurkunden aus manchen Ländern mehrere Monate in Anspruch nimmt. Das kommt vor.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Verfassungsausschuss wurde der zweite Spiegelstrich gestrichen, weil er etwas komplizierter formuliert werden musste, als er hier steht. Er bleibt daher für die Abstimmung unberücksichtigt. Wir bitten weiter, dass nicht in Afghanistan geborenen Afghaninnen und Afghanen, die keine Verwandten mehr in Afghanistan haben, praktikable Wege zur Identitätsklärung aufgezeigt werden. Es kann nicht sein, sehr geehrte Vertreterinnen und Vertreter des Innenministeriums, dass nur mit Hilfe von Rechtsanwälten oder mit Hilfe von vermittelnden Abgeordneten – ich weiß, dass einige von Ihnen in diesen Bereichen tätig waren – eine Ausbildungsduldung bewirkt und die Beschaffung der Papiere bewerkstelligt werden kann. Ich habe leider immer noch einige E-Mails in meinem Account, in denen steht, wir wissen nicht, was wir tun sollen, wir wissen nicht, wie es gehen soll.

Dazu kommt, dass viele von denen, denen es bisher nicht gelang, Papiere zu beschaffen, Sorge haben, als angebliche Nichtmitwirker in Verdacht zu kommen, obwohl sie das gar nicht sind. Einer von denen, liebe Kolleginnen und Kollegen, die im Januar bei einem Sammelabschiebeflug nach Afghanistan abgeschoben worden sind, ist mittlerweile wieder hier. Dank der Unterstützung vieler Ehrenamtlicher, die sehr viel Geld ausgegeben haben, wurden der Abschiebeflug und auch die ganzen Rechtskosten, Visakosten usw. bezahlt. Er ist jetzt endlich wieder in Ausbildung. Da frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Warum hat dieser junge Mann im Januar abgeschoben werden müssen? Wäre es bei einer etwas weniger restriktiven Genehmigungspraxis nicht möglich gewesen, diese Ausbildungsgenehmigung früher zu erwirken, und das Ganze in guter und enger Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen, die den Flüchtling betreuen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir bitten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen: Stimmen Sie im Zweifelsfall mit uns für die Ausbildung. Ich habe noch einen Wunsch frei, weil Weihnachten ist. Aber die Sozialministerin geht leider schon. Dankenswerterweise wurde bei der Arbeits- und Sozialministerkonferenz am 7. Dezember beschlossen, dass es für Geflüchtete auch bei einjährigen Helferberufen eine 3+2-Regelung geben soll. Ich bitte Sie, dies möglichst bald umzusetzen; denn gerade solche Helferberufe sind ein guter Einstieg in eine spätere qualifizierte Ausbildung. Also: Setzen wir diesen Beschluss möglichst schnell um und lassen wir ihn nicht allzu lange in der Schublade verharren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einen kleinen Moment, bitte. Kollege Fahn hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Frau Kollegin, im Verfassungsausschuss wurde dieser Antrag ausführlich diskutiert. Dort wurde der zweite Spiegelstrich – – Haben Sie das gesagt?

Das habe ich gesagt. Man müsste ihn komplizierter formulieren; deswegen haben wir ihn gestrichen.

Danke schön, Frau Kollegin Kamm. – Kollege Straub hat jetzt das Wort für die CSU-Fraktion. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kamm, Sie haben einen Weihnachtswunsch geäußert. Ich hatte vor Ihrer Rede auch einen, nämlich den, dass wir uns bei diesem Thema endlich einmal einig werden. Ich glaube, dieser Wunsch ist aber zu fromm, und ich muss ihn etwas abschwächen.

Sie erwecken immer den Eindruck, als würde sich das Innenministerium nicht an Recht und Gesetz halten. Ich möchte ganz ausdrücklich betonen: Das Bayerische Innenministerium richtet sich ganz genau nach Recht und Gesetz. Ich glaube, Sie machen einen grundsätzlichen Fehler – ich möchte kurz vor Weihnachten keine unnötigen Emotionen mehr hineinbringen –: Ein Haupt- bzw. Mittelschulabschluss berechtigt nicht zum Asyl. Sie müssen endlich einmal trennen zwischen Asylrecht und Arbeitsmigration, Asylrecht und Integrationsleistungen.

(Beifall bei der CSU)

Das Asylrecht ist in einem Bundesgesetz ganz klar geregelt. Ich habe noch von keinem Antrag der GRÜNEN in Berlin gehört, der darauf abzielt, das Asylrecht grundsätzlich zu ändern. Das Bayerische Innenministerium handelt nach Recht und Gesetz.

Ich möchte es einmal positiv angehen, weil Sie gerade so tun, als ob wir in Bayern die Arbeit und die Ausbildung von Flüchtlingen verhindern wollten. Das ist überhaupt nicht so. Ich möchte daran erinnern: Wir haben 83.000 anerkannte Asylbewerber allein hier in Bayern. Sie haben unsere Staatsministerin Ilse Aigner angesprochen; wir haben seit 2015 eine Initiative für Ausbildung und Integration. Das ist absolut ein Erfolgsmodell. Wir haben seit 2015 47.800 Flüchtlinge in sozialversicherungspflichtige Arbeit gebracht. Wir hatten das Ziel, bis 2019 60.000 in Arbeit zu bringen. Das haben wir schon jetzt zu drei Vierteln erreicht. Wir

haben 7.100 Flüchtlinge in Ausbildung gebracht. Sie behandeln hier immer ein paar Einzelfälle. Wenn es wirklich so war, wie Sie gesagt haben, haben wir immer auch Lösungen gefunden. Sie kümmern sich aber um Einzelfälle und vergessen, dass Bayern Integrationsland Nummer eins und dabei sehr erfolgreich ist.

(Beifall bei der CSU)

Ich bitte Sie: Betonen Sie das auch einmal in Ihren Reden.

Sie haben die IHK und die HWK angesprochen. Die IHK hat 2.370 Lehrverträge im Jahr 2017 gemeldet. Das ist eine Steigerung um 30 % gegenüber 2016. Die HWK hat 1.720 neue Lehrverträge gemeldet – doppelt so viele wie 2016.

Sie werden jetzt wahrscheinlich eine Zwischenfrage stellen wollen, warum den anderen Ausbildungsbegehren nicht stattgegeben werden konnte. Das wird ganz einfach daran liegen, dass der Asylantrag abgelehnt wurde und die Folge die Ausreise ist. Das kann uns gefallen oder nicht, aber so ist es, Frau Kamm.

Ich möchte mich beim Staatsministerium des Innern und beim Kultusministerium dafür bedanken, dass die gemeinsam mit der Arbeitsagentur und der Wirtschaft geschlossene Initiative absolut ein Erfolg ist.

In Ihrem Antrag steht, dass sich die Betriebe wegen der Unsicherheit gegen ein Ausbildungsangebot bzw. ein Angebot zur Arbeitsaufnahme entscheiden würden. Ich habe Ihnen die Zahlen genannt. Diese sprechen klar dagegen. Die Betriebe in Bayern – ich bin selber Betriebsinhaber – wollen anerkannte Asylbewerber, die hierbleiben dürfen und dauerhaft arbeiten können. Die Betriebe können ganz klar unterscheiden und wissen, dass ein abgelehnter Asylbewerber letztlich in sein Herkunftsland zurückkehren muss. Ich glaube, unsere Meinung ist in der Gesellschaft anerkannt.

(Beifall bei der CSU)

Eines sei auch noch ganz klar zum Kern Ihres Antrags gesagt, dass es ein Arbeits- und Ausbildungsverbot durch das Staatsministerium des Innern gäbe. Das gibt es nicht. Es ist kraft Gesetzes verboten, abgelehnten Asylbewerbern und Geduldeten Arbeitserlaubnisse zu geben. Da gibt es einen Vorbehalt, und den legen wir ins Ermessen der Ausländerbehörden. Das ist absolut richtig so. Die Weisungslage des Innenministeriums, die beispielhaft und ergebnisoffen anzeigt, wann man Arbeits- und Ausbildungserlaubnisse erteilen kann, ist absolut richtig. Ich sage es

noch einmal: Man muss das Asylgesetz und die Arbeitsmigration voneinander trennen.

(Zuruf der Abgeordneten Gisela Sengl (GRÜNE))

Sie können eine Zwischenfrage stellen. Ich bin aber auch gleich fertig.

Frau Kamm, als Schlussappell vor Weihnachten würde ich Sie bitten: Kümmern wir uns darum – ich habe es gesagt: Wir haben 83.000 anerkannte Asylbewerber und 49.700 in sozialversicherungspflichtigen Jobs –, dass wir auch die restlichen in sozialversicherungspflichtige Jobs bekommen. Bitte ändern Sie Ihre Ausrichtung. Trennen Sie einfach einmal. Wenn Sie das anders haben wollen, dann müssen Sie in Berlin beantragen, dass ein – –

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER) – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ihr regiert in Berlin!)

Herr Fahn, auch Sie können eine Zwischenfrage stellen. Herr Aiwanger, Sie haben heute schon die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge vertreten, was Sie offensichtlich nicht mit Ihren Bürgermeistern besprochen haben. Ihren Populismus kennen wir inzwischen zur Genüge.

(Beifall bei der CSU)

Zum Abschluss möchte ich noch einmal ausdrücklich unterstreichen – Frau Kamm, Herr Fahn und Frau Hiersemann, wir haben uns über dieses Thema schon x-mal unterhalten –: Ich wünsche Ihnen allen ein sehr frohes Weihnachtsfest und freue mich auf weitere Diskussionen im Rechtsausschuss; ich befürchte nämlich, dass das nicht die letzte Diskussion zu dem Thema gewesen sein wird.

(Beifall bei der CSU)