Protocol of the Session on November 14, 2017

Genauso gehen wir beim nächsten Punkt mit, einer zivilgesellschaftlichen Ausstiegsberatung. Da verstehe ich Ihre Argumentation sowieso überhaupt nicht. Da sagen Sie auch wieder: Hamma doch, und das kann nur der Staat! Die Ausstiegshilfen bei der Prostitution leistet aber zum Beispiel die Zivilgesellschaft, und sie macht es hervorragend. Es macht mir keiner weis, dass das nur der Staat kann. Ganz im Gegenteil, der Staat ist eigentlich immer die hochschwelligste Instanz. Wir brauchen aber niederschwellige Ausstiegsberatung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie wollen mit dem Antrag VIII die BIGE nicht mehr an den Schulen haben. Hier gehen wir nicht mit den Antragstellern und haben das auch begründet. Hier sagen wir: Wir trauen das den Mitarbeitern des Verfassungsschutzes zu. Wir sind immer der Meinung – und ich, die ich aus der Schule komme, bin auch der Meinung –, dass externe Berater, die von fremden Institutionen wie Polizei und Bundeswehr oder aus dem Bereich der Frauenberatung oder des Kindesmissbrauchs kommen, gut für die Schulen sind. In diesem Fall vertrauen wir auch den Schulen, die sich das sehr wohl anschauen. Ich glaube nicht, dass Leute von der BIGE, die pädagogisch nicht geschult sind, weiter eingeladen werden. Diesen Antrag tragen wir nicht mit.

Wir tragen aber bereits wieder den nächsten Antrag mit, der die Kommunen stärkt. Wenn Sie, Herr Dr. Reichhart, jetzt eine Kommune haben, die Sie in diesem Fall unterstützt hat, dann bewundere ich Ihre Gläubigkeit. Da mag es so gewesen sein, aber das heißt doch nicht, dass es überall so sein muss. Das müsste Ihnen doch schon Ihre jetzige Lebenserfahrung zeigen.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN)

Ich möchte einfach sagen, dass man hier mehr machen muss.

Sie lehnen auch den letzten Punkt von SPD und GRÜNEN ab, der regelmäßige wissenschaftliche Begleitung fordert; die Schulen würden sich freuen, nicht mehr gar so intensiv evaluiert zu werden. Man hat ihnen ja auf die Fingerspitzen geklopft. Für mich ist inkonsequent, dass Sie das ablehnen.

Wir tragen den CSU-Antrag natürlich aus voller Überzeugung mit.

(Isabell Zacharias (SPD): Das passt zu den Parteien! – Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Da steht nichts drin!)

Noch einmal zum Rechtsextremismus und Extremismus insgesamt: Wie gesagt ist alles, was dieses Antragspaket beinhaltet, bis auf die zwei Anträge, die wir nicht mittragen können, gut und richtig. Man sollte bei all dem, was hier gefordert wird, aber nicht vergessen, dass die leichteste Art, Extremismus jeder Form zu bekämpfen, zumindest beim jungen Menschen darin besteht, Zeit für ihn zu haben. Hier kommen wir auf unsere Grundforderung im schulischen Bereich zurück: Gebt den Lehrern mehr Zeit! Gebt ihnen eine Klassenleiterstunde pro Woche. Ich fordere das seit neun Jahren. Der Lehrer muss mitkriegen, was in dem jungen Menschen vor sich geht. Das ist die beste Prävention. Machen Sie das! Geben Sie auch nicht mehr als 25 Schüler in eine Klasse. Das hat den gleichen Effekt. Auch da kommt man als Lehrer noch mit und kann in etwa nachvollziehen, was in den Köpfen der Schüler und Schülerinnen vor sich geht. Richtige Prävention haben wir erst dann, wenn wir das machen. Aber auch davon sind wir noch weit weg.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Frau Kollegin Gottstein. – Für die SPD-Fraktion: Kollege Dr. Rabenstein. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Dr. Reichhart, liebe Mitglieder der CSU-Fraktion! Ich stimme dem Kollegen Reichhart voll zu, wenn er an die Gemeinsamkeit appelliert. Gemeinsamkeit gegen Rechte und rechte Ideologen sollte für alle Demokraten eine Selbstverständlichkeit sein!

(Beifall bei der SPD)

Jetzt kommt das große Aber. Wenn wir doch große Gemeinsamkeit demonstrieren wollen, warum stimmen Sie diesem Antragspaket dann nicht zu? Das versteht doch überhaupt niemand.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Ich muss Ihnen auch recht geben, wenn Sie von ideologischen Scheuklappen sprechen. Aber nicht wir haben diese ideologischen Scheuklappen, sondern Sie!

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Es ist wirklich so: Wenn ein Antrag gegen Rechte oder Rechtsextremismus kommt und er nicht gleichzeitig auch gegen Linksextremismus ist, dann ist er bei Ihnen schon erledigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns die Situation aber noch einmal anschauen: Warum brauchen wir eine Neukonzeption? – Die Welt hat sich geändert. In vielen Staaten Europas haben wir leider ein Erwachen der Rechten und auch der Rechtsextremen. Auch in Deutschland sind wir nicht nur über den Wahlerfolg der AfD erschrocken, die jetzt mit immerhin 13 % und 94 Abgeordneten in den Bundestag eingezogen ist. Sie ist damit übrigens doppelt so stark wie die CSU-Fraktion. So viel zum Stärkeverhältnis. Im letzten Monat marschierten wieder rechte Gruppierungen in Tschechien auf und machten Schießübungen. Wir haben immer noch Anschläge gegen Flüchtlingsheime. Hier müssen wir Demokraten zusammenhalten.

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Wir haben diesen Zusammenhalt beim NPD-Verbot demonstriert. Da ging es. Jetzt fallen wir allerdings wieder in die alten Rollenmuster zurück: Kommt irgendetwas von der Opposition, sind wir schon generell dagegen.

(Zuruf von der CSU: Gar nicht wahr!)

Ich sage nicht, dass bei allen Antragspaketen Einigkeit herrscht. Es geht aber einfach nicht, das in Bausch und Bogen abzulehnen!

(Beifall bei der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN)

Ich verstehe die Einwände der FREIEN WÄHLER. Das war eine differenzierte Darstellung, und dann ist gesagt worden, dass man das eine oder andere mittragen kann. Gleichzeitig hat man aber ganz deutlich die Linie aufgezeigt, im Grunde dafür zu sein. Das ist die richtige Haltung, die ich bei der CSU vermisse. Denn eines ist klar, und das ist die Lehre aus der Weimarer Republik: Wenn wir Demokraten uns auseinanderdividieren, dann freuen sich die Rechten, dann freut sich ein Herr Petr Bystron. Der freut sich darüber, wenn wir uns hier im Parlament nicht einig sind. Es ist ein Zeichen, das wir hier geben. Deshalb sind wir komischerweise und ohne ideologische Scheuklappen für den CSU-Antrag. Gleiches hätte ich von Ihnen erwartet.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von der SPD: Bravo!)

Danke schön, Kollege Dr. Rabenstein. – Jetzt hat der Herr Staatssekretär das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich bin froh, dass wir wenigstens darin einig sind, rechte Gewalt vom Grundsatz her zu verabscheuen. Herr Dr. Rabenstein, Sie haben das noch einmal zum Ausdruck gebracht. Sie haben allerdings gesagt, die CSU-Fraktion habe Scheuklappen auf. Ich meine, das ist etwas unglücklich ausgedrückt. Wir sind nämlich nur der Meinung, dass man die Situation nicht einseitig betrachten darf, sondern dass man nach rechts und nach links schauen muss.

(Beifall bei der CSU)

Es tut mir schrecklich leid, aber von Ihnen höre ich das mit keinem Satz.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, je nachdem, wie man es ausdrücken will, war ich von der Kollegin Schulze wahlweise erstaunt bzw. von ihr fasziniert. Sie sagte, wir würden überall tatenlos weggucken. Es ist für mich vollkommen unverständlich, wie Sie vor wenigen Tagen eine große Polizeiveranstaltung bis über den grünen Klee loben konnten, heute aber sagen, wir würden tatenlos zuschauen und nichts tun.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Die Polizei nicht, aber die Staatsregierung! – Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Polizei und Verfassungsschutz bewerkstelligen ihre Arbeit in ausgezeichneter Manier.

(Zuruf des Abgeordneten Florian von Brunn (SPD))

Meine sehr verehrten Damen und Herren, woran machen Sie Ihre Kritik eigentlich fest? In Bayern wird vorzüglich gegen Rechtsextremismus gekämpft. Nehmen Sie das doch bitte einfach zur Kenntnis. Betrachten Sie einmal die Anzahl großer Veranstaltungen! Große Konzerte verlagern sich in andere Bundesländer. Ich könnte jetzt zwei oder drei Bundesländer aufzählen, was ich aber nicht mache. Das ist nicht unsere Sorge, das muss deren Sorge sein. 2012 waren es zehn Konzerte, 2013 sechs Konzerte, 2014 war es ein Konzert, 2015 waren es zwei Konzerte, und 2016 war es kein Konzert. Darüber sind wir glücklich und froh. Ich will das nur als Beispiel sagen: Wir hätten diese Entwicklung nicht, wenn Verwaltung, Polizei und Verfassungsschutz nicht peinlich genau arbeiten und jedes feinste Detail überprüfen würden. Gott sei Dank haben wir diese Entwicklung aber.

Noch ein weiteres Lob in Bezug auf die Arbeit: Ich habe das in meinem eigenen Landkreis erlebt. Ich nenne die Ortschaft Stammheim. Kollege Halbleib wird das bestätigen können. Hier ging es um die Verpachtung eines Anwesens in der Ortsmitte. Ich lasse das Drumherum aufgrund der fortgeschrittenen Zeit weg. Es ist Gott sei Dank eingedämmt worden. Die damaligen Pächter und Mieter sind nicht mehr vorzufinden. Aufgrund der Präventionsmaßnahmen, die wir erleben konnten, hätte es nicht besser abgewickelt werden können.

Liebe Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will an dieser Stelle klarstellend noch einmal zum Ausdruck bringen, dass wir unsere Grundwerte nur dann erfolgreich verteidigen können, wenn wir den Blick gleichermaßen auf alle – ich wiederhole: auf alle – Formen von Extremismus lenken und diese entschieden bekämpfen, wenn wir nicht, wie von gewissen Teilen der Opposition gewünscht, nur eine Seite in den Blick nehmen, sondern – ich wiederhole es und nenne es beim Namen – auch linksextremistische Gewalt und islamistischen Terror nicht aus den Augen verlieren.

(Beifall bei der CSU)

Liebe Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will nicht auf alles eingehen – ich habe das eingangs erwähnt –, aber doch auf die Forderung nach einer Überarbeitung des Bayerischen Handlungskonzepts gegen Rechtsextremismus. Diese ist ja Inhalt und Gegenstand dieser Anträge. Hierzu haben wir schon mehrfach Position bezogen. Deshalb auch nur stichpunktartig:

Erstens. Sie fragen, warum wir nicht zustimmen können. Das Konzept ist gerade kein starres Gebilde, wie in den Anträgen der Opposition suggeriert wird, sondern es ist dynamisch ausgestaltet. Es wird von der Staatsregierung entsprechend neuen Erfahrungen und aktuellen Erkenntnissen stetig und ganz konsequent weiterentwickelt. Dies geschieht auch zurzeit.

Wenn es heißt, die Zivilgesellschaft sei nicht eingebunden, muss ich sagen: Insbesondere die Landeskoordinationsstelle für Demokratie ist eingebunden. Wir überarbeiten zurzeit. Anfang 2018 soll das inhaltlich neu gefasste Handlungskonzept gegen Rechtsextremismus dem Landtag und der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Zweitens. Die Maßnahmen des Konzepts beschränken sich nicht nur auf repressive Vorgehensweisen, die größtenteils im Staatsministerium zu verorten sind und in der Sachverständigenanhörung, so wie es angesprochen worden ist, ausdrücklich gelobt wurden. Vielmehr werden alle Erfahrungen mit eingebunden.

Bei der Weiterentwicklung des Handlungskonzepts werden gerade die vorbeugenden Elemente berücksichtigt, die dazu beitragen sollen, dass es erst gar nicht zu einer Radikalisierung kommt. Sie werden stärker gewichtet. Dem konsequenten Einsatz rechtsstaatlicher Mittel muss eine Stärkung des allgemeinen Demokratie- und Werteverständnisses vorausgehen, die – ich denke, auch hierüber sind wir uns einig, und ich darf dies so deutlich ansprechen – durch präventive Maßnahmen und Beratungsangebote ergänzt wird.

Drittens. Die staatlichen Strukturen zur Bekämpfung des Rechtsextremismus werden – hierauf legen wir besonders großen Wert – kontinuierlich angepasst und auch verstärkt. Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus wurde um zwölf Stellen aufgestockt. Auch das muss man bei einer solchen Diskussion ansprechen. Zudem wurde eine neue Außenstelle in Nürnberg eingerichtet. Damit können die nachfragenden Kommunen insbesondere im nordbayerischen Raum in der Praxis intensiv betreut werden. Und noch besser: Die Angebote der BIGE werden eingebunden, und sie profitieren letztlich davon.

Aber auch die in den Schulen tätigen Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz und die dem Sozialministerium zugeordnete Landeskoordinierungsstelle Bayern gegen Rechtsextremismus werden im Rahmen des Bundesprogramms "Demokratie leben!" ständig weiter ausgebaut und verstärkt. Ich habe dies bereits vorhin angesprochen und dabei nur ein Beispiel genannt: diese Aufstockung um zwölf Stellen. Es geht um eine kontinuierliche Weiterentwicklung und, wenn es nötig ist, auch um eine Verstärkung.

Die bayerischen Sicherheitsbehörden haben – das kann ich mit Stolz hier sagen – das Thema Kampf gegen den Rechtsextremismus fest im Blick. Ich kann Ihnen auch versichern, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir diesen Weg unbeirrt weitergehen und uns mit allen rechtsstaatlichen Mitteln gegen Extremismus jeder Ausrichtung zur Wehr setzen werden.

Aus den genannten Gründen kann ich Ihren Anträgen nicht folgen. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CSU)

Bleiben Sie bitte noch am Mikrofon. – Kollegin Schmidt hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär Eck, ich wollte Ihnen nur die Angst davor nehmen, einer Evaluierung zuzustimmen, einem Aussteigerprogramm zuzustimmen. Vielleicht haben es Ihnen Ihre Kollegen nicht gesagt. Aber gera