Protocol of the Session on September 27, 2017

und

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) zur Änderung des Schulwegkostenfreiheitsgesetzes (Drs. 17/15426) - Zweite Lesung

und

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Thomas Gehring u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Regelungen zu Schulwegkostenfreiheit reformieren (Drs. 17/14691)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat 48 Minuten. Die Redezeitverteilung darf ich als bekannt voraussetzen. Der erste Redner für die SPD-Fraktion ist Herr Kollege Güll.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Wort "Schulwegkostenfreiheitsgesetz" ist in der Tat ein schwieriges Wort. Es hört sich auch nicht so prickelnd an. Wir versuchen, das Thema heute im Rahmen der Zweiten Lesung und nach Austausch der Argumente kurz und knapp abzuhandeln. Das neue Schuljahr hat bereits begonnen. Ich erinnere mich, dass Eltern seit dem Jahr 2009 immer wieder Petitionen oder Anschreiben zur Schulwegkostenerstattung verfasst haben. Wenn ihr Kind nach der Grundschule in eine andere Schule als die nächstgelegene geht, gibt es Schwierigkeiten mit der Fahrkostenerstattung. Mit dem Gesetzentwurf wollen wir dieses Thema angehen und bereinigen. Ein weiteres Thema ist die Kostenerstattung nach der 10. Klasse, wenn Jugendliche eine Berufsschule oder eine andere weiterführende Schule besuchen. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir hierfür ebenfalls eine Regelung finden.

Aus Sicht der SPD geht es um die Frage der Bildungsgerechtigkeit. Bildung muss kostenfrei sein. Das gilt auch für die Schulwegkosten. Deshalb ist dieses Gesetz wichtig. Aus diesem Grunde wäre es gut, wenn wir das Gesetz heute verabschieden könnten. Nach den bisherigen Beratungen ist meine Hoffnung jedoch nicht sehr groß.

Worum geht es im Einzelnen? – Das Schulwegkostenfreiheitsgesetz soll in zweierlei Hinsicht geändert werden. Wir formulieren Artikel 3 Absatz 2 neu. Oftmals gibt es wirklich gute Gründe dafür, dass Eltern ihre Kinder nicht auf die nächstgelegene Schule schicken. In diesen Fällen bekommen die Eltern, abgesehen von einigen Ausnahmetatbeständen, die Schulwegkosten nicht erstattet. Wenn die Kinder aber auf die nächstgelegene Schule gehen, werden die Schulwegkosten erstattet. Das ist der Tatbestand. Wir wollen Artikel 3 Absatz 2 ändern, damit Eltern wenigstens die fiktiven Kosten zur nächstgelegenen Schule erhalten. Diese Forderung ist ohnehin moderat, da es nicht um die volle Erstattung geht. In einem ersten Schritt geht es um die fiktiven Kosten.

Herr Kollege Hofmann steht schon in den Startlöchern. Wahrscheinlich wird er eine Erstattung ablehnen. Das weiß ich wohl. Der Aufgabenträger – Kommunen, Landkreise und Gemeinden – muss nur den kostenfreien Schulweg garantieren. Er setzt Schulbusse ein oder bedient den ÖPNV. Ganz selten gibt es auch einmal Kostenerstattungen, wenn ein Kind beispielsweise in einem Einödhof wohnt. Die Eltern übernehmen in diesem Fall die Kosten und rechnen hinterher ab. In der Regel findet jedoch keine Kostenerstattung statt. Dass weiß ich sehr wohl. Stattdessen gibt der Staat dem Aufgabenträger einen Zuschuss. Wir wollen, dass der Kostenanteil, den die Gemeinde bezahlt, errechnet wird. Dieses Geld sollen die Eltern auf Antrag erstattet bekommen. Zwar wird dies nicht viel sein, aber immerhin ein kleiner Teil. Wenn man in unseren Gesetzentwurf hineinschaut, kann man das auch herauslesen. In unserem Gesetzentwurf steht, dass im Fall des Besuchs einer weiter entfernt gelegenen Schule der Aufgabenträger gegen Nachweis zumindest die Kosten bis zur Höhe der Kosten nach Satz 1 erstattet. Wir wollen also die Systematik der Kostenbereinigung nicht ändern. Es geht um diesen Sachverhalt. Er wurde in Petitionen sehr oft angemahnt. Jetzt ist es an der Zeit, dies zu ändern. Wenn Sie heute zustimmen, hätten wir dieses Thema vom Tisch.

Die zweite Änderung ist ein bisschen komplizierter. Viele wissen nicht, dass Eltern für ihre Kinder nach der 10. Klasse einen Familienzuschuss zu den Beförderungskosten zahlen müssen. Die Familienbelastungsgrenze – wieder ein technischer Begriff – beläuft sich derzeit auf 420 Euro. Diesen Betrag müssen die Eltern auf jeden Fall zahlen, wenn ihr Kind auf eine weiterführende Schule geht. Erst beim dritten und vierten Kind ist es kostenfrei. Wir sagen, die Eltern sollen diese 420 Euro, diesen sogenannten Familienbelastungsbeitrag, bekommen. Dann hätten sie 420 Euro mehr in der Tasche. Das wäre sinnvoll. Wir würden die Eltern entlasten. Wir wollen allerdings,

dass dies der Staat übernimmt. Wir hätten auch gewährleistet, dass für die Kinder oder in diesem Fall für die Jugendlichen Kostenfreiheit besteht.

Zusammengefasst: Bei dieser Systematik geht es darum, den Schulweg über die 10. Klasse hinaus kostenfrei zu gestalten. Im Übrigen darf ich an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die derzeitige Rechtslage den Kommunen enormen Verwaltungsaufwand auferlegt. Der in meinem Landkreis Zuständige hat gesagt: Mein Gott, das ist jedes Jahr. Das geht auf Antrag, dann muss man es nachrechnen und die 420 Euro abziehen. Wenn mehr Kinder da sind, muss man das wieder berücksichtigen. – Nach unserem Vorschlag wäre es so viel einfacher. Wir würden hier für die Kommunen sogar Kosten sparen. Dies wäre sogar ein Beitrag zur Bildungsgerechtigkeit, weil wir es schaffen würden, die Bildung für alle freizustellen, auch was die Schulwegkosten anbetrifft.

Ich will nochmal ganz deutlich darauf hinweisen. Bei den Kosten ist es so: Bei Punkt eins, Kostenerstattung nicht nur bis zur nächstgelegenen Schule, kann man im Moment die Kosten tatsächlich schwer beziffern. Dazu liegen keine Daten vor. Aber ich denke, dass man das über das Finanzausgleichsgesetz auch für die Kommunen verträglich lösen kann. Bei Punkt zwei, Vorgehen nach der 10. Klasse, räume ich ein, dass das eine teure Angelegenheit wird. Wir haben es mal errechnet. Vermutlich wird das um die 120 Millionen Euro kosten. Das ist ein Batzen Geld. Das weiß ich auch. Aber die Frage ist, was einem Staat Kostenfreiheit im Bildungsbereich wert ist. Wir haben gesagt, wir wollen diese Kosten zugunsten der Eltern aufbringen. Deshalb wollen wir, dass der Staat, nicht die Kommune, diese 420 Euro Elternanteil übernimmt. Damit wären zumindest für die Kommunen keine Belastungen da.

Ich will noch etwas zum Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER sagen. Wir stimmen dem zu. Allerdings befasst sich der Antrag der FREIEN WÄHLER nur mit dem einen Teil, also mit der nächstgelegenen Schule. Den anderen Teil haben die FREIEN WÄHLER nicht übernommen. Aber wir würden dem zustimmen.

Auch dem Antrag der GRÜNEN stimmen wir zu, wenngleich das ein Antrag und kein Gesetzentwurf ist. Er beinhaltet im Inhalt im Prinzip unseren Gesetzentwurf im weitesten Sinne. Die anderen beiden Dinge, die in dem Antrag stehen, kann man mittragen. Sie sind für uns nicht von großer Bedeutung; aber wir würden das mittragen, sodass wir auch dem zustimmen würden. – Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit und hoffe, dass Sie vielleicht doch noch der Zustimmung nähertreten werden.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Güll. – Für die Fraktion der FREIEN WÄHLER hat sich Kollege Hanisch gemeldet. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir beklagen, dass wir in Deutschland, aber auch in Bayern zu wenig Kinder haben. Daher müssen wir kinderfreundlicher werden. Da gehen die heutigen Anträge in die richtige Richtung. Wir müssen die Kosten, die den Eltern entstehen, zumindest für viele Bevölkerungsschichten reduzieren. Auch dazu dienen die heute vorgelegten Anträge.

Meine Damen und Herren, wir geben den Eltern das Recht – zu der rechtlichen Situation ist von meinem Vorredner sehr ausführlich Stellung genommen worden, darum schenke ich mir diesen Punkt im Detail –, für ihr Kind eine andere als die nächstgelegene Schule zu wählen. Daher müssen wir auch bei den Kosten etwas regeln. Ich meine, wir sollten hier den Grundsatz der Beförderungsfreiheit konsequent anwenden. Damit bin ich bei den Schulwegkosten nach diesem Schulwegkostenfreiheitsgesetz. Lassen Sie uns zurückschauen, wie das vor einigen Jahrzehnten war, als man eingeführt hat, dass die Beförderung zur Schule keine Aufgabe der Eltern ist. Da hat man ein Gesetz beschlossen, hat mit den Kommunen gesprochen und die Kommunen zu einer Kostenbeteiligung animiert. Man hatte damals ein Verhältnis von 81 % für den Freistaat Bayern und von 19 % für die Kommunen. Meine Damen und Herren, dieses Verhältnis hat man dann relativ schnell aufgegeben, als die Kommunen Ja gesagt hatten und im Boot dabei waren. Man hat die Prozentsätze geändert, und bereits fünf Jahre später, im Jahr 1985, hatte man nur noch eine staatliche Beteiligung von 56,5 %. Man höre: 81 % bei der Einführung! Derzeit liegen wir bei 61 %. Auch hier hat man die Kommunen alleingelassen. Ähnlich sieht es jetzt aus. Ich bin der Meinung, dass man die Eltern momentan alleinlässt. Diese sollen auf den Kosten sitzenbleiben, wenn sie von der Möglichkeit, eine weiter weg gelegene Schule zu wählen, Gebrauch machen.

Meine Damen und Herren, wir haben die Schulwegkostenfreiheit bis zur 10. Jahrgangsstufe, wenn es die nächstgelegene Schule ist. Ab der 11. Jahrgangsstufe haben wir diese Kostenbeteiligung in Höhe von 420 Euro, wie bereits ausgeführt wurde. In den Kommunen ist die Kostenbeteiligung deutlich erhöht worden, obwohl die Einnahmen rückläufig waren. Daher bin ich der Auffassung, dass die Regelung, die wir hier haben, eine ähnliche Situation für einkommensschwache Eltern schafft. Mit der Regelung, die wir

haben, wird es sich jede finanzkräftige Familie leisten können, ihr Kind auf eine entfernter liegende Schule zu schicken, wenn gewichtige Gründe dafür sprechen. Aber eine Familie, bei der das Geld knapp ist, wird daran zu knabbern und zu beißen haben und von dieser Möglichkeit unter Umständen keinen Gebrauch machen. Das lehnen wir ab, weil wir glauben, dass die Gleichberechtigung auch hier gelten sollte.

Meine Damen und Herren, wir wenden diese Regelung an und lassen die Eltern dabei hängen. Die Petitionen im Petitionsausschuss zeigen, dass hier Bedarf besteht; denn zahlreiche Petitionen beschäftigen sich mit diesem Problem und halten es für ungerecht. Ich meine, es wäre hier für den Bayerischen Landtag ein Leichtes, zu reagieren und zu handeln und diesen Wünschen der Eltern Rechnung zu tragen. Wir FREIE WÄHLER fordern deshalb, dass man zumindest den Weg gehen sollte, den Eltern, die eine entfernter liegende Schule wählen, wenigstens die Kosten zu erstatten, die entstehen würden, wenn die nächstgelegene Schule besucht würde. Mit der Erstattung dieser fiktiven Kosten wäre den Eltern schon wesentlich geholfen, weil dann die Kosten, die letztlich bei ihnen hängen bleiben, geringer wären als derzeit. Ich glaube, das ist eine Frage des Gerechtigkeitssinns und des Entgegenkommens. Wenn man solche Lösungen schafft, dann muss man auch Wege finden, um die Eltern zu entlasten. Die Eltern haben unserer Meinung nach einen Rechtsanspruch auf Erstattung dieser fiktiven Beförderungskosten.

Meine Damen und Herren, wir reden hier nicht von unendlich hohen Kosten. Wir FREIE WÄHLER hätten es uns einfach machen und sagen können: Die Anträge der SPD und der GRÜNEN, bei denen wir uns leider enthalten, sind von der Substanz her gut. Aber wir wollten diesen weiten Weg nicht gehen. Dies wird sicher irgendwann kommen. Davon bin ich überzeugt. Mittelfristig werden wir den Weg haben, den die GRÜNEN und die SPD heute schon aufzeigen. Wir wollten die Kosten, die zusätzlich auf den Freistaat Bayern zukommen, nicht in diesem drastischen Maß erhöhen und sind deshalb der Auffassung: Das ist ein Antrag, dem man auch vonseiten der CSU zustimmen kann, wenn man es dort ehrlich und ernst meint und sagt, dass weiterführende Schulen eine Möglichkeit sind und der Elternwille hier entscheiden kann. Dann muss man zumindest den Betrag übernehmen, der für die näher gelegene Schule sowieso zu zahlen wäre. Das ist unsere Forderung. Wir meinen, dem ist relativ leicht Rechnung zu tragen.

Meine Damen und Herren, für mich ist das eine Gerechtigkeitslücke. Wir haben heute die Möglichkeit, diese Gerechtigkeitslücke zu schließen. Ich darf Sie deshalb bitten, dem Gesetzentwurf der FREIEN

WÄHLER zuzustimmen. Zu dem Gesetzentwurf der SPD und dem Antrag der GRÜNEN werden wir uns enthalten. In diesem Gesetzentwurf und dem Antrag sind sehr gute Ansätze enthalten, teilweise wird darin das Gleiche gefordert, was wir auch wollen. Momentan glauben wir aber, dass die damit verbundenen Belastungen zu groß sind. Man muss aber kein Prophet sein, um sagen zu können, dass diese Vorschläge in Stufen verwirklicht werden.

Wir wollen in unserer Gesellschaft erreichen, dass sich Eltern mehr Kinder gönnen. Wir werden heute noch über einen Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER beraten, in dem festgestellt wird, dass Bildung in voller Konsequenz eine Staatsaufgabe ist. Heute ist ein Kindergarten eine Bildungseinrichtung. Das ist der Weg, den wir in der Zukunft kontinuierlich weitergehen müssen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hanisch. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Gehring von der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Hier geht es um die Frage der Bildungsgerechtigkeit; denn das Recht auf Schule umfasst auch das Recht, zu einer Schule kommen zu können, und zwar unentgeltlich. Dieses Recht muss allen Kindern und allen Schülerinnen und Schülern in Bayern zugestanden werden, ganz egal, wo sie leben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Natürlich geht es hier vor allem um Kinder und Schülerinnen und Schüler im ländlichen Raum. Dort ist die Schülerbeförderung vor allem ein Thema, und dort ist die Gerechtigkeit genauso zu Hause wie in der Stadt.

In unserem Antrag fordern wir die Schulwegkostenfreiheit auch ab der 10. Klasse. Die hat es früher in Bayern gegeben. Sie wurde aber unter der Regierung Stoiber abgeschafft, um Geld zu sparen. Sie lehnen diese Forderung ab, weil sie wieder Geld kosten würde. Sehen wir uns aber an, welche Regelungen aus der Ära Stoiber noch übrig sind. Sie haben die meisten Regelungen aus der Ära Stoiber wieder rückabgewickelt, nicht zuletzt das G 8 oder die Arbeitszeitverlängerung der Beamten. Hier haben wir eine der letzten Baustellen, wo Sie die Stoiber-Politik noch einmal korrigieren könnten. Ich denke, dies wäre im Sinne dieser Regierung und der CSU-Fraktion. Das wäre auch richtig und notwendig. Sie würden dafür unseren Applaus bekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hier geht es im Wesentlichen um die Bildungsgerechtigkeit auf dem Land. Wir haben die Enquete-Kommission "Gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Bayern" eingerichtet. Hier könnten Sie tatsächlich etwas für die Gleichwertigkeit tun. Ich möchte noch einmal an die Geschichte erinnern: In Bayern gab es eine Schulreform, aufgrund deren kleine Schulstandorte und viele Dorfschulen geschlossen wurden. Der Staat hat damals den Bürgerinnen und Bürgern gesagt: Wenn wir eure Schulen schließen, wird wenigstens der Weg zur Schule finanziert. Der Staat beteiligt sich zusammen mit den Kommunen an diesen Kosten. – Dieses Versprechen muss auch heute noch gelten, auch wenn inzwischen einige Jahre vergangen sind.

Natürlich hat sich auch das Bildungsverhalten auf dem Land geändert. Wir haben heute auf dem Land höhere Übertrittsquoten auf die Realschulen und die Gymnasien als früher. Das ist gut so. Ich bin nicht jemand, der sagt, dass wir das stoppen sollten. Ich finde es gut, dass auf dem Land mehr Kinder auf die Gymnasien und die Realschulen gehen. Die Schulwegkostenfinanzierung muss aber dieser Entwicklung folgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch das Bildungsverhalten hat sich auf dem Land verändert. Die Eltern auf dem Land stellen sich die Frage: Was ist die richtige Schule für mein Kind? Dabei geht es um die Ganztagsbetreuung oder um ein bestimmtes Profil der Schule. Manchmal wohnt die Großmutter nicht an dem Ort, an dem sich das nächstgelegene Gymnasium befindet. Die Kinder besuchen dann ein Gymnasium oder eine Realschule, die oft nur ein paar Kilometer weiter entfernt liegt. Für die Beförderung der Kinder zu dieser nicht nächstgelegenen Schule bekommen die Eltern jedoch kein Geld. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag, dass zumindest die sogenannten fiktiven Kosten für die Beförderung der Kinder zur nächstgelegenen Schule erstattet werden sollen, wenn ein Kind eine andere Schule besucht. Es wäre nur recht und billig, dass so verfahren wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Hofmann spricht immer davon, dass die gesamten Schülerbeförderungssysteme zusammenbrechen würden, wenn die Leute nicht mehr mit dem Schulbus fahren würden. Dazu ist zu sagen: Etwa 80 % der Schülerbeförderungsverkehre in Bayern sind in den ÖPNV integriert. Hier geht es nur darum, die Karte zu bezahlen. Die Schülerverkehre würden nicht zusammenbrechen, wenn für einen relativ kleinen Teil der Kinder die fiktiven Kosten übernommen

würden, wenn sie auf eine andere Schule gingen. Das wäre zu machen.

Ich freue mich, dass die SPD dem Punkt unseres Antrags zustimmt, mit dem wir vorschlagen, dass auch die Kosten für den Schülerverkehr zu Schulen der besonderen Art übernommen werden sollen, von denen es in Bayern nur sehr wenige gibt, zum Beispiel zu der Gesamtschule Hollfeld. Hierfür entstehen keine zusätzlichen Kosten; denn die Kinder besuchen keine weitere Schule. Wir haben nur wenige Schulen der besonderen Art. Ich bin sicher, dass wir in Bayern mehr Gemeinschaftsschulen haben werden, sobald es hier eine andere Regierungskoalition geben wird. Dann wird dieser Passus sicherlich noch wichtiger werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier geht es auch um das Thema der Gerechtigkeit zwischen der beruflichen und der akademischen Bildung. Hier müssen wir noch einmal nachdenken. Auf meiner Berufsbildungstour durch Bayern habe ich Azubis mit Abitur kennengelernt, die sich an der Uni eingeschrieben haben, damit sie mit dem Semesterticket zur Schule fahren können. Das ist nämlich wesentlich günstiger, als wenn sie die Fahrten teuer bezahlen müssten. Als Azubis haben sie keine Finanzierung bekommen, als Studierende bekommen sie eine Möglichkeit, mit der sie den ÖPNV günstiger benützen können. Wir müssen uns deshalb überlegen, ob wir Azubi-Tickets finanzieren oder ab der 10. Klasse generell den Schulweg finanzieren. Das käme jungen Leuten in der beruflichen Bildung zugute. Sie wissen, dass wir alles tun müssen, um mehr Gerechtigkeit zwischen beruflicher und akademischer Bildung herzustellen. Dazu gehört auch die Finanzierung des Schülerbeförderungsverkehrs.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben zu diesem Thema einen Antrag gestellt, weil wir der Überzeugung sind, dass es besser ist, diese Fragen untergesetzlich zu regeln; denn da können wir flexiblere Regelungen treffen. Wir werden den beiden Gesetzentwürfen der Kollegen der SPD- und FW-Fraktion zustimmen, weil wir gesehen haben, dass auf der CSU-Seite keinerlei Bewegung bei diesem Thema erfolgt. Wir halten die Intention dieser beiden Gesetzentwürfe für richtig und werden ihnen zustimmen. Ich bitte Sie, auch unserem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Danke sehr, Herr Kollege Gehring. – Für die Fraktion der CSU darf ich Herrn Kollegen Hofmann ans Mikrofon bitten. Bitte schön, Herr Hofmann.

Sehr geehrter Herr Vizepräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die derzeitige Debatte soll dazu dienen, eine angebliche Bildungsungerechtigkeit in Bayern darzustellen. Diese Bildungsungerechtigkeit besteht nicht, das möchte ich in aller Deutlichkeit sagen. Jeder, der in Bayern eine Schule mit einer bestimmten Ausbildungsrichtung seiner Wahl besuchen möchte, kann dies tun und damit die Ausbildung erhalten, die er für sich in Anspruch nehmen möchte.

Die Wahl der Schule wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Beförderung nicht sichergestellt wäre. Die Beförderung ist sichergestellt. Dadurch entsteht auch keine Ungerechtigkeit; denn jeder kann, ohne dass er dadurch Schwierigkeiten bei der Bezahlung oder der Beförderung hat, die Schule mit der gewünschten Ausbildungsrichtung besuchen. Der Unterschied besteht darin, dass sich die Schülerinnen und Schüler keine Schule aussuchen können, wo immer sie wollen. Ein Schüler aus Bamberg in Oberfranken, der gerne eine Schule in Lichtenfels besuchen möchte, oder ein Schüler aus Forchheim, der eine Schule in der Fränkischen Schweiz, zum Beispiel in Pegnitz, besuchen möchte, hat dafür keinen Beförderungsanspruch.

Schüler, die eine solche Wahl treffen, obwohl in ihrer unmittelbaren Nähe eine entsprechende Schule mit der gleichen Ausbildungsrichtung vorhanden wäre, müssen eben die entstehenden Beförderungskosten selbst übernehmen. Wenn eine Kommune eine Schule baut, muss sie dafür die entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stellen. Die Kommune muss den ÖPNV organisieren, mit dem die Schülerinnen und Schüler an die Schule gebracht werden. Das alles sind Entscheidungen der Kommunen. Da hat der Freistaat Bayern überhaupt nichts mitzureden.

Diese Aufgaben der Kommunen müssen erledigt werden. Das ist vollkommen klar. Wir sind bereits so weit, dass der Freistaat Bayern diese Infrastruktur, die zur Verfügung gestellt werden muss, finanziell unterstützt. Das ist eine freiwillige Leistung des Freistaats Bayern. Wir wollen in dieser Sache die Kommunen nämlich unterstützen. Warum sollen wir Menschen in dem Anliegen unterstützen, sich eine Schule herauszusuchen? Weil sie sich gerne das Lehrerkollegium heraussuchen wollen, weil ihnen vielleicht die Lehrer in Pegnitz besser gefallen als die in Forchheim? – Warum wir dafür die Beförderung bzw. in diesem Fall die fiktive Beförderung bezahlen sollen, das erschließt

sich mir nicht. Das hat doch mit Bildungsungerechtigkeit überhaupt nichts mehr zu tun.