Vielen Dank, Frau Staatsministerin. – Damit ist dieser Tagesordnungspunkt erledigt. Wir werden jetzt noch über die Liste abstimmen und die beiden Ersten Lesungen durchführen. Das müssten wir eigentlich bis 13.00 Uhr schaffen. Dann gehen wir in die Mittagspause.
Abstimmung über Europaangelegenheiten und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)
Bevor ich über die Liste abstimmen lasse, möchte ich Sie noch darauf hinweisen, dass der Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie regionale Beziehungen in seiner Sitzung am Dienstag die unter den Nummern 1 und 2 aufgeführten öffentlichen Konsultationsverfahren zum Schutz von Hinweisgebern und zur Betrugsbekämpfung auf dem Gebiet der Mehrwertsteuer, bei denen die Frist Ende Mai abläuft, abschließend beraten und empfohlen hat, die auf den Drucksachen 17/16943 und 17/16946 ausgedruckten Stellungnahmen abzugeben.
Wir kommen nun zur Abstimmung. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.
Wer mit der Übernahme des jeweils maßgeblichen Ausschussvotums entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FREIEN WÄHLER und von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. – Damit übernimmt der Landtag diese Voten.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Kirchensteuergesetzes (Drs. 17/16762) - Erste Lesung
Die Fraktionen sind übereingekommen, auf eine Aussprache zu verzichten. Wir kommen daher gleich zur Verweisung. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Martin Stümpfig u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Landesplanungsgesetzes Einführung einer Obergrenze für den Flächenverbrauch (Drs. 17/16760) - Erste Lesung
Für die Begründung des Gesetzentwurfs stehen 5 Minuten zur Verfügung. Die Gesamtredezeit der Fraktionen im Rahmen der Aussprache beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. Begründung und Aussprache werden miteinander verbunden. Damit beträgt die Redezeit für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 10 Minuten.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Artikel 141 der Bayerischen Verfassung besagt: Der Boden ist als natürliche Lebensgrundlage zu schützen. Wie sieht es aber nun mit dem Boden in Bayern aus, mit dieser Ressource, die wir laut Verfassung schützen sollen, die auch nicht vermehrbar ist und die, wenn sie einmal verbraucht ist, nicht mehr so leicht zurückgeholt werden kann? – Unser Fazit: Es sieht mit dieser Ressource nicht gut aus.
Momentan gehen die Planungen der CSU-Fraktion zur Reform des Landesentwicklungsprogramms in eine Richtung, dass sich die Situation weiter verschlechtern würde. Das können wir so nicht akzeptieren.
Wir haben in Bayern einen enormen Flächenverbrauch; jeden Tag gehen 13 Hektar verloren. Auf das Jahr gerechnet entspricht das der Fläche des Ammersees. Man kann sich kaum vorstellen, welche Ausmaße das annimmt. Diese Fläche nimmt jährlich sogar noch zu.
Besorgniserregend ist auch, dass diese Fläche eins zu eins von der landwirtschaftlichen Nutzung abgeht. Der nachfolgende Redner, Herr Nussel, kommt aus diesem Bereich. Ich glaube, Herr Nussel, dass Sie mir sicherlich darin zustimmen werden, dass ein weiterer Rückgang der landwirtschaftlichen Nutzfläche sehr, sehr besorgniserregend ist und wir alles dafür tun müssen, um den Druck auf den Boden, auf diese endliche Ressource wegzunehmen, dass wir einen anderen Umgang mit unserem Boden brauchen, eine andere Bodenpolitik.
Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung besagt: 30 Hektar Flächenverbrauch pro Tag maximal. Die Bayerische Staatsregierung stellt in ihrem Umweltbericht fest, dass der Flächenverbrauch immer weiter zunimmt und noch kein Rezept gefunden wurde, um ihn einzudämmen. Frau Staatsministerin Scharf wird mir hierin sicherlich zustimmen.
Die Nachhaltigkeitsstrategie ist vorhanden, es gibt ein Flächenschutzziel. Die Politik in Bayern tut aber nichts dafür, um dieses einzuhalten. Was ist eine Politik wert, wenn festgelegte Ziele völlig in den Wind geschossen werden? – Die Staatsregierung macht sich hier komplett unglaubwürdig. Das ist keine verantwortungsvolle Politik.
Und was ist mit dem Flächenfraß? – Der geht derweil munter weiter. Tag für Tag werden massiv Flächen verschlungen. In einer Woche kommt eine Fläche zusammen, die zwei bayerische Bauernhöfe benötigen, wenn man von der durchschnittlichen Größe von 31 Hektar pro Bauernhof ausgeht.
Auch der Bayerische Bauernverband, mit dem wir als Fraktion der GRÜNEN relativ selten einer Meinung sind, hat unsere Argumentation in der Anhörung zum Landesentwicklungsprogramm massiv gestärkt. Dessen Vertreter hat gesagt, der Flächenverbrauch, dieser Flächenfraß darf so nicht weitergehen, wir brauchen endlich Maßnahmen zur Begrenzung.
Das heißt also ganz klar: Stopp dieser Politik! Stopp dem Ausverkauf unserer Landschaft! Stopp dem Dogma "Wachsen um jeden Preis"!
Wie gesagt: Die Nachhaltigkeitsstrategie der Bundesregierung besagt: maximal 30 Hektar pro Tag. Heruntergebrochen auf Bayern sind das 4,7 Hektar pro Tag. Wir fordern in unserem Gesetzentwurf, dass im Landesplanungsgesetz eine Obergrenze für den Flächenverbrauch verbindlich vorgeschrieben wird. Hergeleitet von diesen 30 Hektar pro Tag für den Bund wären das 4,7 Hektar pro Tag für Bayern. Das möchten wir festschreiben.
Wie kann man das nun in der Praxis umsetzen? – In unserem Gesetzentwurf haben wir dazu die Einführung eines Zertifikatehandels thematisiert. Wir wollen eine dynamische Entwicklung Bayerns. Wir wollen kein starres System; wir wollen eine flexible Lösung, die den Kommunen, so unterschiedlich sie auch sind, Spielräume lässt. Für manche Kommunen ist das eine die richtige Lösung, für andere Kommunen das andere.
Wir wollen also diesen Zertifikatehandel einführen. Das kann man mit einer Art Gutscheinsystem vergleichen. Diese 4,7 Hektar pro Tag für Bayern werden heruntergebrochen auf die bayerischen Kommunen. Ausnahmeregelungen brauchen wir für die Ballungsräume, weil dort besondere Herausforderungen bestehen. Leitparameter ist die Bevölkerungsentwicklung. Jeder Kommune werden also auf der Grundlage des Standes der Bevölkerungsentwicklung Zertifikate zugeteilt. Damit können die Kommunen handeln. Reichen die Zertifikate nicht aus, können welche zugekauft werden. Geht eine Kommune sparsam damit um, kann sie welche verkaufen. Kommunen, die wenig Flächen verbrauchen, können also Zertifikate verkaufen und damit Gewinne erlösen. Die Kommunen, die auf Innenentwicklung setzen, werden belohnt.
Das Spannende dabei ist: Wir können auf viele Erfahrungen zurückgreifen. Wir haben uns dieses Konzept nicht am Schreibtisch ausgedacht. Es war Gegenstand einer großen Studie des Umweltbundesamtes, die vom Jahr 2013 bis zum Frühjahr 2017 gelaufen ist. 87 Kommunen haben daran teilgenommen, davon mehrere bayerische: Deggendorf, Aschaffenburg und weitere. Das Ergebnis dieser Studie, dieses Planspiels ist gut dokumentiert. Die Neuausweisungen haben um 50 % abgenommen. Von den Projekten, die im Innenbereich geplant waren, wurden nahezu alle umgesetzt. Wir haben in diesen vier Jahren also Ergebnisse erzielt, sodass wir sagen können: Die Innenentwicklung wird durch diesen Flächenzertifikatehan
In diesem Zusammenhang ist auch interessant, dass man genau analysiert hat, wie es mit den geplanten Projekten ausschaut. Man kam zu dem Ergebnis: Ein Drittel der geplanten Projekte wäre auf jeden Fall ein Verlustgeschäft gewesen. Wir sehen daran, dass wir damit den Kommunen Handreichungen geben würden, keine Flächen auszuweisen, keine Gewerbegebiete zu erschließen, die ein Verlustgeschäft werden. Deswegen wäre das sehr positiv für die kommunale Entwicklung.
Wie sieht es nun mit der kommunalen Planungshoheit aus? Das Argument wird sicherlich aufgegriffen, dass die kommunale Planungshoheit beschnitten würde. – Wir sagen: Nein. Der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen ist in der Verfassung festgeschrieben. Deshalb hat jedes Land das Recht, rechtliche Grundlagen zum konkreten Schutz zu schaffen. Es ist keine starre Begrenzung. Dieser Zertifikatehandel lässt Freiraum. Er setzt nur die Obergrenze von 4,7 Hektar pro Tag. Die einzelnen Kommunen können Zertifikate zukaufen oder verkaufen. Deshalb ist das für uns ein sehr gutes Instrument, um die Obergrenze von 4,7 Hektar umzusetzen. Die Notwendigkeit ist nach unserer Einschätzung wirklich gegeben.
Wir haben ein Gutachten erstellen lassen. Die kommunale Planungshoheit wird hier nicht beschränkt. Es ist rechtlich wasserdicht; es ist umsetzbar.
Die Notwendigkeit dieser Maßnahme, die sicherlich neu ist, ist nach unserer Meinung wirklich gegeben. Wenn wir immer hören, nur 5 % der Fläche in Bayern soll versiegelt sein, sagen wir: Nein, das ist eine dramatische Entwicklung. Herr Söder, unser Heimatminister, kann Bayern nicht mit einem Fußballplatz vergleichen; denn auf einem Fußballplatz gibt es keine Berge, gibt es keine Seen und gibt es keine geschützten Naturräume. Von daher gesehen ist ein Vergleich mit einem platten Fußballplatz nicht angebracht. Er ist fehl am Platz. Wir brauchen eine Entwicklung, die den Flächenverbrauch tatsächlich eindämmt. Hierzu liegt unser Gesetzentwurf vor.
Wir setzen uns also für eine Landesplanung ein, die unsere Heimat tatsächlich schützt. Wir sind hier gemeinsam mit nahezu allen Experten der Anhörung einer Meinung. Nur ganz wenige – das waren die IHK und der Gemeindetag – haben zu einzelnen Bereichen gesagt, dass eine gewisse Lockerung der Ausweisung durchaus Sinn mache. Bei den allermeisten
Punkten, bei 98 % der Punkte waren wir aber einer Meinung mit den Experten, die vor einer Aushöhlung des Landesentwicklungsprogramms und vor einem Verkauf der Heimat gewarnt haben.
Wir brauchen eine Antwort auf den stetig steigenden Flächenverbrauch. Wir brauchen Konzepte. Wir brauchen klare Leitplanken. Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir dem Verfassungsauftrag des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen nachkommen, unsere schöne Heimat in Bayern schützen und den Flächenfraß verhindern.
Danke schön, Herr Kollege Stümpfig. – Nächster Redner ist Herr Kollege Nussel. Bitte schön, Herr Nussel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Mein Kollege, Herr Stümpfig, hat bei dem Thema, wie es um den Flächenverbrauch in unserem Land steht, wieder einmal ein Szenario der Angst beschrieben. Herr Stümpfig, ich hätte mir heute gewünscht, dass Sie das aufgreifen, was ich das letzte Mal hier gesagt habe, als ich zu diesem Thema gesprochen habe. Sie sollten Beispiele dafür herausarbeiten, wie viele Flächen der Landwirtschaft von der Bewirtschaftung herausgenommen wurden, um sie ökologisch aufzuwerten. Das haben Sie heute mit keiner Silbe erwähnt. Mich stimmt schon sehr nachdenklich, dass Sie das so einseitig darstellen, als würde in Bayern jetzt die Welt untergehen. Das ist wahrlich nicht so.
Bayern entwickelt sich hervorragend. Ich bin ein Verfechter eines Prinzips. Ich sage: Wir müssen unseren Kommunen den Handlungsspielraum lassen. Wir dürfen dies nicht, wie Sie das machen wollen, durch Vorgaben einschränken, dass zum Beispiel Kommunen einen Handel mit Zertifikaten betreiben sollen. Dadurch sollen quasi diejenigen Kommunen belohnt werden, die sich zurücklehnen und sagen: Ich brauche keine Ansiedelung, ich verkaufe alle meine Zertifikate, während wir dann diese Kommune mit Zuschüssen unterstützen sollen. Das ist der falsche Weg. Wir müssen diejenigen Kommunen unterstützen, die das Land nach vorne bringen. Das heißt nicht, dass ich alles zubetonieren will – mit Sicherheit nicht. Wir müssen dies mit Maß und Ziel betreiben, wie es bisher auch geschehen ist. Da sind wir dabei.
Ich habe bei der Anhörung auch andere Stimmen gehört, Herr Stümpfig. Es waren keine 98 % einer Meinung mit Ihnen, wie Sie darstellen. Auch von anderen Verbänden waren Stimmen zu hören, die besagten: Wir müssen auch Freiheiten schaffen, damit wir gera
de den ländlichen Raum und nicht nur die Metropolen stärken. Das ist das Anliegen unseres Ministeriums, unserer Staatsregierung. Wir gehen in diese Bereiche, damit sich dort auch Gewerbe ansiedeln kann, damit junge Menschen in den Regionen, in den ländlichen Bereichen bleiben können. Dabei sind die ersten Erfolge unseres Heimatministeriums, das umsteuert, jetzt schon sichtbar.
Ich kann nicht feststellen, dass wir im Vergleich mit den anderen Bundesländern unsere Flächen überproportional verschwenden würden. Sie sprechen auch davon, dass 4,7 Hektar aus der Bewirtschaftung herausgenommen werden sollen. Ich bitte, zu bedenken, was dies bei der Entwicklung eines Gewerbegebietes heißt. Was brauche ich an Ausgleichsflächen? Wie viel Grün muss ich auf den Flächen selbst schaffen? Dadurch entstehen ja zusätzliche Kosten, die wir, die Unternehmen, die Kommunen usw. auch aufbringen müssen. Davon haben Sie heute mit keiner Silbe gesprochen. Ich hätte mir schon gedacht, dass Sie das aufnehmen und als grüne Partei herausarbeiten und in den Vordergrund stellen, wie es draußen tatsächlich aussieht.
Sie haben nur in eine Richtung argumentiert – das machen Sie in jeder Ausschusssitzung –, nämlich, wie schlimm das alles ist. Ich kann nicht erkennen, dass unsere Bevölkerung und die zwei Millionen, die in den letzten zehn Jahren zu uns gekommen sind, dieses Szenario annehmen; denn sonst würden sie, meine ich, versuchen, ihren Lebensmittelpunkt anderswo zu wählen. Nehmen Sie doch bitte etwas Druck heraus. Versuchen Sie, das, was wir in der Anhörung diskutiert haben und nun auf den Weg bringen wollen, mit uns sachlich zu begleiten.
Ganz wichtig ist, dass wir versuchen, die schon vorhandenen Infrastrukturen, eben die Autobahnen, die vierspurigen Straßen, zu nutzen, um – natürlich geregelt, nicht als Band entlang der Autobahnen – an den Ausfahrten Gewerbeflächen zu schaffen, um dort Arbeitsplätze hinzubringen, damit die Menschen nicht zusätzlich Umgehungsstraßen um die Gewerbegebiete brauchen. Das sollte der Weg sein, den wir aufzeigen wollen und den wir gemeinschaftlich gehen wollen.