Protocol of the Session on February 29, 2012

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Das hat es bislang in Deutschland noch nie gegeben. Sie wollen den Leuten erzählen, dass unsere Lebensmittelkontrolle nicht funktioniere. Hier ist verantwortungsvoll gehandelt worden. Davon bin ich fest überzeugt. Wenn man sich die Geschehnisse bei MüllerBrot ansieht, kann man durchaus einiges kritisch hinterfragen. Das habe ich auch im Ausschuss gesagt. Im Grundsatz ist aber im Hinblick auf die Kontrolldichte und das verfassungsrechtliche Abwägungsgebot verantwortungsvoll und richtig gehandelt worden. Eine Gefahr für die Verbraucherinnen und Verbraucher gab es zu keinem Zeitpunkt. Ich halte es für wichtig, dass wir diese Botschaft nach außen senden.

Seit dem Jahr 2007 sind die Personalstellen bei den Lebensmittelkontrolleuren um zirka zehn Prozent erhöht worden. Wir könnten uns bei der Wiederbesetzungssperre treffen. Wir wissen also auch, dass es hier haushalterische Barrieren gibt.

Frau Kollegin Dittmar, ich möchte Ihnen sagen, dass sich bei Punkt 3 Ihres Antrags das Verfahren nicht ausschließlich nach der Einwohnerzahl richtet. Natürlich führen wir risikoorientierte Untersuchungen durch. Das ist gar keine Frage. Hier wurden zwei Parameter angelegt. Ich halte dies für sinnvoll und richtig.

Ob man die Lebensmittelkontrolleure dem Ministerium unterstellen sollte, weiß ich nicht. Dahinter mache ich ein ganz dickes Fragezeichen. Es gibt nur zwei Länder, die die Spezialeinheit staatlich organisiert haben. Das sind Bayern und Baden-Württemberg. Alle anderen Länder, auch die SPD-regierten Länder, haben die Lebensmittelkontrolle rein kommunal organisiert. Mehr halte ich nicht für verantwortbar. Deswegen meine ich, dass wir in Bayern auf der sicheren Seite sind.

Zum letzten Punkt: Transparenzsystem. Hätten wir das Transparenz- oder Ampelsystem, hätte MüllerBrot zwischen grün und gelb gelegen. Ich schlage vor, dass die lebensmittelverarbeitenden Betriebe die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen auf freiwilliger Basis veröffentlichen können, bis am 01.09.2012 die gesetzliche Lösung vorliegt. Damit können die Verbraucher die "Schmuddelbetriebe" von den ordentlich arbeitenden Betrieben unterscheiden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor einem Generalverdacht sollten wir uns hüten.

Verantwortung haben wir nicht nur als Parlamentarier, sondern auch als Verbraucherinnen und Verbraucher, indem wir bereit sind, mehr Geld für wertvolle Lebensmittel auszugeben.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Frau Kollegin Stewens, bitte bleiben Sie am Redepult. Sie haben den Einwand der Kollegin Kamm großzügig ans Ende verlagert. Das hat zu einer Zwischenbemerkung geführt. Frau Kamm, bitte schön.

Sehr geehrte Frau Kollegin! Sie sagten, der Verbraucher solle selbst Verantwortung übernehmen. Wie kann er das, wenn er so spät informiert wird?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Kamm! Meine Aussage, der Verbraucher solle selbst Verantwortung übernehmen, ging in die Richtung, dass sich Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland stärker über den Wert der Lebensmittel im Klaren und bereit sein müssen, die Konsequenzen zu ziehen. Das dürfte in Ihre Richtung gehen und Ihre Haltung zur Massentierhaltung unterstützen. Schlagworte wie "Geiz ist geil" zeigen die Probleme an. Die Deutschen sind im europäischen Vergleich diejenigen, die am allerwenigsten für Lebensmittel ausgeben. Um diese Problematik geht es.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich meine, wir müssen Verantwortung von den Verbraucherinnen und Verbrauchern einfordern.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Der nächste Redner ist Kollege Dr. Vetter. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Stewens, sind Sie noch da? - Ich habe eine Vorbemer

kung. Respekt, wie Sie uns soeben verkaufen wollten, dass es in Bayern einmalig ist, dass hier der erste große Lebensmittelskandal bei Bäckereien aufgedeckt wurde. Das war aller Ehren wert. Sie haben das ungefähr so dargestellt, als wären wir auch hier vorne dran.

(Alexander König (CSU): Das musste gesagt werden!)

- Bayern ist auch bei der Aufdeckung von Lebensmittelskandalen spitze.

Gammelfleisch, Listerien, Dioxin, gefälschte Bioware, Ehec und jetzt Kot im Brot. Die Verbraucher sind verunsichert.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Massentierhaltung!)

Ich will heute eine differenzierte Stellungnahme versuchen. Ich möchte nicht in das Ritual verfallen, wie die Regierung nach dem Motto zu verharmlosen: Bayern kann es überall besser,

(Dr. Otto Bertermann (FDP): Können wir auch!)

und die Opposition dramatisiert ein bisschen. Ich komme darauf noch zu sprechen. Bayern ist bezüglich der Lebensmittelkontrollen kein Entwicklungsland. Es wird aber von Skandalen gesprochen. Ich meine, man muss das Problem differenzierter betrachten.

Was ist passiert? - Ein sehr großer Betrieb mit 1.100 Mitarbeitern hatte über mehr als zweieinhalb Jahre lang massive Hygieneprobleme. Das darf nicht sein. Aber, Frau Kollegin Stewens, Sie haben gesagt, dass in den zweieinhalb Jahren keinerlei Gesundheitsgefährdung aufgetreten ist. Das bleibt festzuhalten. Man muss auch zugestehen, dass die Behörden in Bayern diese Probleme entdeckt haben.

Ich komme zur Zwangslage, die vor Ort besteht. Es ist zweifellos eine Zwangslage, wenn Hygieneprobleme eines Betriebes, von dem letztendlich 3.000 Menschen abhängen und Arbeitsplätze gefährdet sind, zu früh veröffentlicht werden. Dazu ist ein Abwägungsprozess erforderlich. Ich frage: Was ist für die Menschen, die Verbraucher schädlicher, dass ein Brot mit nicht gesundheitsgefährdenden Verunreinigungen in den Verkehr kommt - so schlimm das ist - oder wenn man sofort mit Schließung droht und damit Arbeitsplätze gefährdet? Ich meine, man muss abwägen.

Die Frage ist also, wann die Öffentlichkeit informiert werden soll. Retrospektiv sagen viele Beteiligte, dass die Öffentlichkeit im Falle Müller-Brot zu spät informiert wurde. § 40 des Lebensmittel- und Futtermittel

gesetzbuchs hätte dies schon jetzt ermöglicht. Hier ist retrospektiv betrachtet ein wenig falsch gemacht worden.

Den Reflex, die Verschärfung von Gesetzen zu fordern, halten die FREIEN WÄHLER für übertrieben. Ich glaube, wir müssen aus der verspäteten Informationspolitik lernen. Zwar weiß man im Nachhinein vieles besser, aber wir müssen bereit sein, aus den Fehlern zu lernen. Herr Staatsminister Dr. Söder, Sie sind nicht mehr für die Gesundheitspolitik zuständig. Ich hätte aber erwartet, dass Sie sich zu Wort melden. Das ist ebenso wenig passiert wie damals zum Thema "Hausärzte".

Ich komme zum Personalmangel bei der Lebensmittelkontrolle. Ich habe mit Leuten im Landratsamt telefoniert. Sie sagen, die zeitaufwendige, bürokratische Dokumentationspflicht, die 2008 verschärft wurde, ist ein Problem. Früher konnten vier bis sechs Kontrollen pro Tag durchgeführt werden, heute sind es zwei bis drei. Die Anzahl der Betriebe ist gestiegen. Die Wiederbesetzungssperre der Staatsregierung kommt hinzu. Die Ansage, dass oberstes Staatsziel die Schuldenfreiheit Bayerns bis 2030 sei, lässt darauf schließen, dass einiges auf uns zukommt. Man verknüpft George Orwell mit dem Jahr 1984. Ich hoffe nicht, dass es in Bayern einmal heißen wird, dass Ministerpräsident Seehofer und das Jahr 2030 ebenso zusammengehören. Ich bin gespannt, wie sich das entwickeln wird.

(Alexander König (CSU): Das ist völlig abwegig!)

Die FREIEN WÄHLER stehen auf dem Standpunkt, dass die Skandale überwiegend in Großbetrieben auftreten. Die Mittelständler, die kleinen Bäckereien, Metzgereien und andere leiden darunter. Eine ganze Branche ist in Misskredit gebracht worden. Kolleginnen und Kollegen, wir müssen im Auge haben, dass wir politische Rahmenbedingungen schaffen müssen, die Überlebenschancen für mittelständische Betriebe, für Familienbetriebe bieten. Das muss das Ziel des Bayerischen Landtags sein.

Das Fazit: Auch für die FREIEN WÄHLER steht der Verbraucherschutz an erster Stelle. Wir wollen aber keinen Kontrollstaat. Die Relation zwischen behördlichem Aufwand, dem Vertrauen in die mittelständischen Betriebe und der staatlichen Kontrolle muss maßvoll bleiben. Das richtige Maß ist die Politik der FREIEN WÄHLER.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Zurufe von der CSU)

Beim Antrag der GRÜNEN werden wir uns der Stimme enthalten. Vieles, was darin gefordert wird, ist in

Bewegung. Ich bin der Meinung, dass mit der Mitteilungspflicht nach dem neuen Informationsgesetz vieles erfüllt wird. Den Antrag der SPD lehnen wir ab, weil wir nicht der Meinung sind, dass alle Lebensmittelkontrolleure bei der Regierung oder einer staatlichen Behörde angesiedelt werden sollten. Wir meinen, sie sollten beim Landratsamt verbleiben, zumindest für die Kontrolle von Kleinbetrieben. Man könnte sicher Ausnahmeregelungen für Großbetriebe diskutieren. Ich glaube, dass das Landratsamt vor Ort die kleinen Bäckereien und Metzgereien einfach besser kennt, dass man dort weiß, wo man auch einmal nachschauen muss, was das LGL - das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit - mit einer Task Force vor Ort gar nicht so entscheiden kann. Aus diesem Grund werden wir den SPD-Antrag ablehnen.

Kolleginnen und Kollegen, es gibt im Fall Müller-Brot kein Schwarz-Weiß, sondern erforderlich ist eine differenzierte Betrachtung. Wir sollten die Verbraucher in Bayern nicht weiter verunsichern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege, bitte bleiben Sie noch kurz da. Wir haben eine Zwischenbemerkung des Kollegen Dr. Bertermann.

Herr Kollege Vetter, zunächst einmal müssen die lokalen Behörden auf regionaler Ebene schauen, ob bei Müller-Brot die Welt noch in Ordnung ist. Es ist immer wieder vorgekommen, dass dort Produktionsbahnen stillgelegt und saniert worden sind. Diese Fälle haben sich in den Jahren 2007 bis 2009 gehäuft. Meine Frage lautet: War bei den Behörden vor Ort genügend Sachverstand vorhanden, war genügend Manpower vorhanden, oder hat der Landrat vielleicht falsch abgewogen?

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Herr Bertermann, genau das wollte ich zu erklären versuchen. Das war ein Abwägungsprozess, und in einem Abwägungsprozess gibt es kein Schwarz-Weiß. Wenn man eine Information zu früh an die Öffentlichkeit gibt, gefährdet man diesen Betrieb mit 1.100 Arbeitsplätzen, an dem insgesamt 3.000 Menschen hängen. Es handelte sich um eine Information über Sachverhalte, die nicht gesundheitsgefährdend waren. Das ist ein Abwägungsprozess, und hinterher ist man immer gescheiter; das habe ich deutlich hervorgehoben. Rückblickend betrachtet kann man sagen, man hätte vielleicht früher informieren können - Landratsamt, LGL und vor allem auch die Staatsregierung.

Zu Ihrer Frage: Auch die Staatsregierung war an diesem Prozess sehr früh beteiligt. Auch sie hat nicht anders abgewogen und nicht anders entschieden. Es hätte sich überhaupt nichts geändert, wenn man diese Aufgabe den Landratsämtern weggenommen hätte.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben eine weitere Zwischenbemerkung, nämlich des Kollegen Wörner. Bitte sehr.

Herr Kollege, Sie waren anwesend, als ich in der Sitzung des Gesundheitsausschusses den Herrn Landrat gefragt habe, ob er denn die Zuverlässigkeit des Unternehmens geprüft habe. Das ist der einzig mögliche rechtliche Weg, um einen Unternehmer, der mehrfach bewiesen hat, dass er nicht zuverlässig ist, aus dem Verkehr zu ziehen. Dann wird das automatisch öffentlich, da muss man auf gar nichts mehr warten. Diese Frage hat der Landrat verneint mit dem Hinweis, daran sei nicht gedacht worden. Wenn Sie also versuchen, auf diese Weise einen Freispruch für irgendeinen Landrat herauszuholen, wird das nicht funktionieren. Das will ich nur deutlich machen.

(Unruhe)

Herr Wörner, ich habe jetzt zwar nicht so recht verstanden, was Sie mir sagen wollten, aber ich nehme es zur Kenntnis.

(Heiterkeit bei der CSU - Zurufe von der CSU: Das geht uns manchmal auch so!)

Danke, Kollege Dr. Vetter. Nächste Wortmeldung: Kollege Dr. Fischer von der FDP, bitte sehr.