Protocol of the Session on October 25, 2011

Die Anliegerkommunen der bislang nicht ausgebauten Streckenabschnitte haben zu Recht das gleiche Schutzbedürfnis eingefordert, das man für andere Kommunen - ich denke an Bogen oder noch weiter aufwärts liegende Gemeinden - durchaus hergestellt hat. Ich glaube, das Folgende hat Herr Kollege Aiwanger auch schon angesprochen. Wenige Tage nach seiner Amtsübernahme hat der Herr Ministerpräsident in Deggendorf versprochen, unverzüglich mit den Ausbaumaßnahmen zu beginnen und alles dazu einzuleiten. Ein Jahr später, als immer noch nichts geschehen war, hat man eine Regionalversammlung einberufen, in der die Fachbehörden und das Umweltministerium gesagt haben, der Ausbau sei zwingend und notwendig und es werde alles getan, dass es unverzüglich dazu kommt.

(Harald Güller (SPD): Ein weiteres leeres Versprechen unseres Ministerpräsidenten!)

Die betroffenen Kommunen waren natürlich enttäuscht. Sie haben aufgrund des Versprechens des Ministerpräsidenten sowie der Fachbehörden und der Ministerien Beschlüsse gefasst, dass sie in eigener

Verantwortung die Infrastruktur herstellen und sich finanziell beteiligen werden. Sie selbst wären in Vorleistung gegangen.

Weit schlimmer ist, dass die Kommunen nicht mehr in der Lage sind, planerisch tätig zu werden, geschweige denn, Ausführungsmaßnahmen in Angriff zu nehmen, weil sie keine Sicherheit haben und in den schlimmsten Fällen auch gar keine Genehmigung bekommen. Auch das muss einmal gesagt werden. Eine sehr prosperierende Kommune wie Niederwinkling kann keine Infrastrukturmaßnahmen, keine Ansiedlungsvorhaben mehr durchführen, obwohl dort nachweislich entsprechende Nachfragen bestehen. Die Kommunen können keine Wohngebiete ausweisen, weil die erforderliche Schutzfunktion nicht gewährleistet ist.

Heute wissen wir, dass die Begründung, die man früher schon vorgebracht hatte, wonach man erst eine Entscheidung treffen könne, wenn eine der fünf Varianten abgeklärt ist, auch bei nur noch zwei Varianten vorgebracht wird. Diese unterliegen einer sogenannten variantenunabhängigen Prüfung. Das Ergebnis erfahren wir frühestens nächstes Jahr. Hören Sie jetzt bitte gut zu: Am vergangenen Freitag gab es in Deggendorf eine Regionaltagung, bei der die Vertreter des Bundeswirtschafts- und des Landeswirtschaftsministeriums Folgendes festgestellt haben: Der Ausbau könne noch gar nicht, weder planerisch noch in Realität, in Angriff genommen werden, weil man das Ergebnis der variantenunabhängigen Untersuchung abwarten wolle. Wie viele Widersprüche müssen denn noch aufgezeigt werden, um einen solchen Unsinn zu rechtfertigen?

(Beifall bei der SPD)

Was sollen denn die betroffenen Kommunen überhaupt noch glauben? Sollen sie den Versprechungen der Vergangenheit noch Glauben schenken? Sollen sie ihnen in dem nachweislichen Wissen Glauben schenken, dass im Haushalt kein einziger Cent für eine solche Maßnahme, weder für Planung noch für eine Ausführung, eingesetzt ist? Was sollen die betroffenen Kommunen noch glauben, wenn der vorliegende Antrag sowohl im federführenden Ausschuss für Umwelt und Gesundheit als auch im Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen von den Regierungskoalitionsfraktionen abgelehnt wurde? Man stelle sich das einmal vor. Während man vor den Kommunen draußen die Umsetzung verspricht, -

Herr Kollege, Ihre Zeit ist um.

Ich bin gleich fertig.

Ich war schon gnädig.

Noch zwei Sätze. Für die betroffenen Kommunen ist es ein schwacher Trost, Herr Kollege Hünnerkopf, wenn man sagt, es sind schon einige Strecken ausgebaut worden und es können irgendwann noch weitere dazukommen. Wer sich einmal die Mühe macht und vor Ort mit den Verantwortlichen spricht, der wird feststellen, dass das eine ungerechte Behandlung ist. Die Maßnahmen zum Hochwasserschutz verdienen es, endlich durchgeführt zu werden. Ich bitte um Zustimmung zum Antrag.

Herr Kollege, Sie bekommen noch einmal zwei Minuten Redezeit, denn es gibt eine Zwischenbemerkung. Bitte schön.

Herr Kollege Perlak, ich stimme Ihnen zu, wenn Sie von dem schnellen Ausbau des Hochwasserschutzes reden. Was allerdings die Baumöglichkeiten anbelangt, so habe ich eine Frage an Sie. Wissen Sie, dass nur der Ortsteil Waltendorf in der Gemeinde Niederwinkling betroffen ist? Wissen Sie, dass es in Mariaposching in weiten Teilen Ausnahmen gibt, weil die komplette Gemeinde im Hochwasserschutzgebiet liegt? - Mir jedenfalls ist ein komplettes Bauverbot nicht bekannt.

Bitte schön, Herr Perlak.

Von einem totalen Ausbauverbot habe ich nicht gesprochen. Herr Kollege Zellmeier, Sie wissen, die Vergleiche, die Sie anführen, treffen nur dort zu, wo es um den Schutz vor einem dreißigjährlichen Hochwasser geht, aber nicht um ein hundertjährliches. Da sind die Kommunen sehr wohl in ihrer Gänze betroffen. Ich bitte doch, das zur Kenntnis zu nehmen.

(Beifall bei der SPD und den FREIEN WÄH- LERN)

Nun darf ich das Wort an die grüne Fraktion weiterreichen; Eike Hallitzky hat das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Dies ist das erste Mal, dass ich mich einer Rede von Herrn Aiwanger komplett anschließen kann. Es geht nicht darum, wie der Polder im Einzelnen gebaut wird. Auch bei uns gibt es bezüglich des Polders durchaus andere Positionen. Klar ist aber, der Hochwasserschutz ist versprochen; das ist die eine Baustelle.

Zum Zweiten: Ich müsste mich doch sehr irren, wenn es nicht so wäre, und das ist im Unterschied zu dem, was jetzt wieder verbunden wird, dass der Polder unabhängig von den Varianten A und C 280 konstruiert werden kann. Der Polder ist nicht abhängig von der Art, wie wir die Donau ausbauen. Das wäre bei der Variante D 2 gewesen, da wäre der Polder in der Tat von der Ausbauvariante abhängig. Hier aber trifft das nicht zu. Deshalb kann die Tatsache, dass das jetzt wieder verbunden wird, nicht anders gedeutet werden als das, was Sie durchaus häufiger machen: Sie nehmen den Hochwasserschutz und die betroffenen Kommunen als Geiseln für Ihre Pläne eines Staustufenausbaus. Das ist es, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN)

Vielen Dank für den sparsamen Umgang mit der Redezeit. Für die FDP-Fraktion hat Herr Kollege Tobias Thalhammer das Wort.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Für oder gegen die Staustufe?)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Aufgrund eines persönlichen Wunschs des Fraktionsvorsitzenden der CSU verweise ich auf die Rede des CSU-Abgeordneten Dr. Otto Hünnerkopf.

(Beifall bei der CSU)

Ich möchte nur etwas zum Ablauf sagen, lieber Herr Kollege Aiwanger. Ich habe es schon einmal gesagt: Der Antrag, den Sie hier gestellt haben, wurde von einer Ihrer Anfragen begleitet, und zwar am 16.06.2011. Diese Anfrage wurde mit der Drucksache 16/8881 beantwortet, und zwar in vollem Umfang. Dennoch haben Sie, obwohl schon alle Antworten gegeben wurden - und auch heute gab es nichts Neues -, im Ausschuss das Thema noch einmal hochgezogen, und zwar mit dem Antrag auf Drucksache 16/8966. Dann haben Sie am 28.09.2011 die Beschlussempfehlung der beiden Ausschüsse auf Drucksache 16/9672 bekommen. Ich verstehe nicht ganz, warum das Thema heute wieder auf der Tagesordnung steht.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wir werden das Thema so lange einbringen, bis Sie tätig werden! Das war nicht das letzte Mal! - Unruhe bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich glaube, Ihr einleitender Satz "Es ist ein symbolisches Thema" veranschaulicht, dass Ihr Vorgehen für eine Art Symbolpolitik steht.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Wie mit dem ländlichen Raum umgegangen wird!)

Wir wissen, dass der Hochwasserschutz der Bayerischen Staatsregierung ein wichtiges Anliegen ist. Die Gelder sind endlich. Gerade beim Polder Sulzbach wurden Anstrengungen unternommen. Bitte bringen Sie doch nicht immer das gleiche Thema, wenn Sie doch schon die Antworten kennen.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Hubert Aiwan- ger (FREIE WÄHLER): Ist Ihnen das Thema unangenehm? Das ist ein sehr wichtiges Thema!)

Abschließend darf ich für die Staatsregierung Frau Staatssekretärin Melanie Huml ans Mikrofon bitten.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn man den FREIEN WÄHLERN zuhört, hat man den Eindruck, dass beim Hochwasserschutz des Donauausbaus zwischen Straubing und Vilshofen gar nichts geschieht. Dem ist aber gar nicht so. Im Gegenteil.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die sind dort wohl alle zufrieden!)

Wir haben 35 Hochwasserschutzmaßnahmen, die bereits beschlossen sind. Davon sind 24 Einzelmaßnahmen bereits weitgehend abgeschlossen. Hierfür wurden über 100 Millionen Euro verbaut. In den letzten Jahren ist also sehr viel getan worden.

Wenn man sich den Polder bei Sulzbach genau ansieht, dann stellt man fest: Auch in diesem Gebiet, Kollege Dr. Hünnerkopf hat das schon gesagt, ist viel getan und gebaut worden. Ich denke beispielsweise an den fertiggestellten Hochwasserschutz im Ortsbereich Mariaposching und an die Sanierung des Schöpfwerks. Die Deichrückverlegung am SulzbachAbleiter wird zurzeit geplant. Dort wird es auch in den nächsten Jahren selbstverständlich weitergehen. Man kann sich aber vorstellen, wenn man sich die 35 beschlossenen Maßnahmen ansieht, dass eine zeitliche Staffelung notwendig ist. Nach den 35 Maßnahmen wird es aber weitergehen. Dabei müssen wir beachten, dass wir hierfür die notwendigen Gelder brauchen, und wir müssen beachten, wie es beim Donauausbau weiter geht. Das müssen wir alles kombinieren können. Das ist doch alles selbstverständlich. Wir werden auch in diesem Bereich für die Menschen vor Ort am Hochwasserschutz weiterarbeiten.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wir führen sie wie angekündigt in namentlicher Form durch. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/9672 die Ablehnung des Antrags. Sie haben die Stimmkarten. Ich eröffne die Abstimmung; wir haben fünf Minuten Zeit. Bitte nutzen Sie die an den üblichen Stellen aufgestellten Boxen.

(Namentliche Abstimmung von 19.36 bis 19.41 Uhr)

Meine Damen und Herren! Ich schließe die Abstimmung. Die Stimmen werden außerhalb des Raumes ausgezählt. Das Ergebnis werden wir Ihnen gleich bekannt geben.

Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Antrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Schiedsspruch zur Finanzierung ambulanter Pflegedienste umsetzen (Drs. 16/8943)

Das erste Wort hat Kollegin Schopper von den GRÜNEN. Bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag ist einstimmig beschlossen worden; es gab lediglich die Umformulierung von "anweisen" in "hinwirken". Normalerweise ziehen wir eine solche Thematik nicht hoch. Es ist aber nicht geistiger Umnachtung geschuldet, dass es dazu heute eine Debatte gibt.

Wir verlangen dezidiert Auskunft vonseiten des Ministeriums, da wir aus dem Bundesgesundheitsministerium und aus Nordrhein-Westfalen Interpretationen hören, die von der unsrigen abweichen. Ziel unseres Antrags ist es, dass der Schiedsspruch zur Finanzierung ambulanter Pflegedienste umgesetzt wird. Die Frage, ob die Klage der Kassen gegen den Schiedsspruch aufschiebende Wirkung hat, wollen wir noch einmal zur Sprache bringen.

In einem Schreiben vom 16.06.2011 verneint das Gesundheitsministerium die Möglichkeit, die Krankenkassen mit rechtsaufsichtlichen Mitteln zur sofortigen Umsetzung der Schiedsentscheidung zu zwingen. Das ist die Position des Ministeriums. Die Kassen sind dankbar, weil sie noch keine höheren Vergütungen zahlen müssen.

Die Staatsregierung versucht nunmehr, über den Bundesrat eine Gesetzesänderung zu bewirken. In die Beratungen zum GKV-Versorgungsstrukturgesetz hat Bayern den Vorschlag eingebracht, explizit festzulegen, dass die Klage gegen eine Schiedsentscheidung nach § 132 a SGB V keine aufschiebende Wirkung hat.

Die Bundesregierung lehnt diesen Vorschlag als überflüssig ab. Es sei schon heute möglich, die Kassen anzuweisen bzw. den Schiedsspruch sofort umzusetzen. Nordrhein-Westfalen schließt sich dieser Auffassung an.

Ich möchte gern wissen, inwieweit das bayerische Umwelt- und Gesundheitsministerium tätig wird und auf die Anwendung der Schiedsentscheidung hinwirkt. Dieser Antrag ist nicht gestellt worden, um eine rechtsspezifische Frage zu klären, sondern um den betroffenen Pflegediensten endlich die ihnen nach der Schiedsentscheidung zustehenden höheren Vergütungen zukommen zu lassen. Es ist ihr sauer verdientes Geld, das sie zu Recht erhalten sollen. Das Verfahren vor dem Sozialgericht München wird sich noch hinziehen; aber die ambulanten Pflegedienste benötigen jetzt das Geld, da sie am Rand ihrer finanziellen Möglichkeiten arbeiten.

Wir haben den Antrag hochgezogen, um zu erfahren, warum das Umwelt- und Gesundheitsministerium die Anwendung der Schiedsentscheidung nicht durchsetzt, obwohl das Bundesgesundheitsministerium und andere Landesgesundheitsministerien eine entsprechende Rechtsauffassung vertreten. Wir wollen wissen, ob das Umwelt- und Gesundheitsministerium die Krankenkassen anweist oder ob es anderweitig rechtsaufsichtlich tätig wird, damit die ambulanten Pflegedienste endlich ihre höheren Vergütungen bekommen.