Protocol of the Session on July 13, 2011

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Wir sind der festen Überzeugung, dass es der richtige Weg ist, das hervorragende Amt für Datenschutzaufsicht in Ansbach gemäß der Forderung des EuGH zu einer völlig unabhängigen Behörde weiterzuentwickeln, frei von Rechts- und Fachaufsicht.

(Volkmar Halbleib (SPD): Deswegen passt das zum Landtag!)

Dieses Amt wird in genau dieser Form seine hervorragende Arbeit selbstständig weiterführen, die es bisher auch geleistet hat.

Man negiert, dass es gegenüber dieser Zentralisierung große verfassungsrechtliche Bedenken gibt. Artikel 33 a der Bayerischen Verfassung weist die Aufgabe des Datenschutzes im öffentlichen Bereich ganz klar dem Landesbeauftragten für den Datenschutz zu und niemand anderem. Wir wollen eine rechtssichere Lösung, die jeder weiteren Anrufung des EuGH standhalten würde und bei der es kein Prozessrisiko gibt. Deshalb ist der Weg, den die Staatsregierung hier vorschlägt, der einzig gangbare.

Des Weiteren wird seitens der Opposition auch negiert, dass es zu diesem Einheitsmodell eine sehr klare Äußerung gibt. Ein Einheitsmodell gibt es zum Beispiel auch in Brandenburg. Die Europäische Kommission hat bereits große Bedenken geäußert, ob diese Lösung tatsächlich auch der im EuGH-Urteil geforderten Unabhängigkeit entspricht.

Aus diesem Grund werden wir den Gesetzentwurf der SPD ablehnen - das wird niemanden überraschen und dem der Bayerischen Staatsregierung zustimmen, weil es zum einen gegen die Einheitslösung massive verfassungsrechtliche Bedenken gibt - die Bayerische Verfassung kann nur das bayerische Volk ändern - und wir zum anderen der Ansicht sind, dass die von der SPD angestrebte Regelung vor dem EuGH nicht Bestand hätte, und zum Dritten - das ist für uns das allerwichtigste Argument -, weil die Datenschutzarbeit im öffentlichen Bereich eine andere Zielsetzung hat und andere Anforderungen an die jeweiligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellt als der Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP - Horst Arnold (SPD): So ein Schmarrn!)

Vielen Dank, Frau Kollegin Guttenberger. Nächster Redner ist Herr Streibl. Bitte schön, Herr Kollege Streibl.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Anselm von Canterbury hat einen Gottesbeweis angetreten, der so lautete: Ich denke mir etwas, über das hinaus nichts Größeres gedacht werden kann. Wie es im Leben so ist, kommen dann die Kritiker. Da gab es einen Mönch Gaunilo, der sagte: Ich kann mir auch eine vollkommene Insel denken, aber deswegen existiert sie noch lange nicht. Aus dem Begriff kann man nicht sofort auf die Existenz des damit bezeichneten Sachverhaltes schließen.

Genauso ist es mit der Unabhängigkeit. Nur deswegen, weil man etwas "unabhängig" nennt, muss es noch lange nicht unabhängig sein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

Das ist das Problem, das ich auch bei dem unabhängigen Landesamt für Datenschutz sehe. Man verpasst diesem Amt sozusagen das Label "unabhängig" und damit soll es unabhängig sein. Aber solange es irgendwo in die Staatsverwaltung eingebunden ist, besteht nach unserer Auffassung keine völlige Unabhängigkeit, wie es die Richtlinie 95/46 der Europäischen Kommission vorsieht.

Auch wenn man es schaffen sollte, nahezu unabhängig zu arbeiten, befürchte ich trotzdem weiterhin das Dilemma, das hier schon angesprochen wurde. Wir haben zwei zuständige Stellen. Die eine Stelle ist für den öffentlichen Datenschutz zuständig, die andere für den nichtöffentlichen Datenschutz. Das eine Amt ist in Ansbach, das andere in München. Wir sehen schon seit Langem die absolute Notwendigkeit, hier

zu einer Einheit zu kommen. Denn, meine Damen und Herren, es geht heutzutage nicht mehr nur um den öffentlichen Datenschutz und einen nichtöffentlichen Datenschutz, sondern es geht generell um Datenschutz und Datensicherheit.

Die Grenzen sind mittlerweile fließend geworden. Wenn nun der Artikel 33 a der Verfassung zitiert wird, der das öffentliche Datenschutzrecht regelt, darf man nicht vergessen, dass man damals bei der Schaffung des Artikels die Konsequenzen und die Tragweite eines nichtöffentlichen Datenschutzes noch nicht erkennen konnte; denn die technischen Voraussetzungen, die heute vorhanden sind, haben damals noch nicht bestanden.

Aus diesem Grunde muss man diesen Artikel heute eventuell erweitern. Aus dieser Sichtweise kann ich den Antrag der SPD unterstützen, da er in die richtige Richtung geht. Man würde die Synergien beider Ämter zusammenführen und dadurch Transparenz und Klarheit für den Bürger schaffen. Die Bürger wüssten, hier ist die Stelle, die demokratisch legitimiert ist, und dorthin könnten sie sich wenden, wenn ihnen geholfen werden muss.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und des Ab- geordneten Harald Güller (SPD))

Alles andere würde durch eine Festzementierung unökonomisch und schüfe eine Bürokratie, die wir nicht brauchen können. Man könnte diese Bürokratie abbauen. Deshalb sollten wir den Gesetzentwurf der SPD unterstützen.

Der Entwurf der Staatsregierung springt nach meiner Meinung zu kurz. Er zementiert einen Zustand, der den aktuellen Herausforderungen des Datenschutzes und der Datensicherheit nicht gerecht wird.

An dieser Stelle möchte ich allen Mitarbeitern aus den Behörden danken, die eine sehr gute Arbeit für den Datenschutz leisten. Es wird dort gut gearbeitet. Aber man könnte wahrscheinlich noch besser arbeiten, wenn man zu einer Vereinheitlichung käme.

Letzten Endes geht es beim Datenschutz auch um den Missbrauch von personenbezogenen Daten unserer Bürgerinnen und Bürger, egal, in welchem Bereich, egal ob öffentlich oder nichtöffentlich. Ich nenne nur das Internet, Videoaufzeichnungen, Google Street View. Auch der Arbeitnehmerdatenschutz gehört dazu. Kundenprofile könnten von Firmen erstellt werden, die dann Werbezwecken dienen. Im Übrigen sind auch die Auskunftsdateien nicht aus dem Visier zu nehmen. Das alles bedeutet umfassende Aufgaben für die gesamte Gesellschaft.

Wenn der einzelne Bürger durch die Datentransparenz immer durchsichtiger wird, was wir so nicht haben wollen, wird letzten Endes die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit durchsichtig und damit manipulierund steuerbar.

Vor diesem Hintergrund ist es eine ganz fundamentale Aufgabe des Staates, korrigierend und schützend einzugreifen. Es gilt, sich nicht nur schützend vor den einzelnen Bürger zu stellen, sondern auch die gesamte Gesellschaft in Bayern vor Augen zu haben. Ansonsten könnten wir immer stärker durch außerbayerische Interessen, die wir nicht haben wollen, fremdbestimmt werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Daran sollte auch die Staatsregierung ein fundamentales Interesse haben. Es sollte hier nicht nur ein Gesetz, sondern das bestmögliche Gesetz geschaffen werden. Es wäre schön, wenn wir das ganze Gesetz noch etwas verbessern könnten und noch mehr für die Bürgerinnen und Bürger in Bayern und die ganze bayerische Gesellschaft insgesamt leisteten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank, Herr Kollege Streibl. Ich darf an dieser Stelle mitteilen, dass die CSU-Fraktion namentliche Schlussabstimmung beantragt hat. Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Stahl. Sie haben mal wieder recht gehabt, Frau Kollegin. Bitte sehr, Frau Kollegin.

Natürlich, ich denke schon an unsere Mittagspause. Aber trotzdem kann ich von meiner Redezeit jetzt nichts hergeben.

Verehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf der SPD wie auch der unsere, der schon behandelt wurde, zeigen sehr deutlich auf, in welche Richtung es gehen muss. Wir können gerne über die Wege streiten, aber für mich und für die Mehrheit der Menschen draußen vor Ort ist glasklar: Der Datenschutz muss in eine Hand gelegt werden; die Kontrolle muss aus einer Hand geschehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Aufteilung der Datenschutzkontrolle in diejenige für den öffentlichen Bereich und in diejenige für den privaten Bereich halten wir für nicht mehr zeitgemäß. Ich glaube, man wollte einfach nicht den mühsamen Weg über eine Verfassungsänderung gehen und hat, auch um niemanden zu vergrätzen oder zu verärgern, gesagt: Gut, dann lassen wir die Ämter in getrennten Bereichen arbeiten.

Ich will kurz noch einmal unsere Argumente anreißen, wirklich nur ganz kurz, weil meine Kollegen von SPD und FREIEN WÄHLERN die Gründe schon genannt haben. Es gibt gemeinsame datenschutzrechtliche Grundlagen für beide Bereiche. Doppelungen in der Arbeit und in der Positionierung können vermieden werden; Synergien helfen Personal zu sparen. Das Personal brauchen wir im Grunde für die konkrete Arbeit und nicht dafür, dass aus zwei Ämtern irgendwelche Dienstreisen unternommen werden.

Die Verfassungsänderung kann man diskutieren. Wir haben uns das genau angesehen. Ich denke, für diesen Bereich brauchen wir sie nicht unbedingt. Aber bei der Änderung ginge es darum zu zeigen, dass der Datenschutz im privaten Bereich ein sehr hohes Gut und mit dem Datenschutz im öffentlich-rechtlichen Bereich gleichwertig ist. Deshalb halten wir aus deklamatorischen Gründen eine Verfassungsänderung doch für sinnvoll.

Frau Guttenberger hat argumentiert, dass sie, weil es sonst eine Verfassungsänderung geben müsste, diese Zweiteilung beibehalten wolle. Sie, Frau Guttenberger, hätten uns auf jeden Fall an Ihrer Seite, wenn Sie sich bei den nächsten Wahlen durch Volksentscheid einer solchen Verfassungsänderung annäherten.

Ich erlaube mir, weil es sehr wohl die Arbeit an den Strukturen tangiert, einen Blick nach vorne. Es wird heute so sein, dass es diese zwei Einrichtungen aufgrund der Mehrheit in diesem Hohen Hause gibt. Deshalb müssen wir als Legislative hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Grundlagen noch einmal einen besonderen Blick auf einen unabhängigen Datenschutz werfen.

Wir brauchen dringend eine Reform des gesamten Datenschutzrechts, weil ansonsten die Datenschützer im Grunde genommen zeitlich der Lösung der Probleme hinterherlaufen. Wie die "Frankfurter Allgemeine" richtig schreibt, ist das Datenschutzrecht nicht mehr zeitgemäß; es ist unübersichtlich und widersprüchlich. Nun liegt die Zuständigkeit für eine Reform natürlich nicht unbedingt ausschließlich in der Länderkompetenz, sondern selbstverständlich ist hier in weiten Teilen Verbraucherschutzministerin Aigner auf der Bundesebene gefordert.

Mit vielen hehren Worten, die wir hier stets zu Gemüte geführt bekommen, wenn wir in Ausschusssitzungen Änderungsanträge stellen, um eine Verbesserung des Datenschutzrechts zu erreichen, werden wir immer mit der tollen Agenda konfrontiert, die von Bayern im Bundesrat eingebracht wurde. Mit einer ganzen Liste von Vorschlägen hat Bayern versucht, den

Datenschutz nach vorne zu bringen. Aber ich frage mich: Wo ist das Ergebnis? Die Vorlage erfolgte im Juli 2010, und ich kann nicht erkennen, dass Frau Aigner tatsächlich an einem modernen Datenschutzrecht arbeitet. Wir haben das jetzt im Ausschuss erneut bei dem Thema Diensteanbieter diskutiert. Ich frage mich: Betreibt Frau Aigner Lobbypolitik und will niemanden auf die Füße treten, oder ist es einfach so - ich nenne hier das Stichwort "Selbstverpflichtung" -, dass sie vor dieser Aufgabe schon kapituliert hat? Denn es ist zugegebenermaßen eine Sisyphusarbeit.

Ich frage mich jedenfalls, wo die ganzen Vorhaben und Umsetzungsaktionen aus dieser Agenda bleiben. Wo bleiben die Regelungen zur Verbesserung der Transparenz bei der Datenverarbeitung? Was ist mit den Regelungen für Verfahren, die nicht gezielt auf den Umgang mit personenbezogenen Daten gerichtet sind, zum Beispiel RFID-Anwendungen? Ich frage nach den Regelungen, die die Persönlichkeitsprofilbildung möglichst begrenzen. Ich kann Ihnen jetzt den gesamten Katalog in der Kürze der Redezeit leider nicht mehr zur Kenntnis geben. Sie kennen Ihren eigenen Katalog, denke ich, selbst nur zu gut. Ich sehe jedenfalls von den Punkten, die hier unter 3.1 bis 3.13 aufgeführt sind, keinen einzigen, von dem man sagen kann, er ist in eine Reform gemündet.

Der hohe Grad an Vernetzungsmöglichkeiten existierender und immer noch neu hinzukommender Datenberge stellt das informationelle Selbstbestimmungsrecht infrage. So warnt auch Dr. Roßnagel, der Direktor des Forschungszentrums für Informationstechnikgestaltung an der Uni Kassel:

In einer Welt der allgegenwärtigen IT laufen die zentralen Anforderungen der Zweckbindung, der Erforderlichkeit, der Transparenz, der Einwilligung und der betroffenen Rechte ins Leere.

Er macht eine Reihe von Vorschlägen, wie dem mit konkreten Änderungen begegnet werden kann. Ich denke auch, dass wir nicht mehr ausschließlich - ich habe die Medienpädagogik im Hinterkopf - auf die Einsicht des Nutzers und der Anbieter warten dürfen, ohne die Medienpädagogik nun infrage zu stellen; sie muss sein. Wir brauchen aber auch klare Regeln, die die Anbieter in die Schranken weisen. Wir würden sie auf jeden Fall dabei unterstützen. Eine Reform des Datenschutzrechts muss gelingen, sonst scheitern letztendlich beide, in Ansbach neu gebildete Datenschutzzentren - und dies zum Schaden der Bürgerinnen und Bürger.

Zwei Grundrechte würden wir verlieren: das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität infor

mationstechnischer Systeme. Wir ersuchen Sie deshalb dringend, auf der Bundesebene tätig zu werden und nicht nur an Strukturen hier im Land zu basteln.

Vielen Dank, Frau Kollegin Stahl. - Nächster Redner ist Herr Dr. Bertermann; bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf der Staatsregierung beschäftigt sich mit dem Auftrag des EuGH-Urteils von 2010, die völlige Unabhängigkeit der Datenschutzbehörden im nichtöffentlichen Raum zu schaffen, das heißt, mit der Schaffung einer sogenannten ministerialfreien Verwaltung.

Die Diskussion, die wir hier führen, dreht sich um die Frage: Brauchen wir einen oder zwei Orte, an denen dies angesiedelt werden kann? Dazu haben wir in der Fraktion hart gerungen, denn es gibt, Herr Kollege Arnold, wirklich viele Sachargumente, die für eine Zusammenlegung sprechen. Es gibt aber auch erhebliche Sachargumente, die dagegen sprechen. Ich darf in der Kürze der Zeit nur einige nennen.

Für eine Zusammenlegung sprechen die Synergieeffekte und die Datenschutzkommission, die Sie angesprochen haben. Für eine Zusammenlegung spricht, dass die Bürger eine Anlaufstelle statt mehrerer haben. Für die Zusammenlegung spricht außerdem, dass wir in allen anderen Ländern einen Datenschutzbeauftragten haben, während wir jetzt zwei Datenschutzbeauftragte haben, die sich, wie Sie sagten, zu jährlichen Zusammenkünften treffen. Wir haben den technischen und den juristischen Sachverstand in einer Organisation. Wir können effizienter und demokratisch legitimierter sein. Dies alles spricht für eine Zusammenlegung. Es gibt mehr Transparenz und Bürgerfreundlichkeit, und es ist ein Schritt zu mehr Bürokratieabbau. - Das sind die Argumente, die dafür sprechen.

Die Argumente, die dagegen sprechen - das sind meiner Meinung nach zentrale Argumente -, sind auf der einen Seite verfassungsrechtliche Bedenken. Ich denke, dass dieser Gesetzentwurf verfassungskonform und rechtlich abgesichert sein muss. Wenn er nicht verfassungskonform ist, dann können wir diesem Entwurf auch nicht zustimmen. Wir sind jedoch der Meinung, er ist verfassungsrechtlich konform. Das ist für mich das Hauptargument.

Das zweite Argument ist, dass wir sehr wohl einen Unterschied zwischen öffentlichem und nichtöffentlichem Raum sehen. Lassen Sie mich noch einige Argumente dagegen anführen. Wir haben strukturelle Unterschiede im öffentlichen und nichtöffentlichen Raum. Wir können auch die unionsrechtliche Ver