Aber lassen Sie uns genauer hinschauen. Steigerungen gibt es nämlich allein bei der Förderung der Kinderbetreuung. Natürlich ist auch das erst einmal positiv. Wir alle wissen jedoch, dass es hier einen riesigen Nachholbedarf gibt. Die Staatsregierung hat nämlich jahrelang geschlafen und den Anschluss längst verpasst. Dass man dann natürlich mehr Mittel braucht, um aufzuholen, müsste allen klar sein.
Als ich 2003 in den Landtag kam, war das Wort "Kinderkrippe" außer in den sozialdemokratisch regierten Metropolen hier im Freistaat nicht bekannt oder wurde sogar verteufelt. In Plenardebatten wurde uns Sozialdemokraten immer wieder vorgeworfen, wir wollten die bayerische Familie zerstören, wir wollten den Müttern die Kinder wegnehmen. So sah es 2003 noch aus.
Dann kam plötzlich die Kehrtwende. Sie kam natürlich nicht ganz freiwillig, sondern hauptsächlich durch den Druck des Bundes. 2003 lag die Betreuungsquote bei den Kindern unter drei Jahren bei 3 %. Diese Quote hat sich mittlerweile gebessert. Trotzdem bedarf es immer noch einer enormen Kraftanstrengung, die Vorgaben des Bundes zu erfüllen.
Darüber hinaus gibt es im Bereich der Kinderbetreuung in Bayer immer noch viele Baustellen. Ich nenne einige: Wir brauchen kleinere Gruppen, gerade bei den ganz kleinen Kindern, bei den Kinderkrippen. Wir brauchen mehr Erzieherinnen. Wir wünschen uns eine bessere Qualität. Wir müssen dafür sorgen, dass der Bildungs- und Erziehungsplan überall umgesetzt werden kann. Wir müssen dafür sorgen, dass Sprachförderung überall geschieht.
Wir brauchen eine Lösung für die Krankenhausfälle. Das gilt gerade für kleine Einrichtungen, in denen Erzieherinnen fehlen und die Gruppen mit den Problemen alleingelassen werden.
Wir brauchen Freistellungen für die Leitung, zum Beispiel für die Verwaltungsarbeit. Aber wir brauchen auch weniger Verwaltungsarbeit.
Der jetzige Haushaltsansatz lässt, auch wenn er erhöht wurde, für all das, was ich genannt habe, wenig Raum. Auch in Zukunft wird es also all das, wovon ich eben gesprochen habe, nicht geben. Es wird vermutlich keine qualitativen Nachbesserungen beim BayKi
BiG geben; die Diskussion darüber steht noch an. Das heißt konkret: Die Eltern und die Träger werden mit den Problemen, mit den Krankenhausfällen, mit der Größe der Gruppen, mit der Umsetzung des Bildungs- und Erziehungsplans und mit der Sprachförderung alleingelassen.
Weiterhin wird es in Bayern auch kein kostenfreies Kindergartenjahr geben, obwohl es den Menschen mit dem Koalitionsvertrag versprochen worden ist.
Frau Ministerin, besonders schade finde ich, dass in Bayern nach wie vor nicht gewährleistet ist, dass jedes Kind ein warmes Mittagessen bekommt.
Natürlich übernimmt der Bund im Rahmen der HartzIV-Regelung für die Hartz-IV-Kinder die Kosten des Mittagessens.
Aber neulich habe ich mit Elternbeiräten zusammengesessen. Da wurde diskutiert: Das Mittagessen kostet in den meisten Einrichtungen über 3 Euro. Das ist für viele Familien, die keine Hartz-IV-Familien sind, zu viel. Wir brauchen eine staatliche Subventionierung, damit gewährleistet ist, dass wirklich alle Kinder ein Mittagessen bekommen.
Bayern ist ein reiches Land, aber ein Familienland ist es mit diesem Haushalt sicherlich nicht. Das wird im Übrigen auch dadurch deutlich, dass im Bereich der Landesstiftung Hilfe für Mutter und Kind und auch in der Schwangerenberatung gestrichen wurde; das haben Sie vorhin zu erwähnen vergessen. Es handelt sich immerhin um 1,2 Millionen Euro pro Jahr. Wo steht hier der Mensch im Mittelpunkt?
Wir haben exemplarisch einen Antrag zur Familie herausgezogen, über den wir namentlich abstimmen wollen. Es ist der Antrag auf Drucksache 16/7310. Hier geht es um die Förderung von Maßnahmen und Einrichtungen für die Familie. Dazu würden wir uns Ihre Zustimmung wünschen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! So positiv die Entwicklung im Bereich der Betreuungsangebote für Kinder zu bewerten ist, so traurig sieht es in anderen Bereichen des Sozialhaushaltes aus. Da braucht man gar nicht weit zu
gehen. Kaum werden die Kinder Jugendliche, schon wird wieder gespart. Aus Gründen der Haushaltskonsolidierung ist nämlich der Ausbau der Jugendsozialarbeit eingefroren worden. Wir haben so oft über die Sozialarbeit an Schulen gesprochen. Wir waren uns alle einig, dass da wertvolle Arbeit geleistet wird. Umso unverständlicher ist es für mich, dass gerade in diesem Bereich gespart wird. Längst gibt es noch nicht an allen Schulen einen Schulsozialarbeiter. Ich frage Sie erneut, Frau Ministerin, weil Sie das so in den Mittelpunkt Ihrer Rede gestellt haben: Wo steht der Mensch hier im Mittelpunkt, wenn wir bei der Jugend zu sparen anfangen?
Ich komme von der Jugend- zur Behindertenpolitik! Auch hier haben Sie mit 2,9 Millionen Euro pro Jahr massiv gekürzt. Sie wissen, dass uns die UN-Konvention zur Inklusion verpflichtet. Aber diese Inklusion ist im Sozialetat nicht angekommen. Das Wort kommt in Ihrem Haushalt überhaupt nicht vor. Im Gegenteil: Es gibt Kürzungen im Landesplan für Menschen mit Behinderungen. Es gibt auch noch keinen Aktionsplan, wie ein Konzept in Bayern umgesetzt werden könnte.
Es ist erfreulich, dass es zur Inklusion an Schulen eine gemeinsame Arbeitsgruppe gegeben hat, die auch ein Ergebnis vorgelegt hat. Aber Inklusion bedeutet nicht nur Inklusion an Schulen. Es gibt auch die Inklusion an Kindergärten. Hierzu gibt es bisher wenig innovative Vorschläge im Rahmen Ihres Gesetzentwurfs zum Bayerischen Kinderbildungs- und betreuungsgesetz.
Es gibt auch Inklusion in der Arbeitswelt. Das Recht auf Arbeit ist in der Verfassung verankert, Frau Ministerin. Für Menschen mit Behinderungen gilt das aber offensichtlich nicht. Da herrscht im Haushalt absolute Fehlanzeige. Und wie sieht es mit der Inklusion im Alltag aus? Immer noch sind die meisten Bahnhöfe, die meisten Verwaltungsgebäude und die meisten Schulen nicht behindertengerecht. Menschen mit Behinderungen kommen in diese Gebäude meist überhaupt nicht hinein. Auch hier kann ich keinen Aufbruch in Bayern sehen.
Ich habe natürlich festgestellt, dass Sie bei den Senioren mit Behinderung etwas nachgelegt haben. Da hat Sie scheinbar das schlechte Gewissen doch etwas gedrückt, weil Sie hier nun Geld verteilen wollen.
Und jetzt noch ein Wort zu den Senioren, sehr geehrte Damen und Herren. Auch bei den Einrichtungen für die Pflege älterer Menschen, bei der Angehörigenarbeit und bei der Förderung neuer Wohnformen gerade im ambulanten Bereich wird gespart. Das ist mutig. Und wenn man sich die demografische Entwicklung
In den kommenden Jahren wird die Anzahl der zu pflegenden Menschen massiv ansteigen. Das wissen Sie. Auch die Demenzerkrankungen werden massiv zunehmen. Da ist es doch klar, dass wir ausreichend ambulante und stationäre Einrichtungen brauchen und vor allen Dingen auch neue Konzepte und neue Wohnformen, die diesen Menschen gerecht werden.
Wir brauchen natürlich vor allen Dingen auch mehr Menschen, die bereit sind, andere Menschen zu pflegen. Uns muss die Frage umtreiben, wie wir den Pflegeberuf attraktiver machen können. Ein wichtiger Schritt wäre es, den Auszubildenden in diesem Bereich die Bürde der Schulgeldzahlung abzunehmen.
Da ist leider nichts passiert, obwohl Sie doch mehrmals der Presse mitgeteilt haben, Sie setzten sich dafür besonders ein. Es ist letztlich zu einem Kompromiss gekommen, nach dem 150 Euro Zuschuss vorgesehen sind. Ich glaube allerdings, dass das viel zu wenig ist. Damit werden wir es nicht schaffen, den Pflegeberuf attraktiver zu machen. Wenn wir weiter nichts tun, ist der Pflegenotstand garantiert. Ihr Vorschlag, eine Pflegebeauftragte vorzusehen, wird die Pflege in Bayern alleine nicht retten.
Wir müssen uns noch um Vieles gewaltiger anstrengen, um hier für die Betroffenen das Notwendige zu erreichen.
Traurig bin ich auch, dass Sie nicht bereit sind, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Mehrgenerationenhäuser zu unterstützen. Sie Frau Ministerin, sprachen vorhin in Ihrer Rede davon, dass es Ihnen besonders wichtig sei, die Menschen zu aktivieren. Und genau dies passiert in diesen Mehrgenerationenhäusern. Hier werden die Menschen aktiviert. Sie werden zusammengeführt, und hier haben Sie Raum für Kontakte und Austausch. Hier wird schnelle Hilfe angeboten oder organisiert. Und das Ehrenamt wird eingebunden. Warum also werden die Mehrgenerationenhäuser nicht vom Freistaat Bayern unterstützt?
Sie wissen, dass das Bundesministerium die Förderung jetzt umgestellt hat. Die ursprüngliche Förderung ist ausgelaufen und die neue Förderung sieht vor,
dass 10.000 Euro entweder vom Land oder von den Kommunen zu bezahlen sind. Es ist schade, dass dieser Betrag jetzt wieder den Kommunen auferlegt wird.
In Bayern gibt es immerhin 90 Mehrgenerationenhäuser. Ich sage Ihnen, nicht jede Kommune wird das leisten können. Damit ist Ihre Entscheidung letztendlich eine Entscheidung gegen das eine oder andere Mehrgenerationenhaus.
Zum Schluss möchte ich noch auf die Themen Bürgerarbeit und Ehrenamt im sozialen Bereich eingehen. Viele Tätigkeiten im Sozialwesen wären in gleicher Qualität überhaupt nicht leistbar, wenn es das Ehrenamt nicht gäbe. Frau Ministerin, Sie haben vorhin in Ihrer Rede Staatssekretär Markus Sackmann für seine Verdienste gelobt. Das ist richtig. Staatsekretär Markus Sackmann weiß um den Wert des Ehrenamtes. Er schließt sich unserer Forderung nach verlässlichen Strukturen im Ehrenamt an. Wir fordern, 650.000 Euro einzustellen, damit diese Strukturen ausgebaut werden können. Wir bitten auch bei diesem Antrag um namentliche Abstimmung. Da können Sie dann zeigen, wie Sie zum Ehrenamt stehen.
Ich habe noch drei Sekunden. Ein großer Wurf ist der Sozialhaushalt nicht. Es ist auch kein familienfreundlicher Haushalt. Ich kann hier keinen "Aufbruch Bayern" feststellen. Wir werden diesem Einzelplan nicht zustimmen.
Vielen herzlichen Dank. Für die CSU-Fraktion darf ich nun den Kollegen Heinrich Rudrof ans Mikrofon bitten.