Das Staatsministerium der Finanzen wird ermächtigt, die erforderlichen Berichtigungen, insbesondere in den Erläuterungen, der Übersicht über die Verpflichtungsermächtigungen und den sonstigen Anlagen beim endgültigen Ausdruck des Einzelplans vorzunehmen.
Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD, der FDP und Frau Abgeordnete Dr. Gabriele Pauli, fraktionslos. Gegenstimmen? - Keine. Stimmenthaltungen? - Das sind die Fraktionen der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. So beschlossen.
Haushaltsplan 2011/2012; Einzelplan 10 für den Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
Änderungsanträge von Abgeordneten der SPD-Fraktion (Drsn. 16/7300 mit 16/7306 und 16/7308 mit 16/7317)
Änderungsanträge der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN (Drsn. 16/7383 mit 16/7389 und 16/7392 mit 16/7410)
Im Ältestenrat wurde für die Aussprache eine Gesamtredezeit von 1 Stunde und 30 Minuten vereinbart. Davon entfallen auf die Fraktion der CSU 22 Minuten, auf die Fraktion der SPD 14 Minuten, auf die Fraktion der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN jeweils 11 Minuten und auf die FDP-Fraktion 10 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich an der Redezeit der stärksten
Fraktion. Sie kann deshalb bis zu 22 Minuten sprechen, ohne dass sich dadurch die Redezeit der Fraktionen verlängert.
Bevor ich die Aussprache eröffne, weise ich bereits jetzt darauf hin, dass die Fraktionen der SPD und der FREIEN WÄHLER beantragt haben, über ihre Änderungsanträge auf den Drucksachen 16/7310, 7312, 7314, 7340, 7342 und 7344 einzeln, und zwar in namentlicher Form, abstimmen zu lassen.
Ich eröffne die Aussprache. Die erste Rednerin ist Frau Staatsministerin Haderthauer. Sie haben das Wort.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! In Zeiten, in denen es wichtig ist, Wünsche zu limitieren, um zukunftsfest und generationengerecht Finanzpolitik zu machen, ist die inhaltliche Orientierung und eine Richtschnur für den Haushalt notwendiger und dringender als in Zeiten, in denen nicht nur alles Notwendige und Sinnvolle, sondern darüber hinaus alles Wünschenswerte finanziert werden kann. Daher sind gerade in diesen Zeiten Prioritäten wichtig. Daher haben wir diesen Haushalt unter den Titel "Aufbruch Bayern" gestellt.
Der erste Schwerpunkt ist die Familie. Unser Politikverständnis als christlich-liberale Koalition ist orientiert an einem bürgerlichen Gesellschaftsentwurf und am christlichen Menschenbild. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt, nicht Ideologien oder Systeme.
Deshalb stellen wir den wichtigsten Ort für die Entwicklung des Menschen in den Mittelpunkt unserer Politik: die Familie. Ohne die Leistungen der Familien gibt es keine vitale, keine zukunftsfeste und keine zukunftsfähige Gesellschaft. Nur die Leistung von Familien baut Zukunft in einer Gesellschaft. Familien lehren Liebe und Geborgenheit sowie soziale Kernkompetenz. Sie schaffen Bindung - verlässliche Bindung. Damit übernehmen sie eine unersetzliche Rolle für einen gelungenen Start ins Leben. Aber Familien schaffen auch die Grundlage dafür, dass in der Kinderbetreuung und später, in der Schule, Bildung gelingt. Nichts und niemand kann Familie ersetzen. Elternverantwortung und Elternleistung sind persönlich gemeint, persönlich geschuldet, nicht ersetzbar, nicht austauschbar, schon gar nicht durch den Staat.
Ich bin der festen Überzeugung: Wir stärken unsere Gesellschaft, aber auch jeden Einzelnen am wirkungsvollsten und nachhaltigsten, indem wir Familien unterstützen. Deshalb haben sie für uns diesen besonderen Stellenwert.
Für uns ist jeder Familienentwurf gleich viel wert. Wir wollen nicht nur einen, sondern den individuellen Lebensentwurf, den Familien leben wollen, unterstützen. Deshalb stehen wir dafür, dass junge Familien in Bayern im Anschluss an das Elterngeld ein Landeserziehungsgeld bekommen. Deshalb helfen wir den Kommunen mit 1 Milliarde Euro jährlich nicht nur beim Ausbau einer hochwertigen Kinderbetreuung, sondern auch bei der Bewältigung ihrer weiteren Aufgaben im Bereich der Jugendhilfe.
Besonders Kinder aus Familien mit Migrationshintergrund profitieren von der Systematik unseres Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes; denn neben der allgemeinen Sprachförderung erhalten diese Kinder eine ganz spezielle Förderung, zu der wir mit einem zweistelligen Millionenbetrag im Jahr beitragen.
Aber auch die Kommunen profitieren. Nirgends sonst gibt es so viel Jugendsozialarbeit an Schulen wie in Bayern. Auch insoweit haben die Kommunen uns seit langem mit mehreren Millionen Euro jährlich verlässlich an ihrer Seite.
Da das Leben mit Kindern zwar schön und erfüllend ist, aber auch eine große Verantwortung und Herausforderung sein kann, fördern wir bayernweit Familienstützpunkte. Wir greifen unseren Kommunen auch bei der ideellen Unterstützung von Familien unter die Arme und fördern 180 Erziehungsberatungsstellen sowie niederschwellige Projekte wie Familienhebammen und Stadtteilmütter. Wir haben koordinierende Kinderschutzstellen geschaffen, um durch Vernetzung dafür zu sorgen, dass kein Signal verlorengeht; denn es kann auch schwierige Situationen in Familien geben. Unsere Konzeption war übrigens die Blaupause für das gerade entstandene Bundeskinderschutzgesetz.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sozialpolitik in Bayern richtet sich in ihrer Qualität danach, welche Chancen wir jedem Einzelnen vermitteln können. Gerechtigkeit bemisst sich nämlich nicht nach dem Grad der Umverteilung oder der Höhe irgendeiner Daueralimentation - auch nicht nach der Höhe der Transferleistungsquote -, sondern danach, in welchem Maße jeder Einzelne in die Lage versetzt wird, seine Chancen wahrzunehmen. Je weniger Menschen auf Unterstützungsleistungen angewiesen sind, desto sozialer und gerechter ist ein Land.
Solidarität heißt für uns zum einen, denen zu helfen, die Hilfe brauchen, solange sie sich nicht selbst helfen können, und zum anderen, auf diejenigen zu achten, die Tag für Tag die Gelder erarbeiten, mit denen wir
helfen können. Deshalb zielen unsere Ansätze darauf ab, zu aktivieren, anstatt die Verfestigung von Lebensstilen zu fördern. Gerade wir Sozialpolitiker müssen darauf achten, wohin sich eine Gesellschaft entwickelt und wo anzusetzen ist, wenn wir präventiv tätig werden wollen. Diese unsere Verpflichtung bedeutet auch: Wir brauchen große Flexibilität, was unsere Methoden und Ansatzweisen angeht.
Auch deswegen sprechen wir vom "Zukunftsministerium". Wie eine Gesellschaft sich in Zukunft aufstellt, hängt von den Menschen ab, die in ihr leben, von den Chancen, die die Menschen haben, und vor allem davon, wie es denen geht, die sich vielleicht nicht so gut selbst helfen können. Damit meine ich Jugendliche, die Unterstützung in Schule und Ausbildung brauchen, aber auch junge Familien mit Migrationshintergrund.
Gerade wir als Bundesland mit den bundesweit niedrigsten Arbeitslosenzahlen müssen uns aber auch mit dem Phänomen der Verfestigung der Langzeitarbeitslosigkeit auseinandersetzen. Es gibt Menschen, für die Arbeitslosigkeit zu einem Lebensproblem wird und nicht mehr nur einen vorübergehenden Zustand darstellt. Gerade um dieses Problem anzugehen, ist es wichtig, innovativ zu arbeiten. Dabei liegen mir ganzheitliche Ansätze am Herzen. Ich verweise auf unser Projekt TANDEM, das bundesweit Schule gemacht hat und das in die neue Arbeitsmarktpolitik im Bund, die sich unter anderem in dem Bildungspaket äußert, eingeflossen ist. Bei TANDEM geht es um Begleitung, nicht nur um die Vermittlung eines Arbeitsplatzes. Die ganze Lebenssituation, auch die Familie, wird in den Blick genommen. Wenn es notwendig ist, werden z. B. auch Alltagskompetenzen vermittelt.
Die Seniorenpolitik ist ein weiteres Beispiel, das zeigt, dass wir auf gesellschaftliche Herausforderungen reagieren müssen. Als Ergebnis der längeren Lebenserwartung ist eine ganze Generation in die Zeit zwischen dem Ende der Berufstätigkeit und dem Beginn von Pflegebedürftigkeit als eigenständige Lebensphase hineingewachsen. Dieser Zeitraum umfasst heute im Durchschnitt 20 Jahre. Wir erleben auch in diesem Lebensalter eine große Vielfalt von Lebensentwürfen. Es herrschen oft noch hohe Vitalität und Kompetenz. Wir brauchen eine Kompetenzsicht auf unsere älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger. Deswegen fördern wir neue, intergenerative Wohnformen. Ich verweise - als Zwischenform - auf die Seniorenwohngemeinschaft, die Leistungen quasi dazukaufen kann. Auch bei schon beginnender Pflegebedürftigkeit bieten sich damit zeitgemäße Alternativen zu traditionellen stationären Pflegeheimen. Auch das Thema Mehrgenerationenhäuser zeigt uns, dass wir Impulse, die aus der Gesellschaft kommen, aufgreifen müssen.
In engem Zusammenhang damit steht das Ehrenamt. Es ist auch in der älteren Generation sehr verwurzelt; dort verzeichnen wir auch den größten Zuwachs. Ich nutze an dieser Stelle die Gelegenheit, Herrn Staatssekretär Sackmann für die Begleitung all dieser Themen herzlich zu danken. Besonders danke ich ihm dafür, dass er bayernweit das Thema Ehrenamt in einer Weise nach vorne bringt, die, wie ich glaube, beispielhaft in ganz Deutschland ist.
Zum Thema Ehrenamt gehört der Freiwilligendienst. Es war wichtig, dass es uns gelungen ist, den Freiwilligendienst der Länder - FSJ und FÖJ - (Anm.: Freiwil- liges Soziales Jahr und Freiwilliges Ökologisches Jahr) neben dem neuen Freiwilligendienst des Bundes zu stärken. Denn hier liegen wichtige Impulse für unsere Jugend, gerade wenn es darum geht, junge Männer für soziale Berufe zu begeistern.
Zum Schluss spreche ich kurz die Pflege an. Da muss es uns darum gehen, dem Bund zu zeigen, wie man Pflegequalität richtig prüft. Die Prüfung darf nämlich nicht an der Qualität der Dokumentation, sondern muss an der Qualität des Ergebnisses ausgerichtet sein. Denn das Ergebnis muss bei den Pflegebedürftigen ankommen.
Wir haben in Bayern einen Pflegebeauftragten. Er erfährt großen Zuspruch. Dass er in den wenigen Wochen schon sehr viel bewirken konnte, zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind.
Es gibt aber auch neue Ansätze, um Entwicklungen abzuholen, die wir in Bayern schon lange verfolgen, bei denen wir aber zunächst ein bisschen allein waren. Ich spreche hier von der Inklusion, der Politik für Menschen mit Behinderung.
Christa Stewens hat mit dem Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz in der Kinderbetreuung von vornherein das mit umgesetzt, was wir jetzt auch im schulischen Bereich nachvollziehen wollen, weil wir dort verwirklicht haben, dass das Kind im Mittelpunkt steht. Wenn das Kind eine Behinderung hat, ist es wichtig, für alles zu sorgen, was es bei seiner Behinderung braucht.
Genauso ist es mit dem Einsatz für die Förderschulen, den du, liebe Christa, voranbringst. Dieser Einsatz ist ganz wichtig. Es muss deutlich gemacht werden: Politik für Menschen mit Behinderung ist
Eine neue gesellschaftliche Herausforderung ergibt sich auch aus dem Einsatz für ältere Menschen mit Behinderung. Glücklicherweise werden auch Menschen mit Behinderung immer älter. Sie brauchen vielfach andere Antworten als diejenigen, die wir für Menschen ohne Behinderung im Alter geben. Es freut mich sehr, dass es mit großer Unterstützung der Fraktion, lieber Joachim Unterländer, liebe Barbara Stamm, gelungen ist, im Haushalt hierfür ganz deutliche Zeichen zu setzen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit habe ich einige Schwerpunkte umrissen. Im Grunde muss uns aber klar sein: Unter Familie verstehen wir eine Schwerpunktsetzung. Dabei verstehen wir die Familie in ihrer großen Form. Das heißt, dass wir dabei nicht nur an Eltern und Kinder denken; vielmehr schließen wir alle Generationen und alle Lebenssituationen der Menschen mit ein.
Mit unserer Sozialpolitik honorieren wir Verantwortung. Wir motivieren dazu, Verantwortung zu übernehmen. Bisweilen fordern wir sie auch ein. Dabei denke ich gerade auch an die Integrationspolitik. Aber als Gegenleistung für die Übernahme von Verantwortung gewähren wir Solidarität und Hilfe, wo und solange man sich nicht selber helfen kann.
Das soziale Bayern ist ein zukunftsfestes Land, wenn wir diese Grundideen im Kern der Politik, nämlich in der Architektur eines Haushalts, abbilden. Dass dies in dem vorliegenden Haushalt gelungen ist, werden die nachfolgenden Redner - zumindest diejenigen aus unseren beiden Fraktionen - deutlich machen. Die Erfolge kann man seit Jahren an den Ergebnissen unserer Politik ablesen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Frau Ministerin! Die Verfassung des Freistaats Bayern stellt in Artikel 3 Absatz 1 klar: "Bayern ist ein Rechts-, Kultur- und Sozialstaat. Er dient dem Gemeinwohl." Wir müssen uns heute fragen: Wird der jetzt vorgelegte Sozialhaushalt diesem Verfassungsanspruch gerecht?
Zunächst fällt auf, dass der Sozialhaushalt insgesamt im Volumen ansteigt. Anders als sicherlich viele andere Teilhaushalte wird im Einzelplan 10 insgesamt nicht gekürzt, sondern es gibt geringe Steigerungen.