Protocol of the Session on April 5, 2011

Es war toll, wie viele Leute voriges Jahr und heuer bei der Polizei eingestellt worden sind. Damit füllen wir aber nur die Lücken auf, die entstanden sind, weil in der Vergangenheit Stellen nicht besetzt worden sind. Das ist klar nachweisbar. Sie müssen nur die Statistik anschauen. Es ist das gleiche System wie bei den Feuerwehrschulen. So kann es nicht sein.

Lassen Sie mich etwas zur Städtebauförderung sagen. Seit 40 Jahren, seit 1971, gibt es die Städtebauförderung. Ausgerechnet zum vierzigjährigen Bestehen fängt man an, die Mittel zu kürzen. Herr Minister, Sie sprachen von einer geringfügigen Reduzierung der Mittel. Darüber kann man unterschiedlicher Auffassung sein. Wenn die Mittel von 535 Millionen auf 305 Millionen zurückgefahren und damit fast halbiert werden, weiß ich nicht, ob das noch geringfügig ist.

Herr Minister, Sie sagten, 75 % dieser Mittel würden im ländlichen Raum, also in dem Raum landen, den Ihr Zukunftsrat schon längst vergessen hat. Sie landen dort, wo wir Schwierigkeiten haben, wo wir nicht einmal eine vernünftige DSL-Versorgung haben, wo Sie die Bevölkerung mit einem Megabit abspeisen wollen und wo seit Einführung der Mittelschule Schülertourismus in ungeahntem Ausmaß stattfindet.

Diese Liste könnte man beliebig erweitern. Auf den ländlichen Raum wird der Ballast wieder abgeladen. Die Leute im ländlichen Raum sind die Leidtragenden, die von der Kürzung der Städtebaufördermittel betroffen sind. Dabei weiß man, dass jeder Euro, der für die Städtebauförderung ausgegeben wird, das Sechs- bis Neunfache an Privatinvestitionen nach sich zieht. Das Städtebauförderprogramm ist also ein Konjunkturprogramm par excellence. Das aber missachtet man und lässt es links liegen. Dabei wäre es für den Freistaat Bayern ein Leichtes gewesen, genauso viel zu zahlen wie im letzten Jahr. Weshalb muss man die Anteilsfinanzierung so praktizieren, wie Sie es tun? Es wäre ein Leichtes gewesen, die bayerischen Mittel in gleicher Höhe zu belassen. Sie haben nur Mittel eingespart, die Sie an anderer Stelle dieses Haushalts wieder ausgeben. Sie geben sie aber nicht für Anträge der Opposition aus, sondern für das, was Sie letztlich wollen.

Ich könnte mit weiteren Beispielen fortfahren. Ich nenne nur den Digitalfunk. Natürlich läuft er. Im Innenausschuss sehe ich aber, welchen Ärger wir haben, welche Bürgerinitiativen es gibt und welche Petitionen eingereicht werden. Die Bürger beschweren sich über das Verfahren, wie es ursprünglich gelaufen ist. Sie reden von Geheimhaltung. Wie will ich einen Turm,

der vierzig Meter hoch ist, geheim halten? Herr Staatssekretär, Sie haben sich selber eingeschaltet und diese Diskussion dann gebremst. So kann es einfach nicht laufen. Es hat unwahrscheinlich viel Ärger gegeben, den wir jetzt ausbaden müssen. Wir sind etwas enttäuscht davon, welche Ansätze in diesem Haushalt geboten werden und wie den Wünschen der Opposition entsprochen wird.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der GRÜNEN)

Für das BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN darf ich nun Frau Kollegin Susanna Tausendfreund nach vorne bitten.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Innenminister Herrmann hat gestern ganz stolz seine Kriminalitätsstatistik vorgestellt. Er war sehr zufrieden mit dem Rückgang der Straftaten. Der Rückgang der Straftaten kann aber verschiedene Ursachen haben. Entweder sind die Straftaten tatsächlich zurückgegangen, oder es gibt ein verändertes Anzeigeverhalten, wenn die Leute einfach nicht mehr zur Polizei gehen, um Straftaten anzuzeigen; oder die Polizei kommt bei der Strafverfolgung ihren Aufgaben nicht mehr hinterher. Dazu darf ich Hermann Benker von der Deutschen Polizeigewerkschaft zitieren: Er führt den Rückgang der erfassten Straftaten schlicht darauf zurück, dass die Polizei zu wenig Personal hat.

Die personelle Situation bei der bayerischen Polizei ist tatsächlich noch immer höchst unbefriedigend. Der Haushalt gibt hierauf keine ausreichenden Antworten. Die Erhöhung der Zahl der Einstellung von Anwärterinnen und Anwärtern in zwei Jahren reicht nicht aus. Die Personaleinsparungen der früheren Jahre werden dadurch nicht ausgeglichen. Dieses Defizit können Sie auch mit einer Aufstockung der Sicherheitswacht nicht ausgleichen. Die Polizei bleibt strukturell unterbesetzt.

Wir hatten beantragt, dass wenigstens 50 zusätzliche Anwärter pro Jahr eingestellt werden, um einerseits das Defizit auszugleichen und andererseits die mobile Reserve zu stärken. Ab 2012 werden die Ausbildungszeiten wieder nicht berücksichtigt. Es sollen immer nur so viele Anwärter eingestellt werden, wie Beamte in Pension gehen. Laut der Antwort auf eine Anfrage, die ich in diesem Zusammenhang gestellt habe, sollen 2012 und 2013 mit 750 bzw. 740 neu einzustellenden Anwärtern die Zahlen von 2010 halbiert werden. Ich weiß nicht, wie Sie dann mit der Ausbildungsstruktur und mit den Ausbildern umgehen, wenn Sie plötzlich nur mehr die Hälfte einstellen.

Die dreijährige Lücke, die durch die Ausbildungszeit und die Rückführung der Arbeitszeit von 42 auf 40 Stunden in der Woche entsteht, wird nicht ausgeglichen. Es gibt nicht genügend Stellen für Vertretungen während der Schwangerschaftszeiten und der Elternzeiten. Die Kolleginnen und Kollegen in den Inspektionen und in sonstigen Dienststellen müssen diese Lücken füllen, so gut es geht. Die Folge dieser zusätzlichen Belastung ist die Erhöhung des Krankenstandes. Die Rückkehr zum Dienst wird außerdem dadurch erschwert, dass es zu wenige Kinderbetreuungsplätze gibt. Kinderbetreuungsplätze stehen schon gar nicht zu den Schichtzeiten zur Verfügung. Telearbeitsplätze könnten vielleicht helfen, aber in diese Richtung wollen Sie auch nicht gehen.

Die Abweichungen zwischen den Sollstellen und den tatsächlich auf den Inspektionen vorhandenen Stellen sind zum Teil gravierend. In der Fläche kann vielerorts der Schichtdienst in der Nacht kaum aufrechterhalten werden.

Der Beförderungsstau ist zu einem riesigen Berg angewachsen. Polizeibeamte, die schon längst einen Anspruch auf Beförderung hätten, werden weiterhin vertröstet. Die vorgesehenen Stellenhebungen reichen nicht aus, um alle Beförderungen durchzuführen. Die Arbeitsbelastung steigt ständig an, wie die vielen Einsatzstunden bei den diversen Fußballspielen zeigen. Viele Dienstgebäude sind in einem baulich sehr schlechten Zustand. Dies trägt auch nicht gerade zur Motivation bei. Auch aus Klimaschutzgründen müssten die Dienstgebäude schnellstmöglich energetisch saniert werden.

Um allem noch die Krone aufzusetzen, müssen die Polizeibeamten auch noch eine Nullrunde hinnehmen. Mit diesen Defiziten wird der Haushalt den Anforderungen der Polizeiarbeit nicht gerecht. Helmut Bahr, der Landesvorsitzende der GdP, drückt dies wie folgt aus: Bayerische Polizisten zahlen die Zeche.

Herr Minister, Sie sollten nicht immer mehr Befugnisse für die Polizei fordern, wie etwa die Online-Durchsuchung, die Vorratsdatenspeicherung oder ein rigides Versammlungsrecht. Sie sollten auch keine Computerausforschungen mit Zehntausenden von automatisch aufgezeichneten Screenshots zulassen, für die es keine Rechtsgrundlage gibt. Sie sollten für angemessene Arbeitsbedingungen sorgen, für eine gute personelle Ausstattung, eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und für eine höhere Bezahlung der Polizei.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Es gibt weitere Teile des Haushalts, die unterbelichtet sind. Ich gehe nur auf den Einzelplan 03 A ein. Ich nenne die personelle Ausstattung der staatlichen Landratsämter, die von den Landkreisen durch Umschichtungen nicht ausgeglichen werden kann. Ähnliches gilt für die kreisfreien Städte. Die Aufgaben wachsen, die Vollzugsdefizite ebenso. Ein Beispiel ist die Heimaufsicht. Die zuständigen Stellen sind personell so dünn besetzt, dass sie die Kontrollen der Pflegebedingungen in den Alten- und Pflegeheimen nicht turnusgemäß durchführen können.

Beispiel Anlagensicherheit: Es fehlen Umweltschutzingenieure, die eine regelmäßige Überprüfung der Anlagen, die nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigt sind, vornehmen. Mit diesen Anlagen ist ein erhebliches Gefährdungspotenzial für Mensch und Umwelt verbunden. Es wäre fahrlässig, sie nicht regelmäßig zu kontrollieren.

Lebensmittelkontrolleure fehlen ebenfalls. Beim Vollzug des Waffenrechts gibt es Defizite. Was nützt eine Verschärfung des Waffenrechts, wenn ein Waffenbesitzer in Bayern statistisch nur alle 150 Jahre mit einer Kontrolle rechnen muss? Das ist Augenwischerei.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Haushalt des Innenministeriums steckt eine grobe Trickserei. Schon heute steht fest, dass im Jahre 2012 weitere 109 Millionen Euro für den Digitalfunk für Polizei und Rettungsorganisationen nötig sein werden. Die 109 Millionen Euro sind jedoch nicht im Haushalt enthalten. Die Staatsregierung erklärt, dass die Mittel über den Nachtragshaushalt abgewickelt werden könnten. Das widerspricht jedoch dem Grundsatz der Haushaltswahrheit und der Haushaltsklarheit. Damit soll der Haushalt nur geschönt werden.

Selbstverständlich haben wir auch Einsparvorschläge gemacht. Der Verzicht auf den Umzug des Statistischen Landesamtes nach Fürth wäre angebracht. Dieser Umzug ist teuer und überflüssig. Das ist keine vernünftige Regionalförderung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein anderer Sparvorschlag ist die maßvolle Reduzierung des Personals beim Landesamt für Verfassungsschutz. Das sage ich mit ein wenig Augenzwinkern. Wir fordern eine kritische Überprüfung der Arbeitsbereiche und Einsparvorschläge. Im Hinblick auf die Bekämpfung der organisierten Kriminalität hat der Verfassungsschutz vor einigen Jahren einen Arbeitsbereich hinzubekommen, der eigentlich die Polizeiarbeit betrifft, und somit Doppelstrukturen produziert. Außerdem gehe ich von einem Einsparpotenzial aus, solange der Verfassungsschutz Zeit hat, sich in

völlig überflüssige Beobachtungen und öffentliche Nennungen von Organisationen wie VVN, A.I.D.A, und der Islamischen Gemeinde Penzberg zu verbeißen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die FDPFraktion darf ich Herrn Kollegen Dr. Andreas Fischer das Wort erteilen.

Herr Präsident, Herr Staatsminister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! "Der Staatshaushalt muss ausgeglichen sein. Die öffentlichen Schulden müssen verringert werden." Dieser Forderung, die Marcus Tullius Cicero vor mehr als 2.000 Jahren formuliert hat, folgen wir nicht nur mit dem vorliegenden Gesamthaushalt, sondern in dieses Konzept fügen sich die Einzelpläne 03 A und 03 B, die den Haushalt des Staatsministeriums des Innern abdecken, nahtlos ein. Auch mit diesen beiden Einzelplänen leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Konsolidierung und zum ausgeglichenen Staatshaushalt. Selbstverständlich stehen wir unter einem erheblichen Spardruck. Wir folgen diesem Spardruck jedoch, ohne Abstriche bei der inneren Sicherheit oder beim Bauunterhalt zu machen.

Bei manchen Vorrednern der Opposition hatte ich den Eindruck, sie leben und beobachten in einem anderen Land. Dagegen sage ich: Bayern bleibt Marktführer sowohl bei der soliden Haushaltspolitik als auch bei der inneren Sicherheit.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD))

Lassen Sie mich mit Blick auf die polizeiliche Kriminalstatistik einige Dinge feststellen. Bayern ist das sicherste Bundesland. Wir haben die niedrigste Kriminalitätsbelastung seit fast 20 Jahren. Wenn jetzt eingewendet wird, dies liege am Anzeigeverhalten oder daran, dass Anzeigen nicht mehr aufgenommen werden konnten, halte ich dagegen: Der Rückgang betrifft ganz besonders die Straßenkriminalität und die Gewaltkriminalität. Kolleginnen und Kollegen, das sind keine Kontrolldelikte. Die Menschen, die davon betroffen sind, erstatten Anzeige. Deswegen ist Ihre Argumentation schlicht und einfach falsch. In Bayern gibt es außerdem einen weiteren Anstieg der Aufklärungsquote auf mittlerweile 46,6 %. All diese Zahlen belegen, dass Sicherheit und Freiheit kein Gegensatz sind. Seit die FDP in Bayern mitregiert, ist Bayern nicht nur freier, sondern auch sicherer geworden.

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der SPD)

Statt neuer Sicherheitsgesetze haben wir in den letzten Jahren den Weg der personellen Verstärkung der bayerischen Polizei konsequent vorangetrieben. In dieser Koalition haben wir einen Weg beschritten, der sich ausgezahlt hat. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache.

(Beifall bei der FDP)

Kolleginnen und Kollegen, die bayerische Polizei ist hervorragend aufgestellt und hoch motiviert. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um allen Beamtinnen und Beamten bei der bayerischen Polizei unseren Dank und unsere Anerkennung auszusprechen.

(Beifall bei der FDP)

Kolleginnen und Kollegen, der Einzelplan 03 A ist überwiegend ein Polizeihaushalt, weil 67 % seiner Ausgaben die Polizei betreffen. Es handelt sich ebenfalls um einen Personalhaushalt, weil 85 % der Ausgaben auf Personalkosten entfallen - entweder auf Personalkosten der Polizei oder der allgemeinen inneren Verwaltung. Das bedeutet jedoch zugleich, dass ohne einen Beitrag der Beschäftigten eine Haushaltskonsolidierung in diesem Bereich nicht möglich ist. Es ist eine Sache der Ehrlichkeit, zu sagen: Wir müssen von den Beschäftigten im öffentlichen Dienst ein Sonderopfer verlangen.

(Ludwig Wörner (SPD): Schon wieder!)

Bei diesem Sonderopfer haben wir es uns nicht leicht gemacht. Ohne dieses Opfer wäre der Weg nur durch eine massive Neuverschuldung möglich gewesen. Dies hätte bedeutet, die Rechnung der nächsten Generation zu präsentieren. So etwas kann man als Opposition fordern; fair und ehrlich ist das nicht.

(Beifall bei der FDP - Prof. Dr. Peter Paul Gant- zer (SPD): Das ist wie mit der Hotelsteuer!)

Genauso deutlich sage ich: Mit der Nullrunde im Jahre 2011 für den öffentlichen Dienst legen wir lediglich eine Atempause ein.

(Lachen bei der SPD)

Wir liegen nach wie vor beim Gehaltsniveau im öffentlichen Dienst bundesweit an der Spitze. Im Jahr 2012 werden wir die nötige Anpassung der Bezüge wieder vorsehen.

Lassen sie mich einige Schwerpunkte in diesem Haushalt herausgreifen: 2,7 Milliarden Euro für die bayerische Polizei und 39.000 Stellen im Stellenplan. Davon entfallen 739 Stellen auf die Polizei und insgesamt 814 Stellen auf die Rücknahme der 42-Stunden

Woche. Diese Rücknahme ist die Einhaltung eines Versprechens. Das ist kein billiges Versprechen. Trotz der schwierigen Haushaltslage haben wir dieses Versprechen gehalten. Das war fair. Das war richtig. Das war ehrlich.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben für den öffentlichen Dienst Stellenhebungen von 323 Stellen in der allgemeinen inneren Verwaltung, 68 Stellen bei der Polizei und 21 Stellen beim Verfassungsschutz vorgesehen. Das zeigt unsere Wertschätzung für den öffentlichen Dienst.

Lassen Sie mich einen weiteren Bereich ansprechen. Fast eine Milliarde Euro kostet der Aufbau des BOSDigitalfunks von 2007 bis 2021. Davon entfallen 41,55 Millionen Euro auf diesen Haushalt. Hinzu kommt noch die Erstausstattung mit digitalen Endgeräten der kommunalen Feuerwehren, des Rettungsdienstes und der Hilfsorganisationen, die wir fördern. Der BOS-Digitalfunk ist ein unverzichtbarer Baustein in der Sicherheitsarchitektur. Wir begrüßen diesen Aufgabenschwerpunkt ausdrücklich.

(Beifall bei der FDP)

Hinzu kommt die Finanzierung der integrierten Leitstellen, für die wir Mittel zur Verfügung stellen. Das ist von den Vorrednern schon angesprochen worden. Aus Zeitgründen kann ich nicht näher darauf eingehen.