Sie werden sicherlich wieder ansprechen, dass die GRÜNEN gegen den Ausbau der Windkraft und gegen den Ausbau der Stromnetze seien. Ich habe mir die Arbeit gemacht und nachgesehen, wo in den letzten zwei Monaten Windkraftanlagen abgelehnt wurden. Am 01.02.2011 hat sich der Bürgermeister der GRÜNEN in der Stadt Lauf dafür eingesetzt, dass Windkraftanlagen entstehen. Die Sitzungsvorlage wurde von den Rednern der CSU und der SPD und einem der Freien Wähler gegen die Stimmen der GRÜNEN abgelehnt. Hier waren nicht wir gegen die Windkraftanlagen; wir wollten sie voranbringen. Das wurde abgelehnt.
Eine weitere Sache zieht sich bereits seit Monaten hin. In Weiden in der Oberpfalz hat der SPD-Oberbürgermeister Windkraftanlagen vorgesehen und wollte sie voranbringen. In der Bevölkerung hat sich etwas Widerstand dagegen geregt. Wer waren die Ersten, die auf der Seite der Gegner standen? Die dortige CSU-Fraktion hat sich gegen diese Windkraftanlagen ausgesprochen. Es sind nicht die GRÜNEN. Sie kommen hier nicht heraus: Sie müssen konkrete Beispiele nennen und dürfen nicht pauschal behaupten, dass wir dagegen seien. Sie schieben den Bürgerprotest meistens links zur Seite, wenn es zum Beispiel um die dritte Startbahn oder andere Großprojekte geht. Bei jeder Windkraftanlage sind Sie die Ersten, die auf der Seite derer stehen, die dagegen Bedenken äußern. Das ist sehr schade.
Darf ich wenigstens sagen, dass Ihre Leute gestern im Kreistag zu Schwandorf gegen Windkraftanlagen gestimmt haben?
Herr Kollege Zeitler, ich habe Ihnen nicht das Wort erteilt. Jetzt hat Herr Kollege Hartmann das Wort. Er kann ungestört fortfahren.
(Tobias Thalhammer (FDP): In der Kürze liegt die Würze! Es zählt nicht die Quantität, sondern die Qualität!)
Zum Schluss möchte ich ganz kurz auf folgende Bereiche eingehen: Klar ist, dass die Energiewende Geld kosten und wahrscheinlich Milliarden verschlingen wird. Sie scheitert nicht am Geld; denn die Investoren stehen bereit. Sie scheitert daran, dass die Politik nicht bereit ist, die Rahmenbedingungen zu schaffen. Im letzten Jahr wurden weit über 15 Milliarden Euro allein für die erneuerbaren Energien investiert. Dieses Geld stammte nicht von den großen Konzernen, sondern von vielen Stadtwerken und Bürgerbeteiligungen. Das Kapital ist also da. Entscheidend ist jedoch, dass wir Kreativität und Ideen dafür bekommen, wie die Energiewende gestaltet werden kann. Hier fehlt es bei der Staatsregierung, der FDP und der CSU massiv. Vor allem fehlt der Mut, sich mit den großen Energiekonzernen anzulegen, sich endlich einmal mit Eon anzulegen.
Eon bezieht knapp 45 % seines Stromes aus Atomkraftwerken. Mit diesem Unternehmen müssen Sie sich endlich einmal anlegen und die alten Bändel abschneiden und durchbrechen. Sonst werden wir nie zu einer Energiewende kommen, die den Namen wirklich verdient. Mit Eon wird das nicht funktionieren. Nehmen Sie die Bürgerinnen und Bürger und die Stadtwerke mit. Machen Sie mit denen gemeinsam eine Energiewende. Nur so kann es funktionieren.
Zur Information für alle Kolleginnen und Kollegen: Zwischenfragen und Zwischenbemerkungen sind in der Aktuellen Stunde nicht statthaft. Jetzt hat Herr Kollege Tobias Reiß das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Hartmann, es ist gut und richtig, dass wir heute, auch unter den Eindrücken der Reaktorkatastrophe in Japan, noch einmal in diesem Hause über die Energiepolitik diskutieren. Sie haben diese Aktuelle Stunde richtigerweise mit dem Wort "Energiewende" überschrieben und fordern uns auf, endlich zu handeln. Auch wenn uns die Ereignisse in Japan dazu veranlassen, alles auf den Prüfstand zu stellen, möchte ich schon darauf hinweisen, dass beispielsweise der "SPIEGEL" noch im September letzten Jahres das
Energiekonzept der Bundesregierung kommentiert hat. Dort ist von "grüner Energiewende", von einem "verwegenen Plan" und von "ambitionierten Zielen" die Rede.
Das ist wie gesagt nicht meine Interpretation, sondern die Interpretation des "SPIEGEL" vom September 2010. Sicherlich geht es jetzt darum, diese ambitionierten Ziele erneut zu überarbeiten und den Umbau hin zu mehr erneuerbarer Energie voranzutreiben. Wir haben deshalb in der letzten Woche in unserem Dringlichkeitsantrag die Staatsregierung aufgefordert, bis Mai ein Konzept vorzulegen, wie und in welchem Umfang ein Umstieg in die regenerative Energieerzeugung in den nächsten zehn Jahren möglich ist.
Bei aller Diskussion muss es dabei unser zentrales Anliegen sein, eine zuverlässige, klimagerechte und vor allem auch bezahlbare Energieversorgung hinzubekommen. Wir wollen auf erneuerbare Energien umsteigen, aber dieser Umstieg muss verlässlich und solide organisiert sein. Wenn wir jetzt über eine weitere Beschleunigung des Umbaus reden, gehört es zunächst zu den Tatsachen, dass auch auf der Basis der von Rot-Grün beschlossenen Laufzeiten heute noch kein einziges Kernkraftwerk vom Netz wäre.
Der von Rot-Grün beschlossene Atomausstieg geht nicht von einer sofortigen Abschaltung aller Atommeiler aus. Auch bei Rot-Grün existiert eine Brücke, die immerhin bis zum Jahr 2022 reicht. Wir werden in Baden-Württemberg sicher beobachten können, ob diejenigen, die gestern noch "Abschalten" skandiert haben, morgen, wenn sie in politischer Verantwortung stehen, tatsächlich abschalten. Klar ist, dass wir mit einem Aktionismus nach dem Motto "Wer schaltet die Kernkraftwerke schneller ab?" nicht weiterkommen, sondern nur mit tragfähigen und plausiblen Konzepten. Allein mit Illusionen und unschlüssigen Konzepten lässt sich noch kein sauberer Strom erzeugen.
Ich bin gespannt, wie die "Dagegen-Partei" die Wende hin zum Dafür-Sein schafft, wenn es beispielsweise darum geht, unpopuläre Maßnahmen vor Ort durchzusetzen, wenn es darum geht, die Landschaft mit Stromtrassen zu zerschneiden, und wenn es darum geht, großflächige Energiespeicheranlagen umzusetzen und die Genehmigungsverfahren dafür zu beschleunigen. Ich bin auch gespannt, wie Sie unseren Menschen erklären, dass unsere Klimaziele nicht zu halten sein werden. Die Erhöhung der öffentlichen Akzeptanz aller Maßnahmen ist unsere gemeinsame Aufgabe. Wir sitzen hier alle in einem Boot. Der Konsens darf nicht der sein, dass die einen ru
Wir müssen vor allem die Interessen der Verbraucher berücksichtigen, die am Schluss alle Maßnahmen mit ihren Steuern und über die Strompreise finanzieren müssen.
Beispiel Netzausbau: Wenn der Umstieg auf die erneuerbaren Energien gelingen soll, müssen wir in den nächsten Jahren kilometerweise neue Stromleitungen durch Deutschland legen. Die Schätzungen liegen zwischen dreieinhalb- und viereinhalbtausend Kilometer. Dieser Ausbau muss mit Augenmaß erfolgen, weil für viele Regionen und deren Bevölkerung Nachteile entstehen werden. Ich bin aber überzeugt, dass die Fläche vom Netzausbau, von der Einspeisung regenerativer Energien aus Wind, Sonne und Biomasse, profitieren wird, wenn es gelingt, den Belangen des ländlichen Raumes hinreichend Rechnung zu tragen.
Nötig ist der Ausbau der Übertragungsnetze aus dem Norden und Osten zu den Verbrauchszentren im Süden. Wir müssen außerdem für Bayern eine optimale Versorgungsstruktur entwickeln. Zunächst müssen die Fragen geklärt werden: Was ist in Bayern möglich? Was können wir vor Ort machen? Was kann der ländliche Raum beitragen? Jede Kilowattstunde, die vor Ort erzeugt wird, muss nicht über weite Strecken transportiert werden. Jeder von uns spürt den Willen, gerade in den ländlichen Regionen Bayerns, noch mehr zum Ausbau der regenerativen Energieerzeugung beizutragen. Bei aller Beschleunigung ist es deshalb auch unsere Aufgabe, die örtlichen Initiativen mitkommen zu lassen und damit die Akzeptanz vor Ort sicherzustellen.
Ohne Netzausbau und ohne einen effizienten Netzbetrieb ist das Ziel einer dezentralen und von vielen Anlagenbetreibern getragenen Energieversorgung nicht zu erreichen. Dabei muss es uns gelingen, die Netze zunehmend intelligenter zu machen. Wir müssen Stromerzeugung, -speicherung und -verbrauch durch die Verbindung von Stromübertragungs- und Informationstechnologie stärker vernetzen. Davon wird nicht zuletzt der nötige Ausbau des schnellen Internets im ländlichen Raum profitieren. Wir können hier eine sinnvolle Verknüpfung von Zukunftstechnologien schaffen.
Fest steht: Nur mit stark ausgebauten Netzen werden wir die Energiewende hin zu mehr erneuerbarer Energie bewältigen können. Die größte Baustelle, die wir haben, ist noch nicht einmal ein intelligentes Netz. Unser engstes Nadelöhr auf dem Weg zu einer Vollversorgung mit erneuerbaren Energien ist die Speicherung. Nicht nur die Deutsche Umwelthilfe stellt klar, dass auf dem Weg zu einer Vollversorgung mit erneuerbarer Energie dem Aufbau von Speicherkapazität die zentrale Bedeutung zukommt, sondern auch Ihr grüner Kollege, Herr Hartmann. Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Rainer Baake, stellt gleichzeitig fest, dass bis 2020 Stromspeicher nur in geringem Umfang zur Verfügung stehen werden. Wenn sich die Windstromerzeugung an einem Schwachwindtag der Nulllinie entlang schlängelt - das dürfte an hundert Tagen im Jahr der Fall sein - und wenn die Sonne untergegangen ist - das dürfte an ca. 365 Tagen im Jahr vorkommen -,
Herr Kollege Hartmann, Sie sagen, es lohne sich, für 100 % erneuerbare Energie zu kämpfen. Dann frage ich mich aber, warum Rot-Grün die Speicherfrage jahrelang sträflich vernachlässigt hat. Ich will es nicht übertreiben, aber Wind- und Sonnenenergie massiv auszubauen und dabei die Speicherfrage zu vernachlässigen ist nicht viel besser, als auf Kernenergie zu setzen und dabei die Endlagerfrage außer Acht zu lassen.
Unser Problem wird in Zukunft nicht sein, dass zu wenig regenerative Energie installiert ist, sondern unser Problem wird sein, dass Photovoltaik und Wind zu wenig und zu unbeständig Strom liefern.
Am Ende wird nicht danach gefragt werden, ob wir die Leistung aus Sonne und Wind in den nächsten zehn Jahren verdoppeln oder verdreifachen können. Die alles entscheidende Frage wird sein, welchen Teil diese Leistung zur Deckung des Stromverbrauchs tatsächlich und gesichert beitragen kann. Wir werden bei der Speichertechnologie alle Möglichkeiten, die funktionieren, anwenden müssen. Wir wissen aber auch, dass vieles, wie zum Beispiel die Umwandlung von Windstrom in Wasserstoff oder Methan, heute erst im Labormaßstab funktioniert.
Auch bei der Förderkulisse nach dem ErneuerbareEnergien-Gesetz - EEG - werden wir uns überlegen müssen, wie wir eine Energieversorgungsstruktur aufbauen, die konventionelle Kraftwerke tatsächlich ersetzen kann und welchen Einfluss diese Struktur auf die Verdienstmöglichkeiten der Investoren hat. Im Moment bestimmt die eingespeiste Kilowattstunde den Preis, egal ob die Energie gebraucht wird oder nicht. Wir brauchen Anreize für den Betrieb von Biogasanlagen im Umkehrprofil zu Wind und Sonne. Wir haben die Chance, Weltmarktführer in Sachen saubere Energie zu werden. Dafür ist aber die Effizienz entscheidend, und das nicht nur bei der Energieversorgung, sondern auch bei unserem Handeln.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Reiß, wenn Sie diese Rede vor vier Wochen gehalten hätten, hätte ich Sie Ihnen abgenommen. Vor vier Wochen war aber alles noch ganz anders, wenn ich Sie daran erinnern darf. Ich gestehe Ihnen Lernfähigkeit zu. Diese Lernfähigkeit mit Schuldzuweisungen zu verbinden, ist aber aus einer ganzen Reihe von Gründen falsch. Diese Gründe will ich Ihnen gerne deutlich machen. Zuerst aber will ich Ihnen sagen, wie verräterisch Ihre Sprache ist. Sie haben gesagt: "Wenn es darum geht, die Landschaft mit Stromtrassen zu zerschneiden …" Das ist genau die Diktion, mit der Sie Panik schüren.
Genau die können wir nicht mehr brauchen. Diese Diktion verwenden Sie immer noch, und darum glaube ich Ihnen das, was Sie gerade erzählt haben, nicht. Ich könnte es Ihnen auch noch an einer Reihe anderer Worte nachweisen. Wie gesagt, Sie haben einen Zug abfahren lassen, auf den Sie jetzt wieder mühsam aufspringen müssen. Wir sind gerne bereit, Ihnen zu helfen und auf diesem Zug mitzufahren. Sie sollten aber darüber nachdenken, wie viele unserer Anträge zum Thema regenerative Energie Sie wieder ablehnen werden oder wo wir gemeinsam etwas tun können, um die Entwicklung rasch voranzubringen.
Meine Damen und Herren, die Erfolgsstory von RotGrün war unter anderem der Atomausstieg. Sie haben gar nicht geglaubt, dass wir ihn auf den Weg bringen. Für Sie war das unmöglich. Wir haben es geschafft. Im Übrigen stimmt es nicht, dass kein Atomkraftwerk vom Netz gegangen ist. Ich darf Sie nur daran erinnern: Mülheim-Kärlich, Stade und Obrigheim sind vom Netz; Isar, Biblis und Neckarwestheim wären jetzt
Wer hier sagt, wir hätten nicht genug getan, hat entweder etwas übersehen, oder er blendet es bewusst aus.