Protocol of the Session on March 17, 2011

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie dürfen nicht, wenn Sie nach vorn schauen, gleich wieder Geschichtsklitterung betreiben. Wir hatten in Deutschland einen Konsens mit der Gesellschaft. Es war ein Atomkompromiss. Die Debatte, die Sie jetzt anstoßen wollen, führen wir hier seit 30 Jahren. Was haben Sie in dieser Zeit getan?

Eines ist mir wichtig. Selbst wenn wir jetzt den Ausstieg schnell hinbekommen, tragen Sie, die Befürworter, die Verantwortung für das, was in diesem Land

steht. Die Reaktoren stehen hier. Der Müll ist da. Wir werden noch Jahrzehnte mit dem Rückbau zu tun haben. Auch das bedeutet Gefahren für die Bevölkerung.

Sie tragen die Verantwortung auch für den atomaren Müll und dafür, dass es kein Endlager gibt. Dies können Sie nicht Herrn Trittin zuschreiben. Er war der Erste, der angefangen hat, diese Frage überhaupt ernsthaft zu bearbeiten. Bayern hat dafür gar nichts getan.

Ich frage Sie jetzt konkret: Wenn Sie auf erneuerbare Energien umsteigen wollen, werden Sie dann Windkraftanlagen vor Ort nicht mehr verhindern?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Werden Sie sich dann konkret an der Standortsuche für Pumpspeicherkraftwerke beteiligen, so wie wir, die GRÜNEN, es im Landtag beantragt haben? Werden Sie das jetzt seitens der CSU-Fraktion und der Staatsregierung konkret tun? Werden Sie das tun, Herr Schmid, oder wird es bei den Reden bleiben? Werden Sie in die Bürgerbeteiligung einsteigen und in den Konflikt um die Hochspannungsleitungen moderierend einsteigen, so wie Sie es tun würden, wenn es Ihnen ernst wäre?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben das Wort, Herr Fraktionsvorsitzender.

Sie haben drei Themenkomplexe eröffnet, zu denen ich gerne etwas sage.

Sie haben das Wort "Buße" ausgesprochen. Natürlich müssen wir alle, und zwar über alle Parteien hinweg, umdenken. Das kann man sich nicht so einfach machen. Alle müssen aus den Ereignissen lernen. Die Menschen erwarten von uns zu Recht, dass wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Dass wir alles neu überprüfen, ist aus meiner Sicht der richtige Weg. Was wir heute miteinander diskutieren, dürfen wir nicht zerreden.

Das Umdenken muss sich auf alles erstrecken, was in Deutschland an Energieversorgung betrieben wird. Das gilt für alle Kraftwerke, die gebaut worden sind. Diese Kraftwerke waren in der Zeit, wo das Thema "regenerative Energien" noch eine andere Bedeutung hatte, notwendig. Damals war manches technisch ja noch nicht so möglich wie heute. Damals spielten die Wasserkraft und viele andere Dinge eine Rolle. Heute haben wir dagegen mit anderen Volumina zu tun.

Wenn unter diesem Gesichtspunkt die Verantwortung für die Energieversorgung auf der Grundlage von Kernkraftwerken von der Seite der Opposition her generell abgelehnt und nur der Seite der regierungstragenden Parteien zugeschoben wird, dann macht man es sich sehr einfach. Aber so darf man das nicht machen. In den letzten 30 Jahren haben dafür auch die GRÜNEN und die SPD Verantwortung in Deutschland getragen.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt komme ich zu den erneuerbaren Energien. Frau Gote, ich frage Sie zurück - am Nachmittag können wir darüber auch noch diskutieren -: Wer hat denn im Schwarzwald und beim Pumpspeicherkraftwerk in Niederbayern die größten Bedenken gehabt und die Widerstände organisiert? Theoretisch seid ihr immer alle dafür, aber praktisch, wenn es darauf ankommt, immer alle dagegen!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Genauso läuft das.

Wo die Windkraft sinnvoll und vertretbar ist und wo Photovoltaik sinnvoll ist, müssen wir miteinander reden. Aber Sie wissen doch ganz genau, dass die Einzelfälle sehr viel komplizierter sind. Man muss überlegen, ob es richtig ist, auf allerbestem Ackerboden Photovoltaikanlagen zu errichten. Ist es vertretbar, in landschaftlich wertvollen Gebieten Windkraftanlagen zu installieren? Darüber muss diskutiert werden - nicht theoretisch, sondern konkret. Da haben Sie unseren Konsens, wenn Sie im Einzelfall konkret mit uns reden und sich an positiven Entscheidungen beteiligen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Schmid, es sind noch zwei Zwischenbemerkungen angemeldet, und zwar von den Kollegen Halbleib und Dr. Goppel.

Herr Kollege Schmid, Sie haben von Verantwortung gesprochen. Ich möchte in einem ganz konkreten Punkt Ihre Verantwortung ansprechen. Sie haben in Ihrer Rede etwas falsch dargestellt. Sie haben so getan als würden mit dem Haushaltskonzept 2011/12, das die Staatsregierung vorgelegt hat, Initiativlösungen für die Bereiche der Klima- und der Energiepolitik vorangebracht. Die Wahrheit ist - dazu sollten Sie Stellung nehmen und sagen, dass das richtig ist -: Die Staatsregierung streicht das Klimaprogramm 2020 ab dem Jahr 2012.

Sie hat ein Klimaprogramm mit großen Tönen aufgelegt, aber sie streicht es zum Ende dieses Jahres.

Dennoch wollen Sie uns glauben machen, dass mehr getan wird. Aber es wird weniger getan als bisher. Das ist Ihre Form der Glaubwürdigkeit.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wenn Sie schon hierüber reden, bitte ich, die komplette Wahrheit zu sagen.

Erstens. Ich habe gesagt, dass wir im Konzept "Aufbruch" im Rahmen des Haushalts 2011/12 die Themen "leistungsfähige intelligente Stromnetze" und "Erforschen von Speicherkapazitäten" ganz ausdrücklich mit Finanzmitteln hinterlegt haben. Schauen Sie es bitte im Haushalt nach; da steht es.

Zweitens. Was das Energiekonzept 2020 angeht, so war dieses Programm bis 2010 bzw. bis zu einem Rest von 2011 aufgelegt. Jetzt ist wichtig, was vereinbart worden ist. Ich sage Ihnen genau, was vereinbart ist. Dazu gibt es übrigens, wenn ich mich richtig erinnere, auch einen Landtagsbeschluss bzw. einen Kabinettsbeschluss. Die ganze Wahrheit besteht darin, dass in dem Beschluss Folgendes festgehalten ist: Zunächst erarbeiten wir ein Konzept darüber, wie es weitergeht. Es wird dann mit Finanzmitteln hinterlegt, und zwar entweder in einem Nachtragshaushalt 2011 oder in einem Nachtragshaushalt 2012. Das ist die ganze Wahrheit. Mit Halbwahrheiten darf man auch an dieser Stelle nicht argumentieren, Herr Kollege Halbleib.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke schön, Herr Kollege Schmid. Nächster Redner: Herr Kollege Dr. Goppel.

Herr Fraktionsvorsitzender, lieber Kollege Schmid! Frau Kollegin Gote war so freundlich, uns daran zu erinnern, dass die Bibel mit ihren Aussagen zur Reue und Umkehr mahnt. Und dass das Neue Testament gilt, fand ich sehr wichtig und bezeichnend, denn dort findet sich auch das Kapitel von den Pharisäern.

(Anhaltende Zurufe von der SPD und den GRÜ- NEN - Glocke des Präsidenten - Renate Acker- mann (GRÜNE): Ausgerechnet Sie reden von den Pharisäern!)

Ich freue mich sehr darüber, Frau Kollegin, wie sehr Sie sich auskotzen, ohne zu wissen, was ich sagen will.

(Anhaltende Zurufe der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

Sie wissen doch gar nicht, was ich sagen will, warten Sie doch erst einmal ab.

(Erneute Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)

Sie wissen immer schon, was kommen wird. Das ist interessant.

Lassen Sie mich auf meine Überlegungen zurückkommen. Da gibt es das Kapitel von den Pharisäern. Das trifft bei uns ganz ausgesprochen auf die Entwicklung bezüglich der Frage zur Kernenergie zu. Entdeckt hat das nicht die CSU, entdeckt haben das nicht wir. Es kommt vielmehr aus einer Bonner Entwicklung unter Helmut Schmidt.

(Margarete Bause (GRÜNE): Haben Sie den Namen Franz Josef Strauß in diesem Zusammenhang schon einmal gehört? - Weitere Zurufe von den GRÜNEN)

Damals wurde genau aufgeschlüsselt, wer welche Aufgaben übernimmt. Eine davon haben wir übernommen, und zwar in Wackersdorf - daran muss erinnert werden -, als die anderen diese Aufgabe damals nicht übernehmen wollten. Sie haben sich damals vor dieser Aufgabe gedrückt. Wenn Sie sie damals erledigt hätten, wäre das in Ordnung gewesen und man könnte heute darüber reden.

(Hubert Aiwanger (FW): Waren Sie denn schon einmal in Wackersdorf oder wie? - Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Wir sind damals abgewiesen worden mit unserer Bereitschaft, in Wackersdorf etwas zu tun. Und heute wird uns nun vorgeworfen, wir würden nichts tun. Das ist hirnrissig und pharisäerhaft.

(Beifall bei der CSU - Zurufe von der SPD, den GRÜNEN und den Freien Wählern - Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Schämen Sie sich doch, dass Sie das Wort Wackersdorf überhaupt in den Mund nehmen!)

Herr Kollege Schmid, Sie haben das Wort. Im Übrigen möge sich das Plenum bitte beruhigen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Dr. Goppel, die Frau Kollegin Kohnen hat heute noch einmal den Blick zurückgelenkt und es war auch richtig - dafür bin ich Ihnen sehr dankbar -, dass heute noch einmal die

Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten der Entscheidungsträger genannt wurden. Das ist durchaus richtig, aber wir sollten aus der heutigen Debatte den Blick auch nach vorne werfen. Die Ereignisse in Japan können und dürfen uns nicht zur Tagesordnung übergehen lassen. Die Menschen erwarten von uns, dass wir aus diesen Ereignissen lernen, dass wir innehalten, dass wir miteinander die Alternativen prüfen und Konzepte entwickeln und weiterbearbeiten und diese gegebenenfalls finanziell hinterlegen, um die Lehren aus diesen Ereignissen zu ziehen.

Deswegen halte ich es für wichtig und notwendig, einerseits den Blick zurück auf die seinerzeitigen Verantwortlichkeiten zu werfen, andererseits aber auch verantwortungsvoll nach vorne zu schauen. Das wird jetzt aktuell von der Politik gefordert. Es darf nicht nur um die Bewältigung der Vergangenheit gehen, sondern die Entwicklung neuer Konzepte im Lichte der Ereignisse in Japan steht als Aufgabe vor uns. - Herzlichen Dank.

(Beifall und Zurufe von der CSU: Bravo!)

Danke, Herr Kollege Schmid. Als Nächster hat Kollege Aiwanger das Wort.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich müssten wir uns vor dem Hintergrund der Ereignisse von Tschernobyl und in Japan einig sein, dass die Atomenergie nicht endgültig zu beherrschen ist. Damit ist sie nicht verantwortbar und damit ist die einzig belastbare Sicherheitskonzeption auf Dauer der endgültige Ausstieg aus der Atomenergie.