Herr Vorsitzender, Kolleginnen und Kollegen! Zunächst ist zu diesem kurzen, dünnen Antrag zu sagen: Es ist erfreulich, dass es einmal nicht um milliardenteure Groß- und Größtprojekte geht, sondern dass man sich auch einmal kleineren Maßnahmen widmet.
Eine zweite Feststellung zur Formulierung. Herr Kollege Blume hat schon gesagt, der Antrag enthalte eine verklausulierende Zeugnissprache, und tatsächlich sei dies eine Ohrfeige in Richtung des bayerischen Wirtschaftsministeriums. Wir danken für die Redlichkeit, Herr Kollege Blume. Allerdings ist die Formulierung auch aus einer anderen Warte betrachtet seltsam. Wenn Sie ein Anliegen an die Staatsregierung richten, sagen Sie in der Regel: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, weiterhin"; dann kommt die Forderung. Dieses Mal ist es ganz eigentümlich. Sie formulieren: "Die Staatsregierung wird dabei unterstützt". Danach geht es um den runden Tisch und das Programm.
Nun zur Forderung die darin steckt. Das, was materiell gefordert wird, eine Verbesserung der Leit-, Steuerungs- und Regeltechnik und anderes, ist sicherlich notwendig. Aber dann heißt es: "zeitnah". Wir kennen die Pressemitteilung aus dem Ministerium. Darin stand, der Minister habe im letzten Frühjahr zum runden Tisch eingeladen. Immerhin ist schon wieder ein ganzes Jahr vergangen. Ich denke, in diesem Jahr hätte eigentlich schon mehr geschehen können.
Nun widmen wir uns einmal dieser Presseerklärung, die vom Sommer letzten Jahres stammt. Sie enthält wohlfeile Forderungen. Qualitätsverbessernde Maßnahmen müssten her; sie würden auch unterstützt. Wir bräuchten dringend pünktlichere und sauberere Züge. Die Informationen müssten besser werden. Dann wird auf eben diesen runden Tisch Bezug genommen, der schon im letzten Frühjahr einberufen worden ist, und es wird von immer mehr Qualitätsmängeln und davon gesprochen, dass der Winter schlimm gewesen sei. Da fragen wir uns: Was hat denn das bisher gebracht? Es ist noch viel schlimmer geworden. Das, was Sie damals schön und lauthals verkündet haben, war alles andere als ein Erfolg.
Dann wird ausgeführt, dass auch die Bahn aufgefordert wird, sich um eine Optimierung von Werkstattkapazitäten zu kümmern, weil die Ausfälle der Fahr
zeugflotte nicht hinnehmbar seien. Herr Minister, diese Ausfälle waren auch jetzt viel schlimmer. Ich komme auf diesen Punkt noch zurück.
Schlussendlich sind wir beim elektronischen Stellwerk und den Rechnern angelangt. Unsere Forderung ist ganz klar: Hier gehört Redundanz her. Herr Kollege Wörner, Sie haben gesagt, das Zeug sei alt. Es ist noch nicht so lange her, dass die alte Stammstrecke mit dem elektronischen Stellwerk und der linienförmigen Zugbeeinflussung ertüchtigt worden ist. Hier klemmt es massiv. Wenn der Hauptrechner ausfällt, gibt es keine Redundanzen. Das ist ein Witz. Herr Kollege Wörner, wir reden jetzt zu diesem Dringlichkeitsantrag etwas länger. Im Grunde hätte er es verdient gehabt, genauso kurz abgehandelt zu werden, wie der vorherige Dringlichkeitsantrag.
Herr Kollege Wörner, wenn Sie in diesem Kontext schon die zweite Röhre ansprechen, dann sehen Sie sich bitte die Planfeststellungsunterlagen an. Sie werden feststellen, dass bis vor Kurzem ein neues elektronisches Stellwerk am Ostbahnhof geplant war. Dieses Stellwerk ist dem Rotstift zum Opfer gefallen. Das bedeutet: Die ganze neue Stammstrecke wird eins zu eins am bisherigen elektronischen Stellwerk und den bisherigen Rechnern, also dem gleichen Mistglump, hängen. Sie wird von den Verspätungen genauso betroffen seien. Heute ist ein Oberleitungsschaden in Pasing aufgetreten. Da hätte Ihnen die zweite Röhre kein Gramm weitergeholfen. Bitte steigen Sie etwas tiefer ein, wenn Sie dieses Thema mit uns diskutieren wollen.
Nun zu einem Punkt, der am runden Tisch im Rahmen des Qualitätsverbesserungsbündels angesprochen worden ist, nämlich die Fahrzeugflotte und die Werkstatt-Stunden bzw. Werkstätten generell. Wir haben im letzten Jahr eine Anfrage gestellt und nachgebohrt, wie der Freistaat dies kontrolliert. Immerhin sind wir der Aufgabenträger. Ich zitiere aus der Antwort: "Der Freistaat Bayern als Aufgabenträger hat keine Möglichkeit, auf Wartung und Instandhaltung sowie den damit verbundenen Werkstättenbetrieb Einfluss zu nehmen." Dann folgen im Einzelnen lapidare Antworten, die wir so nicht stehenlassen wollen. Da heißt es:
Zu 1.: Der Staatsregierung ist keine praktizierte oder geplante Ausdünnung von Werkstattstunden in der dargestellten Form bekannt.
Der Staatsregierung ist keine praktizierte oder geplante Streckung von Wartungsintervallen in der dargestellten Form bekannt.
Zu 3.: Der Staatsregierung sind keine Werkstattschließungen oder Androhungen von Werkstattschließungen bekannt.
Zu 4.: Über die Entwicklung des Personalstands in den Werkstätten für SPNV-Fahrzeuge liegen der Staatsregierung keine Angaben vor.
Zu 5.: Der Staatsregierung sind keine konkreten Defizite bei der Überprüfung, Wartung, Instandhaltung und Instandsetzung bayerischer SPNV-Fahrzeuge bekannt.
Nicht einmal jede dieser Antworten stimmt. Die Antwort unter 3 ist einfach falsch. Wenige Wochen, bevor diese Antwort herauskam, haben wir über angedrohte Schließungen in Mittelfranken diskutiert. In der Antwort heißt es, der Staatsregierung sei so etwas nicht bekannt. Diese ganze Antworterei ist Ausweis der Schludrigkeit und der Verantwortungslosigkeit; denn Sie haben bei dem runden Tisch selbst gesagt, dass darauf ein stärkeres Augenmerk gerichtet werden müsste. Deshalb können Sie uns nicht mit derartigen Antworten abspeisen.
Im Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler ist im Grunde nur noch die Pönale eingebracht worden. Selbstverständlich werden wir diesem Antrag auch zustimmen, wobei ich ganz klar sagen muss: Eine Pönale von 20 Millionen Euro oder etwas mehr ist nicht mehr als ein Witz vor dem Hintergrund der massiven und unsäglichen Defizite wie Zugausfälle, Verspätungen und Informationsdesaster. Vor allem ist diese Summe in der Relation zu den Bestellgeldern - das sind pro Jahr viele hundert Millionen Euro - alles andere als spürbar.
Was Herr Professor Dr. Piazolo gesagt hat, trifft zu: Selbst beim runden Tisch haben Sie gesagt, dass mehr als zwei Millionen Euro in die Qualitätsverbesserung gehen. Das ist eine gegenseitige Befruchtung: Je mehr Fehler gemacht werden, umso mehr bekommt man von den gezahlten Pönalen zurück.
Auch weiterhin ist ein dickes Antragspaket offen, welches wir im November 2009 eingereicht haben. Herr Kollege Professor Dr. Piazolo, Sie erinnern sich sicher: Damals ging es um den Einsatz von Langzügen in der Hauptverkehrszeit und um den 10-Minuten-Takt
- wo er bereits läuft - am Freitag Nachmittag. Wir haben beantragt, die Takt-Lücken in den späten Nachtstunden zu schließen, eine durchgehende Bedienung in den Nächten vor Feiertagen gefordert sowie den Einsatz von Vollzügen auch in den Nachtstunden. In diesen Anträgen sind sehr virulente Probleme angesprochen worden. Erfreulicherweise wurde dieser Antrag nicht erledigt, wie das der Berichterstatter, der gleich nach mir reden wird, auf Weisung seines Ministeriums vorgeschlagen hat. Herr Erwin Huber hat verdienstvollerweise gesagt: Das lassen wir uns nicht gefallen. Wir wollen noch einmal einen gescheiten Bericht und sehen, was möglich ist.
Ich muss zum Schluss kommen. Es gibt weitere Defizite. Herr Minister, die Informationspolitik ist wirklich desaströs, sowohl was die Ansagen als auch die Anzeigen anbelangt. Entweder gibt es keine oder falsche; und das vor dem Hintergrund, dass der Freistaat Bayern viele, viele Millionen Euro in das RIS das "Reisenden Informations System" - und das DEFAS - das "Durchgängige Elektronische Fahrgastinformations- und Anschlusssicherungs-System" - investiert hat. Hier muss schleunigst eine Verbesserung her. Verstehen Sie den Dringlichkeitsantrag der CSU bitte als Aufforderung.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Runge, ich bin nicht weisungsgebunden, weder meinem Minister noch meiner Frau gegenüber.
Sie haben natürlich den Auftrag, alles schlechtzureden. Das ist ganz klar. Der Winter 2009/2010 war dramatisch hart. Darüber brauchen wir nicht zu diskutieren.
Es gab Tage, an denen fast alles zum Stehen kam und riesige Verzögerungen eingetreten sind. Die Reaktion des Wirtschaftsministeriums darauf war eindeutig: Es hat zunächst einmal das Gespräch mit den Leuten von der Bahn gesucht und hat mit ihnen geklärt, wo die Probleme liegen. Danach wurden die Ergebnisse aufgearbeitet, analysiert und ein Maßnahmenkatalog erstellt: Wintervorbereitung, Sonderinspektion der Weichen, Test neuer Frost
2010/2011 haben wir festgestellt, dass es nicht wesentlich besser geworden ist. Immerhin wurden Schneefangzäune aufgebaut und neue Schneepflüge eingesetzt. Die Hauptprobleme, die Sie auch angesprochen haben, waren aber die Leitungs- und Sicherungstechnik, der Einbau von Redundanzen, die Verbesserung der Leitungswege sowie die Fehlerbeseitigung bei den bestehenden Rechnern. Wir mussten feststellen, dass die Investitionen entgegen den Zusagen um ein Jahr verschoben wurden. Das ist mein Kenntnisstand. Gehen Sie davon aus, dass dieses Thema noch einmal aufgearbeitet und besprochen wird.
Ein wesentliches weiteres Problem liegt beim Stellwerk am Ostbahnhof. Dort sind die meisten Probleme aufgetreten. Da es sich hier um eine Schlüsselstelle handelt, brauchen wir nicht nur ein zeitnahes Konzept, sondern auch eine zeitnahe Umsetzung. Deshalb bitte ich Sie, unserem Dringlichkeitsantrag zuzustimmen.
Zum Dringlichkeitsantrag der Freien Wähler: Lieber Herr Kollege Professor Dr. Piazolo, wir haben uns verständigt. Die Punkte 1 und 2 sind auch in unserem Dringlichkeitsantrag enthalten. Beim Punkt 3 gehen wir davon aus, dass unter den "wesentlichen Gründen" auch die Spiegelstriche 1, 2 und 3 zu subsumieren sind. Ist das richtig? -
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich begrüße es ausdrücklich, dass die Thematik der Qualität der Münchner S-Bahn im Dringlichkeitsantrag der CSU aufgegriffen wurde. Wie wir alle wissen, ist die S-Bahn München nur ein Teil des Schienenpersonennahverkehrs in Bayern; aber sie ist sowohl hinsichtlich der absoluten Zahl der Fahrgäste als auch hinsichtlich der Beförderungsleistung der bedeutendste Teil. Hinzu kommt, dass der Nahverkehr im Großraum München von einem so großen Teil der Bevölkerung genutzt wird wie in keinem anderen bayerischen Ballungsraum. Dies rechtfertigt es, sich den Problemen der S-Bahn München besonders eingehend zu widmen.
Das war auch der Grund, warum ich den runden Tisch "Qualität" initiiert habe. Ich bedanke mich sehr für die
nachdrückliche Unterstützung dieser Initiative. Ich empfinde diese Diskussion nicht als Ohrfeige, sondern als hilfreich und wichtig. Bei diesem runden Tisch wird die Qualität des Eisenbahnverkehrs in Bayern umfassend und detailliert besprochen. Bei allen bisherigen Zusammenkünften haben wir konkrete Maßnahmenkataloge vereinbart, deren Umsetzung von uns und von der Bayerischen Eisenbahngesellschaft genau und kritisch verfolgt wird.
Dabei muss ich betonen, und das geht hier in der Diskussion manchmal etwas durcheinander: Beteiligt und betroffen sind neben den Eisenbahnverkehrsunternehmen - DB Regio ist aufgrund des Wettbewerbs inzwischen nur eines von ihnen - die Infrastrukturgesellschaften der Deutschen Bahn AG. Während wir gegenüber den Eisenbahnverkehrsunternehmen genau geregelte und zum Teil sanktionsbewehrte vertragliche Regelungen haben - Pönale -, stehen uns gegenüber DB Netz und DB Station & Service nur mittelbare Einflussmöglichkeiten zur Verfügung; unmittelbar verantwortlich ist neben den Infrastrukturunternehmen der Deutschen Bahn AG die Bundesregierung. Gerade das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass ich die Rückendeckung des Hohen Hauses, die dieser Antrag umfasst und bezweckt, gerne in Anspruch nehmen werde.
Ich kann feststellen: Die Konzerngesellschaften der DB haben zahlreiche Probleme angegangen. Es gibt auf vielen Feldern Fortschritte. Dennoch zeigt diese harte und beileibe nicht ungewöhnliche Wintersaison, dass viele wichtige Maßnahmen noch nicht oder unzureichend umgesetzt wurden. Ich sage ausdrücklich: Der Anteil der vermeidbaren Ursachen und Fehler ist mir nach wie vor entschieden zu hoch.
Weiterhin ist zu prüfen, welche neuen, effektiveren Maßnahmen noch infrage kommen, um einen reibungslosen Betriebsablauf zu allen Jahreszeiten sicherzustellen. Dazu gehört natürlich die Stabilisierung der Leit- und Sicherungstechnik, die hier auch angesprochen ist. Im Rahmen des runden Tisches wurde dieses Thema mit konkreten Zeitabläufen und Fristen versehen. Zu meinem Bedauern hat sich dieses Projekt verzögert. Wir werden natürlich alle Schritte unternehmen und dies einfordern. Selbstverständlich würde ein positiver Beschluss des Hohen Hauses zum Antrag im Sinne der S-Bahn-Kunden im Raum München dieses Thema deutlich aufwerten. Dieses zusätzliche Gewicht unserer Forderung an die Deutsche Bahn AG werde ich gerne nutzen, um nachhaltige Verbesserungen noch schneller voranzutreiben.
Zum Thema "Pönale" will ich einige Bemerkungen machen. Kollege Wörner hat vorhin in einem Rundumschlag angesprochen, man würde die Leute geradezu dazu einladen, das erst einmal auszulösen, damit man hinterher Geld bekommt. Fakt ist, dass die Pönale ganz gezielt für bestimmte Projekte eingesetzt wird; wir werden das in dem Bericht darstellen. Sie wird fachlich und zielgerichtet für pünktlichkeitsverbessernde Maßnahmen, für Qualitätsmanagementprojekte und für Informationstechnik eingesetzt und nicht etwa so, wie es zuvor dargestellt wurde, dass dann quasi eine Überweisung an diejenigen erfolgt, die das ausgelöst haben. Selbstverständlich sind das gezielte Maßnahmen. Ich meine, das ist vom Grundansatz her ein erfolgreiches Instrument. Aber ich sage es noch einmal, und deswegen werden wir diesen Winter zielgerichtet nacharbeiten: Der Anteil der vermeidbaren Fehler ist entschieden zu hoch und kann von uns nicht hingenommen werden und wird von mir nicht hingenommen.