Protocol of the Session on February 22, 2011

Wir befürchten, dass Demonstranten den Polizisten etwas anhängen wollen. Wir befürchten eine Klagewelle. Diese hätte erhebliche Folgen für die Einsatzbereitschaft der Polizei.

Aus diesen Gründen haben wir die Kennzeichnungspflicht bisher abgelehnt und werden es auch weiterhin tun.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Für die FDPFraktion äußert sich Herr Kollege Dr. Fischer, bitte schön.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Bei der Kennzeichnung von Polizeibeamten bewegen wir uns in einem schwierigen Spannungsfeld. Ja, es ist richtig, dass jedes staatliche Handeln individuell zurechenbar sein muss. Ja, auch der Hinweis des Deutschen Anwaltsverbandes ist richtig, dass diese persönliche Zure

chenbarkeit dem Selbstverständnis einer Polizei in der modernen Gesellschaft entspricht - einer Polizei, die sich in einem demokratischen Staat wie dem unseren als bürgernah versteht und den Bürgern offen, kommunikativ und transparent entgegentritt. Das passt auch zu unserer liberalen Vorstellung von Polizeibeamten als Bürgern in Uniform. Das hat nichts damit zu tun, dass man Polizeibeamte unter Generalverdacht stellen will. Überall dort, wo sich Menschen engagieren, in jeder Institution, in jeder Behörde oder Firma, kommt es - und sei es noch so selten - zu Fehlern, und das ist menschlich.

Ja, richtig ist auch: Es darf nicht vorkommen, dass Straftaten nicht aufgeklärt werden können und Ermittlungsverfahren eingestellt werden müssen, weil eine Individualisierung der handelnden Beamten trotz aufwendiger Ermittlungen nicht möglich ist.

Es ist aber genauso richtig, dass dieser Gesetzentwurf zu weit geht. Das hat vor allem drei Gründe:

Erstens: Polizeibeamte vertreten täglich - oft unter schwierigen Bedingungen - unseren Staat. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass dem eine staatliche Schutzpflicht entspricht. Dieser Staat muss sich vor seine Polizeibeamten stellen. Diese Schutzpflicht wird dann verletzt, wenn wie im vorliegenden Gesetzentwurf Polizeibeamte verpflichtet werden sollen, nicht nur eine Kennzeichnung, sondern ein Namensschild zu tragen - ein Namensschild, das dazu führen kann, dass sie in ihrem privaten Leben aufgespürt oder belästigt werden können. Daran ändert die Ausnahme, die Sie für den Einsatz geschlossener Einheiten vorsehen, nichts.

Ich empfinde es als zynisch, wenn Sie in der Begründung anführen - ich zitiere -:

Dadurch, dass nicht der vollständige Name, sondern nur der Nachname auf dem Namensschild angebracht wird, wird die Ermittlung der Privatanschrift erschwert.

Das heißt im Klartext nichts anderes, als dass ein Beamter, der wie ich "Fischer" heißt, noch eine kleine Chance auf Wahrung seiner privaten Anonymität und auf Schutz seiner Familie hat, dass aber ein Beamter mit Namen "Tausendfreund" Pech hat.

Zweitens: Es gibt für den Bürger überhaupt kein Interesse daran, den Namen eines Polizeibeamten zu kennen; denn es geht - ich betone: in den seltenen Fällen eines individuellen Fehlverhaltens eines Polizeibeamten - nicht um den Namen, sondern um das Ermöglichen der Identifizierung. Dafür brauche ich keinen Namen, sondern es reicht eine Kennung.

In der FDP-Fraktion ist es deshalb einhellige Meinung, dass die namentliche Kennzeichnung von Beamten abzulehnen ist. Anders sieht es mit einem verschlüsselten Identifikationsmerkmal aus. Über ein solches Merkmal kann und darf man diskutieren.

Der dritte Punkt betrifft die unterschiedliche Regelung in den verschiedenen Ländern. Solange es länderübergreifende Unterstützungseinsätze durch geschlossene Einheiten gibt, brauchen wir ein einheitliches Auftreten und damit eine bundeseinheitliche Regelung. Deswegen sollte man, egal, welche Lösung man verfolgt, das Thema über eine Bundesratsinitiative regeln, die das Ziel hat, dass die Länder gemeinsam handeln. Natürlich sind die Länder zuständig.

Viertens: Nach dem Wortlaut Ihres Gesetzentwurfs gilt diese Kennzeichnungspflicht auch für zivile Einsatzkräfte. Das geht eindeutig zu weit, weil bei zivilen Einsatzkräften generell ein Grund besteht, dass Polizeibeamte nicht als solche erkennbar sind. Sie können natürlich auch hier wieder die Ausnahmemöglichkeit in Betracht ziehen.

Die FDP-Fraktion steht deswegen Ihrem Gesetzentwurf ablehnend gegenüber. Wir freuen uns aber auf die Beratung im Ausschuss.

(Beifall bei der FDP)

Für die Staatsregierung äußert sich Herr Staatssekretär Eck, bitte sehr.

Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Es ist viel Richtiges angesprochen worden. Aber einiges muss man klarstellen.

Ich bedanke mich beim Kollegen Ländner für die klare Aussage in Bezug auf die Polizeieinsätze. Es geht darum, deutlich zu machen, wie Polizeieinsätze ablaufen und in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Lieber Herr Kollege Schindler, ich will deshalb auch die Tatsache in den Mittelpunkt stellen, dass es nicht ganz so abläuft, wie Sie es hier vermitteln, dass nämlich ständig, jedes Wochenende, überall Einsätze der Polizei stattfinden und Probleme auftauchen, die eine Identifizierung unserer Beamtinnen und Beamten erfordern. So hat es hier der Zuschauer, so haben es die Gäste und Kolleginnen und Kollegen aufgenommen. Das ist nicht so - im Gegenteil. Im Freistaat Bayern finden - man kann sagen: fast täglich - Polizeieinsätze statt. Dabei gibt es einen einzigen Fall, bei dem zurzeit an der Identifizierung gearbeitet wird. Alle an

deren Fälle sind aufgeklärt. Das wollen wir hier in aller Deutlichkeit ansprechen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die Behauptung, dass von Polizeibeamtinnen und beamten Gewalt ausgehe, entbehrt jeglicher Grundlage.

Lieber Herr Kollege Schindler, auch die Darstellung, dass Polizisten an Bauzäunen Gewalt ausgeübt hätten, lasse ich so nicht stehen. Unsere Beamtinnen und Beamten leisten einen hervorragenden Dienst. Wenn es Polizisten gibt, die sich beim Angriff von Störern wehren, bitte ich, das nicht verzerrt darzustellen und zu sagen: Unsere Beamtinnen und Beamten sind aggressiv, von denen geht Gewalt aus.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich will einen weiteren Punkt ansprechen: Bayern steht nicht alleine da. Das wurde vorhin gesagt; von Ihnen, liebe Frau Kollegin Tausendfreund, ebenfalls.

Es gibt auf Bundesebene den Arbeitskreis II, der ständig und kontinuierlich über die Sorgen, Nöte und Probleme berät, die wir in den einzelnen Ländern in Bezug auf die innere Sicherheit haben. Dort gibt es ein einziges Bundesland, nämlich Brandenburg, das darüber diskutiert - Sie haben es angesprochen -, wie man mit der Kennzeichnung der Beamtinnen und Beamten umgeht. Alle anderen Länder sind sich einig.

Herr Kollege Dr. Fischer hat ebenfalls zum Ausdruck gebracht, dass wir keine Kennzeichnung wollen. Wir wollen keine Kennzeichnung, weil wir gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten eine Fürsorgepflicht haben.

(Zuruf der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Wir wollen Repressalien gegenüber unseren Beamtinnen und Beamten, gegenüber deren Familien und Kindern verhindern, weil es bei Demonstrationen oder ähnlichen Anlässen Gruppierungen gibt, die sich irgendeinen Beamten herausnehmen, ihn filmen und so in ihren Unterlagen auch das Namensschild haben. Hier wollen wir eindeutig zeigen: Wir stehen hinter unseren Beamtinnen und Beamten. Aus diesem Grund lehnen wir eine Kennzeichnung ab.

Ein letzter Punkt: Wenn ein Fall auftritt, bei dem ein Polizeibeamter in Verbindung mit Gewalt gebracht wird, übernimmt diesen die Staatsanwaltschaft. Bislang sind alle entsprechenden Fälle aufgeklärt worden - auch der von Ihnen, Frau Kollegin Tausendfreund, genannte Fall bezüglich des Fußballspiels. Ich wie

derhole mich: Ein einziger Fall ist noch nicht geklärt, wird aber bearbeitet. Wir sind guter Dinge, diesen Fall aufklären und lösen zu können.

In diesem Sinne bitte ich herzlich, zum Schutz unserer Polizistinnen und Polizisten auf die geforderte namentliche Kennzeichnung zu verzichten. Ich bitte deshalb herzlich, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatssekretär, bleiben Sie bitte noch kurz am Redepult. Wir haben noch eine Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Schindler.

Herr Staatssekretär, erstens muss man natürlich damit rechnen, dass einem das Wort im Munde umgedreht wird, wie Sie es gemacht haben. Deswegen bitte ich Sie, im Protokoll nachzulesen, dass ich hier ausdrücklich ausgeführt habe, Exzesse seien Gott sei Dank die absolute Ausnahme und kämen nur ganz selten vor. Das habe ich ausdrücklich gesagt.

Zweitens: Auch Sie werden es nicht schaffen, mich in die Ecke derjenigen zu drängen, die von Haus aus irgendetwas gegen die Polizei hätten - im Gegenteil. Der Antrag, den ich und die meisten in meiner Fraktion unterstützen, dient dazu, das Ansehen der Polizei insgesamt zu erhöhen. Darum geht es.

(Beifall bei der SPD)

Es geht nicht darum, irgendjemanden zu diskriminieren.

Dritte Bemerkung, Herr Staatssekretär, weil Sie von Wackersdorf geredet haben. Ich sehe Ihnen nach, dass Sie davon keine Ahnung haben. Ich - und nicht nur ich, sondern viele andere auch - haben es persönlich erlebt. Sie würden anders reden, wenn Sie damals diese Erfahrung auch gemacht hätten. Seien Sie froh, dass Sie sie nicht gemacht haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Staatssekretär, bitte.

Lieber Herr Kollege Schindler! Erstens habe ich nicht zum Ausdruck gebracht, dass Sie das vermitteln; sondern unsere Debatten vermitteln gerade den Eindruck bei den Zuhörerinnen und Zuhörern, als ob wir ständig mit solchen Problemen zu tun hätten.

Zweitens sehe ich Ihnen nach, dass Sie über andere reden, als hätten sie keine Ahnung von diesen Vorfäl

len. Wir haben bei uns im Landkreis Schweinfurt das Kernkraftwerk. Wir haben bei uns im Landkreis Schweinfurt ebenfalls Probleme und Herausforderungen, wo es da oder dort Demonstrationen gibt. Als Abgeordneter ist man über Sorgen und Nöte, aber auch über fröhliche Dinge in seinem Stimmkreis auf dem Laufenden und wird auch mit diesen Dingen konfrontiert, nicht nur der Herr Kollege Schindler.

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Die Aussprache ist damit geschlossen.

Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Kein Widerspruch. So beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 b auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FW) zur Änderung des Bayerischen Hochschulpersonalgesetzes (Drs. 16/7116) - Erste Lesung