Protocol of the Session on February 22, 2011

Damit komme ich zum nächsten Tagesordnungspunkt und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Antrag des Abgeordneten Markus Rinderspacher u. a. und Fraktion (SPD) Staatliches Glücksspielmonopol soll aufrecht erhalten werden (Drs. 16/5999)

Ich eröffne die Aussprache. Erster Redner ist Kollege Horst Arnold für die SPD-Fraktion zur Begründung. Bitte schön.

Herr Präsident, zu dieser späten Stunde ist es sehr angenehm zu wissen, dass die Lotto-Toto-Vertriebsgemeinschaft uns von diesem Hohen Haus im Mai 2011 zu einem Parlamentarischen Abend eingeladen hat. Zumindest dort wird gern gelesen werden, was hier zu diesem Thema verkündet wird.

Die SPD fordert einen starken Staat, wenn es um die Benachteiligten, Schwachen und Unterdrückten geht. Auch das Glücksspielmonopol hat damit etwas zu tun. Es soll den Schutz vor Spielsucht, Schutz vor Armut, vor Verzweiflung, Insolvenz, Jugendschutz und Opferschutz beinhalten. Untersuchungen aus dem Jahr 2008 haben ergeben, dass pathologische Spiel

sucht bis zu 200.000 Fällen bei uns vorhanden ist und ein problematisches Spielverhalten in bis zu 350.000 Fällen besteht. Bayernweit sind das insgesamt 99.000 problematische Fälle. Es ist gut, dass der Freistaat Bayern die Landesstelle gegen Glücksspielsucht eingerichtet hat, und zwar mit einem Volumen von acht Millionen Euro. Die staatliche Glücksspielinstitution hat in diesem Zusammenhang dazu beigetragen, das Ganze zu untermauern. Insgesamt sind im Jahr 2008 allein 2,9 Millionen Euro wieder zurückgeflossen. Das Urteil des EuGH lässt es durchaus zu, das staatliche Glücksspielmonopol als grundsätzlich legitimes Ziel des Verbraucherschutzes und zur Vermeidung von Anreizen für ein übermäßiges Spielverhalten aufrechtzuerhalten.

Spiellust in kontrollierten Bahnen ist das Stichwort. Insbesondere meint der EuGH, die gesellschaftspolitische Grundsatzentscheidung zur Frage, ob es nur zur Erreichung von Gemeinwohlzielen besser ist, statt eines Staatsmonopols private Wirtschaftsteilnehmer mit erforderlichen Auflagen zuzulassen, liege jedoch vorbehaltlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit allein im Ermessen der Mitgliedstaaten. Deswegen sind wir dafür, dass das zentrale Verbot von unerlaubtem Glücksspiel auch im Internet aufrechterhalten wird. Wir setzen uns für staatliche Wett- und Lotteriemonopole ein, insbesondere beim Freistaat Bayern.

Nun wird möglicherweise in diesem Hause vonseiten der FDP die Meinung vertreten, das mache ein Mehr an Bürokratie erforderlich. Der EuGH erlegt uns auf, auch die Kontrollen im gewerblichen Bereich zu erhöhen. Das macht auch notwendig, staatliche Werbung zu reduzieren. Es handelt sich bei diesem Glücksspielmonopol um ein ordnungsrechtliches Instrument und ein Instrument des Sicherheitsrechts. Wer hier weniger an Bürokratie will, der will auch weniger an Sicherheit und das kann ich Ihnen - bei aller möglichen politischen Kampfsituation - nicht abnehmen.

Wir sprechen aber auch von 4.000 Annahmestellen mit circa 15.000 Mitarbeitern - Mittelstand und Angestellten -, deren Existenz von einer Aufrechterhaltung des Monopols abhängt. Ich erspare mir aufzuzählen, was an Gewinn erreicht worden ist. Die Staatliche Lotterieverwaltung hat allein im Jahr 2008 eine Milliarde erwirtschaftet. Dies ist jedoch von einem Rückgang begleitet, weil ein Großteil illegaler Glücksspiele vonseiten des Auslands im Internet angeboten wird. Damit wird ganz klar Schindluder getrieben. Wenn Sie sagen, Herr Runge, durch Änderungen irgendwelcher IT-Adressen wäre das nicht zu kontrollieren, dann ist das eine glatte Kapitulation des Staates und das können wir in dem Zusammenhang nicht zulassen. Das geht weder beim Glücksspielmonopol noch woanders.

(Beifall bei der SPD)

Die Erhaltung des Glücksspielmonopols ist notwendig, um Süchtigen und Kranken zu helfen - das kann der Staat durch Programme leisten -, Gewerbetreibenden und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Angestellten Sicherheit in Bezug auf ihr Auskommen zu verschaffen sowie dem Staatshaushalt entsprechende Mittel zuzuführen. Letzteres gilt vor allem im Hinblick auf Sportförderung und Kulturförderung. Bei der Glücksspirale geht es auch direkt in den Naturschutzfonds. Insofern muss dieses Instrument erhalten bleiben. Andere Alternativen zeigen sich bei unserer Gesinnungslage nicht.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. Das war eine Punktlandung hinsichtlich der Redezeit. Als nächster Rednerin darf ich der Kollegin Petra Guttenberger für die CSU-Fraktion das Wort geben.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Glücksspielstaatsverträge laufen am 31.12.2011 aus und eine Neuregelung setzt voraus, dass ein gemeinsamer, vom Konsens aller Länder getragener Staatsvertrag unterzeichnet wird. Bei Neuabschluss ist natürlich auch die Entscheidung des EuGH zu beachten, die grundsätzlich ein Monopol für möglich hält, die aber auch ganz klar sagt, dass bei uns dem Thema Suchtprävention bislang nicht das besondere und ihm gebührende Augenmerk gewidmet wurde.

Kommen wir also zu dem Antrag, wonach das staatliche Glücksspielmonopol aufrechterhalten werden soll. Das wollen wir auch, soweit es rechtlich möglich ist. Nach unserer festen Überzeugung ist es bei der Lotterie möglich. Deshalb werden wir alles daransetzen, dass das Lotto-Monopol aufrechterhalten bleibt.

Problematisch ist es aber bei den Sportwetten. Hierbei zeigt sich ein enormer Schwarzmarkt mit steigenden Tendenzen. Die Verantwortlichen bei den Lottound Totoannahmestellen bestätigen, dass Lotto ein wichtiges Standbein ist, aber bei den Sportwetten die Zahlen stark rückläufig sind. Das staatliche Glücksspielmonopol wie bisher aufrechtzuerhalten wird wohl nicht generell gehen. Beim Lotto ist das der Fall. Wir dürfen aber nicht darüber hinwegsehen, dass bei den Sportwetten ein massiver Schwarzmarkt entstanden ist, der offensichtlich mit dem Monopol allein nicht zu bewältigen ist.

Der nächste Spiegelstrich beschäftigt sich damit, dass die gebotene wirksame Suchtprävention beim Glücksspiel sichergestellt wird. Wie sich bei den Sportwetten

zeigt, konnte das mit den jetzigen Instrumenten gerade nicht sichergestellt werden. Ich betone: Beim Lotto ist es sichergestellt und deshalb wollen wir unter allen Umständen das Lotto-Monopol erhalten. Dass man bei Neuregelungen die Entscheidung des EuGH miteinbezieht und nicht gegen europäische Rechtsvorschriften verstößt, braucht man nicht zu beschließen, weil sich das von selbst versteht. Genauso versteht es sich bei jedem Gesetz von selbst, dass man die Normenpyramide, insbesondere die Verfassung, einhält.

Beim letzten Spiegelstrich sehen Sie mich einigermaßen ratlos. Es heißt, die Einnahmen sollen auch in Zukunft für gemeinnützige Zwecke verwendet werden. Bisher fließen die Einnahmen in den allgemeinen Staatshaushalt. Das wäre auch in der Zukunft der Fall. Allerdings muss der Schwerpunkt nicht auf die Einnahmeerzielung, sondern auf die Suchtprävention gerichtet werden. Die Einnahmen, die dabei erzielt werden, sollen der Suchtprävention und den gemeinnützigen Organisationen zugute kommen.

Deshalb werden wir aus den genannten Gründen diesen Antrag nicht unterstützen können. Auf den Feldern, wo sich das Glücksspielmonopol bewährt hat, nämlich beim Lotto, müssen alle Kräfte gebündelt werden, um dieses Ziel weiterzuverfolgen. Sie dürfen aber nicht so tun, als würden wir nicht sehen, dass es sich bei den Sportwetten mit dem enormen Schwarzmarkt und aufgrund der Möglichkeiten des Internets nicht bewährt hat. Deshalb ist es nicht möglich, das Glücksspielmonopol so, wie es jetzt ist, aufrechtzuerhalten, weil es gegen die Rechtsprechung des EuGH keinen Bestand haben kann.

(Beifall bei der CSU)

Frau Kollegin, noch einen Moment bitte. Herr Kollege Arnold hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön.

Frau Kollegin, wie erklären Sie sich die Äußerungen des Ministerpräsidenten vor dem Hintergrund dieser Entscheidung, wonach wir aus fiskalischen Gründen auf diese Einnahmen nicht verzichten können? Ich kann mir nicht vorstellen, wie man sie sonst generieren könnte.

Frau Kollegin Sie haben das Wort zur Erwiderung.

Es geht vor allem darum, dass die Maßnahmen für die Suchtprävention finanziert werden müssen. Ihre Aussage ändert nichts daran, dass die Einnahmen nicht an gemeinnützige Organisationen, sondern in den allgemeinen Staats

haushalt fließen. Dort werden sie für gemeinnützige Organisationen zur Verfügung gestellt. Jemand, der in seiner Freizeit beschäftigt ist, ist weniger suchtanfällig als jemand, der beispielsweise keine Sportangebote wahrnehmen kann.

Eine weitere Zwischenbemerkung liegt mir nicht vor. Damit darf ich in der Rednerliste fortfahren. Ich bitte Herrn Markus Reichhart für die Freien Wähler an das Mikrofon.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der zu behandelnde Antrag der SPD wurde schon in den Ausschüssen beraten. Gleichwohl ist er seit Kurzem wieder aktuell. Darauf komme ich später zurück.

Zunächst möchte ich den Glücksspielmarkt beleuchten. Dieser hat sich in den letzten Jahren dramatisch verändert. Wir müssen uns mit der rasant ansteigenden Zahl von großen Spielhallen, dem Schwarzmarkt im Bereich der Sportwetten und dem gigantischen illegalen Glücksspiel im Internet auseinandersetzen. Meine Damen und Herren, als Gesetzgeber dürfen wir angesichts dieser Entwicklungen nicht länger beide Augen zudrücken. Zum einen sind wir der Meinung, dass wir im Sinne der Suchtprävention nicht auf das staatliche Lotteriemonopol verzichten, sondern dieses, wie von der EU-Gesetzgebung vorgegeben, ausbauen sollten.

Andererseits ist es allerhöchste Zeit, hinsichtlich der Sportwetten über eine maßvolle Liberalisierung nachzudenken. Die derzeitige Situation spielt den schwarzen Schafen und Kriminellen geradezu in die Hände. Nach unserer Auffassung ist es dringend notwendig, in den Sportwettenmarkt einzugreifen. Dieser sich explosionsartig ausbreitende Schwarzmarkt bedarf dringend einer Überprüfung und Regulierung. Das hohe Manipulations- und Betrugsrisiko muss unbedingt auch im Sinne der Suchtprävention gerade bei Jugendlichen reduziert werden. Aus unserer Sicht könnte zum Beispiel durch die begrenzte Vergabe von Konzessionen, durch Mindeststandards im Verbraucherschutz, versehen mit empfindlichen Strafen, bei Verstößen eine Kontrolle des Staates über diesen sensiblen Bereich gewährleistet werden.

An dieser Stelle möchte ich ausdrücklich auf die staatliche Lotterie verweisen. Dort gelingt, zumindest einigermaßen, der Spagat in dem sensiblen Spannungsbereich zwischen Glücksspiel und Suchtprävention. An dieser Struktur wollen wir nicht rütteln, weil es eine funktionierende mittelständische und kleinteilige Unternehmensstruktur sowie viele Arbeitsplätze gibt, die Lotto als wichtiges Standbein zum Überleben brauchen. Selbstverständlich gehört dort die ständige

staatliche Kontrolle, die permanente Überprüfung und, wenn möglich, die Reduzierung des Suchtpotentials dazu.

Ich möchte noch einmal kurz auf die Spielautomaten zurückkommen. Die Spielhallen stellen ein größeres Problem dar als die kleinstrukturierten Spielstätten, die sich in den kleinen Kneipen um die Ecke befinden. Diese haben anscheinend auch keine Lobby. Wir fordern und brauchen in diesem Teilbereich dringend ein Gesamtkonzept, das in dem neuen Glücksspielstaatsvertrag dringend zu regeln ist.

Meine Damen und Herren, Lobby ist das Stichwort für die Anmerkung, die ich schon angekündigt habe. Die Millionenbeträge an sogenannten Spenden, die ein Glücksspielunternehmer systematisch an viele Bundestagsabgeordnete und, wie man hören musste, auch an Landtagsabgeordnete gezahlt haben soll, sind für mich ein Skandal.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Es ist ein Skandal, wenn wir Suchtprävention vorleben wollen und gleichzeitig akzeptieren, dass Spenden an Politiker gezahlt werden. Für mich ist es nicht nachvollziehbar und unerklärlich, wie dabei objektive Entscheidungen getroffen werden können.

Meine Damen und Herren, wir sind der Meinung, dass das staatliche Glücksspielmonopol einer Neuregulierung und eines staatlichen Konzeptes bedarf. Die Möglichkeiten bestehen im neuen Glücksspielstaatsvertrag. Wir lehnen den Antrag ab, weil wir den Weg für eine maßvolle Privatisierung bei den Sportwetten unter staatlicher Kontrolle offenhalten wollen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Entschuldigen Sie, die Zwischenbemerkung wurde mir zu spät angezeigt. Herr Kollege Reichhart, könnten Sie bitte an das Mikrofon zurückkommen? Herr Arnold noch einmal, bitte.

Herr Kollege, ist Ihnen klar, dass das unerlaubte Glücksspiel nach § 284 des Strafgesetzbuchs "Unerlaubte Veranstaltung eines Glücksspiels" schon lange unter Strafe steht? Wenn Sie sagen, dass in den letzten Jahren das unerlaubte Glücksspiel überhand genommen habe, müssen Sie mir doch beipflichten, dass die staatliche Überwachung, Polizei und Staatsanwaltschaft, nicht ihre Funktionen im Sinne des Gesetzgebers erfüllt hat. Ansonsten müssten wir uns darüber nicht unterhalten.

Herr Kollege Arnold, da stimme ich Ihnen zu.

Das war eine sehr kurze Erwiderung. Nun darf ich Herrn Kollegen Dr. Runge an das Mikrofon bitten. Herr Fraktionsvorsitzender, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich muss Sie wie im Ausschuss mit ein paar Zeilen behelligen, die Sie sicher alle kennen. Sie charakterisieren diesen Antrag wunderbar:

Dunkel war es, der Mond schien helle, als ein Wagen blitzesschnelle langsam um die Ecke fuhr. Drinnen saßen stehend Leute, schweigend ins Gespräch vertieft.

(Unruhe)

Das ist der Antrag der SPD. Auf der einen Seite signalisieren Sie enorme Zuwendung an die Destinatäre, auf der anderen Seite sprechen Sie sich für die Beibehaltung des Monopols aus.

(Alexander König (CSU): Können Sie das noch einmal wiederholen, Herr Kollege?)

Das geht schlicht und ergreifend nicht zusammen. Herr Kollege Arnold, ein Monopol schafft die Scheinheiligkeit nicht ab, die wir bei den öffentlichen Lotterieanbietern antreffen. Eine Ausnahme von den Binnenmarktfreiheiten ist nur möglich in einem staatlichen Monopol, das die Spielleidenschaft wirklich zu kanalisiert sowie die Spielsucht bekämpft und begrenzt.

Tatsächlich ist es einem staatlichen Lotterieanbieter nur darum gegangen, möglichst viele Leute dazu zu bringen, möglichst viel Geld zu verzocken. Hierfür brauche ich gar nicht die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes heranzuziehen. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahre 2007 dokumentiert dies wunderbar: Immer mehr Produkte, immer mehr Werbung, immer höhere Gewinne, immer ein höherer Jackpot und so weiter. Das geht nicht zusammen. Wenn wir das Monopol fordern, müssen wir die Richtersprüche ernst nehmen. Dann wird die Zahl der Annahmestellen begrenzt. Das ist auch wichtig. Herr Kollege Weidenbusch, zu Ihnen mit Ihrer LottoTotto-Vertriebsgemeinschaft komme ich gleich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Selbst nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Jahr 2007 hat es nur Scheinheiligkeit gegeben. Jetzt haben Sie auf den schönen Laden der Lotto-Totto-Vertriebsgemeinschaft rekurriert. Das ist