Frau Staatsministerin, Sie haben das Stichwort Einzelzimmer genannt. Da darf ich in eigener Sache aus Sicht des Landtags darauf hinweisen, dass es in diesem Hohen Haus einen einstimmigen Beschluss bezüglich der Einzelzimmer gibt. Wenn die Gespräche mit den kommunalen Spitzenverbänden nicht entsprechend laufen, bitte ich, dass dann diesbezüglich auch Gespräche mit Vertretern des Hohen Hauses aufgenommen werden. Ich möchte daran erinnern, dass es einen entsprechenden Beschluss des Hohen Hauses gibt.
Für den Fall, dass noch Redebedarf besteht - dieser muss nicht ausgeschöpft werden -, darf ich den Fraktionen bekannt geben: Die Fraktionen hätten noch 3 Minuten und 34 Sekunden an Redezeit. Ich darf in der Rednerliste fortfahren. Für die CSU-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Unterländer das Wort.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass die entscheidende Aussage in diesem Zusam
menhang bei dieser Diskussion sein muss: Die betroffenen Menschen, die auf die Leistungen nach dem SGB XII angewiesen sind, dürfen weder durch eine solche Diskussion noch überhaupt de facto schlechter gestellt werden. Die Menschen müssen auch in Zukunft diesen erhöhten Sozialhilfesatz erhalten.
(Beifall bei der CSU - Markus Rinderspacher (SPD): Diese Aussage haben wir bei der Ministerin vermisst!)
Zweitens hat sich seit Beginn dieser Diskussion auch dahin gehend eine Veränderung ergeben, dass durch das Saarland über den Bundesrat interveniert worden ist und nunmehr dem Vernehmen nach erst Mitte Januar im Vermittlungsausschuss Verhandlungen stattfinden. Es ist also im Moment überhaupt noch nicht absehbar, ob die Regelung, auf die hingewiesen wurde, in dieser Form überhaupt in Kraft tritt.
Drittens. Wir müssen beachten, dass das Bundesverfassungsgericht Veränderungen der Struktur der Gutachten verlangt hat. Ich sage in aller Deutlichkeit: Wenn Kommunen für sich diese Option in Anspruch nehmen - bundesweit sind es nur vier bayerische Kommunen -, muss die Möglichkeit eröffnet werden, dass auch in Zukunft die erhöhten Regelsätze gezahlt werden. Diesbezüglich müssen wir an einem Strang ziehen.
Aus meiner Sicht bedeutet dies, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir den Weg, den der Landkreis München gegangen ist, als den richtigen und idealen ansehen müssen, nämlich dass zunächst die Kommune noch einmal entscheiden muss, dass sie bei dieser Regelung bleiben will. Die Landeshauptstadt München hat das getan. Die Kommune muss dann die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe EVS - selbst in Auftrag geben.
Wir haben gehört, dass Frau Staatsministerin Haderthauer dann von sich aus die entsprechenden Konsequenzen ziehen wird. Ich nehme an, dass meine Interpretation richtig ist. Damit ist das Problem lösbar. Wie notwendig es ist, das Problem so zu lösen, möchte ich im Zusammenhang mit der Anzahl der Betroffenen ansprechen. In der Landeshauptstadt München sind insgesamt 16.000 Menschen betroffen. Davon sind 10.000 Menschen über 65 Jahre alt, und 6.000 Menschen haben eine Behinderung. Darunter sind ferner 200 Kinder, die diese Leistungen in Anspruch nehmen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten uns bei rechtlichen Änderungen und der finanziellen
Situation, in der sich die Ballungsräume befinden, wie der Bayerische Landessozialbericht zum Ausdruck gebracht hat, gründlich überlegen, was wir tun. Unser Tun muss von Sensibilität geprägt sein. Deswegen bin ich der Meinung, dass wir diesen Weg gehen müssen. Bis die Klärung erfolgt ist, soll als Übergang die freiwillige Leistung eintreten. Die Landeshauptstadt München hat gestern einstimmig beschlossen, dies zu akzeptieren und eine EVS zu machen. Der Landkreis München hat das besprochen. Danach kommt die landesweite Verordnung.
Ich hoffe, dass damit den Menschen gedient ist, die Aufregung abebben kann und das Ganze als ein Sturm im Wasserglas in die Geschichte der bayerischen Landespolitik eingeht.
Herr Kollege Unterländer, verbleiben Sie bitte am Mikrofon. Frau Kollegin Schopper hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.
Sehr geschätzter Kollege Unterländer, sind Sie denn der Meinung, dass im Sozialministerium und insbesondere an der Spitze des Hauses die Sensibilität, die Sie eingefordert haben, vorhanden war und diese Schritte so vollzogen wurden, wie man sie von einer Sozialministerin erwartet, nämlich dass man zuerst prüft, welche Konsequenzen ein solches Handeln nach sich zieht?
Ich halte es mit dem früheren Bundeskanzler Helmut Kohl. Er hat gesagt, entscheidend sei, was hinten rauskommt. Ich sage: Entscheidend ist, was am Ende des Tages herauskommt. Damit können wir leben.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Ausdruck "Sturm im Wasserglas" wurde gerade verwendet. Ich möchte ein anderes Sprichwort bemühen: "Wer A sagt, muss auch B sagen." Sie implizieren mit Ihrem Antrag, die Ministerin hätte B sagen müssen, obwohl noch niemand A gesagt hat. Darüber reden wir gerade.
In Berlin läuft das Verfahren, und wir wissen nicht genau, was auf uns zu kommt. Wir haben Beschlussvorlagen und Ankündigungen, was nicht kommen wird. Der Effekt wird sein, dass auch dann, wenn man sich trotz eventueller Sondersitzungen des Bundestages und des Bundesrates in diesem Jahr nicht einig wird, die Regelung zum 01.01.2011 nicht wirksam wird. Sollten die GRÜNEN im Saarland die Regelung blockieren, würde das bedeuten, dass nicht einmal die bereits beschlossenen fünf Euro bei den Leuten ankommen. Das wäre die Konsequenz des Verzögerns und Nachverhandelns.
Die Koalition in Berlin hat zunächst das Kindergeld erhöht und im Nachgang das Bildungspaket für die Bedürftigen angepasst. Insbesondere die Mittel für die Kosten der Unterkunft sind regional aufgeteilt. Ich will den innerbayerischen Vergleich nicht bemühen. Zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Bayern gibt es einen großen Unterschied. Da wird über die Kosten der Unterkunft regionalisiert. Nun geht es um den Geldbezug. Aus Sicht des Bundes und auch aus der Sicht Bayerns kann man ihn ebenfalls regional regeln. Wenn aber eine Kommune über die EVS nachweist, dass lokal nachgesteuert werden muss, weil die Lebenshaltungskosten noch höher sind als anderswo, sollten wir dem nicht im Wege stehen. Die Ministerin wird dem nicht im Wege stehen. Wenn eine Kommune in Bayern A sagt und die EVS bestätigt, dass A gesagt worden ist, kommt der zweite Schritt, den Weg per Landesverordnung freizumachen und das B auf den Weg zu bringen. So sieht die Festlegung aus. Die Äußerungen und die Debatte haben gezeigt, dass wir mehr Konsens haben, als die Opposition darstellen wollte.
Die kommunale Selbstverwaltung ist gefordert, das Notwendige für ihre Bürger zu tun. An einigen Stellen in Bayern ist mehr nötig als an anderen. Die FDP wird sich einer entsprechenden Landesverordnung nicht in den Weg stellen, sondern wir werden daran mitwirken, dass sie schnellstmöglich im Sinne der Betroffenen auf den Weg gebracht werden kann.
Herr Kollege Rohde, kommen Sie bitte noch einmal an das Redepult. Frau Kollegin Tausendfreund hat eine Zwischenbemerkung.
Herr Kollege Rohde, ist Ihnen bewusst, dass die Kommunen eigentlich keine Möglichkeit haben, mit dem Inkrafttreten der neuen Regelung auf Bundesebene, die sich etwas verzögern wird, zusätzlich freiwillige Leistungen zu zahlen? Ist Ihnen bewusst, dass die Konstruktion
über die Härtefallregelung eine Krücke ist, weil alle Verwaltungsleute sagen, dass die Zahlungen ab Januar nicht mehr in voller Höhe geleistet werden dürfen, wenn am 01.01.2011 die neue Regelung in Kraft tritt? Wenn Ihnen das bewusst ist, müssen wir hier im Landtag klarstellen, dass die Kommunen freiwillige Leistungen zahlen dürfen, auch wenn dies dem gesetzlichen Rahmen widerspricht. München zahlt 20 Euro, der Landkreis München sogar 21 Euro. Uns allen muss bewusst sein, dass die Härtefallklausel für die Übergangszeit erfüllt ist, bis die EVS vorgelegt werden kann, und herangezogen werden soll.
Doch. Frau Kollegin Tausendfreund, meine lieben Damen von den GRÜNEN! Die beiden Damen der GRÜNEN vom Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit wissen, dass ich mit ihnen manchmal ein Problem habe. Wir verstehen uns aber gut.
Wir haben zu erkennen gegeben, dass wir den politischen Willen haben, in dieser Richtung tätig zu werden. Stellt man auf dem Stand der heutigen Gesetzeslage der Verwaltung die Frage, ob man das Gewollte durchführen dürfe, bekommt man die Antwort, dass man dies nicht dürfe. Frau Staatsministerin Haderthauer hat erklärt, dass sie den Weg freimachen wird, wenn die Regelung auf den Weg gebracht ist. Danach wird die Verwaltung erklären, dass das jetzt ginge. So wird es sein.
Wir sind sehr nahe beieinander. Wir haben das Problem, dass wir in Berlin unter einem extremen Zeitdruck stehen und keine geltende Gesetzeslage haben. Das ist ein Problem, das sich auch auf Bayern auswirkt. Die Ministerin kann momentan gar keine Verordnung erlassen, da die Voraussetzung hierfür noch fehlt. Ich vermute, das Ergebnis der EVS wird leider nicht über Nacht auf ihrem Schreibtisch landen, sondern wird etwas dauern, sodass im Frühjahr noch genügend Zeit ist.
Für die Übergangszeit wird vielleicht lokal und regional ein wenig Kreativität gefordert sein. Dazu, was man alles auf den Weg bringen könnte, würde mir schon etwas einfallen; aber das können wir ja einmal bilateral klären.
(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) - Harald Güller (SPD): Vereinzelter Beifall eines Abgeordneten wird verzeichnet!)
Erstens. Herr Kollege, ich spreche niemandem soziale Verantwortung und soziales Engagement ab. Aber wenn jetzt vor Weihnachten so getan wird, als wäre es für die Leute sehr wichtig, 20 Euro zu bekommen oder nicht, ist es dann nicht scheinheilig, wenn die gleichen Parteien, SPD und GRÜNE, eine Milliardenausgabe im Bereich des SGB II in Berlin blockieren?
Ich finde, wenn es so wichtig ist, dass man den Menschen vor Weihnachten Rechtssicherheit gibt, dann hätten SPD und GRÜNE der Regelung sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat zustimmen sollen. Damit hätten die Menschen und besonders die Kinder in ganz Deutschland Klarheit vor Weihnachten.
Jetzt wird nur vom unsozialen und indiskutablen Verhalten von SPD und den GRÜNEN in Berlin abgelenkt.
Zweitens. Stimmen Sie meiner Meinung zu, dass die beteiligten Kommunen gar keine Leistungen erbringen könnten, auch wenn es die Verordnung des Sozialministeriums gäbe, weil die Grundlagen, die Gutachten, die EVS nicht vorhanden sind? Die Grundlage für die Auszahlung ist also nicht eine Verordnung des Landes, sondern dies sind die Gutachten, und diese sind von den jeweiligen kommunalen Gebietskörperschaften nach den Regeln des Verfassungsgerichts zu erstellen. Das hat man versäumt, und das ist des Pudels Kern.
Herr Kollege, ich stimme Ihnen natürlich zu, aber ich muss auch sagen, dass sowohl ich als auch meine Vorredner versucht haben herauszuarbeiten, dass es genauso ist. Aufgrund der vorweihnachtlichen Stimmung will ich in Richtung der Opposition hinzufügen: Auch in Berlin gibt es einige, die hart arbeiten und in den nächsten Tagen noch Sondersitzungen durchführen. Drücken wir ihnen die Daumen, dass sie zu einer
Einigung kommen, damit das für die Menschen in Deutschland und speziell in Bayern auf den Weg gebracht werden kann. Die Möglichkeiten sind noch vorhanden. Es werden Sondersitzungen von Bundestag und Bundesrat stattfinden. Davon gehe ich aus. Dann ist noch alles möglich, auch wenn es schwierig ist.