Protocol of the Session on September 29, 2010

Für die SPDFraktion hat sich Frau Kollegin Weikert gemeldet.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Ärgerliche an diesem ganzen Vorgang ist die Tatsache, dass man Ihnen auf der Ministerbank nichts mehr glauben kann.

(Beifall bei der SPD)

Da ich wenig Zeit habe, möchte ich die unterschiedlichen Zitate nicht wiederholen. Ärgerlich ist außerdem, dass Sie in Ihren Aussagen Dinge verschleiern und offensichtlich die vier Grundrechenarten nicht beherrschen. Ein besonderer Klient ist dabei Herr Kollege Taubeneder, der das Prozentrechnen anscheinend nicht ganz verstanden hat. Ich weiß nicht genau, wann das Prozentrechnen eingeführt wird. Ich vermute, in der Mittelstufe.

Herr Kollege Taubeneder, Sie haben in der letzten Plenarsitzung behauptet, durch die Drei-Säulen-Finanzierung der Altenpflegeschulen kämen die Schulen teilweise auf bis zu 150 %. Den Beweis für diese Behauptung sind Sie natürlich schuldig geblieben. Die gesetzlich vorgeschriebene Finanzierung des Staates für Berufsfachschulen liegt bei 79 %. Die genannten 200 Euro sind der Beitrag zu einer hundertprozentigen Finanzierung. Herr Kollege Taubeneder, als man sich im Jahr 2003 auf dieses Finanzierungsmodell geeinigt hat, wurde durch Berechnungen nach Vorlage von Betriebskostenabrechnungen der Altenpflegeschulen festgestellt, dass diese 200 Euro der Ersatz dafür seien, dass eine Finanzierung zu 100 % erfolgt. Eine hundertprozentige Finanzierung bedeutet, dass der Träger einer Schule seine Betriebskosten zu 100 % erstattet bekommt und nicht von seinen Schülern Schulgeld verlangen muss.

(Beifall bei der SPD)

Das ist die Formel. Mit etwas Prozentrechnen und einem bisschen Betriebswirtschaft kommt man zu diesem Schluss. Sie haben das zugesichert. Jetzt sprechen Sie auf einmal von einer hundertprozentigen Finanzierung, aber nur in Bezug auf das gesetzlich vorgeschriebene Niveau. Das sind 79 %. Deshalb sage ich noch einmal: Ihnen kann man nichts glauben. Ich füge hinzu, dass wir alle Berufsfachschulen für unterfinanziert halten; denn die genannten 79 % reichen nicht aus.

(Beifall bei der SPD)

Die Berufsfachschulen bieten eine hervorragende Möglichkeit, die Qualifizierung in unserem Land voranzubringen. Die Träger der Berufsfachschulen sind in der Regel die Kommunen, die diese 20 % tragen müssen. Wir kennen alle die Finanznot der Kommunen. Herr Staatsminister Dr. Spaenle, stellen Sie sich wenigstens hin und sagen Sie, dass Sie künftig von den Altenpflegeschülern Schulgeld verlangen. Dann wüssten die Bürger im Land wenigstens, was Sache ist.

Verschleiern Sie nicht mit Ihrem heutigen lächerlichen Antrag die Tatsachen, indem Sie behaupten, dass die Anmeldezahlen noch nicht bekannt seien. Können Sie das nicht bei Ihren Ministerien abfragen? Gibt es bei Ihnen keine Mitarbeiter, die eine schnelle Abfrage machen können? Mein Bürgerbüro kriegt so etwas in fünf Minuten heraus.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Weikert.

Ich weiß, meine Redezeit ist zu Ende.

Herr Staatsminister Dr. Spaenle, ich möchte an Sie eine letzte Frage stellen: Sie hatten versprochen, sich in der Sommerpause mit den Trägern zusammenzusetzen, um dieses Problem zu lösen. Konkrete Frage: Haben Sie das getan? Ein allerletzter Punkt: Fakt ist, dass die Altenpflegeschüler inzwischen Schulgeld zahlen. Die Träger übernehmen jedoch von diesen 100 Euro 50 %. 50 Euro müssen die Schüler bezahlen. Die Träger sagen, dass das Beisteuern von 50 Euro, das in diesem Jahr noch praktiziert wird, nächstes Jahr nicht mehr möglich sei. Herr Minister, sorgen Sie bitte für Klarheit oder sagen Sie klare Worte. Dann wissen wir wenigstens, woran wir sind.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Weikert, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Mir liegt noch der Wunsch nach einer Zwischenbemerkung von Herrn Kollegen Taubeneder vor.

Ich möchte nur deutlich machen, dass ich das Prozentrechnen beherrsche. Ich möchte Ihnen die Finanzierung am Beispiel einiger Schulen deutlich machen. Der Anteil von 79 % macht an der Altenpflegeschule Baldham 231.440 Euro aus. Bei einer hundertprozentigen Finanzierung würde sich der Betrag auf 292.500 Euro belaufen. Mit dem Schulgeldausgleich beläuft sich der Betrag auf 365.640 Euro. Das ergibt ein Plus von 25 %. Bei einer Kürzung um 100 Euro würde sich immer noch ein Plus von 2,06 % ergeben.

Das zweite Beispiel ist die Berufsfachschule für Altenpflege der AWO München. 79 % entsprechen hier 223.000 Euro, 100 % entsprechen 282.300 Euro. 79 % plus Schulgeldausgleich entsprechen 412.200 Euro. Das sind 46 %. Bei einer Kürzung des Schulgeldausgleichs um 100 Euro würden sich bei dieser Schule immer noch 112,5 % ergeben.

Das möchte ich sagen: Wenn wir von einer Finanzierung sprechen, meine ich, dass die Betriebskosten zu 100 % gesichert sind. Wir dürfen nicht von den Kosten sprechen, sondern müssen von den gesetzlich definierten Betriebskosten ausgehen. Um die geht es hier, um nichts anderes.

Frau Weikert, jetzt sind Sie dran. Jetzt dürfen Sie loslegen. Zwei Minuten.

Wenn Sie mir zugehört haben, wissen Sie, dass ich deutlich gemacht habe, dass uns die 80 %, die gesetzlich zugesichert werden,

zu wenig sind. Denn dann haben die Träger eine Belastung; diese sollte durch den Schulgeldersatz des Freistaates ausgeglichen werden. Wenn dieser Schulgeldersatz reduziert wird - dabei bleibe ich -, bleiben die Schulen auf Kosten sitzen; sie können sie eigentlich nur auf ihre Schüler umlegen. Das ist dann nicht gerade motivierend für diesen Bereich. Das ist hier aber schon ausreichend ausgeführt worden.

Im Übrigen, Herr Kollege Taubeneder, hätten Sie bzw. der Herr Kultusminister oder die Frau Sozialministerin die Möglichkeit gehabt, genau diese Rechenmodelle mit den Vertreterinnen und Vertretern der Altenpflegeschulen konkret durchzusprechen. Dieses Angebot der Pflegeschulen war vorhanden. Jetzt noch einmal die Frage: Haben Sie das gemacht oder nicht?

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Weikert. Für die Staatsregierung äußert sich Herr Staatsminister Dr. Spaenle.

Herr Präsident, Hohes Haus! Die Aufgaben, die die Berufsfachschulen für Altenpflege erfüllen, sind für unsere Gesellschaft von großer Bedeutung. Deswegen nehme ich in aller Klarheit und Deutlichkeit Stellung: Wir haben im Juli, also noch vor der Sommerpause, deutlich gemacht, dass wir aufgrund einer Besonderheit, die an den Berufsfachschulen für Altenpflege zahlenmäßig sehr deutlichen Niederschlag findet, nicht vor Anfang/Mitte Oktober in der Lage sind, konkrete, valide, belastbare Einschreibezahlen vorzulegen. Diese Besonderheit ist, dass eine sehr hohe Zahl von Bewerbern mit einem Anspruch über das Sozialgesetzbuch die Ausbildung an diesen Schulen aufnimmt. Das ist anders als an den anderen, an den meisten beruflichen Schulen. Das ist Information eins, die ich hier wiederhole.

Zweitens. Die Summe, die zur Verfügung steht, bleibt völlig ungeschmälert erhalten. Sie wurde bereits genannt. Diese bleibt entsprechend zur Abfinanzierung der drei Säulen der Finanzierung in vollem Umfang erhalten.

Drittens. An den Berufsfachschulen für Altenpflege haben wir eine besondere Situation, um im Sinne des Bündnisses, das im Frühjahr von Frau Kollegin Haderthauer mit den Partnern geschlossen wurde, eine entsprechende Finanzkulisse herzustellen. Das ist eine Besonderheit unter allen Berufsfachschulen: Zum einen ist da der Betriebskostenersatz in Höhe von 79 %. Zweitens haben wir den Schulgeldersatz in Höhe von momentan 75 Euro, und drittens haben wir den Schulgeldausgleich, der sich, fußend auf der unveränderten Gesamtsumme, entsprechend gestaltet.

Viertens geht es um die Planungssicherheit. Deswegen ist völlig klar - das sagt auch die Regierung -, dass diese Mindestsumme von 100 Euro ausbezahlt wird.

Das ist die Folge der harten Zahlen, die wir auf den Tisch legen werden, sobald sie uns vorliegen. Auch die besondere Situation haben wir kommuniziert und im Parlament wiederholt dargelegt. Das wird dann die endgültige Bewertung erlauben.

Im vergangenen Jahr hatten wir Gespräche mit den Trägern darüber, ob man nicht von dem Ersatz in Höhe von 79 % der Betriebskosten nach dem Schulfinanzierungsgesetz abgehen und mit einem höheren Prozentsatz einsteigen wolle. Dieser Weg wurde von den Trägern nach Beratungen nicht weiterverfolgt. Das ist die Wahrheit. Über die Höhe hätte man sich verständigen können; die konkreten Finanzierungsbeispiele hat Herr Kollege Taubeneder vorgetragen. Ich war auch den Sommer über im Gespräch mit einzelnen Trägern. Das heißt: Wir legen Ihnen wie vereinbart die entsprechenden Zahlen vor mit den ganz konkreten Konsequenzen, mit einem Entwicklungsbeitrag, der pro Kopf mindestens 100 Euro betragen wird. Wir haben vergleichbare Entwicklungen bei den Pro-Kopf-Zahlen; die Bezuschussung pro Kopf wurde bereits vor einigen Jahren von 250 auf 200 Euro abgesenkt.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Danke für den Hinweis!)

Die entsprechende Konsequenz, die mit der Entwicklung der Schülerzahlen zu tun hat, und den konkreten Endbetrag werden wir, wie Ihnen deutlich gemacht wurde, hier auf den Tisch legen. Insofern ist das, was heute hier stattfindet, nichts anderes als ein Ringen im politischen Schaufenster.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Frau Ackermann hat sich noch zu Wort gemeldet. - Bitte schön.

Zunächst möchte ich zu der immer wieder angesprochenen Überfinanzierung Stellung nehmen, Herr Kollege Taubeneder. Fakt ist, dass sich die Sockelfinanzierung lediglich auf den Anteil der Lehrpersonalkosten bezieht. Kosten für Honorarkräfte, Lehr-, Büromaterial, Porto, Telefon, Fortbildung, Werbung, Marketing, Räume, Inventar und Verwaltung sind nicht berücksichtigt. Eine Überfinanzierung findet also nicht statt. Auch die jetzige Sockelfinanzierung deckt nur 30 bis 40 % des Bedarfs der Schulen überhaupt. Stellen Sie also nicht immer

solche Behauptungen in den Raum; sie sind nicht wahr.

(Beifall bei den GRÜNEN)

So. Eigentlich wollte ich der Ministerin und dem Minister, die noch auf der Regierungsbank sitzen, sagen, worum es geht: Es geht darum, dass die Schüler kein Schulgeld bezahlen sollen. Egal, wie Sie es drehen und wenden, ob es eine hundertprozentige oder irgendeine andere Finanzierung ist: Sie wollen den Haushaltsansatz aufgrund steigender Schülerzahlen nicht anheben. Somit ist bei steigenden Schülerzahlen Schulgeld erforderlich. Das kann sich jedes kleine Kind ausrechnen; dieses Schulgeld wird auch schon erhoben. Es wird noch mehr Schulgeld erhoben werden, je nachdem, wie hoch die Schülerzahlen steigen. Und da machen Sie eine Imagekampagne? - Sparen Sie sich doch diese Imagekampagne einfach; dann gibt es nicht so viele Schüler, Sie brauchen kein Schulgeld zu erheben und Sie müssen nicht über Finanzierungslücken klagen. Wenn Sie ehrlich sind, sagen Sie hier: Wir sind an weiteren Schülern überhaupt nicht interessiert, weil wir unseren Haushaltsansatz nicht erweitern wollen. Insofern ist es besser, wenn sich nicht so viele anmelden. Das ist der Punkt. Das ist absolut konträr zu dem, was Bayern braucht. Wenn Sie sagen, dass Sie für Bayern arbeiten, sollten Sie Ihr Verhalten vielleicht einmal überdenken und den Haushaltsansatz ändern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank.

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Ich beginne mit den beiden Anträgen, über die nicht namentlich abgestimmt wird.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5795 - das ist der interfraktionelle Antrag von CSU und FDP - zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - CSU, FDP. - Gegenstimmen? - Grüne und SPD. Enthaltungen? - Freie Wähler. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5796 - das ist der Antrag der Fraktion der Freien Wähler - seine Zustimmung geben will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Freie Wähler, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und Frau Dr. Pauli. Vielen Dank. Gegenstimmen? - CSU, FDP. Enthaltungen? - Keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Nun kommt die namentliche Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/5782. Das ist der Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Wenn Sie einverstanden sind, nehmen wir uns dafür drei Minuten Zeit. Die Stimmabgabe ist eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 17.48 bis 17.51 Uhr)

Meine Damen, meine Herren! Die drei Minuten sind um. Ich schließe die Stimmabgabe. Die Stimmen werden ausgezählt.

Ich darf Sie bitten, noch einmal Platz zu nehmen. Ich habe noch ein paar Dinge bekannt zu geben. Ich bitte auch die Fraktion der Freien Wähler, die Plätze einzunehmen.

Meine Damen und Herren, die Dringlichkeitsanträge auf den Drucksachen 16/5783 bis 16/5789, 16/5797 und 16/5798 werden entsprechend der Ihnen vorliegenden Übersicht in die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Reinhold Perlak, Christa Naaß und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Städtebauförderung erhalten und Programm "Soziale Stadt" auf hohem Niveau fortführen", Drucksache 16/5793, bekannt: Mit Ja haben 70, mit Nein 90 Abgeordnete gestimmt. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)