Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mein Vorredner, Herr Dr. Wengert, hat den entscheidenden Satz gesagt: Es geht nicht nur um die Finanzierung. Herr Dr. Runge, Sie wollen doch - wie haben Sie das formuliert? - von hinten durch die Brust ins Auge treffen. Das ist Ihr Ziel und dazu nutzen Sie jede Gelegenheit. Was mir gefällt, und das sage ich, obwohl wir völlig anderer Auffassung sind, ist die Hartnäckigkeit, mit der Sie arbeiten und argumentieren.
Fakt ist, wir haben hier im Hause den Beschluss gefasst, das Projekt des Verkehrsknotens München durchzuführen, und dazu gehört auch die Zweite Stammstrecke. Sie fordern in Ihrem Antrag, die Bauarbeiten zur zweiten Münchner S-Bahn-Stammstrecke nicht durchzuführen, bevor nicht alle Planfeststellungsbeschlüsse vorliegen und die Finanzierung für alle drei Bereiche steht. Wenn man als Unternehmer tätig ist, ist eine solche Überlegung vernünftig. Ich habe aber gelernt: Bei der öffentlichen Hand ist das anders. Man muss Bedingungen schaffen, damit man zu Geld kommt.
Dazu gibt es genügend Beispiele, ich nenne die A 94. Sie wird seit 20 Jahren gebaut und über 6, 8, 10 und 15 Bauabschnitte in irgendeiner Form realisiert. Wenn wir also mit diesem Projekt nicht beginnen, dann kommen wir nie zu einem Anfang.
Herr Prof. Dr. Piazolo, Sie sind doch Münchner, trotzdem sagen Sie, Sie stimmen nicht zu. Wo ist die Alternative? - Sie haben sie in keiner Weise erwähnt.
Ich wiederhole, was Herr Dr. Bernhard gesagt hat: München wächst. Ich wiederhole: München wächst. München wächst bis zum Jahr 2030 wahrscheinlich
um 15 %. Wir müssen also Antworten geben, und wir müssen Baumaßnahmen durchführen, egal welche, um die Infrastruktur zu halten. Wir müssen Antworten geben auf die Fragen, die die Menschen haben. Das können wir aber nicht erst im Jahr 2020 oder 2025 tun. Wir müssen die zweite Stammstrecke deshalb auch dann beginnen, wenn die Planfeststellung noch nicht komplett abgeschlossen ist, wenn noch nicht alle Beschlüsse vorliegen und die Finanzierung noch nicht bis ins Detail sichergestellt ist. Das wissen wir.
Ich darf Sie auch daran erinnern, was Sie im Wirtschaftsausschuss zu diesem Thema sagten. Als es um den Erdinger Ringschluss ging, da haben Sie mir vorgeworfen, ich hätte die Redewendung "so bald wie möglich" gebraucht. Sie monierten, dieses "so bald wie möglich" würden Sie hören, seit Sie hier sind, und Sie befürchteten, "so bald wie möglich" würde 10 Jahre dauern. Etwa eine Viertelstunde später in der Ausschusssitzung haben Sie, Herr Dr. Runge, geäußert, Sie würden sich schon auf die Planfeststellung freuen, weil Sie dann die Bürgerinitiative in Haidhausen aktivieren würden, um gegen den dritten Bauabschnitt oder die zweite S-Bahn-Stammstrecke vorzugehen. Im Ergebnis heißt das nichts anderes als: Wir realisieren nichts, wir sind gegen alles, und wir haben keine Alternative.
Herr Kollege, bitte verbleiben Sie am Rednerpult, Herr Kollege Prof. Dr. Piazolo macht eine Zwischenbemerkung. Bitte schön.
Herr Dr. Kirschner, ich mache die Zwischenintervention nur, weil Sie mich dazu aufgefordert haben, denn das war eine Vorlage. Ich sage nur: Südring. Ich habe schon häufiger darauf hingewiesen: Es gibt diese Alternative. Wir brauchen keinen zweiten Stammstreckentunnel. Wir brauchen hingegen den Südring, denn der ist günstiger.
- Danke für diese Ovationen. Der Südring ist wesentlich günstiger und darüber hinaus sinnvoll. Das wissen auch Sie.
Herr Piazolo, ich kenne Ihren Vortrag aus Vorreden, doch heute haben Sie das nicht erwähnt. Wir haben hier im Hause den Beschluss gefasst, und den bestärkt auch die KostenNutzen-Analyse, dass der Südring wesentlich schlechter wäre. Ich weise noch einmal darauf hin, wer den Ausbau des Südrings empfohlen hat.
Herr Kollege Dr. Kirschner, gestatten Sie mir einige kleine Widersprüche. Zum Ersten: Wir brauchen keinerlei Bürgerinitiativen zu aktivieren, den Protest artikulieren diese Bürgerinitiativen schon selbst. Zweitens. Wir werden uns selbst vor die Unterlagen setzen, sie genau prüfen und anschließend unsere Bedenken zu Papier bringen, um sie anschließend beim Erörterungstermin vorzutragen und dann auf die Antworten der geschätzten Experten zu warten.
Wir wollten über die Alternativen nicht diskutieren. Es gibt weitaus bessere Lösungen, die nicht nur günstiger, sonder auch weitaus schneller zu realisieren wären.
Zu der Zeitschiene möchte ich noch sagen, dass eine Bauzeit von 10 Jahren noch harmlos untertrieben ist. Ich habe vorhin ein Projekt angesprochen, das sich seit 30 Jahren in der ersten Priorität befindet. Sie sagen, Sie sind für alles, für den Schwarzkopf-Tunnel in Unterfranken, für die Strecke Regensburg - Hof, Sie sind für Nürnberg und so weiter. Alles auf einmal geht aber nicht.
Noch ein letzter Gedanke. Ihr Vergleich mit dem Straßenbau war ganz famos, denn Sie müssen einmal überlegen: Ein Auto kann man ableiten, wenn die Straße zu Ende ist. Bei einer Bahnstrecke ist es mit dem Zug schon etwas schwieriger. Wenn die Bahnstrecke tief durch den Tunnel verläuft, dann sage ich: Viel Spaß beim Ableiten der Züge in die Isar.
Ich wiederhole: Sie haben im Wirtschaftsausschuss das Thema angeschnitten. Sie haben gesagt, Sie freuen sich, es zu verhindern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den Beschlüssen zum Bahnknoten München von Staatsregierung und Landtag wurden die Weichen für den leistungsfähigen Schienenver
Hinsichtlich des Dringlichkeitsantrags möchte ich mich ganz besonders bei Herrn Dr. Wengert bedanken. Er hat hier alle Ausführungen bestens gemacht.
Es steht mir nicht zu, mich über die Hartnäckigkeit und die Beharrlichkeit des Kollegen Dr. Runge an dieser Stelle zu äußern. Das ist an dieser Stelle schon deutlich und oft gemacht worden.
Herr Dr. Bernhard hat ausgeführt - Dr. Kirschner hat es bestätigt -, dass wir in Zukunft in München mit wachsenden Zahlen an S-Bahn-Fahrgästen rechnen müssen. Die Prognosen liegen vor und sind nicht bestritten.
Es gibt keine Alternative zu einer zweiten Stammstrecke. Das Hohe Haus hat sich dafür ausgesprochen. Wir werden dementsprechend darum werben, diesem Antrag nicht zuzustimmen.
Es wurde namentliche Abstimmung beantragt. Die Urnen werden bereitgestellt. Die Stimmkarten sind einzuwerfen. Es stehen fünf Minuten zur Verfügung.
Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/5200 Ablehnung des Dringlichkeitsantrags.
Die Stimmabgabe ist abgeschlossen. Das Abstimmungsergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekanntgegeben.
Antrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Franz Schindler, Horst Arnold u. a. und Fraktion (SPD)
Konsequenzen aus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) zur Sicherungsverwahrung: Verantwortungsvolle Wiedereingliederung sicherungsverwahrter Menschen (Drs. 16/4875)
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurden fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Ich darf als Erstem dem Kollegen Schindler das Wort erteilen.
Verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Zu später Stunde greifen wir als SPD-Fraktion ein Thema auf, das schwierig ist. Wir greifen es auf - wohl wissend, dass wir wegen einer flapsigen Äußerung des früheren SPD-Kanzlers und großen Rechtsphilosophen Gerhard Schröder mehr oder weniger im Glashaus sitzen. Dennoch greifen wir das Thema auf, weil wir meinen, es nicht totschweigen zu dürfen.
Es geht um die Lösung ganz schwieriger Fragen und um ganz schwierige Fälle, die durch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009, die im Mai bestätigt wurde, in den Raum gestellt wurden. Es geht aber auch um das Grundsatzproblem der Sicherungsverwahrung.
Die Sicherungsverwahrung wird nach der Systematik unseres Strafgesetzbuchs als Maßregel verstanden und kann nach der jetzigen Rechtslage neben einer Freiheitsstrafe, die zuerst verbüßt werden muss, bei Erwachsenen entweder im Urteil angeordnet, im Urteil vorbehalten oder nachträglich angeordnet werden, bei Heranwachsenden entweder vorbehalten oder nachträglich angeordnet werden und auch bei Jugendlichen nachträglich angeordnet werden.