auf die Konsequenzen im Fall von Defiziten? Die Staatsregierung und auch die Experten, mit denen wir uns gestern auseinandergesetzt haben, glauben, dass es um zwei übergeordnete Elemente geht. Das glaubt sowohl Professor Issing, einer der Väter des Euro im Direktorium der Europäischen Zentralbank, als auch der derzeitige Vizepräsident der Bundesbank in seiner Eigenschaft als langjähriger Generalverantwortlicher des IWF, der neue Chef der Landesbank. Alle weisen darauf hin, dass es um zwei übergeordnete Elemente geht, die in Einklang miteinander zu bringen sind.
Es ist die Frage, ob wir nationale Hoheitsrechte, nationale Budgetrechte, also die Königsrechte der Parlamente, aufgeben sollen. Das müssen wir nicht. Wir müssen es dann nicht, wenn wir auf unabhängige Effekte setzen und die Entscheidungen über Defizitverfahren und Sanktionen aus der Kommission herausnehmen, um sie zum Beispiel der unabhängigen Europäischen Zentralbank zu überlassen. Wir entzögen damit diese Entscheidungen dem politischen Kompromiss, gegebenenfalls auch dem faulen Kompromiss, wenn wir unabhängige und automatische Verfahren festlegten, genauso, wie wenn wir auf Transparenz setzten. Natürlich war es bezeichnend, dass der damalige deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder in der seinerzeitigen Debatte über transparente Defizitverfahren gesagt hat, er wolle von der Europäischen Kommission keinen blauen Brief. Er sprach sich auch dezidiert dagegen aus, dass die Verfahren und Zahlen, die in der Kommission vorbereitet wurden, im Falle des deutschen Defizitverfahrens überhaupt öffentlich gemacht wurden. Ich glaube, die Unabhängigkeit der Prüfung einerseits und die absolute Transparenz andererseits sind die zwei zentralen Größen, auf die wir jetzt zu setzen haben, wenn wir die Konsequenzen aus dem Fall Griechenland für den europäischen Stabilitätspakt herausarbeiten wollen.
Herr Rinderspacher, damit komme ich zu Ihrem Wortbeitrag. Dazu kann ich nur sagen, dass Sie die Zusammenarbeit mit Ihrem Vertreter im Haushaltsausschuss optimieren müssen. Lieber Herr Rinderspacher, es gibt keinen Grund für eine Regierungserklärung. Das habe ich dem Haushaltsausschuss und damit auch Ihrer Fraktion schriftlich dargelegt. Weil wir entgegen dem ausdrücklichen Rat der SPD über einen funktionierenden Staatshaushalt verfügen, können wir heute feststellen, dass die Steuerschätzung vom Mai 2010 Bayern keine Schwierigkeiten beschert hat, sondern dass sie die bayerische Haushaltspolitik unterstützt. Weil wir entgegen Ihrem ausdrücklichen Rat die Entscheidung über den
Staatshaushalt zum richtigen Zeitpunkt gefällt haben, nämlich im November des alten Jahres, weil wir damit den Nachtragshaushalt nicht nur auf der Grundlage der aktuellen Steuerschätzung beschlossen, sondern auch die absehbaren Folgen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes einbezogen haben, sind wir ein Bundesland, das seinen Nachtragshaushalt an keiner einzigen Stelle zu verändern hat. Ich kann festhalten: Der Nachtragshaushalt 2010, der hier im Landtag vor wenigen Wochen beschlossen wurde, ist gültig. Dieser Haushalt muss in Bayern nicht korrigiert werden, deshalb gibt es keinen Grund für eine Regierungserklärung.
(Beifall bei der CSU und der FDP - Markus Rin- derspacher (SPD): Herr Schmid, Sie dürfen hier aber nicht applaudieren!)
Das Abwarten auf die November-Steuerschätzung war also richtig. Lieber Herr Rinderspacher, genauso wie das Abwarten im Jahr 2009 richtig war für den Nachtragshaushalt 2010, genauso richtig ist das Abwarten der November-Steuerschätzung für unsere Ausgaben im laufenden Jahr. Wir sind besser beraten, den Doppelhaushalt 2011/2012 im November in Gang zu setzen, als jetzt Ihren Vorschlägen zu folgen.
Wir haben in der Vergangenheit gut daran getan, zum richtigen Zeitpunkt zu entscheiden, und das werden wir auch in Zukunft tun.
Herr Rinderspacher, Grundlage der Steuerschätzung ist die Frühjahrsprojektion der Bundesregierung. Angesichts dessen ist es doch eine gute Nachricht, wenn wir aufgrund der politischen Elemente und Entscheidungen, die Schwarz-Gelb in Berlin und in München in den ersten 100 Tagen der Bundesregierung in Gang gesetzt hat, nach einem Einbruch von 5 % im laufenden Jahr wieder 1,4 % reales Wachstum zu verzeichnen haben. Im Jahr 2011 werden wir sogar 1,6 % haben. Auf Drängen Bayerns ist es der Bundesregierung und dem Bundesrat unter der Führung Bayerns entgegen Ihrem ausdrücklichen Rat gelungen, die wirtschaftliche Krise schnell hinter uns zu lassen. Das ist unsere Antwort auf die größte Krise der Zeit: Wir setzten auf Wachstum und Beschäftigung.
Zum Nachtragshaushalt: Um den Fakten die Ehre zu geben, muss ich feststellen: Wir liegen im Plan. Die Regionalisierung der Länderergebnisse prognostiziert für Bayern gegenüber den Ansätzen im Nachtragshaushalt 2010 sogar ein leichtes Plus. Herr Rinder
spacher, das habe ich den Mitgliedern des Haushaltsausschusses am 11. Mai 2010, also am Tag der Kabinettssitzung mitgeteilt. Herr Halbleib hat offensichtlich vergessen, Ihnen das für Ihre heutige Rede mit auf den Weg zu geben. Wir können fast 750 Millionen Euro Mehreinnahmen im laufenden Haushaltsjahr 2010 verzeichnen. Das ist kein Grund für eine Regierungserklärung, das ist vielmehr Grund für ein Lob. Das hätte ich mir an dieser Stelle gewünscht, lieber Herr Rinderspacher.
(Beifall bei der CSU - Markus Rinderspacher (SPD): Warum spricht Herr Schmid dann von Verschuldung? - Gegenruf des Abgeordneten Georg Schmid (CSU): Sie haben nicht aufgepasst! - Gegenruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD): Das habe ich! - Gegenruf des Abgeordneten Georg Schmid (CSU): Sie waren nicht dabei!)
In der Zusammenstellung des regionalisierten Ergebnisses kann ich für Bayern festhalten, das Abwarten
Ich weiß, dass die Wahrheit manchmal wehtut, Herr Rinderspacher. In diesem Fall war Ihre Redevorbereitung nicht gut genug.
(Markus Rinderspacher (SPD): Ich kann mich auf Ihren Fraktionsvorsitzenden berufen! - Gegenruf des Abgeordneten Georg Schmid (CSU): Das schafft nicht einmal ihr, ein Löschblatt zwischen uns zu legen!)
Das Abwarten der November-Steuerschätzung und das Einrechnen des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes haben den Staatshaushalt 2010 auf eine solide Basis gestellt. Das passt nicht in Ihre Landschaft, es ist aber die schlichte und einfache Tatsache. Ihre Wortmeldungen sind in dieser Zeit alles andere als hilfreich. Ihre Ratschläge in der Vergangenheit waren immer nur darauf gerichtet, Unsicherheit ins Land zu tragen, wo wir Sicherheit gebraucht hätten. Am Ende haben Sie keine Grundlage dafür geschaffen, dass wir den Menschen hätten klare Signale geben können.
Weil der Konjunkturhaushalt 2010 uneingeschränkt vollzogen werden kann, können wir heute feststellen: Wir haben im September die Möglichkeit, mehr als 2.700 Lehrer einzustellen. Das bedeutet: keine Stelle weniger, als im Doppelhaushalt vorgesehen war.
Wir haben in Bayern die Möglichkeit, 6 Milliarden Euro in Infrastrukturinvestitionen zu lenken, in die Regionalförderung, in den Ausbau unserer bayerischen Verkehrsinfrastruktur, in mittelständische Unternehmen. Wir in Bayern haben unsere Hausaufgaben gemacht, wir können in der Krise agieren. Das, was wir zum Doppelhaushalt gesagt haben, wird eintreten.
In Bayern sind wir in der Lage, 6 Milliarden Euro an die kommunale Ebene zu geben, weil wir um die wesentliche Bedeutung der kommunalen Ebene wissen. Wir tragen im kommunalen Finanzausgleich auf höchstem Niveau dafür Sorge, dass kein einziges Projekt auf kommunaler Ebene zurückgenommen werden muss. Wir führen die Programme auf höchstem Niveau fort, egal, ob es sich um die Kinderbetreuung oder den Ausbau der Krankenhausförderung handelt, um Projekte zum Hochwasserschutz, zur Abwasserentsorgung oder zur Wasseraufbereitung. Der bayerische Staatshaushalt ist durch die Steuerschätzung in allen Punkten bestätigt worden. Das ist der Inhalt einer von Ihnen gewünschten Regierungserklärung.
An dieser Stelle, Herr Rinderspacher, um Ihnen das Nachlesen meines Schreibens vom 11. Mai 2010 einfacher zu machen, möchte ich auch festhalten, dass dieser Effekt ein Basiseffekt ist. Wir können feststellen: Unsere Wirtschaftspolitik hat in Berlin dazu geführt, dass wir in Deutschland wieder schneller Wachstum haben. Unsere Politik hinterlässt in der Steuerschätzung erhebliche Spuren, weil wir eine durchgängige Basisverbesserung in Höhe von einer halben Milliarde Euro zu verzeichnen haben. Das heißt, unsere aktive Wirtschaftspolitik, unsere auf die Zukunft Bayerns ausgerichtete Strukturpolitik, unser Setzen von Prioritäten bei Familien mit Kindern und bei Bildung und Innovation sind das richtige Instrument. Hätten Sie sich vorher damit auseinandergesetzt, müssten Sie sich jetzt diese Antwort nicht gefallen lassen.
Das Einzige, was am Ende Ihrer Wortmeldung übrig bleibt, ist, dass Sie zum Thema, wie wir auf diese Krise, auf die aktuelle Debatte im Euroraum reagieren müssen und wie wir die Fehler einer von Rot-Grün getragenen Bundesregierung möglichst schnell wieder
auswetzen können, nur Fehlanzeige zu vermelden haben. Das Einzige, was der SPD in Bayern einfällt, ist die klassische gebetsmühlenartige Wiederholung der Forderung nach Steuererhöhungen. Jetzt sind Sie wieder unterwegs und fordern die Vermögensteuer. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer glaubt, über die Vermögensteuer in Deutschland könnte man die Probleme lösen und eine Konsolidierung der Haushalte in Europa leisten, der ist schlicht und einfach auf dem Holzweg.
Ich wiederhole deshalb zum Schluss, was ich schon bei der Abschlussberatung des Nachtragshaushalts gesagt habe: Wir werden auch in Zukunft darauf achten, dass wir nicht Unsicherheit, sondern Sicherheit in das Land tragen. Wir werden auch in Zukunft darauf achten, dass die Bayerische Staatsregierung und die sie tragenden Fraktionen im Bayerischen Landtag als Vertrauensgaranten Gewehr bei Fuß stehen. Wir werden mit verlässlicher Politik den Menschen in Bayern, den Unternehmerinnen und Unternehmern in Bayern die Hilfestellungen geben, die diese in einer wirtschaftlich zugespitzten Zeit brauchen. Wir werden deshalb zur Mitte des Jahres die Eckpunkte überlegen, wir werden über eine Philosophie nachdenken, wie wir weiterhin unseren Beitrag dazu leisten können, dass unser Land aus der Krise herauskommt. Wir werden die Steuerschätzung im November und die laufende wirtschaftliche Entwicklung dieses Jahres abwarten. Damit werden wir eine gute, eine belastbare Grundlage für einen erfolgreichen Doppelhaushalt 2011/2012 legen.
Meine Damen und Herren, Tagesordnungspunkt 1, Aktuelle Stunde, entfällt, nachdem die FDP-Fraktion, die vorschlagsberechtigt ist, darauf verzichtet hat. Tagesordnungspunkt 2 a, die Erste Lesung zum interfraktionellen Gesetzentwurf zur Änderung des Parlamentsinformationsgesetzes auf Drucksache 16/4718, wird im Einvernehmen mit den Fraktionen von der heutigen Tagesordnung abgesetzt. Der Gesetzentwurf soll erst in der nächsten Plenarsitzung am 10. Juni 2010 in Erster Lesung behandelt werden.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Drs. 16/3827)
Änderungsantrag der Abgeordneten Thomas Hacker, Renate Will, Dr. Andreas Fischer u. a. und Fraktion (FDP), Georg Eisenreich u. a. (CSU) (Drs. 16/4713)
Änderungsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) (Drs. 16/4834)
Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von 10 Minuten pro Fraktion vereinbart. Mir wurde gesagt, als Erster spricht Herr Staatsminister Spaenle. Ist das richtig? - Herr Staatsminister, bitte schön.
(Harald Güller (SPD): Das ist ungewöhnlich! Normalerweise spricht als Erster ein Vertreter des Parlaments!)
Mich würde schon einmal interessieren, in welcher Reihenfolge die Rednerliste gilt. Mir wurde gesagt, zunächst der Herr Staatsminister.