Protocol of the Session on March 23, 2010

Was ich gesagt habe, gilt auch für die beschönigenden Statistiken, mit denen die Staatsregierung rechtfertigen wollte, den Finanzausgleich zulasten der Kommunen um 53 Millionen Euro zu kürzen. Herr Klein, es ist schlicht und einfach völlig unseriös, sich auf Statistiken zu berufen, die im Jahr 2008 enden, wenn man die Wirklichkeit der Jahre 2009/10 kennt. Ich hätte schon erwartet, dass Sie da etwas weiterdenken.

Statt einer Unterstützung bei extrem steigenden Jugendhilfekosten, Sozialhilfekosten, Wohngeldkosten und Kosten für die Eingliederungshilfe erhalten die Kommunen keine Kompensation und keine Unterstützung, sondern erstmals eine Kürzung des Finanzausgleichs zulasten der dritten Ebene, zulasten der Handlungsfähigkeit der Kommunen und zulasten der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in Bayern.

Wenn Sie meinen, schöne zusätzliche Leistungen im Bereich der Bildung, der Kindertagesstätten usw. versprechen zu können, dann müssen Sie auch darauf achten, dass die Handlungsfähigkeit der Kommunen erhalten bleibt.

Meine Kolleginnen und Kollegen von der CSU und der FDP, Sie versuchen, von den Änderungen abzulenken, die sich in den Gemeinden, Städten und Landkreisen sowie Bezirken in Bayern abzeichnen und sich im kommenden Jahr weiter verschärfen werden.

Herr Seehofer, Sie haben versprochen, nichts gegen den Willen der Kommunen zu tun. Auch Bundeskanzlerin Merkel hat das versprochen. Doch was ist die Realität? Sie trugen auf Bundesebene das Wachstumsbeschleunigungsgesetz und eine Reihe weiterer Steuerrechtsänderungen zulasten der Kommunen mit. Das führt dazu, dass in diesem Jahr die bayerischen Kommunen 500 Millionen Euro weniger Einnahmen haben und im kommenden Jahr sogar eine Milliarde Euro weniger Einnahmen haben werden. Diese eine Milliarde fehlt auch in den folgenden Jahren, also 2012, 2013, 2014 usw.

Die Schulden, die der Freistaat heuer noch nicht macht, machen derzeit schon die Kommunen. Viele Haushalte werden mit erheblichen Schuldenaufnahmen ausgeglichen, die besorgniserregend hoch sind und von denen man befürchten muss, dass überhaupt keine Perspektive für den künftigen Ausgleich möglich ist.

Herr Winter, Sie haben versprochen, dass Herr Fahrenschon als Mitglied der Finanzkommission auf Bundesebene nichts gegen den Willen der Kommunen tun will. Aber dies bezweifeln mittlerweile auch CSU-Bürgermeister. Es ist durchaus zu befürchten, dass sich weitere Reformvorschläge ähnlich auswirken wie die bisherigen Schritte auf Bundesebene.

Es wird von Ihnen immer wieder ein Ersatz für die Gewerbesteuer versprochen. Er ist aber keineswegs in Sicht. Vielen Leuten wäre es wohler, wenn klar wäre, wie die Last gestemmt werden soll. Höhere Umsatzsteueranteile sind theoretisch möglich, würden aber dazu führen, dass der Umsatzsteuersatz deutlich erhöht werden müsste. Daher ist abzusehen, dass bei einer Abschaffung der Gewerbesteuer kein hinreichender Ausgleich erfolgen würde.

Die Kommunen hatten vor dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz gewarnt. Sie haben auch vor einer Kürzung des Bundesanteils an den Unterkunftskosten gewarnt. Das nutzte ihnen aber nichts. Mitten in der Krise lassen die Bundestagsabgeordneten von CDU/ CSU und FDP die Kommunen mit den steigenden Kosten der Arbeitslosigkeit allein und senken den Bundesanteil an den Unterkunftskosten für Langzeitarbeitslose auf nur noch 23 %. Im Jahr 2007 hatte dieser Anteil noch 31,8 % betragen. Das kostet die bayerischen Städte Millionen. Für Augsburg sind es beispielsweise fünf Millionen Euro.

Die Beschlüsse, die hierzu in der Krise gefasst werden, zeigen den Bürgermeistern, auf welche Hilfe sie bei der schwarz-gelben Bundespolitik bauen können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gab keine Kommune, die vor diesem Beschluss nicht gewarnt hätte. Die Bundestagsabgeordneten fassten den Beschluss trotzdem.

Es nützt den Kommunen wirklich nichts, wenn auch der Ministerpräsident mit Krokodilstränen und in tiefer Sorge um die Situation der Kommunen verspricht, sich kümmern zu wollen, und Frau Merkel den Kommunen Lösungen verspricht, aber trotzdem die Handlungsfähigkeit der Kommunen Schritt um Schritt ausgehöhlt wird.

Den Bürgerinnen und Bürgern Bayerns, die auf handlungsfähige Gemeinden angewiesen sind, helfen diese Versprechungen nichts. Besser wäre es, die Politik würde die Krise der Kommunen endlich nicht weiter verschärfen. Nach dem, was ich gehört habe, kann die Staatsregierung bisher noch nicht aufzeigen, wie sie in dieser Richtung ihr Handeln gestalten will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich darf bekannt geben, dass zum Haushaltsgesetz namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

Als Nächster hat Herr Staatsminister Fahrenschon das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich will mich zum Abschluss der Beratung des Nachtragshaushalts zuerst bedanken. Mein Dank gilt natürlich vor allem dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Herrn Abgeordneten Georg Winter, für die sachkundige, konstruktive und zügige Leitung der Beratung des Nachtragshaushalts.

(Beifall bei der CSU und FDP)

Mein Dank gilt selbstverständlich auch Ihnen, Herr Halbleib, in Ihrer Funktion als stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses, ebenso allen Mitgliedern des Haushaltsausschusses, den Mitgliedern des Sekretariats des Haushaltsausschusses, den Mitarbeitern der Fraktionen, den Mitarbeitern der Ressorts, natürlich auch den Mitarbeitern des Finanzministeriums. Dabei denke ich an dieser Stelle vor allem an die zuständige Abteilung I für die Vorlage eines guten, soliden und auf die Zukunft ausgerichteten Staatshaushalts für den Freistaat Bayern.

Wir haben konstruktiv gearbeitet und gleichzeitig die sachlichen Unterschiede in der Politik klar zutage gebracht.

CSU und FDP bauen auch in der Krise auf eine solide Haushaltspolitik. CSU und FDP setzen gerade in dieser Zeit klare Prioritäten. CSU und FDP investieren gezielt in Familien, Bildung und Infrastruktur, statt mit der rotgrünen Gießkanne übers Land zu ziehen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

CSU und FDP halten an ihrer gerechten und wachstumsorientierten Steuerpolitik fest. Anders gesagt: Für CSU und FDP steht der Mensch im Mittelpunkt der Politik, nicht der Staat.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir sind der festen Überzeugung - das können wir auch nachweisen -, dass unsere Politik der steuerlichen Entlastung ohne Alternative ist.

Schauen wir uns doch noch einmal die Entlastungen im Jahr 2010 im Gesamtumfang von bundesweit 24 Milliarden Euro im Einzelnen an. Da entfallen zum einen 6 Milliarden Euro, also ein Viertel des Gesamtumfangs, auf die Erhöhung des Grundfreibetrags und die Abflachung des Tarifverlaufs im Rahmen des Konjunkturpaketes II. Diese Stützung des Konsums und der Wirtschaft wurde von der Großen Koalition in Berlin beschlossen, und deshalb gilt die Frage an die Mitglieder der SPD-Fraktion, ob sie gut ein Jahr später diesen ihren eigenen Beschluss schon für falsch halten. Die Antwort muss sein: Nein, er war auch im Nachhinein richtig; denn heute liegen uns aktuelle Studien vor, die belegen: Die Ankurbelung des privaten Konsums hat die Konjunktur 2009 sechsmal stärker gestützt als die staatlichen Investitionsprogramme. Wir haben gemeinsam richtig entschieden, und deshalb waren die 6 Milliarden Euro Entlastung für die Steuerzahler eine richtige Entscheidung, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Der größte Teil der Entlastungen zum 1. Januar 2010, nämlich glatte 9,5 Milliarden Euro, entfallen auf die verbesserte Absetzbarkeit von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen. Sie hat das Bundesverfassungsgericht vorgegeben. Damit sind wir bei 8,5 Milliarden Euro, die schließlich auf das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der neuen christlich-liberalen Bundesregierung entfallen, und dabei muss man festhalten: Auch diese Maßnahmen waren in ihrer Gänze alternativlos.

(Beifall bei der CSU und Abgeordneten der FDP)

Denn: Wie könnten wir es verantworten, krisenverschärfende Regelungen im Unternehmensteuerrecht zu belassen? Gerade in dieser Zeit der größten Wirtschaftskrise, die die Welt je gesehen hat, geht es doch darum, dass ein Steuerrecht, das die Unternehmensfinanzierung bei schlechter Ertragslage erschwert, das Sanierungen behindert, das gegenüber betriebswirtschaftlich sinnvollen Umstrukturierungsmaßnahmen Hürden aufbaut, geändert werden muss. Wir sind zufrieden damit, dass das die neue Bundesregierung in den ersten hundert Tagen in die Hand genommen und umgesetzt hat, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wer hier untätig geblieben wäre, der hätte sich mitschuldig gemacht, dass eine gefährliche Abwärtsdynamik weiter entsteht. Unser politischer Ansatz geht genau in die andere Richtung: Wir wollen Rahmenbedingungen für Wachstum und Beschäftigung schaffen, damit wir schnell die Krise hinter uns lassen.

Eine Differenzierung des Erbschaftsteuertarifs in den Klassen II und III, wie sie das alte Recht vorgesehen hat, ist schon allein aus gesellschaftlichen Gründen ein Fehler. Wie wollen Sie denn den Bürgerinnen und Bürgern im Land erklären, dass Geschwister, Neffen und Nichten mit den gleichen Steuersätzen belegt werden wie fremde Dritte? Lieber Herr Halbleib, derartige Regelungen besitzen das Potenzial, die Akzeptanz einer Steuer in der Bevölkerung nachhaltig zu beeinträchtigen, und deshalb waren auch diese Änderungen richtig, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Dann zu dem Kindergeld, zu den Kinderfreibeträgen, bei denen zu Recht mit 4,6 Milliarden Euro der Löwenanteil des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes liegt. Ich sehe darin mehr als nur eine konjunkturpolitische Maßnahme; sie ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer familienfreundlicheren Gesellschaft.

Im Übrigen: Entgegen dem Usus des ehemaligen Bundesfinanzministers trägt der Bund die Hauptlast der Änderung beim Kindergeld. Noch mit Herrn Steinbrück mussten wir vor den Vermittlungsausschuss ziehen, damit der Bund seiner Aufgabe nachkommt. Beim Kollegen Schäuble ist das anders: Wir haben mit der Besserstellung der Familien mit Kindern den richtigen Schwerpunkt auch im Steuerrecht am Anfang der christlich-liberalen Bundesregierung gesetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Kommen wir schließlich zu einer Feinheit, die wir uns gerade aus bayerischer Perspektive gerne noch einmal ansehen dürfen. Denn: Die Opposition ist zwar polemisch, aber ohne jegliche Sachkunde mit dem Thema Besteuerung des Hotel- und Gastgewerbes im Umsatzsteuerrecht umgegangen.

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Denn es ist gerade für Bayern, das Tourismusland Nummer eins in der Bundesrepublik Deutschland, zwingend, dass wir die Ungerechtigkeiten bei der Besteuerung des Hotel- und Gastgewerbes im Umsatzsteuerrecht beseitigen.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))

Es war eine zentrale Aufgabe der bayerischen Politik, das auch am Ende des alten Jahres durchzusetzen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Gerade für das Tourismusland Bayern ist die Neutralität im europäischen Wettbewerb der Steuersysteme von entscheidender Bedeutung. Die gute Nachricht: Unsere Änderung zeigt auch Wirkung. Wir können es doch tagtäglich lesen. In den Medien wird von der Verbesserung im Service, in der Ausstattung und auch von günstigeren Angeboten berichtet. Von dieser Maßnahme entfallen auf den Freistaat Bayern 55 Millionen Euro Steuermindereinnahmen; auf die bayerischen Kommunen entfallen gerade einmal 3 Millionen Euro. Ich stelle fest: Das ist eine hervorragende Investition in die Tourismuslandschaft, in die Tourismusstruktur im Freistaat Bayern und für den Wirtschaftsstandort Bayern.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Gerade am Beginn einer neuen Tourismus-Saison, wo Marktanteile weltweit neu vergeben werden, haben wir die Touristiker in Bayern in eine gute, in eine bessere Ausgangslage positioniert.

Und das Konzept der SPD? - Das Konzept der SPD lautet entweder: Haltet den Dieb!, bezogen auf die Steuersenkungen, die sie selber mitbeschlossen hat, oder aber: Bayerische Interessen interessieren uns nicht! - Beides ist falsch, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die haltlose Kritik an unserer alternativlosen Steuerpolitik ist nicht die einzige Fehleinschätzung der Opposition. Denn wie werden wir momentan kritisiert? Wir werden in Bezug auf einen ausgeglichenen Staatshaushalt kritisiert - erstens -,

(Christa Naaß (SPD): Er ist doch nicht ausgeglichen!)