Es ist nicht nur eine tagespolitische Aufgabe, meine sehr geehrten Damen und Herren, sondern es ist eine Aufgabe, die viel weiter reicht. Da ist es notwendig, auch die Seite des Forderns gegenüber den Migranten zu beachten und einzufordern. Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kol leginnen und Kollegen! Integration - das ist, glaube ich, allen in diesem Haus bekannt - ist ein ganz wichtiges Thema. Es hat mich gefreut, dass die Anerkennung der Arbeit des Integrationsbeauftragten in allen Wortmel dungen zutage trat.
Frau Zacharias, Sie haben gesagt, dass Kinder und Ju gendliche mit Migrationshintergrund den Schulab schluss nicht entsprechend schaffen, sei kein Zeichen von ethnischer Blödheit, die es nicht gebe. Da gebe ich Ihnen völlig recht. Das Problem ist ein anderes, sowohl bei den türkischen als auch bei den italienischen Kin dern. Ich habe das übrigens jeweils auf Bitten des Generalkonsulats bei den Nationalfeiertagen themati siert. Das Problem ist, dass italienische und türkische Eltern ihre Kinder, wenn sie Schulschwierigkeiten haben, sehr oft wieder ins Heimatland zu den Großel tern schicken, und wenn sie dann Sehnsucht nach ihren Kindern haben, dann holen sie sie wieder zurück.
Das ist das Problem, das wir haben. Deswegen haben wir die Probleme mit den Schulabschlüssen. Aber dann müssen wir das Kind auch beim Namen nennen, was ich übrigens bei den Nationalfeiertagen jeweils ge macht habe, weil ich es für richtig halte, dass man nicht letztlich mit scheinheiligen Argumenten diese Aktuelle Stunde bestreitet.
Noch etwas. Ich erinnere mich noch sehr gut daran: Als wir gesagt haben, dass jedes Kind Deutsch kann, ist verpflichtend für die Einschulung in Bayern, da haben Sie dem durchaus keinen Beifall gezollt. Dabei ist Be herrschung der deutschen Sprache die grundlegende Voraussetzung für einen Schulerfolg.
Aber die Opposition, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat damals gesagt, das sei eine Art Deutschtümelei.
Herr Kollege Dürr, darf ich Sie bitten, etwas ruhiger zu sein und der Kollegin die Möglichkeit zu geben, ihre Ausführungen zu Ende zu bringen.
Danke schön. Ich möchte, weil es für mich wichtig war, einen Blick auf die Ge sundheit der Kinder mit Migrationshintergrund werfen. Immerhin sind mehr als ein Viertel der Kinder und Ju gendlichen nach einer Untersuchung des Robert-KochInstitutes Kinder mit Migrationshintergrund. Das Leben dieser Kinder ist durchaus geprägt von dem schwieri gen Minderheitenstatus, den sie bei uns haben. Sie erfahren sich oft als Wanderer zwischen zwei unter schiedlichen kulturellen Welten,
und zwar auf eine sehr widersprüchliche Weise. Auf der einen Seite sind sie dadurch höheren gesundheitlichen Risiken ausgesetzt,
auf der anderen Seite werden bei diesen Kindern und Jugendlichen durchaus Gesundheitsressourcen er schlossen. Das ergibt, wenn man genau hinschaut, ganz interessante Ergebnisse. - Vielleicht können Sie jetzt einmal zuhören. Kinder mit Migrationshintergrund haben weniger chronische Krankheiten, sie leiden üb rigens auch seltener unter Asthma, Neurodermitis oder Heuschnupfen. Aber wir haben größere Probleme bei Übergewicht und Adipositas als bei deutschen Kindern. Für mich stellt noch ein großes Problem dar, dass die Suizidrate bei türkischen jungen Frauen zwischen 10 und 17 Jahren fast doppelt so hoch ist wie bei deut schen Mädchen im gleichen Alter. Man spürt hier, dass die Ursachenforschung noch nicht so weit ist, aber es gibt eine Kulturzerrissenheit dieser jungen Frauen.
Vom Grundsatz her sagt das Robert-Koch-Institut - jetzt muss ich auf die Zeit schauen -, sie seien depressiver veranlagt. Ich persönlich glaube dies nicht. Ich sage
das nur, weil Sie gefragt haben: Was machen Sie denn dagegen? - Das Robert-Koch-Institut hat eine Aufklä rungskampagne für türkische Frauen mit Depressionen mit auf den Weg gebracht. Ich persönlich halte das für etwas schwierig. Ich glaube, dass unterschiedliche Gründe Auslöser sind. Sie haben danach gefragt, was wir dagegen machen. Wir haben das Gesundheits- und Verbraucherschutzgesetz geändert und wir haben ver pflichtende Vorsorgeuntersuchungen in Bayern einge führt. Das ist ein ganz wichtiger Bereich, Frau Kollegin.
Im Bereich der gesundheitlichen Prävention ist es uns mit der Änderung des Artikels 14 des Gesundheits dienst- und Verbraucherschutzgesetzes - GDVG - in Bayern gelungen, Kinder flächendeckend zu erfassen, weil wir immer bestimmte Kontrollen auf den Weg ge bracht haben. Wir haben zum einen den Bezug des Landeserziehungsgeldes an die Vorsorgeuntersu chung gebunden, wir haben zum anderen die Anmel dung im Kindergarten an den Nachweis der Vorsorge untersuchung gebunden und wir haben gleichzeitig die Anmeldung zur Einschulung an den Nachweis der Vor sorgeuntersuchung gebunden. So ist es uns in Bayern gelungen, gerade wenn ich an das Landeserziehungs geld denke, in Bezug auf die wichtigen Vorsorgeunter suchungen 99 % aller Kinder, die in Bayern leben, zu erfassen. Deswegen war das, meine ich, eine hervor ragende Maßnahme, um auch gerade Kinder und Ju gendliche - in dem Fall Kinder und Kleinkinder - mit Migrationshintergrund zu einem besseren Gesund heitsschutz und Eltern zu einer besseren Gesundheits aufklärung zu führen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Her ren! Bayern hat bundesweit die beste Integrationsleis tung absolviert,
und zwar die Menschen in Bayern. Jeder fünfte Bürger bzw. jede fünfte Bürgerin in Bayern hat einen Migrati onshintergrund. Viele sind in unserer Gesellschaft Leis tungsträger geworden. Kinder, Jugendliche und Er wachsene, die in Deutschland leben, haben in Bayern im bundesweiten Vergleich die besten Chancen - von der Kinderbetreuung bis hin zum Arbeitsmarkt.
Als ich die Ausführungen der SPD- und der GRÜNENFraktion während der Debatte gehört hatte, habe ich mich gefragt, ob ich mich als gut integrierte Frau oder gut integrierter Mann in Bayern von diesen Ausführun
gen angesprochen fühlen würde. Ich glaube nicht. Denn da ist von Menschen mit Migrationshintergrund allein aus der Defizitsicht, allein aus der Problemsicht gesprochen worden. Die unglaublich tolle Leistung, die viele Menschen, die bei uns leben, erbracht haben, indem sie sich hervorragend integriert haben - das ist ein zweiseitiger Prozess -, ist überhaupt nicht erwähnt worden. Und warum ist Integration bei uns so gut ge lungen? - Vielleicht auch, weil wir von der CSU uns diesem Thema immer gestellt haben, vielleicht in an derer Weise, als es andere Parteien in Deutschland gemacht haben. Das kann aber eines der Erfolgsge heimnisse sein. So haben wir in Bayern im Sozialmi nisterium deutschlandweit die erste Fachabteilung Integration eingerichtet.
Kolleginnen und Kollegen, Integration ist Beziehungs arbeit. Wie eine Beziehung wird, hängt von dem ge danklichen Standort und von den Zielen ab, den eigenen und denen des Gegenübers. Hier hat sich in den letzten 40 Jahren viel geändert. Einige in Deutsch land werden erst jetzt von der Realität eingeholt und durch Parallelgesellschaften und "Schandemorde" aus ihren rot-grünen Multikulti-Träumen aufgeweckt.
Etliche derer, die zu uns kamen, wurden ebenfalls von der Realität eingeholt. Sie dachten nämlich, sie würden irgendwann einmal zurückkehren, und plötzlich waren 30 Jahre vergangen. Das müssen wir ansprechen.
Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund haben - das ist keine Aussage der CSU-Fraktion, son dern empirisch und wissenschaftlich erwiesen - bei uns den höchsten Kompetenzerwerb bundesweit.
Der größte Zuwachs bei der Gruppe, die höhere Bil dungsabschlüsse erwirbt, betrifft Jugendliche mit Mi grationshintergrund. In Bayern haben wir als Erste verpflichtende Sprachkurse eingeführt, damit eben genau das nicht passiert, was Sie herbeireden wollen, dass nämlich die Kinder mit Migrationshintergrund in der Schule nicht ordentlich deutsch sprechen können. In Bayern werden sie gar nicht eingeschult, wenn sie nicht ordentlich deutsch sprechen können; ordentliches Deutsch ist vielmehr die Voraussetzung dafür.
Liebe Frau Zacharias, ich fand es wunderbar, wie ne gativ Sie Menschen mit Migrationshintergrund darstel len - wunderbar deswegen, weil die Wahlergebnisse der SPD dann da bleiben werden, wo sie sind. Ich fand
es aber ein bisschen schade, dass Sie keine Konzepte und keine Antworten haben. Wir sehen, dass auch in den von Ihrer Partei regierten Bundesländern nicht Chancen für Migranten entstehen, sondern durch eine falsche Politik Chancen vernichtet werden.
Ich möchte auf die Maßnahmen, die wir in Bayern seit vielen Jahren zur Integration machen, nicht im Einzel nen eingehen. Sie sind von den Kolleginnen und Kol legen dargestellt worden. Es gibt sie nicht nur in der Kinderbetreuung, sondern auch im schulischen Be reich, vor allem aber im Bereich der Ausbildung. Denn immerhin haben wir Ausbildungsakquisiteure, die dafür werben, dass türkische Eltern es ihren Kindern gestat ten, einen Ausbildungsplatz anzunehmen - weil dort das Gefühl für den Wert der dualen Berufsbildung manchmal nicht vorhanden ist. Intensiver kann man, meine ich, Elternhäuser nicht begleiten.
Eines ist mir aber ganz wichtig: Bildung, Bildung. Bil dung 30 %, 70 % Elternhaus. Gegen geistige Wider stände kann Bildung nicht gelingen. Ein inneres JaSagen zu unserer Gesellschaft ist das Hauptschwungrad dafür, dass Integration gelingt.
Wenn eine Gesellschaft bejaht wird, möchte man in ihr leben. Wenn es aber kein inneres Ja gibt, und zwar auch bei denjenigen Menschen mit Migrationshinter grund - es reicht nicht, wenn nur wir das in uns tragen -, dann können wir noch so viele rote Teppiche ausle gen, Kolleginnen und Kollegen, dann ist das die Haupt integrationsbremse, Kolleginnen und Kollegen.