Protocol of the Session on November 26, 2009

Zur Umsetzung der Richtlinie sind im Landesrecht die Zuständigkeiten für die Wahrnehmung der Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners zu regeln. Aufgaben der sogenannten Einheitlichen Ansprechpartner ist die Vermittlerfunktion zwischen Dienstleistungsunternehmen und Fachbehörden; sie müssen also Informationen bereitstellen, Anträge entgegennehmen und weiterleiten. Das Bayerische Kabinett hat den Einheitlichen Ansprechpartner bereits in seiner Sitzung am 17. November 2009 abschließend beschlossen.

Die CSU-Fraktion legt Wert auf eine ortsnahe und kompetente Lösung. Unserer Meinung nach geht das nur, wenn die Kammern bzw. die Wirtschaft mit eingebunden werden; denn sie verfügen über die notwendige Sachkunde und Erfahrung bei der Unterstützung von Existenzgründern und Unternehmen.

Der Gesetzentwurf der Staatsregierung greift diese zentralen Anliegen der CSU-Fraktion auf: Kammern der gewerblichen und freien Berufe sollen demnach Einheitliche Ansprechpartner werden. In diesem Zusammenhang ist vor allem auf die Möglichkeit der Nutzung bereits vorhandener Infrastruktur für die Beratung von Unternehmen hinzuweisen.

Zusätzlich können auch Landkreise und kreisfreie Gemeinden in Zukunft die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners übernehmen, sofern sie bis zum 30. Juni 2010 eine entsprechende Erklärung abgeben. Sie werden dann zusätzlich zu den Kammern Einheitlicher Ansprechpartner in ihrem Gebiet. Der Unternehmer hat hier die Wahl. Für Anfragen, die weder einer Kammer noch der optierenden Kommune zuzuordnen sind, wird es eine Auffang-Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern geben.

Im Gegensatz zum Gesetzentwurf der Oppositionsfraktionen, den wir in Erster Lesung am 27. Oktober diskutiert haben und der eine ausschließliche Zuständigkeit der Landkreise und kreisfreien Gemeinden vorsieht, stellt der Vorschlag der Staatsregierung also eindeutig die bessere - weil differenziertere und praktikablere Lösung dar.

Für die Deckung der zusätzlichen Verwaltungskosten können die Kommunen und Kammern Gebühren in angemessener Höhe erheben. Da noch nicht abzusehen ist, ob bzw. in welchem Umfang die gebührenfinanzierten Leistungen in der Praxis in Anspruch genommen werden, soll zunächst eine zweijährige Erprobungszeit für das Gesetz gelten.

Kammern unterliegen der Rechtsaufsicht durch die jeweils zuständigen Staatsministerien. Im Falle der Kommunen ist die Rechts- und Fachaufsicht in den Kommunalgesetzen geregelt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Muthmann. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, sehr geehrter Herr Staatsminister, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich zum Verfahren einige Anmerkungen machen. Die Staatsregierung hat seit 2006 nicht nur die Gelegenheit, sondern auch

die Verpflichtung, hier europäisches Recht umzusetzen. Jetzt bekommen wir vier Wochen vor Torschluss, vor Ablauf der Umsetzungsfrist, diesen Gesetzentwurf mit der Bitte, die Verfahren zu Beratungsfristen abzukürzen. Wir machen das selbstverständlich gerne mit, weil wir uns dazu in der Lage sehen, aber genau genommen ist auch das schon ein Signal für eine fehlende Planungs- und Umsetzungsbereitschaft der Staatsregierung an dieser Stelle. Schon handwerklich ist das, was die Frist- und Terminplanung angeht, in der Tat nicht toll.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Wir haben die Aussprache zum gemeinsamen Gesetzentwurf noch in guter Erinnerung; das ist gerade einmal vier Wochen her. Am 27.10. haben die Kollegen Breitschwert und Kirschner unseren gemeinsamen Gesetzentwurf kommentiert. Kollege Kirschner hat dabei unter anderem Folgendes gesagt - ich zitiere ihn:

Ich gehe doch niemals zur Kommune. Wissen Sie, warum nicht? - Weil ich damit automatisch festgefahren bin. Ich habe keine Option mehr, ich habe nur eine einzige Information von einer Kommune.

Lieber Kollege Kirschner, sehr geehrte Kollegen der FDP, wenn das auch heute noch Ihre Auffassung ist, dann können Sie doch keine Regelung für richtig halten, welche die Kommunen in irgendeiner Konstellation zu einem Einheitlichen Ansprechpartner werden lässt. Ganz nebenbei zeigt diese Argumentation im Übrigen auch, dass Sie den Sinn der EU-Richtlinie nicht verinnerlicht haben. Es geht nicht nur um Ansiedlungsberatung; es geht um ein Verwaltungsverfahren aus einer Hand.

An dieser Stelle darf ich daran erinnern, dass Ministerpräsident Stoiber, als er im Jahr 2003 auf das Thema Verwaltungsvereinfachung und -straffung eingegangen ist, an dieser Stelle zu Recht gesagt hat: Solche Regelungen müssen vom Bürger aus konzipiert und gedacht sein, um das aus einer Hand zu machen. - Das war im Ansatz richtig. Damals war die Umsetzung falsch, und heute wiederholt sich diese Erfahrung.

Ich darf auch zitieren, was Kollege Breitschwert seinerzeit in der Aussprache vorgetragen hat. Ich weiß nicht, ob er heute wieder als Redner vorgesehen ist. Ich darf daran erinnern, was gesagt worden ist.

Es sollte jedenfalls am Ende keine Lösung stehen, die zwar eine originäre Zuständigkeit der Kammern vorsieht, schließlich aber einen entsprechenden Aufgabenzugriff den Landkreisen und den kreisfreien Städten vorbehält. Das würde nicht nur zu möglicherweise gänzlich undurchsichtigen Zustän

digkeitsstrukturen führen, sondern wäre auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten keine geglückte Lösung.

- Das aus den Reihen der CSU-Fraktion. Meine Damen und Herren, wenn Sie auch heute noch für richtig halten, was Sie vor vier Wochen gesagt haben - ich möchte eigentlich davon ausgehen dürfen, dass die Halbwertszeit solcher Äußerungen länger ist als ein Monat -, dann können Sie den Gesetzentwurf der Staatsregierung nicht goutieren und ihm auch nicht zustimmen.

Ich hätte es noch eher akzeptiert, wenn Sie einen Entwurf vorgelegt hätten, der die ausschließliche Zuständigkeit der Kammern als Ihren Alternativvorschlag präsentiert, um wenigstens wirklich zu einem einheitlichen Ansprechpartner zu kommen. Eine besonders radikale Lösung wäre es gewesen, für ganz Bayern überhaupt nur einen einzigen Ansprechpartner beispielsweise in der Verantwortung des Wirtschaftsministeriums vorzusehen. Das alles wäre jedenfalls besser gewesen als das, was wir jetzt erleben.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Sie geben den Kammern Zuständigkeiten, Sie wollen aber auch die Kommunen nicht verprellen. Herr Stöttner hat das als praktikablen und differenzierten Gesetzentwurf bezeichnet. Wir meinen, das ist Konfusion pur, das ist Populismus pur, aber keine Problemlösung.

Herr Kollege Perlak hat dankenswerterweise die Stellungnahmen und Bewertungen der kommunalen Spitzenverbände zitiert. Ich darf mir das deshalb an dieser Stelle ersparen. Alle denkbaren Lösungen sind besser als das, was wir heute zur Beratung vorliegen haben. Ich denke hier an eine Zuständigkeit ausschließlich der Kammern, eine einzige Zuständigkeit im Wirtschaftsministerium. Die allerbeste Lösung kennen Sie übrigens schon; denn diese haben wir hier schon vor vier Wochen diskutiert.

Herr Kollege, haben Sie die Uhr im Blick?

Ich habe die Uhr im Blick und darf deshalb zum Ende kommen.

Sie haben sich lange - eigentlich zu lange - Zeit genommen, um einen Entwurf vorzulegen, aber nicht immer wird das, was lange währt, auch gut. Dieser Fall ist ein Beispiel dafür, dass der Satz nicht immer gilt. Wir müssen diesen Antrag ablehnen. Sie werden uns verstehen, die Gründe sind vorgetragen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ich darf das Wort jetzt Herrn Kollegen Dr. Runge erteilen. Er steht schon bereit. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, aus den Beiträgen zweier meiner Vorredner ist unser Motto schon deutlich geworden: Jahrelang passiert nichts, und dann präsentieren Sie nichts als Murks. Sie präsentieren nichts als Murks, anders kann man das nicht nennen.

Wir - das heißt Sie, die Staatsregierung und der Landtag - haben jetzt einen Monat Zeit zur Umsetzung. Drei Jahre waren Vorlauf, und das, was da geschehen ist, ist alles andere als berauschend, das kann man nur erbärmlich nennen. Zweieinhalb Jahre war überhaupt nichts geboten, dann gab es den ersten Entwurf vom Juli, der völlig untauglich war, das war nämlich das substitutive Optionsmodell. Das hätte bedeutet, die Kommunen können optieren, und dann schauen die Kammern in die Röhre, die zuvor die Infrastruktur bereitgehalten hätten und nicht gewusst hätten, was sie damit tun sollen. Die Kammern hätten nicht gewusst, wie weit optiert die jeweilige kreisfreie Stadt oder der jeweilige Landkreis. Ich habe mir erlaubt, in der letzten Auseinandersetzung zu dem Thema einige Zitate von den Kammern vorzutragen.

Die Angelegenheit ist auch deshalb so schwer verständlich, weil es bisher keinen Richtlinienvorschlag gegeben hat - wie wir schon ausgeführt haben -, mit dem sich der Landtag so intensiv auseinandergesetzt hat wie mit der Dienstleistungsrichtlinie. Es gab das Schlagwort "Bolkensteinhammer", für die vorübergehend grenzüberschreitend erbrachten Dienstleistungen das Herkunftslandprinzip. Es gab Anhörungen der Fraktionen. Es gab im März 2005 eine große Anhörung im Bayerischen Landtag, aber Sie haben es nicht geschafft, das Thema weiter voranzubringen.

Ich komme zum Gesetzentwurf der Staatsregierung, wie er jetzt vorliegt. Auf den Gesetzentwurf vom Juli bin ich bereits kurz eingegangen. Auch dieser Gesetzentwurf war Schmarrn - da haben Sie recht, wenn sie nicken, Herr Dr. Kirschner -, aber der jetzt vorliegende Gesetzentwurf ist fast noch ein größerer Schmarrn. Ich nenne die wichtigsten Sätze: Die Aufgabe wird den Kammern zugewiesen. Außerdem - das Wort "außerdem" steht wortwörtlich im Gesetzentwurf - können die Landkreise und kreisfreien Städte die Aufgaben des einheitlichen Ansprechpartners übernehmen. Dort, wo die Kommunen optieren, haben die Dienstleister das Wahlrecht, ob sie die Kommune oder die Kammer als Ansprechpartner wählen. - Das, meine Damen und Herren, ist wirklich äußerst einheitlich, übersichtlich und unbürokratisch. Schon wenn Sie die erste Seite Ihres Gesetzentwurfs lesen, sollten Sie merken, welchen

Schmarrn Sie da angezettelt haben oder gerade anzuzetteln im Begriff sind.

Noch einmal zu unserem Gesetzentwurf: Unser Gesetzentwurf sieht tatsächlich einen einheitlichen Ansprechpartner vor. Die Kammern sind mitnichten ausgeschlossen, weil auch die Kommunen wissen, wo die Kammern der bessere Ansprechpartner sind, so in der Standortinformation, in der Existenzgründerberatung, in der Außenwirtschaft und selbstverständlich auch in der dualen Ausbildung. Der originäre Ansprechpartner wären aber die Kommunen gewesen. Noch einmal: Es heißt eben einheitlicher Ansprechpartner und nicht viele Ansprechpartner und große Unüberschaubarkeit.

Die CSU scheint das Verfahren schon zu praktizieren; denn auch sie hat keinen einheitlichen Ansprechpartner, was das Thema betrifft. Der Redner vom letzten Mal, Herr Kollege Breitschwert, hat gemeint, die Kommunen seien dauernd auf der Suche nach Geldersatz. Auch das war hanebüchener Schmarrn, weil selbstverständlich auch die Kammern ein angemessenes Entgelt für ihre Leistungen verlangen werden, und so soll das auch geregelt werden. Auch dieses Argument war also wenig überzeugend.

Nachdem Herr Kollege Stöttner auf einmal auch noch auf die Aufsicht eingegangen ist - ich hätte gar nichts gesagt, das Thema hätten wir in den weiteren Debatten diskutieren können -, erlaube ich mir hierzu eine Anmerkung. Sie sind dem Lobbygetrommel der Kammern gefolgt. Das war nichts anderes. Wir haben alle den Schriftwechsel und kennen die unsägliche Veranstaltung in der Oberpfalz, auf der Ministerpräsident Seehofer wieder einmal alle Beteiligten überrascht hat. Herr Stöttner, die Aufsicht war im alten Gesetzentwurf vom 23.07.2009 geregelt. Da gab es einen Artikel 7 zur Aufsicht, den finden Sie jetzt -

(Zuruf von der SPD: Keine Ahnung!)

- Das stimmt, der hat wenig Ahnung, sagt der Kollege. Ganz so hart wie Sie wollte ich es nicht ausdrücken. Diesen Artikel finden Sie jetzt jedenfalls nicht mehr, aber ich zitiere den alten Artikel 7 und frage Sie: Wie wollen Sie jetzt damit umgehen? Da heißt es:

Das Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie führt die Fachaufsicht über die Landkreise und kreisfreien Städte, soweit sie die Aufgaben des einheitlichen Ansprechpartners wahrnehmen.

- Das war auch schon ein bisschen schwierig: auf der einen Seite das Innenministerium, auf der anderen Seite ein anderes Ministerium. Jetzt geht es weiter:

Es kann den in Artikel 2 genannten Kammern, soweit diese Aufgaben wahrnehmen, allgemeine Weisungen erteilen, um eine gleichmäßige Durchführung der Aufgaben zu sichern.

- Das ist auf Druck der Kammern weggefallen, aber die gleichmäßige Wahrnehmung der Aufgaben war explizit genannt. Wie wollen Sie diese jetzt mit Ihrem Modell praktizieren?

Frau Präsidentin, ein letzter Satz. Wenn wir jetzt in den Ausschüssen diskutieren, werden wir die beiden Gesetzentwürfe an ihrer Qualität messen. Wir hoffen, dass die Einsicht bei Ihnen in der CSU-Fraktion und auch bei der FDP so weit reicht, dass Sie von Ihrem völlig untauglichen Modell abrücken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auf der Rednerliste steht noch Herr Kollege Dr. Kirschner. Er steht schon am Pult. Bitte schön, Herr Kollege.

Werte Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Wir haben über das Thema schon diskutiert, und ich darf eingangs feststellen: Lieber Herr Kollege Muthmann, wir unterscheiden uns in wesentlichen Dingen. Man ist betroffen, wenn man ins Ausland geht und keinen einheitlichen Ansprechpartner hat. Ich bin Betroffener dadurch, dass ich Kunden habe, die ins Ausland gehen und keinen einheitlichen Ansprechpartner haben. Wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder wählen wir die radikale Lösung, die Sie vorgeschlagen haben, und nehmen eine IHK, das Wirtschaftsministerium oder was auch immer, am liebsten im ländlichen Raum.

(Alexander Muthmann (FW): Da unterscheiden wir uns nicht!)

Damit würde das Ganze zentral organisiert. Wir sprechen aber über Unternehmer, die nach Bayern kommen wollen. Diese Unternehmer müssen zunächst einmal wissen, wo unser einheitlicher Ansprechpartner sitzt.

Die zweite Möglichkeit wäre, dass die Kommunen einen einheitlichen Ansprechpartner benennen. Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, in diesem Fall hätten wir 97 Ansprechpartner in Bayern, vielleicht sogar noch mehr; denn die kreisfreien Städte und die Landkreise würden wahrscheinlich ebenfalls einen Ansprechpartner einrichten. Dann gäbe es in Bayern 100 Ansprechpartner.

Ich habe in Tschechien und Italien jeweils zwei Firmen gegründet und ich bin in Österreich unterwegs. Ich bin dort nicht auf die Kommunen zugegangen, weil ich dort kein Knowhow bekommen würde. Die wissen dort nicht einmal um die standesrechtlichen Voraussetzungen.