Protocol of the Session on November 26, 2009

Wir fordern die Bayerische Staatsregierung daher auf, in allen Bereichen, auf die sie Einfluss hat - also natürlich auch beim Bayerischen Rundfunk - für einen ausreichenden Arbeitnehmerdatenschutz zu sorgen, und zwar bei den Einstellungstests, den Auswahlverfahren, bei der Erfassung, der Auswertung, der Speicherung und beim Schutz der Arbeitnehmerdaten, beim Auskunftsrecht für Arbeitnehmer bezüglich der von ihnen gespeicherten Daten und natürlich auch bei der Einrichtung von Datenschutzbeauftragten. Wir haben kein Verständnis für die Erfassung von Blut- und Urinproben, weil sie zwar eine Vielzahl von höchst sensiblen Informationen über den betreffenden Menschen liefern, aber kaum Informationen, die das Arbeitsverhältnis betreffen. Wir brauchen eine vorbildliche Rolle des Frei

staats, und wir brauchen natürlich auch ein vernünftiges Arbeitnehmerdatenschutzgesetz. Wir hoffen, dass dem heute vorgelegten Dringlichkeitsantrag mehr Erfolg beschieden ist als beispielsweise dem Gesetzesantrag, den die grüne Bundestagsfraktion bereits im Mai 2008 eingebracht hat, der die Eckpunkte enthalten hat , die wir ihnen heute zur Abstimmung vorlegen.

Wir hoffen, dass die Datenschutzregelungen für Arbeitnehmer umgehend nachgebessert werden. Wir brauchen mehr Klarheit, damit die Arbeitnehmer und Arbeitgeber bald wieder wissen, was erlaubt ist und was nicht.

Dringend erforderlich ist auch, dass die Stellung des Datenschutzbeauftragten verbessert wird.

Frau Kollegin Guttenberger, Ihr Redebeitrag hat mich insofern etwas irritiert, als Sie Befürchtungen bei Forderungen in einzelnen Spiegelstrichen geäußert haben, da Ihnen nicht klar sei, wie genau diese Forderungen umgesetzt würden. Hier handelt es sich aber nicht um einen Gesetzentwurf, sondern um Eckpunkte für einen vernünftigen Arbeitnehmerdatenschutz. In diesen Eckpunkten werden Ziele definiert, und anschließend ist zu klären, wie diese tatsächlich erreicht werden können.

Wir brauchen einen großen Schritt nach vorne, nicht nur ein bisschen Vorwärtsbewegung. Uns wäre es sehr recht, wenn man tatsächlich ein neues, umfassendes Arbeitnehmerdatenschutzgesetz auf Bundesebene schaffen würde. Ich hoffe, dass diese Debatte heute im Bayerischen Landtag einen kleinen Anstoß dazu gibt. In diesem Sinne hoffe ich auf Zustimmung zu unserem Antrag. Sie sollten sich überlegen, ob Sie tatsächlich bei Ihrem Nein bleiben wollen; denn sonst entsteht doch der Eindruck, dass Ihnen am Arbeitnehmerdatenschutz nicht so viel gelegen ist, wie Sie es vorgeben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Kamm. Für die Fraktion der Freien Wähler erteile ich Herrn Kollegen Streibl das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Zum Arbeitnehmerdatenschutz haben fast alle Fraktionen einen Antrag gestellt. Wir befürworten den Arbeitnehmerdatenschutz selbstverständlich auch, das klingt gut, hört sich gut an und ist sehr wichtig. Wir Freien Wähler wollen uns allerdings nicht als "HallelujaSchlümpfe" der Bundesregierung gerieren und auch nichts mit mehr oder weniger Qualität nachschieben, sondern lediglich unsere Meinung dazu sagen.

Ziel in einem Unternehmen muss es sein, dass es sich letztlich um eine echte menschliche Gemeinschaft handelt, die von gegenseitigem Wohlwollen und gegenseitiger Achtung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber getragen wird. Leider ist es so, dass es viele Fälle von Datenmissbrauch auf Arbeitgeberseite gegeben hat und immer noch gibt. Man denke nur an Lidl, Telekom und die Deutsche Bahn. Vor diesem Hintergrund ist der Gesetzgeber gefordert, den Missstand zu beenden und einen Schutz für den Arbeitnehmer zu installieren. Denn wie es im Koalitionsvertrag in Berlin richtig heißt: Der Arbeitnehmerschutz ist ein Standortvorteil. - Das ist richtig, aber darauf beschränkt sich der Arbeitnehmerschutz nicht. Man darf die Angelegenheit nicht allein unter dem ökonomischen Gesichtspunkt sehen, sondern ein guter Arbeitnehmerschutz ist auch das Aushängeschild einer humanen und demokratischen Gesellschaft, in der der Arbeitnehmer nicht nur ein Befehlsempfänger und Untertan ist, sondern ein Mitbürger, der an der Wertschöpfung in der Gesellschaft teilnimmt und entsprechend zu achten und zu schützen ist.

Von daher begrüßen wir im Grunde alle Anträge, die heute vorliegen, aber wir müssen auch einige Kritik anbringen. Zum Antrag der SPD muss ich sagen, ich tue mir schwer mit der Forderung, dass in einem Betrieb ab fünf Arbeitnehmern ein Datenschutzbeauftragter bestellt werden muss. Der kleine Handwerksmeister kann sich damit schon schwer tun. Ich brauche mir nur vorzustellen, was die Leute mir draußen auf dem Land erzählen werden. Ich denke, da geht man an der Realität vorbei. Bei den kleinen Betrieben gibt es im Übrigen auch nicht die großen Vergehen, sondern die finden in den großen anonymen Betrieben statt. Da müssen wir hinschauen und die Arbeitnehmer schützen und nicht in den kleinen Betrieben.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vorhin ging es um den Bäckereibetrieb, aber es gibt auch andere kleine Handwerksbetriebe, wo man gegen die Arbeitgeber keinen Generalverdacht erheben muss.

Zum Antrag der CSU und der FDP muss man sagen, das ist schönste Koalitionsprosa auf den Niveau eines Groschenromans. Im Koalitionsvertrag in Berlin steht der gesamte Antrag drin. Super, aber dann werden Sie doch in Berlin tätig und nicht hier. Oder müssen wir in Bayern denen in Berlin sagen, was sie tun müssen? Die wissen es doch sowieso. In diesem Hause gibt es Parteien, die waren entweder schon in Berlin an der Regierung oder sie sind es jetzt, deswegen muss ich sagen: Dann machen Sie es doch dort droben! Warum sollen wir jetzt hier die ganze Zeit darüber reden und uns etwas aus den Fingern saugen? - Machen Sie es

halt! Warum sind Sie denn dort oben gewählt? - So muss man doch nicht miteinander umgehen.

Wenn wir schon bei der Literatur sind, dann muss ich zum Antrag der GRÜNEN sagen, das ist ein Konvolut vom Ausmaß von Tolstois "Krieg und Frieden". Da steht viel Gutes drin, aber das ist nicht praktikabel. Man kann den Antrag als Anregung nehmen, aber ein Gesetz muss schlank, schlagkräftig und interpretationsfähig sein. Man muss nicht unbedingt jeden Einzelfall im Gesetz regeln, weil man sowieso Einzelfälle vergisst. Besser ist es, das Ganze praxisfreundlicher zu formulieren. Insofern habe ich da Bedenken.

Das Wichtige ist der Arbeitnehmer. Den dürfen wir nicht aus dem Blick verlieren. Von daher sage ich, es ist gut, wenn wir uns damit beschäftigen und ein Signal aussenden. Der heutige Beschluss sollte ein großes Signal sein. Deshalb werden wir auf jeden Fall den Antrag der CSU und der FDP unterstützen. Zu den anderen Anträgen muss ich sagen, da sind ein paar Fußangeln drin, auf die wir uns nicht einlassen wollen. Deswegen werden wir uns hier wahrscheinlich enthalten.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Einen kleinen Moment, Herr Kollege Streibl. Es folgt eine Zwischenbemerkung des Herrn Kollegen Arnold. Bitte schön.

Herr Kollege Streibl, ich gehe davon aus, dass Sie sich tatsächlich etwas aus den Fingern gesogen haben. Es bleibt jedem selbst überlassen zu beurteilen, ob das vernünftig war oder nicht. Was sagen Sie aber Ihrem Handwerksmeister, wenn nach dem Betriebsverfassungsgesetz bei fünf Arbeitnehmern die Gründung eines Betriebsrats möglich ist? Wird da das Pferd auch von hinten aufgezäumt? Glauben Sie denn, dass in einem Bäckereibetrieb oder bei einem Handwerksmeister Daten im Sinne des Datenschutzgesetzes erhoben werden? - Das ist doch an der Praxis vorbei argumentiert. Ich bitte Sie, darauf hinzuweisen und vielleicht auch das Betriebsverfassungsgesetz einmal in die Hand zu nehmen: Fünf Arbeitnehmer ermöglichen einen Betriebsrat. Es mag Ihnen vielleicht nicht gefallen, dass Arbeitnehmer Mitbestimmungsrechte haben, aber dann reden Sie bitte nicht so moralisch daher, sondern setzen Sie das in die Tat um.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, wenn wir schon dabei sind, uns etwas aus den Fingern zu saugen, dann muss ich sagen, Ihr Antrag ist doch mit heißer Nadel gestrickt; so sieht er jedenfalls aus. Es ist praxisfremd, kleine Betriebe mit noch mehr Bürokratie und Aufwand zu überhäufen. Diese Betriebe sollen wirtschaftlich arbeiten, sie kämpfen ums Überleben. Es geht nicht

darum, dass es einen Betriebsrat oder einen Datenschutzbeauftragten in der Bäckerei gibt. Dort soll Wertschöpfung geschehen, und dort spielt das Leben.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Meine Damen und Herren, Kollege Dr. Fischer ist jetzt hier. Ich gehe davon aus, es gibt einen sachlichen Grund für das Versäumnis gerade eben. Sind die Fraktionen damit einverstanden, dass er jetzt spricht? - Ich habe mir von Herrn Ludwig sagen lassen, dass das schon bisher der gute Brauch in diesem Hause war.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das sollten wir einmal im Ältestenrat besprechen! - Jörg Rohde (FDP): Er könnte sich dazu zu Wort melden!)

- Nein, er könnte sich dazu nicht zu Wort melden. Nach der Geschäftsordnung kann seine Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt nicht mehr berücksichtigt werden.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wir sind einverstanden!)

- Die CSU ist einverstanden. Welche Fraktion ist nicht einverstanden?

(Ulrike Gote (GRÜNE): Ich bin nicht einverstanden! - Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ich auch nicht!)

- Herr Dr. Fischer, das finde ich zwar schade, aber ich kann nichts daran ändern.

(Georg Schmid (CSU): Das ist aber nicht fair jetzt!)

Meine Damen und Herren, wir haben eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Rohde vorliegen. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuerst einmal darf ich mich bei Herrn Kollegen Dr. Fischer bedanken, der mir sein Redemanuskript überlassen hat. Der Umgang miteinander ist natürlich nicht so schön, aber wir haben das Recht, Redner zu melden, das wissen Sie. Wir reden immer gern miteinander, und wir reden immer gern über Anträge der Opposition.

Wie oft geht ein Mitarbeiter zur Toilette? Wie und wo ist er tätowiert? Welche Angestellten haben eventuell ein Verhältnis miteinander? - Das sind Beispiele für Fragen, die zeigen, dass der Wissensdrang mancher Arbeitgeber keine Schallgrenze mehr kennt. Wir erinnern uns an Daimler-Chrysler, wo Krankendaten erfasst wurden. Das geht wirklich zu weit. Wenn wie bei Spezial

aktionen der Bahn bei fast allen Mitarbeitern Adressdaten oder Bahnverbindungen -

(Dr. Andreas Fischer (FDP): Bankverbindungen!)

- Bankverbindungen sind das? - Danke schön. Wenn also Bankverbindungen mit denen von Auftragnehmern und Lieferanten verglichen werden, dann ist Missbrauch vorprogrammiert. Es gibt auch Fälle, in denen Drogeriemarktketten Detektive und Sicherheitskräfte stundenlang durch Lochwände spähen lassen. All das kann natürlich nicht das Ziel sein.

(Beifall bei der FDP)

Bei der Mitarbeiterbeobachtung gibt es viele Probleme. Einige Unternehmen legen dabei ein Verhalten an den Tag, das wir in Deutschland nicht dulden können. Deshalb besteht hier ein dringender Änderungs- und Handlungsbedarf.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Die bestehenden Gesetze sind nicht ausreichend. Deshalb hat die FDP entsprechende Vorstöße gemacht. Diese Vorstöße sind in Berlin in besten Händen, nämlich in den Händen der Bundesjustizministerin.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir werden nicht locker lassen, weil der Datenschutz eine Domäne der FDP ist und wir die Arbeitnehmerrechte stärken wollen. Daher wird es klare Vorgaben geben. Wir werden die Oppositionsanträge, die uns etwas zu weit gehen, ablehnen und dem Dringlichkeitsantrag von CSU und FDP unsere Zustimmung geben. Ich bedanke mich für Ihr Verständnis, dass ich meine Rede etwas verkürze. Wir haben noch eine lange Debatte vor uns.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Herr Kollege Rohde, einen Moment bitte. Mir liegen noch Wünsche nach Zwischenbemerkungen von Herrn Kollegen Arnold und Frau Kollegin Kamm vor.

Aber gerne.

Herr Kollege Rohde, Sie haben gesagt, Sie wollten etwas entwickeln. Sie als Partei des Datenschutzes müssten doch bereits konkrete Vorstellungen haben.

Wir haben konkrete Vorstellungen. Sie wissen aber, dass wir in Berlin erst seit wenigen Wochen regieren und in Bayern erst seit einem Jahr. Wir haben also bei der Umsetzung noch einen gewissen Nachholbedarf.

(Beifall bei der FDP)

Bitte schön, Frau Kollegin Kamm.