Protocol of the Session on November 11, 2009

(Beifall bei der CSU)

Ich erteile jetzt das Wort zu einer Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Sonnenholzner.

Herr Kollege, ich stelle fest, dass unser Antrag immerhin schon bewirkt hat, dass uns dieser lange ausstehende Bericht in Aussicht gestellt wird. Das ist an dieser Stelle schon ein Teilerfolg.

Sie haben gerade darauf hingewiesen, dass in der CSU-Fraktion "derzeit" niemand daran denkt, den Ladenschluss aufzuweichen. Wir haben relativ schmerzliche Erfahrungen an mehreren anderen Stellen gemacht, zum Beispiel beim Gesundheitsschutz, mit Ihrer Position zur Gesundheitspolitik, die sich in Ihrem Koalitionsvertrag äußert, und mit solchen Aussagen und Meinungsbildungen zur Halbwertszeit des "derzeit" in Ihrer Fraktion, insbesondere seit in diesem Land der neue Ministerpräsident am Wirken ist. Deswegen wüsste ich von Ihnen schon gerne, wie lange "derzeit" bedeutet. Bedeutet "derzeit", bis wir den Bericht bekommen, aus dem hervorgeht - wie Sie uns auf die Anfragen immer mitgeteilt haben -, dass Sie die Erfahrungen aus den anderen Bundesländern abwarten und dann auf dieser Basis entscheiden, dass der Ladenschluss in

dieser Form doch nicht Bestand hat oder dass sie dies nur der Koalitionsräson anheim stellen. Ich kann jedenfalls für meine Fraktion nochmals feststellen: Dieser Bericht wird für uns daran nichts ändern, dass wir sehr überzeugt sind, dass die Ladenschlussregelungen jetzt schon die Beschäftigten an die Grenzen dessen bringen, was sie - auch im Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf - leisten können. Wie auch immer dieser Bericht aussehen mag, wir werden von dieser Meinung keinen Deut abweichen. Deswegen erwarten wir hier von Ihnen, dass Sie, wenn auch Sie dieser Meinung sind, diesem Antrag zustimmen.

Liebe Frau Sonnenholzner, ich wäre gespannt gewesen, wie Sie dieses Statement in eine Zwischenfrage hätten kleiden wollen. Das wäre sehr interessant gewesen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das war eine Zwischenintervention!)

- Ja, jetzt war es eine Intervention, aber vorher hätte es eine Frage sein müssen.

(Zuruf von der SPD: Dann hätten Sie diese eben zulassen müssen!)

- Jetzt bedauere ich es fast. Aber angesichts der Zeit ist es schwierig, eine Frage zuzulassen.

Zweitens. Den Zeitpunkt des Berichts hätte man ganz normal - auch ambulant - auf den Fluren dieses Hohen Hauses klären können.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ehrlich?)

Dazu hätte man diesen Antrag nicht gebraucht.

Drittens. Ich gehe davon aus, dass derzeit auch in der SPD niemand eine Änderung möchte. Ich frage bei Ihnen ja auch nicht nach, ob Sie dieses "derzeit" vielleicht irgendwann ändern würden, weil wir jetzt über die Gegenwart sprechen - nicht über die Zukunft und nicht über die Vergangenheit. Diese Aussage, Frau Sonnenholzner, war ganz klar. Eine Generaldebatte über all die anderen Themen, die Sie gerade angesprochen haben, wäre zwar reizvoll, aber in dieser Situation zeitlich leider nicht machbar.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank Herr Kollege.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich gebe bekannt: Die SPD-Fraktion hat namentliche Abstimmung beantragt. Nächste Wortmeldung: der Kollege Muthmann.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich ist es - jedenfalls für uns - unerfindlich, warum an dieser Stelle zu diesem Zeitpunkt dieses Thema wieder in den Mittelpunkt gerückt werden soll.

(Thomas Hacker (FDP): Das hat die SPD gemacht!)

- Herr Hacker, das rechne ich schon Ihnen zu. Deswegen müssen wir an dieser Stelle ein paar Sätze dazu sagen. Wir werden als Fraktion der Freien Wähler dem SPD-Antrag zustimmen, weil es dafür beste Gründe gibt.

(Beifall bei der SPD)

Ein paar der Gründe sind schon genannt worden, ein paar kann man noch ergänzen.

Wir haben nach wie vor bundesrechtliche Regelungen, denn Bayern hat diesbezüglich kein eigenes Landesrecht geschaffen. Die Läden dürfen ohnehin immerhin 84 Stunden pro Woche offen sein. Das ist eine ganze Menge.

Gegen die Liberalisierung der Ladenschlusszeiten sprechen vielerlei Gründe. Ich will nur darauf hinweisen, dass vor allem kleinere Geschäfte und familiengeführte Unternehmen dadurch in besonderer Weise zusätzlich in Schwierigkeiten kommen können, von den Belastungen der Angestellten und damit auch ihrer Familien gar nicht zu reden. Bei Öffnungszeiten rund um die Uhr oder immer längerer Öffnungszeiten ist auch zu befürchten, dass wir immer mehr Phasen bekommen, in denen Einkaufsflauten herrschen und der Umsatz nicht proportional erweitert werden kann.

Insgesamt denke ich schon, dass wir uns auch an dieser Stelle mit den geltenden zentralen Regelungen und vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten der Öffnungszeiten nicht nur am Sonntag, sondern auch in den Abendstunden, durchaus zufrieden geben können, und zwar sowohl aus unternehmerischer Sicht wie auch aus Sicht der Arbeitnehmer und derer, die in den Läden einkaufen wollen und sollen, auch im Interesse sozialer Rechte und Errungenschaften, auch der Familien.

Wenn Frau Dodell zu diesem Thema auf ihrer Homepage darauf hinweist, dass die Staatsregierung sich lieber darauf konzentrieren solle, den Koalitionsvertrag konsequent zu erfüllen, auch und vor allem in der Wirtschaftspolitik, gibt das freilich noch einmal Anlass, in den Koalitionsvertrag hineinzuschauen,

(Harald Güller (SPD): Genau!)

was darin zu lesen ist. Da muss man dann, glaube ich, das Fazit ziehen, dass das eine Aufforderung ist, an dieser Stelle konsequent in der Wirtschaftspolitik, auch unverbindlich zu bleiben. Klare, messbare Ziele, was Sie wollen, bis wann Sie es wollen, haben wir nur an einer Stelle. Das ist beim Thema Breitband, und es zeichnet sich ab, dass das ein Debakel ist und möglicherweise auch bleibt.

Lassen wir also an dieser Stelle solche Geschichten, die in der Sache wenig bringen außer Unruhe bei allen, die betroffen sind. Wir wollen das nicht und unterstützen gerne den Antrag der SPD. Herzlichen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Freien Wähler und der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Runge.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Anders als vor exakt drei Jahren und einem Tag - es war nämlich der 10. November 2006 werden wir diesmal dem Dringlichkeitsantrag der SPD zum Thema Ladenschluss zustimmen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Da schau her!)

Das im Antrag formulierte Ansinnen gibt die aktuelle Position unserer Fraktion wieder. Unseres Erachtens gibt es überhaupt keine Notwendigkeit, an der bestehenden Regelung etwas zu ändern.

Ich habe die Plenarsitzung von vor drei Jahren angesprochen. Es gab zu diesem Thema zwei Dringlichkeitsanträge, einen von der SPD-Fraktion, Beibehalt der bisherigen Regelung, im Wesentlichen so formuliert wie dieses Mal, und es gab einen sehr interessanten Antrag von der CSU, formuliert, um sich zum SPD-Antrag nicht äußern zu müssen. Er hieß ungefähr so: Entwicklung in anderen Ländern sorgsam abwarten, auswerten und dann entsprechend reagieren.

Wir hatten damals bewusst keinen Antrag gestellt. Zum einen war die bei uns mehrheitlich gefundene Positionierung bei uns selber nicht unstrittig. Zum anderen haben wir gesagt: Dieses Thema ist aktuell nicht der Nabel der Welt. Also müssen wir für keine weitere Aufregung sorgen.

Spannend war wie gesagt der CSU-Antrag. Der SPDAntrag war ja nur eine Replik auf das, was vorher angekündigt wurde. Landauf, landab wurde seitens der CSU lauthals verkündet, dass beim Ladenschlussrecht etwas geändert werden würde, dass es zu einer weiteren Öffnung kommen würde.

Die Sprachrohre dieser Botschaft waren nicht nur die zuständigen Minister, damals Herr Sinner und Herr Huber, sondern es war der Ministerpräsident, damals Stoiber, höchstpersönlich, der durch die Lande gezogen ist und gesagt hat: Wir öffnen weiter beim Ladenschluss.

Wenige Tage vor der entscheidenden Plenarsitzung gab es dann diese ominöse Fraktionssitzung mit dem Patt. Der Ministerpräsident hatte fünf Minuten vorher die Sitzung verlassen, nachdem er sich noch gut in die Diskussion eingespreizt hatte. Das war tatsächlich nichts anderes, Herr Seidenath, als eine Lachnummer. Und zu Ihrem heutigen Beitrag sage ich: Jeder blamiert sich, so gut er kann.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und der SPD)

Ich brauche gar nicht meine eigene Wortwahl zu finden, sondern ich zitiere einfach einige wenige Zeitungsüberschriften. Die "Süddeutsche Zeitung" hat am nächsten Tag getitelt: "Wir machen nichts und warten dringlichst ab."

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

"Haltung der CSU zum Ladenschluss sorgt für eine kuriose Abstimmung und trägt zum Spott der Union bei." Im Grunde musste man wirklich spotten. Sie sagen jetzt, der Dringlichkeitsantrag sei nicht dringlich. Dann schauen Sie sich doch den damaligen Dringlichkeitsantrag an. Sie haben beantragt: Wir machen nichts, weil nichts dringlich ist. - Das war Ihr Dringlichkeitsantrag. Der "Donaukurier" hat getitelt: "Ein Exempel für ‚Führungsstärke’ - Landtags-CSU will nun im Sommer 2007 neu über Ladenöffnungszeiten befinden".

Ein kleines Zitat aus der "Süddeutschen Zeitung" ein Jahr später, weil das Thema noch nicht zu Ende war:

Am Ladenschluss wird nicht gerüttelt - Was gab es nicht für vollmundige Ankündigungen.

In Sachen Ladenschluss ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, hatte Ministerpräsident Edmund Stoiber vor fast einem Jahr getönt. Kurz zuvor hatte die CSU-Landtagsfraktion in einer peinlichen Pattentscheidung versehentlich nichts beschlossen. Schon vor Weihnachten werde das Thema wieder auf der Tagesordnung stehen, kündigte Stoiber trotzig an. Jetzt ist bald wieder Weihnachten. Passiert ist nichts, außer dass Stoiber bald selber ausreichend Zeit zum Einkaufen hat, sogar tagsüber.

(Beifall der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

So ist die Presse richtigerweise mit dem Thema umgegangen.

Die CSU-Fraktion hat nichts unternommen, obwohl spätestens für 2007 von Ihnen, von der Staatsregierung, eine Beschlussfassung angekündigt wurde. Sie haben nichts unternommen aus gutem Grund, weil es keine Not gab. Es gab keine Notwendigkeit.

Deswegen, Herr Seidenath, ist der Dringlichkeitsantrag der SPD heute sehr wohl angebracht und er ist auch dringlich, weil man unterschiedliche Stimmen aus Ihrer Regierungskoalition hört. Die FDP sagt Ja und die CSU sagt wieder mal Jein oder nichts Genaues. Es ist einmal wieder das übliche Rumgeschwurble, das immer kommt, wenn Sie in Nöten sind.

Selbstverständlich, meine Damen und Herren, gibt es unterschiedliche Interessenlagen. Es gibt auf der einen Seite die Konsumentenfreiheit, auf der anderen Seite Arbeitnehmerinteressen, die Interessen der Familie, es gibt den Einzelhandel, mehr Geschäft Ja oder Nein, mehr Umsatz Ja oder Nein? Die Antwort heißt: selbstverständlich eigentlich eher nicht mehr Umsatz, egal was wir mit den Ladenöffnungszeiten machen oder nicht.