Meine Damen, meine Herren, sicherlich ist Ihnen bekannt, dass das Problem seit 1996, seit mehr als 13 Jahren, in der Diskussion steht und auch darüber diskutiert wird, wo der Einheitliche Ansprechpartner angesiedelt werden soll. Die kommunalen Spitzenverbände - auch das wissen Sie - fordern schon immer und immer wieder gegenüber der Staatsregierung, diese Aufgaben den kreisfreien Städten und den Landkreisen logischerweise deshalb zuzuordnen, weil sie dort die bestmögliche Kenntnislage vor Ort besitzen und vorfinden. Seit Juni 2009 favorisiert die Staatsregierung völlig überraschend ein Mischmodell. Dabei sollen zuerst die Kammern Einheitlicher Ansprechpartner werden. Zugleich aber soll den Kommunen ermöglicht werden, eine Option für die Behördenfunktion aussprechen zu können. Optiert eine Kommune - das ist das verwunderliche - soll sie in ihrem örtlichen Zuständigkeitsbereich ausschließlicher Ansprechpartner sein. Dann blieben die Kammern außen vor.
Welche Kommune, verehrte Kolleginnen und Kollegen, so frage ich Sie, würde das Optionsrecht nicht nutzen, wenn es örtliche Eigenbelange betrifft? - Das erscheint durchaus logisch. Ein seltsames Bekenntnis. Ein klares "sowohl als auch", ein untaugliches Mischmodell, das eher den Namen "Murksmodell" verdient.
Verehrte Damen, meine Herren, es entsteht ein sehr kompliziertes Wirrwarr, das die ursprünglich gute Absicht mehr als verwässert. Uns wurde zudem bekannt, dass im September 2009 eine Behördenanhörung abgeschlossen wurde. Erstaunlicherweise hat die Staatsregierung bis heute dem Landtag keinen Gesetzentwurf vorgelegt, obwohl er noch vor Jahresende beschlossen sein muss. Auch das erscheint höchst seltsam. Man kann spekulieren, weshalb das so ist.
Von der FDP weiß man, dass sie das reine Kammermodell will. Andere im Kabinett wollen ein reines Kommunalmodell. Ich bin neugierig, worauf man sich verständigen wird. Mit einer Mischlösung aus Kammern und Kommunen kann keiner der beiden zufrieden sein. Das ist die schlechteste aller Lösungen,
und sie missachtet einmal mehr die kommunalen Kompetenzen und nutzt den Kammern überhaupt nicht. Dies bedeutet zwangsläufig, dass die Kammern mit äußerster Zurückhaltung agieren werden, weil sie zuerst Rücksprache mit den Kommunen führen müssen. Das ist ein äußerst zweifelhafter Kompromiss, den alle Fachleute zu Recht als ein untaugliches Modell bezeichnen. Wo bleiben denn die kurzen Wege, die stets angemahnt werden? Ist das der wahre Bürokratieabbau? - Nein, das ist das Gegenteil. Die Oppositions
Sie nehmen deshalb das Heft des Handelns in die Hand und legen einen Gesetzentwurf vor. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will den Freien Wähler und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ausdrücklich für die konstruktive Mitarbeit bei der Erstellung des Gesetzentwurfes danken. Das ist nicht immer selbstverständlich.
Wir legen heute einen Gesetzentwurf, mit einem reinen Kommunalmodell vor, weil das die sachgerechtere Lösung ist.
Ja. - Ein Mischmodell mit genereller Zuständigkeit der Kammern und zugleich einer Optionsmöglichkeit für die Kommunen führt zu einem unnötigen Zuständigkeitswirrwarr und schafft zudem neue bürokratische Hindernisse. Natürlich -
Selbstverständlich schätzen auch wir die Kompetenz der Kammern. Deshalb sehen wir ihre kompetente Einbindung in unseren Modellvorschlag als selbstverständlich an. Es gibt keine logischen und erkennbaren Gründe, weshalb diesem Gesetzentwurf nicht zugestimmt werden könnte, was im Übrigen Innenminister Herrmann mehrfach betont hat. Ich vertraue auf seine Zusage, dass er seinen Kolleginnen und Kollegen in den Regierungsfraktionen eine entsprechende Empfehlung
Bei aller Liebe für meine Kolleginnen und Kollegen, bitte ich Sie doch, sich an die Redezeiten zu halten. Ich eröffne die Aussprache und bitte Herrn Breitschwert an das Mikrofon.
den Gesetzentwurf geht es um die Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie und darum, einen einheitlichen Ansprechpartner vor Ort zu haben. Auch die landesrechtliche Zuständigkeit ist neu zu regeln.
Der Entwurf möchte nach Artikel 2 als "Einheitlichen Ansprechpartner" die Landkreise und kreisfreien Städte im Rahmen ihrer jeweiligen örtlichen Zuständigkeit sehen. Es handelt sich dabei um Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises unter der Fachaufsicht des Wirtschaftsministeriums. Die Regelung wird auch von den kommunalen Spitzenverbänden empfohlen. In der Sache erweist sie sich aber als sehr bedenklich, weil die Kammern als Vertreter der Wirtschaft bei dem vorgesehenen reinen Kommunalmodell nicht in das Verfahren eingebunden sind. Den Gemeinden wird eine Aufgabe überantwortet, welche die Kammern - hier sind insbesondere gemeint die Industrie- und Handelskammer, die Handwerkskammern, die Rechtsanwaltskammern, die Steuerberatungskammer in Bayern sowie die Bayerische Architektenkammer, die Bayerische Ingenieurkammer und die Bayerische Landestierärztekammer - wegen ihres speziellen Sachverstandes und auch ihrer größeren Nähe besser und einfacher lösen können.
Etwas merkwürdig erscheinen Gedanken aus dem kommunalen Bereich, wonach die Kammern nicht die notwendige Neutralität für die Bewältigung derartiger Aufgaben hätten. Das Gegenteil ist der Fall, liebe Kolleginnen und Kollegen. Gerade die Kammern sind sachkundige, rein an der Sache orientierte, neutrale Berater im Sinne der EU-Dienstleistungsrichtlinien.
Mit ihren örtlichen Zuständigkeiten bewältigen die Kammern große Raumeinheiten, wie Sie wissen, so dass sie die Unternehmen auch bei den notwendigen Verwaltungsverfahren gut betreuen können, weil die örtlich zuständigen Behörden in der Regel jeweils im Bereich einer solchen Kammer angesiedelt sind. Ferner sind sie auch objektive Helfer bei der Suche nach den optimalen Standorten für den jeweiligen Dienstleister auch über die Gemeindegrenzen hinaus. Bei den Kommunen ist das in dieser Form nicht gewährleistet; denn sie verfolgen - das ist gut nachzuverfolgen - das durchaus verständliche Ziel, Erfolg versprechende Ansiedlungen im eigenen Gemeindegebiet zu realisieren. Die Folge wäre eine Beratung, die sich an dem aus der Sicht der Kommune gewünschten Ergebnis orientiert. Ich bitte, das auch zu berücksichtigen.
Ein weiterer Punkt birgt hier gewisse Risiken. Es handelt sich rechtlich unzweifelhaft um ein Gebiet des übertragenen Wirkungskreises. Die Kommunen sind bei der
Aufgabenübertragung stets auf der Suche nach Geldersatz aus dem ständig bemühten Konnexitätsprinzip der Bayerischen Verfassung und werden natürlich über ihre Spitzenverbände Forderungen stellen, wenn es so weit ist und wenn im Wege der Gebühren keine Kostendeckung erzielt oder Derartiges jedenfalls geltend gemacht wird.
Der Arbeitskreis Wirtschaft der CSU-Landtagsfraktion ist von den Kammern um Unterstützung gebeten worden. Er hat sich in einer Sitzung gegenüber der Staatskanzlei und dem Staatsministerium für Wirtschaft und Verkehr für eine einvernehmliche Lösung ausgesprochen, welche die Kammern entscheidend beteiligt. Da sie der Entwurf in Artikel 3 in völlig unverbindlicher Art einbindet und sie nur als Informations- und Beratungsstelle ausweist, halte ich den Gesetzentwurf für nicht geeignet, die anstehenden Fragen einer sachgerechten Lösung zuzuführen.
Es sollte jedenfalls am Ende keine Lösung stehen, die zwar eine originäre Zuständigkeit der Kammern vorsieht, schließlich aber einen entsprechenden Aufgabenzugriff den Landkreisen bzw. den kreisfreien Städten vorbehält. Das würde nicht nur zu möglicherweise gänzlich undurchsichtigen Zuständigkeitsstrukturen führen, sondern wäre, meine Damen und Herren, auch unter inhaltlichen Gesichtspunkten keine geglückte Lösung, weil die Ortsnähe und die besondere Ortskenntnis der Kommunen hier zu kleinräumig wären, die Kammern dagegen übergreifend arbeiten.
Die Staatsregierung, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird demnächst einen Entwurf vorlegen, der auch eine Kompromisslösung darstellt und den wir dann zügig in den zuständigen Stellen des Bayerischen Landtags beraten werden.
Herr Kollege Breitschwert, erst einmal Respekt. Das war eine Leistung, wie Sie das hier heruntergerattert haben.
- Sie haben die Zeit ja gar nicht genutzt. Sie haben damit aber schon ein bisschen verdeckt, dass Sie dabei einen Spagat machen. Was Sie uns offensichtlich später einmal anbieten wollen, ist gerade kein "Einheitlicher Ansprechpartner", sondern ein Mixtum Compositum; das ist aber jetzt nicht das Thema. Wir haben eine klare Lösung. Herr Breitschwert, aus dem, was Sie zum Konnexitätsprinzip gesagt haben, muss ich eines ableiten, und ich bitte Sie, das dann auch in aller Offenheit zu bestätigen. Das kennen wir auch seit zwei bis drei Jahren aus anderen Bereichen. Der frühere Kultusminister hat dazu einmal gesagt: "Ich mach’ das doch nicht, weil ich dann in die Konnexitätsfalle hineinlaufe." Sie sind also offensichtlich bereit, sachlich gebotene Lösungen nicht weiterzuverfolgen, wenn Sie Angst haben, dass die kommunalen Spitzenverbände dann die entsprechenden Beträge nach dem Konnexitätsprinzip fordern. Das haben wir zwar schon immer vermutet, aber ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das bestätigen würden. Die Passage, bei der Sie noch nicht ganz so schnell gelesen haben, gibt das her. Das zeigt einen fatalen Politikansatz. Wer nicht mehr tut, was nötig und richtig ist, nur damit die Kommunen nicht "Konnexität!" rufen, hat sich von einer sachgerechten Gestaltung verabschiedet. Das entspräche doch nicht dem üblichen kraftvollen Getue der Staatsregierung.
Herr Kollege Dr. Beyer, das kann und möchte ich nicht bestätigen. Das war ein einziges Teilargument, das ich hier vorgetragen habe; das muss nicht das Entscheidende sein. Entscheidend ist, dass wir eine Lösung zustande bringen, die den objektiven Kriterien gerecht wird. Wenn wir Ihren Vorstellungen folgen würden, dann müsste künftig eine kreisfreie Stadt zum Beispiel dann, wenn sich ein spanischer Anwalt bei uns niederlassen möchte, darüber diskutieren, wie das im Detail geschehen soll. Das kann die Anwaltskammer mit Sicherheit besser als eine kreisfreie Stadt, die auf diese Fragen naturgemäß nicht in der Weise vorbereitet ist wie zum Beispiel eine Anwaltskammer.
Vielen Dank, Herr Breitschwert. Ehe ich Herrn Muthmann nach vorne bitte, möchte ich eine ehemalige Kollegin begrüßen. Frau Radermacher sitzt oben auf der Besuchertribüne.