Protocol of the Session on October 27, 2009

Ich möchte betonen, dass der Gesetzentwurf der SPD genau in die richtige Richtung geht.

Letzter Punkt: Wie ist die gegenwärtige politische Situation? Es ist richtig, die FDP möchte es eigentlich. Wir haben gehört, auch Frau Haderthauer möchte es eigentlich. Sie wollte, aber sie durfte nicht. Da hat der Innenminister sie gestoppt. Deswegen zum Schluss mein Appell, den ich schon einmal gesagt habe. Frau Meyer, vielleicht gelingt es uns, dass wir zusammen von allen Fraktionen einen gemeinsamen Gesetzentwurf bringen, der dann insgesamt verabschiedet werden könnte.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das wär mal was! - Beifall der Abgeordneten Angelika Weikert (SPD))

Das wäre mit Ihre Aufgabe. Darüber würden wir uns sehr freuen.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Vielen Dank, Herr Dr. Fahn. Die nächste Wortmeldung für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Frau Kollegin Ackermann.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es tut sich was in diesem

Hohen Haus und das ist sehr erfreulich. Nachdem unsere Fraktion in der letzten Legislaturperiode mehrmals erfolglos gegen einen großen schwarzen Block angerannt ist, der unsere Bemühungen, den Flüchtlingen ein besseres Leben zu verschaffen und eine bessere Möglichkeit zu wohnen zu verschaffen, zunichte gemacht hat, tut sich jetzt die Möglichkeit auf, endlich den Durchbruch zu schaffen und den Menschen dazu zu verhelfen, dass sie nicht mehr in diesen unsäglichen Massenunterkünften für Flüchtlinge leben müssen.

Es ist nicht damit getan, zwei der allerschlimmsten Unterkünfte zu schließen, sondern es braucht ein generelles Umdenken in dieser Politik. Wir können so nicht mit den Menschen umgehen, die zu uns kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir können sie nicht in ein Lager einsperren, sie nicht in Massenunterkünften unterbringen, die menschenunwürdig sind. Das ist nicht allein meine Meinung, sondern das war auch die Meinung der vielen Experten, die bei der Anhörung am 20. April hier im Landtag anwesend waren. Sie kamen aus allen Richtungen, sie kamen von den Kirchen, es waren Rechtsanwälte, es waren Ärzte. Und eines hat sie geeint, nämlich die Meinung, dass die Menschen in diesen Unterkünften so nicht länger leben dürften.

Wir von den GRÜNEN haben deshalb bereits am 29. April einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, der weitestgehend mit dem Gesetzentwurf deckungsgleich ist, den die SPD jetzt vorgelegt hat und der auch bereits sehr viele Elemente enthält, die die Freien Wähler später aufgegriffen haben. Genau das bringt mich zu der Überzeugung, dass sich jetzt endlich etwas bewegt.

Auch aus den Reihen der FDP höre ich inzwischen sehr ermutigende Äußerungen, wenn auch nur von Einzelnen, die besagen, dass man so nicht mit den Menschen umgehen wolle, die bei uns als Gäste ankommen. Die Regelungen im SPD-Entwurf sind begrüßenswert; sie sind diejenigen, die auch in unserem Gesetzentwurf enthalten sind. Es ist wichtig, dass die Menschen soweit wie möglich in Privatwohnungen untergebracht werden; vielleicht ist es nicht für alle Menschen möglich, sodass zumindest eine zeitlang möglicherweise die eine oder andere Gemeinschaftsunterkunft aufrechterhalten werden muss. Aber es sollte kein Mensch länger als zwölf Monate in einer Gemeinschaftsunterkunft bleiben müssen.

Es gibt Personengruppen, die dort überhaupt nicht leben sollten wie zum Beispiel schwangere Frauen, Kranke, behinderte Menschen oder auch minderjährige Flüchtlinge, die einfach dort nicht hingehören.

Der Entwurf der SPD ist ein humaner Gesetzentwurf; es ist ein Entwurf, der Entwicklungen voranbringen soll. Deswegen werden wir ihm uneingeschränkt zustimmen. Es ist die Rückkehr zum eigentlichen Sozialhilfeprinzip, das Selbsthilfe vor staatliche Hilfe stellt. Aus dieser Überlegung sind wir in unserem Gesetzentwurf noch ein klein wenig über das hinausgegangen, was die SPD jetzt vorgelegt hat; denn wir fordern auch noch die Lockerung der Residenzpflicht und die Aufhebung des Sachleistungsprinzips. Sprich: Wir wollen keine Essenspakete mehr für die Flüchtlinge, sondern wir möchten, dass sie Bargeld bekommen, um ihr Essen selbst einzukaufen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es hat sich erwiesen, dass das nicht nur humaner und individueller ist, sondern es ist auch kostengünstiger.

Wem sonst alles egal ist und wer sonst durch nichts zu überzeugen ist, sollte zumindest wirtschaftlich denken und überlegen, dass es besser ist, diesen Menschen die Selbstbestimmung über ihren Wohnraum und ihr Essen zu geben. Und wenn man dabei auch noch kostengünstiger fährt, fällt mir kein Argument mehr ein, das abzulehnen.

Wir haben uns in Leverkusen davon überzeugt, dass dieses Modell funktioniert. Nicht nur wir als Delegation des Ausschusses haben uns davon überzeugt, sondern auch die Stadt Köln hat sich überzeugen lassen. Sie hat jetzt das Modell für insgesamt 7.000 Flüchtlinge übernommen, die in Köln unterzubringen sind und auch dort funktioniert es. Also machen wir uns auf den Weg und setzen dieses Vorgehen auch in Bayern um.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Für die FDP bitte ich Frau Meyer ans Mikrofon.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, verehrte Damen vom Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Weikert, es ist richtig. Im April dieses Jahres hatten wir im Sozialausschuss eine ausführliche Anhörung zu diesem Thema. Im September haben dann einige Kolleginnen und Kollegen - übrigens mit Unterstützung einiger Vertreter aus dem Ministerium die Stadt Leverkusen besucht, deren Umgang mit den Ayslbewerbern als beispielhaft gilt. Aus beiden Terminen haben alle Mitglieder des Sozialausschusses eindrucksvolle Informationen mitgenommen und Erkenntnisse gewonnen, die uns mit Sicherheit alle - ich denke wirklich alle - nicht unberührt gelassen haben.

Mit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf der SPD haben in der Tat jetzt fast alle im Landtag vertretenen

Parteien einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen eingebracht. Ich bin allerdings ein bisschen traurig, dass sich die Koalitionsparteien noch nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen konnten.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der SPD)

Die FDP-Fraktion hatte ihre Änderungsvorstellungen bereits im Juni formuliert. Ich gehe davon aus, dass in den nächsten Wochen nun ein Koalitionsentwurf auf dem Tisch liegen wird.

Es ist richtig: Einer der zentralen Punkte in der Diskussion auch innerhalb der Koalition ist natürlich die Frage der Unterbringung der Asylbewerber. Nachdem Herr Staatsminister Herrmann in einer Presseerklärung vom 21. dieses Monats Griechenland aufgefordert hat, endlich tätig zu werden, um bestehende europäische Asylstandards durchzusetzen und für eine menschenwürdige Unterbringung von Asylbewerbern zu sorgen wörtlich erklärte der Staatsminister: Es ist doch absurd, dass Millionen Menschen jährlich ihren Urlaub in Griechenland verbringen, Griechenland aber nicht für eine menschenwürdige Unterkunft von Asylbewerbern sorgen kann -, bin ich jetzt zuversichtlich, dass die Bereitschaft besteht, auch bei uns hier im Lande die aktuelle Situation einmal etwas zu hinterfragen.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege Seidenath hat darauf hingewiesen, dass viele Asylbewerber noch in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, obwohl sie dort vielleicht nicht mehr sein müssten.

(Zuruf von der SPD: Warum?)

Ich habe es hier schon einmal festgestellt: Sie sind zum Teil freiwillig dort und nicht deshalb, weil sie dort leben müssten. Das ist ein Punkt, über den wir uns noch verständigen müssen, nämlich die freie Wohnsitznahme nicht für alle ganz generell, aber zumindest - hier sind wir uns in der FDP einig - für bestimmte Personengruppen aufgrund der besonderen Situation, zum Beispiel Familien, Frauen mit Kindern, Schwangere, Schwerbehinderte, ältere Menschen usw. Ich denke, das muss man noch genauer definieren.

Es wird jetzt unsere Aufgabe sein, von unserer Seite her noch einmal einen Vorschlag vorzulegen, und dann werden wir in einem Paket die unterschiedlichen Anträge und Gesetzentwürfe zu diskutieren haben.

Für mich persönlich ist es noch ein ganz wichtiger Punkt, eine Verbesserung für die traumatisierten Asylbewerber anzustreben. Das muss möglichst schnell geschehen. Es liegt mir sehr am Herzen. Dazu brau

chen wir aber keine gesetzliche Änderung. Das kann man relativ zügig gestalten.

Alles in allem liegt es mir sehr am Herzen, zügig zu einem Abschluss zu kommen und ein gutes Ergebnis zu erzielen.

Wir brauchen heute nicht für oder gegen einen Antrag oder einen Gesetzentwurf zu stimmen, denn wir werden Gelegenheit haben, in einem Paket alles ausführlich zu diskutieren. Ich hoffe und wünsche mir, dass am Ende ein Ergebnis erzielt wird, das einem toleranten, weltoffenen Bayern gut zu Gesicht steht.

(Beifall bei der FDP, der SPD und den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Meyer. Das letzte Wort hat Frau Weikert. Frau Kollegin, Sie haben sich noch fünf Minuten für die Aussprache aufgehoben. Bitte sehr.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich werde die fünf Minuten nicht ausnutzen, ich möchte nur ein paar Punkte kurz anmerken. Frau Meyer, Ihr Beitrag lässt hoffen, dass wir hier tatsächlich zu einer guten, einvernehmlichen Lösung kommen.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir tatsächlich zu einer einvernehmlichen Lösung kommen, die natürlich Mindeststandards beinhalten muss - darauf bestehen wir -, dann wäre das eine tolle Sache. Kurz noch ein Wort zum Kollegen Seidenath. Klar ist, dass im Bayerischen Aufnahmegesetz der Titel ist länger, aber ich benutze jetzt mal diese Abkürzung - die Unterbringung von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften zur Regel erklärt wird. Damit nutzt Bayern als einziges Bundesland den Spielraum nicht aus, den der Bundesgesetzgeber vorgibt. Das Aufnahmegesetzt Bayerns ist sehr rigide. Deswegen wollen wir den entsprechenden Artikel des Aufnahmegesetzes ändern. Diese Möglichkeit hat der Freistaat Bayern; denn alle anderen Bundesländer machen das.

Ein zweites Argument: Wir wissen, dass das nicht einfach sein wird - wie auch das reale Leben. Aber es kommt darauf an, welcher politische Wille von diesem Hohen Hause ausgeht. Man muss mit den Kommunen und den Landkreisen zusammenarbeiten, um adäquate Unterkunftsmöglichkeiten zu suchen, in einem Zeitkonzept ausfindig zu machen und anzumieten. Dabei ist die Hausbau Bayern Immobilienbetreuungs GmbH gefragt. Es kann nicht sein, dass Einheiten wie in der Baierbrunner Straße in München angemietet werden. Es muss andere Objekte geben, die humaner sind und in denen die Menschen mehr Möglichkeiten haben, sich zu entfalten.

Die Botschaft, was der Freistaat Bayern will, ist wichtig. Deshalb geht es um die klare Beauftragung der Staatsregierung. Dann wird sich in Zusammenarbeit mit den Kommunen und den Landkreisen alles Weitere finden lassen.

(Beifall bei der SPD)

Die Aussprache ist geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlägt das Präsidium vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit als dem federführenden Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Ja. Damit so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 g auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Helga Schmitt-Bussinger, Dr. Paul Wengert u. a. und Fraktion (SPD), Hubert Aiwanger, Tanja Schweiger, Alexander Muthmann u. a. und Fraktion (FW), Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) über die Zuständigkeit für die Aufgaben des Einheitlichen Ansprechpartners im Freistaat Bayern (Bayerisches EA-Gesetz - BayEAG) (Drs. 16/2390) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Antragsteller begründet. Die Aussprache eröffnet Herr Perlak von der SPD. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Schaffung eines Einheitlichen Ansprechpartners bei der Umsetzung der Europäischen Dienstleistungsrichtlinie in nationales Recht soll in erster Linie den grenzüberschreitenden Handel mit Dienstleistungen fördern und bestehende Hindernisse abbauen. Das war das erklärte Ziel.

Das ist eine richtige und wie ich glaube gute Absicht. Ich denke, Sie alle teilen diese Meinung. Auf diese Weise kann das durchaus beachtliche Potenzial, das man nicht unterschätzen darf, im Dienstleistungssektor für Wachstum und Beschäftigung bestens abgeschöpft werden. Der interfraktionelle Gesetzentwurf der SPD, der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN verfolgt dieses Ziel. Das Ziel entspricht dem Titel des Gesetzentwurfs, nämlich die Aufgabe eines Einheitlichen Ansprechpartners den wirklich leistungsfähigen Dienststellen zuzuordnen.

(Beifall bei der SPD)