Das ist eine sehr betrübliche Entwicklung. Wir wollten mit unseren Bemühungen ein anderes Ergebnis erreichen, aber es zeigt sich immer, neben Chancen - bei einem solchen Prozess geht es immer nur um Chancen - gibt es auch das Risiko, dass man trotz aller Bemühungen scheitert. Wir müssen daraus lernen, meine Damen und Herren.
Die Politik kann viel bewirken, und sie hat hier viel getan und wird weiter die Menschen nicht allein lassen, aber letzten Endes kann die Politik nicht unternehmerische Fehlentwicklungen gerade rücken und Fehler in der Vergangenheit ausbügeln. Wir müssen jetzt alle Bemühungen darauf richten, die Zukunftschancen der Region zu sichern und auszubauen, wohl wissend, dass das für viele Menschen, die jetzt erst einmal in die Arbeitslosigkeit gehen, im Moment keine unmittelbare Hilfe ist; denn da müssen andere Maßnahmen greifen. Aber ich schließe an das an, was Herr Kollege Huber gesagt hat -: Das ist eine großartige Region, das ist eine der Topregionen in der Bundesrepublik Deutschland. Die Bayerische Staatsregierung wird alles tun, um diese Region weiter in eine gute Zukunft zu führen.
Herr Staatsminister, danke. Bitte bleiben Sie noch am Pult. Mir liegen zwei Anmeldungen für Zwischeninterventionen vor. Herr Kollege Dr. Beyer ist der Erste. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir könnten jetzt über vieles reden, aber ich will keine Wiederholungen zulassen. Ich halte es nicht für ein Ruhmesblatt der CSU-Wirtschaftspolitik, was hier passiert ist. Wenn die Menschen in Nürnberg sehr genau darüber diskutieren, dass zu der Zeit, zu der wir hier um die Hilfen gerungen haben, die Durchstechereien aus dem Bundeswirtschaftsministerium gekommen sind, dass die Quelle schon verloren wäre - das war im Juni -, dann war dieses Vorgehen nicht hilfreich.
Herr Minister Zeil, bei allem, was Sie hier mit Emphase vorgetragen haben: Franken ist tatsächlich eine starke Region, die letztlich auch das überstehen wird. Aber bitte lassen wir es nicht bei so wohlfeilen Trostpflästerchen. Ihrer Wirtschaftspolitik kann jedenfalls das vor
geworfen werden, was in den letzten Wochen nicht gelaufen ist. Die Menschen in Nürnberg-Fürth sagen sehr wohl, dass die Staatsregierung und der Wirtschaftsminister bei der Begleitung des Investorenprozesses zu wenig getan haben. Das sagen die Menschen sehr wohl.
- Herr Freller, entweder Sie lassen mich jetzt vortragen, oder wir warten Ihren Beitrag ab und ich bekomme eine entsprechend längere Redezeit. - Okay.
Ich zitiere, was der Wirtschaftsminister dieses Landes gestern im "Münchner Merkur" im Interview sagte:
Wir hatten immer durch einen engen Kontakt mit dem Insolvenzverwalter den Eindruck, dass hier ein durchaus aussichtsreicher Investorenprozess stattfindet. Er hat immer wieder gesagt, es gebe ernst zu nehmende Angebote.
Das heißt nur, Sie hatten keine Ahnung und waren nicht wirklich eingebunden. Einen solchen Prozess begleitet man aktiv.
Ich bin immer ein wenig hin und her gerissen, wenn ich Otto Wiesheu hier loben muss, aber zu Wiesheus Zeiten war das anders. Otto Wiesheu hat Gott und die Welt mit Schnaps und allen möglichen Dingen, über die er im Wirtschaftsausschuss humorig erzählt hat, hierher gebracht, damit etwas passiert. Ich frage Sie: Wo waren hier die Initiativen des Wirtschaftsministeriums? Ich kann die Sozialministerin, die das ausbaden muss, gut verstehen, aber sie hätte den Mut haben sollen, nicht nur den Insolvenzverwalter anzugreifen. Herr Zeil hat es Ihnen nicht gedankt, schließlich hat er Sie indirekt kritisiert. Wir kritisieren den Wirtschaftsminister dieses Landes dafür, dass zu wenig passiert ist. - Wir Menschen aus Franken.
Herr Kollege Dr. Beyer, ich hatte versucht, Ihnen zu empfehlen, nicht in einen kleinkarierten parteipolitischen Streit auszubrechen.
was uns möglich war bis dahin, dass ich mich selbst stundenlang mit dem Insolvenzverwalter hingesetzt habe und die Dinge gemeinsam mit ihm durchgegangen bin. Natürlich ist dabei auch über Investoren gesprochen worden, aber letzten Endes wissen Sie - Sie sind doch von Haus aus Jurist -, dass Herr des Verfahrens und der Entscheidung im Investorenprozess der Insolvenzverwalter ist und niemand sonst. Insofern kann ich nur sagen: Selbstverständlich haben wir uns im Einvernehmen mit dem Insolvenzverwalter bemüht, unseren Teil beizutragen.
- Wenn Sie jemanden gewusst hätten, hätten Sie die Information auch an uns weiterleiten können. Ich sage noch einmal: Wir haben auch aus Sicht meines Hauses alles getan - alle Ministerien haben das getan -, um den Insolvenzverwalter im Investorenprozess zu unterstützen. Wenn Sie jetzt so schlau daherreden und behaupten, Sie hätten alles besser gemacht, dann kann ich Ihnen nur sagen, die Wählerinnen und Wähler haben hier eine klare Antwort gegeben.
- Herr Wengert, Sie haben jetzt nicht das Wort. Herr Dr. Runge, Sie haben das Wort für Ihre Zwischenintervention.
Herr Minister, Sie haben in der Mitte Ihres Beitrags versucht, den Eindruck zu erwecken, uns und einer weiteren hier vertretenen Richtung gehe es primär um die Frage, ob der Massekredit zurückgezahlt wird und, wenn ja, wann, aber nicht so sehr um das Schicksal der Betroffenen, um die Strukturpolitik und andere Maßnahmen. Dieses ist falsch und infam.
An Sie gerichtet - hier knüpfe ich an den Beitrag von Herrn Kollegen Dr. Beyer an - möchte ich sagen: Wir würden uns wünschen, etwas weniger an wohlgefälligem Wortgeblubbere zu hören und mehr an Konkretem. Herr Minister, uns treibt eine Sorge um, weil Sie heute wieder an den Tatsachen und den Vorfällen der letzten Monaten vorbeigeredet haben: Wir haben im
Juni und Juli moniert, dass die Staatsregierung mit gespaltener Zunge spricht, dass Zeil und Seehofer an verschiedenen Endes des Seiles ziehen. Es gab konkrete Beispiele, dass so etwas sehr schädlich ist für die Causa und die Menschen, um die es geht.
Herr Ministerpräsident Seehofer hat sich für die Rettungsbeihilfe vor Anmeldung der Insolvenz des Arcandor-Konzerns eingesetzt. Der Wirtschaftsminister war dagegen. So ging das immer weiter, fein ziseliert. Sie reden selber mit gespaltener Zunge, Sie haben selber eine doppelte Persönlichkeit. Sie haben nämlich gerade gesagt, die Bürgschaft sei nicht zu verantworten gewesen. Sie haben, nachdem die Bürgschaft im Kabinett beschlossen worden ist, diese Bürgschaft glorifiziert. Ich darf aus dem "Münchner Merkur" vom 20./21. Juni 2009 vorlesen:
Bayerns Wirtschaftsminister Zeil verteidigt die Quelle-Rettung. Es gibt nun wieder eine Chance für Quelle, sagt Zeil, mit der Bürgschaft würde das insolvente Versandhaus Zeit gewinnen.
Damals haben Sie also die Bürgschaft, die Sie jetzt verteufeln, gelobt. Sie mussten im Kabinett zustimmen. Wir wünschen uns, dass die Staatsregierung im Interesse der betroffenen Menschen, der Mitarbeiter und der Familienangehörigen, und im Interesse der Region mit einer Stimme spricht und konsequent für die Dinge eintritt, die wichtig sind. Gerade eben haben Sie schon wieder das Gegenteil dokumentiert. Sie haben gerade ein Mitglied Ihrer eigenen Staatsregierung kritisiert. Sie haben Frau Haderthauer wegen ihrer Schuldzuweisungen in Richtung des Insolvenzverwalters gemahnt. Bitte machen Sie das intern; nach außen hin ist so etwas schädlich. Die Mahnungen des Kollegen Dr. Beyer waren sehr vorsichtig ausgedrückt: Sie sind jetzt gefordert. Sie müssen endlich einmal beweisen, dass Sie nicht nur große Sprüche machen, sondern auch handeln können.
Letzter Satz: Ich habe - Herr Kollege Huber wird sich erinnern - in der letzten Plenarsitzung und auch im Wirtschaftsausschuss gesagt: "Ich sage es ungern, aber ich wünsche mir alle Ihre Vorgänger zurück." - Mittlerweile verfestigt sich der Eindruck immer mehr, aber Sie können uns gern das Gegenteil beweisen.
Ich glaube, es ist der Debatte und dem Ernst der Situation nicht angemessen, dass ich auf Ihren Versuch, irgendwelche Unterschiede darzustellen, die es gar nicht gibt, und auf weit zurückliegende Debatten ein
gehe. Auf dieses Niveau möchte ich mich, ganz offen gestanden, nicht begeben, meine Damen und Herren.
Wir werden handeln, wie wir es in den vergangenen Monaten in dieser Frage auch getan haben. Sie haben vorhin wieder Bürgschaft und Massekredit miteinander verwechselt. Ich will Sie nicht belehren, aber ich glaube, den Menschen im Großraum Nürnberg ist in der Tat durch konkretes Handeln gedient, und das machen wir.
(Dr. Martin Runge (GRÜNE): So, wie Sie es bisher getan haben! - Dr. Thomas Beyer (SPD): Fangen Sie an! Handeln Sie!)
Wir haben diesen Prozess überhaupt erst eröffnet. Darüber gab es überhaupt keine Unstimmigkeit innerhalb der Bayerischen Staatsregierung. Seit Wochen arbeiten wir gemeinsam und entschlossen an dem Strukturprogramm. Sie werden sehen, dass wir es Stück für Stück abarbeiten werden, so wie wir auch in anderen Punkten Wort gehalten haben.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Quelle war das Leben für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber nicht nur für sie, sondern auch für ihre Familienangehörigen und für die Zulieferbetriebe. Momentan ist noch gar nicht abzusehen, wie weit Zulieferbetriebe auch in Mitleidenschaft gezogen werden. Quelle war für eine ganze Region das Leben. Quelle war in einer Weise Identität stiftend, wie es kaum ein anderer Arbeitgeber war. Wir haben nirgend sonst wo unter der betroffenen Belegschaft so viele Beschäftigte, die ihr Leben lang oder zumindest jahrzehntelang dort beschäftigt waren, wie bei Quelle. Deswegen müssen wir ganz spezifische Maßnahmen ergreifen, um diese Menschen aufzufangen und zu begleiten, damit das Aus für Quelle nicht das Aus für die Menschen in dieser Region bedeutet. Mit dem Aus meine ich das berufliche Aus.
Wir planen eine "Jobperspektive Quelle". Ich habe gestern mit den Vertretern der Arbeitsagentur, der Gewerkschaften und des Betriebsrats besprochen, dass wir Maßnahmen ergreifen wollen, die ganz spezifisch auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Quelle zugeschnitten sind. Sofort kamen die ersten kritischen Fra
gen der Journalisten, ob es jetzt Arbeitslose erster und zweiter Klasse gebe. Wird einer, der bei irgendeiner anderen Firma arbeitslos wird, nicht so gut behandelt wie die Leute bei Quelle? Diese Fragen werfen immer ein wunderbares Bild auf die Diskussionen. Manchmal ist es schon traurig. Ich habe darauf hingewiesen, dass ein Mitarbeiter einer anderen Firma, der in dieser Situation arbeitslos wird, nicht gleichzeitig mit 4.000 weiteren Kolleginnen und Kollegen in der gleichen Region auf den Markt der Arbeitsuchenden kommt, sodass die Besonderheit bei Quelle aus meiner Sicht sehr wohl eine besondere Behandlung rechtfertigt.