Protocol of the Session on July 16, 2009

Wir hätten die Gelegenheit zu einer präventiven Gesundheitspolitik gehabt. Sie haben sich verweigert. Sie haben die Chance vorbeigehen lassen. Wir werden Ihrem Antrag zustimmen, aber er ist halbherzig und scheinheilig und nur ein Zuckerl für Ihre Gesundheitspolitiker.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich darf Ihnen mitteilen, dass zu diesem Dringlichkeitsantrag von der CSU-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden ist.

(Unruhe)

- Wenn wir uns beruhigt haben, können wir fortfahren.

Als nächste Rednerin hat Frau Kollegin Theresa Schopper das Wort. Bitte schön, Frau Schopper.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Danke schön. - Gestern, als es um das Rauchverbot ging, waren die Freien Wähler mehrheitlich auf der Seite derer, die die Gesundheit der Menschen in Bayern aufs Spiel setzen. Heute gibt es die Salbe für die Gesundheitspolitiker. Das ist Ihre Politik. Sie haben einen politischen Kompass, der Sie in eine falsche Richtung führt, und Sie wissen nicht, was Sache ist.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der CSU)

Ihre Politik erinnert mich mehr an die Geschichte von Dr. Jekyll und Mr. Hyde als an Freie Wähler. Einmal sind Sie so, ein anderes Mal sind Sie so. In Ihrem Dringlichkeitsantrag steckt ein richtiges Anliegen, aber in dem politischen Kontext - das muss ich ganz ehrlich sagen - heben Sie bei mir keine Ehre auf. Es ist schändlich, wie Sie hier die politische Debatte führen. Sie tun so, als würden Sie Ihrem Wahlversprechen nachkommen. Ich kann mich sehr gut an die Veranstaltung von Herrn Dr. Zimmermann erinnern. Wir mussten uns beschimpfen lassen, und Sie haben gesagt, was Sie alles für die Freiheit und für die Raucher tun. In Sachen Gesundheit enthielt Ihre Argumentation kein Jota. Nur weil Sie Apfelschorle trinken, heißt das nicht, dass alle anderen gesund sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der CSU)

Richtig an Ihrer politischen Argumentation ist, dass eine Zigarette ein Sammelalbum von chemischen Verbin

dungen darstellt. 3.800 Verbindungen lauern in einer Zigarette, 200 davon sind giftig, 40 krebserregend. Bis zu 600 Zusatzstoffe werden hinzugefügt, um den Rauchern das Rauchen schmackhaft zu machen. Jeder hat ein Beispiel von Zusatzstoffen genannt. Ich nenne Ammoniak, welches die schnellere Aufnahme des Nikotins in den Blutkreislauf und ins Gehirn ermöglicht, wodurch die Raucher einen angenehmen Flash wahrnehmen. Zucker wird hinzugefügt und auch Menthol, damit der Schmerz beim Husten minimiert wird.

(Hubert Aiwanger (FW): Deshalb gehört es verboten!)

Wir haben schon im Jahr 2005 im Bundestag gefordert, die Liste aller Zusatzstoffe zu veröffentlichen und die kanzerogene Wirkung zu untersuchen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ihr Anliegen ist wichtig. Es ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Unsere Fraktion schwankt zwischen Enthaltung und Zustimmung. Inhaltlich ist Ihr Anliegen richtig, aber bei der Art und Weise, wie Sie den Antrag einbringen, kann ich mir kaum verkneifen, gegen Ihren Antrag zu stimmen. Denn Sie erwecken heute den Eindruck, dass die Raucher, wenn sie schon rauchen müssen, eine gesunde Zigarette brauchen, und dass Sie der Garant dafür seien. Das aber glauben Sie doch selber nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der CSU)

Deshalb werden einige von uns dem Antrag zustimmen, andere werden sich enthalten. Sie müssten sich im Grunde unter der Decke verstecken oder im Mauseloch verschwinden.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und Abgeord- neten der CSU)

Als nächster Redner hat nun der Kollege Thomas Dechant das Wort.

(Unruhe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es ist verständlich, dass dieses Thema zur allgemeinen Erregung beiträgt, aber wir sollten jetzt unsere Aufmerksamkeit dem nächsten Redner schenken. Bitte schön, Herr Dechant.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal lobe ich im Gegensatz zu allen anderen die Freien Wähler. Ich finde es positiv, dass so etwas grundsätzlich zum Thema gemacht wird. Ich hoffe, dass etwas davon nach außen dringt.

(Unruhe)

(Heiterkeit)

Ich hoffe auch, dass dadurch die Leute informiert werden, welche Inhaltsstoffe in Zigaretten sind, welche Stoffe süchtig machen usw. Ich muss mich aber auch der Feststellung meiner Vorredner anschließen, dass der Antrag am Thema vorbeigeht. Wir müssen eine allgemeine Diskussion führen, und wir müssen darauf achten, dass die Leute weniger rauchen. Das Thema Prävention wurde von Herrn Dr. Vetter angesprochen. Ich frage mich, warum Sie nicht in dem Antrag gefordert haben, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, damit die Leute informiert werden oder damit sie vom Rauchen abgehalten werden. Sie wollen lediglich Zusatzstoffe in Zigaretten verbieten und erwecken damit den Eindruck, dass dann das Rauchen nicht mehr gefährlich sei.

(Hubert Aiwanger (FW): Ach, geh!)

Darüber müssen Sie einmal nachdenken. Das könnte durchaus geschehen. Aufklärung an sich wäre gut. Eines sage ich auch noch: Verbote sind keine Lösung. Es gibt so viele gefährliche Sachen. Soll man bei schnellen Autos die großen Motoren verbieten,

(Ulrike Gote (GRÜNE): Ja! Super!)

weil auch die gefährlich sind? Oder soll man - meine Herren, aufgepasst! - vielleicht bei kalter Witterung kurze Röcke verbieten? Wollen wir das wirklich?

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Es ist doch keine Lösung, etwas zu verbieten, nur weil es gefährlich ist. Soll man den Alkohol in Schnaps, Wein und Bier - das wäre die Konsequenz des Antrags der Freien Wähler - verbieten?

(Hubert Aiwanger (FW): Jawohl, alles raus!)

Es kann doch keine Lösung sein, alles zu verbieten. Wir haben dem Bürger gestern ein Stück Freiheit und ein Stück Verantwortung zurückgegeben.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich bin nicht bereit, heute dem Bürger wieder ein Stück Verantwortung zu nehmen. Jeder kann sich entscheiden, ob er Zigaretten kauft oder nicht, ob er etwas anderes raucht oder ob er das Rauchen gleich sein lässt. Herr Zimmermann, Frau Dittmar, Frau Schopper, Sie missbrauchen heute diesen Antrag, um die Debatte von gestern noch einmal aufzurollen. Das finde ich nicht gut.

Herr Aiwanger, eines muss ich Ihnen noch sagen: Sie sind heute so schön und so oft erwähnt worden. Ich möchte Sie in Schutz nehmen, weil Sie es manchmal halt so machen, dass Sie ihre Statements an das Publikum anpassen, und das ist manchmal auch ganz schön.

(Beifall bei der FDP - Hubert Aiwanger (FW): Stimmt überhaupt nicht!)

Herr Dechant, bleiben Sie bitte am Rednerpult stehen; denn die Frau Kollegin hat sich für eine Zwischenintervention angemeldet. Frau Kollegin Sonnenholzner, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Die Präsidentin hat den gestrigen Plenartag mit einer Sternstunde beschlossen. Herr Präsident, das ist ein echter Tiefpunkt, mit dem wir heute früh diese Debatte beginnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Dechant und Fraktion der FDP, die Scheinheiligkeit kann das erträgliche Maß auch übersteigen. Sie erzählen uns hier gerade von der Schädlichkeit des Rauchens und sagen, man solle nicht vorgaukeln, dass das nicht schädlich sei. Was haben Sie denn gestern die ganze Zeit getan?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und den GRÜ- NEN)

Der Freistaat Bayern hat es Ihnen zu verdanken, dass in den Wirtschaften wieder geraucht werden darf. Jetzt versucht ein Teil der Freien Wähler, das, was gestern schiefgelaufen ist, wieder zu besänftigen nach dem Motto: Unter unserem breiten Mantel hat der ganze Freistaat Platz. Herr Aiwanger, das wird aber nicht funktionieren. Genau so funktioniert Politik nicht. Es funktioniert nicht so, dass ich mein Fähnchen am Mittwoch nach rechts und am Donnerstag nach links hänge und schaue, dass sich doch darin alle wiederfinden können.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Abgeord- neten der CSU)

Es funktioniert auch nicht, Herr Aiwanger, dass Sie sagen, wir verböten die Zigaretten, weil die Aussage Ihres Antrages im Kern ist: Wir verbieten die Zigaretten. Hauptsache, in der Wirtschaft darf weiterhin geraucht werden, damit uns beim nächsten Mal die Gastwirte wieder wählen. Wir werden in diesem Freistaat den Menschen sagen, wie Sie hier Politik machen. Sie stellen einen Antrag, der darauf abzielt, die Bundesregierung aufzufordern. Wo sind Sie denn gewählt? Sie

sitzen hier. Sie treten bei den Bundestagswahlen nicht einmal an

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und Abgeord- neten der CSU)