Protocol of the Session on July 15, 2009

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen uns hier nicht vor. Die Kolleginnen und Kollegen wissen vielleicht nicht, dass wir hier oben auf dem Pult einen Knopf haben, der "Revolution" heißt. Ich kann feststellen, diese ist nicht ausgebrochen. Ich danke für die weitgehend sachliche Debatte und hoffe, dass wir jetzt konzentriert in die Abstimmungen gehen können.

(Unruhe)

Wir trennen hierzu die Tagesordnungspunkte wieder. Bevor ich über den Regierungsentwurf abstimmen lasse, stelle ich die beiden Initiativgesetzentwürfe der Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Freien Wähler zur Abstimmung.

Ich lasse zuerst über den Tagesordnungspunkt 22 abstimmen. Der Abstimmung liegt der Gesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/1275 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/1821 die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer hingegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und ein Teil der Freien Wähler. Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der Großteil der Freien Wähler.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): )

- Ich bin froh, wenn ich Herrn Dr. Beyer zufriedengestellt habe.

Enthaltungen bitte ich noch anzuzeigen. - Keine. - Entschuldigung, es werden immer mehr: drei. Damit ist der Gesetzentwurf des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN abgelehnt.

(Anhaltende Unruhe)

Ich komme zur Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 23. Der Abstimmung liegt der Gesetzentwurf der Fraktion der Freien Wähler auf Drucksache 16/1390 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt auf Drucksache 16/1822 wiederum die Ablehnung des Gesetzentwurfs.

Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der Freien Wähler mit zwei Ausnahmen, wie ich das so sehe. Ich bitte, die Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, drei Stimmen der Freien Wähler, die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und Frau Pauli, ebenfalls mit Gegenstimme. Stimmenthaltungen? - Eine Enthaltung von den Freien Wählern und eine bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich komme jetzt zu Tagesordnungspunkt 21. Ich gehe zuerst in die Abstimmung mit Handzeichen. Dann bitte ich, in die namentliche Schlussabstimmung einzusteigen.

Der Abstimmung liegen der Gesetzentwurf auf Drucksache 16/954, der Änderungsantrag auf Drucksache 16/1415 und die Beschlussempfehlung mit Bericht des federführenden Ausschusses für Umwelt und Gesundheit auf Drucksache 16/1823 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Umwelt und Gesundheit empfiehlt Zustimmung mit der Maßgabe, dass § 1 Nummer 3 Buchstabe b) eine neue Fassung erhält. Ich verweise insoweit auf die Drucksache 16/1823.

Wer dem Gesetzentwurf mit der vorgeschlagenen Änderung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und eine Freie Wählerin.

(Hubert Aiwanger (FW): Nicht alle!)

Die Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind mit der genannten einen Ausnahme die Freien Wähler, die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, zwei Stimmen bei der CSU und eine Stimme bei der FDP. Ich bitte jetzt, die Stimmenthaltungen anzuzeigen. - Eine Enthaltung bei der CSU. Habe ich jemanden übersehen? - Nein. Damit ist dieser Gesetzentwurf angenommen.

Antrag auf Dritte Lesung wurde nicht gestellt. Deswegen können wir an diesem Punkt in die namentliche Abstimmung eintreten. Wir führen sie gemäß § 56 der Geschäftsordnung durch und kommen gleich zur Schlussabstimmung. Diese soll, wie in § 127 Absatz 2 Satz 1 der Geschäftsordnung vorgesehen ist, namentlich erfolgen.

(Unruhe)

Ich habe die Abstimmung noch nicht eröffnet. Ich brauche nach dieser Abstimmung das perfekte Protokoll.

Abstimmungsgrundlage ist der Gesetzentwurf in der Fassung des federführenden Ausschusses für Umwelt und Gesundheit.

Für die Stimmabgabe sind, wie gehabt, die Urnen auf beiden Seiten des Sitzungssaales und am Stenografentisch aufgestellt. Jetzt kann mit der Abstimmung begonnen werden. Sie haben fünf Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 11.10 bis 11.15 Uhr)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sind alle Stimmen abgegeben? Wir haben noch ein paar Sekunden. Letzter Aufruf. - Das scheint der Fall zu sein. Damit schließe ich die Abstimmung. Ich werde das Ergebnis nach Auszählung bekannt geben.

Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 16 auf:

Gesetzentwurf der Abg. Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Errichtung eines Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich (BayULZD) (Drs. 16/629)

- Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von sieben Minuten pro Fraktion vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Stahl.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Bitte schön, Frau Kollegin.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der spannenden Debatte weiter im Geschäft.

Mit diesem Gesetzentwurf wollen wir eine Stärkung des Datenschutzes für die Bürgerinnen und Bürger erreichen. Die in der laufenden Debatte bisher geäußerten Bedenken haben uns jedenfalls nicht davon überzeugt, dass dieser Gesetzentwurf hinfällig wäre.

Bisher sorgt sich der Landesdatenschutzbeauftragte um den Datenschutz im öffentlichen Bereich. Sein Amt hat, wie Sie wissen, Verfassungsrang. Die Regierung von Mittelfranken wiederum ist zuständig für den Datenschutz im privaten Bereich, der unseren Schutz auch dringend nötig hat.

Sowohl die Bundesregierung als auch die Staatsregierung sind aus unserer Sicht viel zu zögerlich, wenn es darum geht, Abwehrrechte gegen Missbrauch und Betrug mit Daten zu installieren. Der Bundesgesetzgeber ist bei der Novellierung des Bundesdatenschutzgesetzes vor der Wirtschaftslobby eingeknickt. Trotz heftiger Skandale bei der Bahn und im Handel wird nicht an einem wirklich wirksamen Datenschutz gearbeitet. Es gibt Lücken im Gesundheitsbereich. Die Kommunen gehen manchmal sehr sorglos mit den Daten ihrer Bürgerinnen und Bürger um. Die Begehrlichkeiten sind insgesamt sehr groß - Begehrlichkeiten von Versicherungen bis hin zum Adressenhandel der Wirtschaft. Auch die Universitäten und die Schulen bleiben in diesem Feld nicht von Übergriffen frei.

Deshalb müssen wir Grenzen setzen, Grenzen, wie sie beispielsweise in der Debatte um Google Street View tatsächlich auch sehr einvernehmlich gesetzt worden sind, wenn wir auch meinen, dass das nur ein Anfang sein kann und die Kontrolle hier natürlich auch noch weiter greifen muss. Trotzdem läuft uns in diesem Bereich alles viel zu zögernd und zu zaudernd.

Ich verstehe nicht ganz, wieso man auf der anderen Seite bei Sicherheitsgesetzen immer meint, die Grenzen ausloten zu müssen, beim Datenschutz dann aber doch sehr viel zurückhaltender ist. Ich erinnere mich da an die gestrige Debatte. Herr Kollege Weiß von der CSU meinte, man müsse hier auf jeden Fall bis an die äußerste Grenze gehen, um Sicherheit zu gewährlei

sten. Herr Kollege Weiß und liebe Kollegen von der CSU, ich würde mir wünschen, dass Sie dieses Engagement auch beim Datenschutz zeigen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das zuletzt vom Bundesverfassungsgericht formulierte Grundrecht auf Schutz der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme hat uns ein weiteres Instrument dafür in die Hand gegeben.

Ich will die Stärkung des Datenschutzes im privaten Bereich durch die Staatsregierung nicht komplett in Abrede stellen, wobei ich auch tatsächlich anerkenne, dass das Personal bei der Regierung von Mittelfranken sehr bemüht ist und dass es aufgestockt worden ist. Auch die Sachmittel wurden erhöht. Aber das genügt natürlich nicht, wenn diese Einheit dort eine verwaltungsorganisatorische bleibt, die als Sachgebiet bei der Regierung von Mittelfranken angesiedelt ist, und sogar noch, wenn es um technische Datenschutzkontrolle geht, auf den TÜV zurückgreifen muss. Das ist in den anderen Bundesländern mittlerweile anders.

Wir wollen ein unabhängiges Datenschutzzentrum, das natürlich - und ich bitte doch darum, auf dieses Argument einzugehen; denn ich habe in den vergangenen Debatten nicht mitbekommen, dass das so gewesen wäre - der Rechtsaufsicht unterliegen muss. Natürlich ist auch Schleswig-Holstein, das immer kritisiert wird, mit einer Rechtsaufsicht versehen. Aber ich bin der Meinung, dass dort, wo in den privaten Bereich eingegriffen wird, selbstverständlich auch eine Rechtsaufsicht bestehen muss. Ob das dann mit den europäischen Wünschen kompatibel ist - eine Entscheidung hierzu wird es noch geben -, werden wir sehen. Auf jeden Fall bietet unser Gesetzentwurf eine Verbesserung gegenüber dem jetzigen Zustand.

Auch auf die Argumente der SPD möchte ich ganz kurz eingehen. Die SPD hat im Ausschuss noch gemeint, wir würden mit diesem Gesetzentwurf zwei Stellen zementieren, Herr Rinderspacher, und eine Zusammenführung, wie wir sie uns eigentlich wünschen, wäre damit nicht mehr möglich. Ich denke, das ist in dieser Konstellation - ich habe mir das noch einmal durch den Kopf gehen lassen - überhaupt nicht der Fall. Sie können natürlich ein solches Zentrum, das der Rechtsaufsicht unterliegt und als Anstalt des öffentlichen Rechts konzipiert ist, selbstverständlich mit dem öffentlichen Bereich zusammenlegen. Das halte ich nicht für das große Problem. Wir werden uns aber im Klaren sein müssen, welchen Weg wir gehen wollen und welche Lösung gesucht werden muss. Wir haben noch vier Jahre. Ich appelliere an Sie, noch einmal zu überlegen, ob es vielleicht doch eine praktikable Lösung geben kann. Das Problem liegt - wie gesagt - darin, dass unser Daten

schutzbeauftragter für den öffentlichen Bereich Verfassungsrang hat. Das bedeutet, wir müssen entweder den privaten Bereich ebenfalls mit Verfassungsrang versehen, was etwas schwierig wäre, oder wir müssen den Datenschutzbeauftragten für den öffentlichen Bereich herausnehmen bzw. es findet sich ein dritter Weg, auf dem man das Ganze verwaltungstechnisch lösen kann.

In diesem Sinne bitte ich als einen ersten Schritt um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin. Als nächsten Redner darf ich für die CSU-Fraktion Herrn Prof. Dr. Bausback ans Mikrofon bitten.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Datenschutz ist in der Tat ein großes, ein wichtiges Thema. Aber, Frau Kollegin Stahl, die Beschwörung von Skandalen und Schnellschüsse bringen uns nicht weiter. Zwar erkennen Sie die Maßnahmen der Staatsregierung auf der einen Seite an, wie auch die Arbeit der Mitarbeiter im Landesamt, aber auf der anderen Seite nehmen Sie leider offensichtlich nicht zur Kenntnis, dass damit eine gegenüber Ihrem Modell wesentlich leistungsfähigere Einheit, die unserer Rechts- und Verfassungsstruktur entspricht, geschaffen ist.

Der von Ihnen eingebrachte Gesetzentwurf bringt gegenüber der Lösung, die mit dem Bayerischen Landesamt für Datenschutz an der Regierung von Mittelfranken gefunden wurde, keinerlei Vorteile. Vielmehr haben Sie, wenn Sie eine eigene Anstalt gründen, zunächst einen unglaublich bürokratischen Umbau zu leisten, was zulasten der Ressourcen geht, die sonst für die Lösung der Probleme des Datenschutzes im nichtöffentlichen Bereich zur Verfügung stünden.

Ihr Gesetzentwurf ist allerdings ein Etikettenschwindel, soweit wir die Überschrift lesen. Sie räumen selbst ein, dass eine völlige Unabhängigkeit auch bei Ihrem Modell nicht intendiert ist, obwohl Sie das in der Überschrift sagen, da Sie das nach unseren Strukturen auch müssen. Sie räumen ein, dass wir auch da eine Rechtsaufsicht brauchen.

Ich denke, es ist richtig und wichtig, den Datenschutz im nichtöffentlichen Bereich in die Ministerialverantwortung mit hineinzunehmen. Es ist eine ganz andere Struktur als der Datenschutz im öffentlichen Bereich, da es beim Datenschutz im privaten Bereich auch um Grundrechtskollisionen geht. Insoweit ist es schon wichtig, dass hier eine Einbindung in die Ministerverantwortlichkeit erfolgt.

Der Gesetzentwurf, den Sie hier vorlegen, hätte in der Tat eine Zuständigkeitszersplitterung für den Datenschutz in der Staatsregierung zur Folge. Das wäre keine sinnvolle Entwicklung. Noch eines kommt hinzu, und das ist kein unwichtiger Punkt. Die Bundesrepublik Deutschland streitet sich derzeit mit der EU-Kommission darüber, ob die Regelungen der Datenschutzaufsicht im nichtöffentlichen Bereich in den Ländern der Bundesrepublik Deutschland der EU-Datenschutzrichtlinie entsprechen. Grundlage dieser Datenschutzrichtlinie ist die Harmonisierungskompetenz in Artikel 95 EG. Die Frage ist, wie weit hier die Auslegung der Datenschutzrichtlinie auf EU-Ebene greift und wie weit wir eventuell durch die Modelle, die wir in der Bundesrepublik Deutschland bereits haben, eine richtlinienkonforme Auslegung haben. Und da, denke ich, ist die Position der Bundesrepublik Deutschland richtig.