Protocol of the Session on July 15, 2009

In die Zeiten, als diese Entscheidungen gefallen sind, fiel auch das damalige sogenannte Grenzlandförderprogramm. Es hatte in den siebziger und achtziger Jahren, aber auch noch in den neunziger Jahren viele Wohltaten und viele Arbeitsplätze in den Grenzregionen ermöglicht. Von diesen erfolgreichen politischen Instrumenten ist heute nicht mehr so viel zu sehen. Schlimm ist, dass es die Staatsregierung weiß, dass sie diese Regionalförderungspolitik auch preist, dass sie sie aber nicht mehr in der früheren Intensität und Stärke nutzt.

Das Fitnessprogramm für Nordbayern und Ostbayern ist nicht Gegenstand einer zentralen politischen Entscheidung gewesen, sondern es war ein Zufallsprodukt, nachdem plötzlich Transrapid-Mittel zur Verfügung standen, die so nicht eingeplant waren. Hätte die Staatsregierung damals den Transrapid durchsetzen

können, wären die Mittel, die jetzt in die Regionalförderung gegangen sind, überhaupt nicht zur Verfügung gestanden.

Die benachteiligten Regionen brauchen uns heute genauso wie vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren. Die bayerische Wirtschaft braucht diese Regionen auch. Ich brauche die Strukturdaten und Prognosen für die oberfränkischen, die oberpfälzischen und niederbayerischen Teilräume nicht vortragen. Wir haben sie alle vor Augen.

Wie sind die politischen Gegebenheiten? Die Staatsregierung hat die Regionalförderung gekürzt. Wer etwas anderes sagt, sagt nicht die Wahrheit. Der zentrale Topf ist zwar um 4,6 Millionen aufgestockt worden. Sonderförderprogramme wie der Sondertopf "Ertüchtigungsprogramm Ostbayern" und die Innovationsoffensive sind im letzten Jahr ausgelaufen. Solange die EU solches zulässt, ist in Bayern zur Erreichung des Ziels gleichwertiger Lebensbedingungen eine kraftvolle regionale Wirtschaftspolitik unverzichtbar. Wir wissen ohnehin noch nicht ganz genau, was die Förderperiode ab dem Jahr 2014 bringen wird. Wir haben die Sorge, dass es dann schwerer oder unmöglich wird.

Die Grenzregionen selbst entwickeln neue Ideen. Sie machen sich auf, Europa-Regionen zu bilden. Die IHK in Passau forciert dies auf der Ebene der Wirtschaft, die Kommunen auf der kommunalpolitischen Ebene. Zwischen Tschechien, dem Land Oberösterreich und den Wirtschaftspartnern auf der bayerischen Seite soll ein Zusammenschluss in Form einer Europa-Region geschaffen werden. In einer Anfrage vom 9. Februar wollte ich von der Staatsregierung wissen, welche Haltung die Staatsregierung zu diesen Initiativen vertritt. Die lapidare Antwort lautete, dass entsprechende Überlegungen erst für die Strukturfonds-Periode 2014 aktuell seien. Das ist richtig. Heute ist es aber höchste Zeit, sich diesen Fragen und Entwicklungen zu stellen. Die tschechischen und oberösterreichischen Partner haben längst mit Planungs- und Vorbereitungsmaßnahmen sowie mit Fortbildungen für die Mitarbeiter begonnen. Deshalb ist es völlig inakzeptabel, wenn die Bayerische Staatsregierung dieses Thema einfach liegen lässt. Sie verschlafen an dieser Stelle wichtige Entwicklungschancen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Was die Staatsregierung für die ländlichen Räume wirklich tut, habe ich in den letzten zwei Wochen zu Hause erleben müssen. Gestatten Sie mir, Ihnen an dieser Stelle einige Eindrücke aus dem Bayerischen Wald zu berichten: Die Region, aus der ich komme, ist der Landkreis Freyung-Grafenau, Gemeinde Riedlhütte. Diese Region steht unter Schock, weil ein seit 550 Jahren be

stehendes Glaswerk vor der Schließung steht. An dem Tag, als dies bekannt wurde, war die Staatssekretärin in unserer Region und ließ uns wissen, dass die Lage schwierig sei. Das wissen wir auch.

Sehr geehrte Frau Staatssekretärin, richtig giftig hat mich die Tatsache gemacht, dass am gleichen Tag, als die Schließungspläne für dieses Werk bekannt wurden, der Staatssekretär-Ausschuss durch die Lande zog und den Landkreis Freyung-Grafenau und andere Landkreise in allen Regierungsbezirken zu Beispielregionen erklärt hat. Dies ist eine Idee der alten Staatsregierung, die am 1. August 2008 - ein paar Wochen vor der Landtagswahl - bekannt gemacht worden ist. Diese Deklarierung verschiedener Regionen als Beispielregionen war ein untauglicher Versuch, in den ländlichen Räumen Wahlkampf zu machen und zu kaschieren, welche wirksamen Instrumente die Staatsregierung tatsächlich für die ländlichen Räume hat.

Inzwischen ist fast ein Jahr vergangen. Jetzt fällt der Startschuss erneut. Was ist in diesem Jahr geschehen? Ich will es Ihnen sagen: Nichts. Sie haben für die Beispielregionen keine Ideen und kein Geld. Das ist eine Politshow ohne Substanz. Das haben diese Regionen nicht verdient.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Abschließend haben die Vertreter der FDP-Fraktion zum Thema Regionalentwicklung noch eins draufgesetzt. Sie haben nicht nur nichts Aktives und Positives zur Regionalentwicklung beigetragen, sondern haben auch noch den staatlichen Image-Träger par excellence in dieser Region, den Nationalpark Bayerischer Wald, unreflektiert und substanzlos mies gemacht. Der Nationalpark ist nicht nur ein mittelständisches Unternehmen in der Region, sondern auch für über 100 Hotels und Gaststätten ein wichtiger Kooperationspartner. Diesen Imageträger in Misskredit zu bringen - wie Sie das getan haben - ist eine besondere Form der regionalen Förderung, die ein weiteres Mal belegt: Sie haben zum Thema regionale Wirtschaftspolitik nichts zu bieten.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Zum Schluss möchte ich sagen: Wir können schon froh sein, wenn Ihre Politik dieser regionalen Entwicklung nicht schadet. Sehr geehrter Herr Staatsminister, machen Sie eine Wirtschaftspolitik, wie erfolgreiche Unternehmer Unternehmenspolitik betreiben: Nennen Sie konkrete Ziele. Nennen Sie die durchzuführenden Maßnahmen. Legen Sie Zeitpunkte fest. Bestimmen Sie die Verantwortlichen. Dann können wir konstruktiv verhandeln. Wolkiges und Blumiges haben wir genug gehört. Die Menschen wollen Taten sehen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Als nächstem Redner erteile ich Herrn Dr. Martin Runge für die GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Minister Zeil, wir haben bislang einen höflichen und freundlichen Umgang mit Ihnen gepflegt und Sie von derber Kritik und allzu tiefen Fragen verschont, weil wir um Ihre anfangs schwierige Position in diesem Kabinett und um die Notwendigkeit einer Einarbeitungszeit wussten. Jetzt ist aber Schluss mit lustig. Herr Kollege Muthmann hat Ihre sogenannte Regierungserklärung bereits treffend kommentiert. Deshalb kann ich gleich das nächste Kapitel aufschlagen. Herr Kollege Huber, ich habe bereits in der letzten Sitzung des Wirtschaftsausschusses etwas gesagt, was mir nicht leicht gefallen ist: Mittlerweile wünsche ich mir Ihre Vorgänger und Ihre Vorgängerin, die ich erleben durfte, in das Gemäuer in der Prinzregentenstraße zurück.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Minister Zeil, ein Wirtschaftsminister, der offenbar nicht weiß, was er sagt und was er tut, ist in der jetzigen Situation alles andere als hilfreich.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich nenne zwei Beispiele, zunächst Ihr Agieren in Sachen Quelle. Wir können nachvollziehen, dass Sie hier von Ihrer Linie, die Sie vorher wie eine Monstranz vor sich hergetragen haben, abgewichen sind. Wir konnten das akzeptieren, haben wir doch auch beiden Beschlüssen am 18. Juni im Plenum zugestimmt. Hinterher haben Sie aber genau das Gegenteil dessen behauptet, was Sie getan haben, und haben dies in Interviews auch noch gutgeheißen. Das ist ein starkes Stück. Ich darf Sie aus dem "Münchner Merkur" vom 3. Juli 2009 zitieren:

Für uns war wichtig, dass wir keine Entscheidung mittragen, die von unserer bisherigen restriktiven Linie abweicht. Wir haben daher auch manche Überlegung klar abgelehnt.

Dann fragte der Reporter nach einer Bürgschaft für Quelle. Sie haben darauf geantwortet: "Genau. Eine solche Bürgschaft hätte aus der Sicht der FDP ein nicht vertretbares Risiko für die Steuerzahler bedeutet." Da haben uns die Ohren geklungen; denn wir wussten genau, dass Sie zwei Wochen zuvor im Kabinett der Bürgschaft zugestimmt haben. Das war bereits nach der Insolvenz. Sie haben dieser Bürgschaft nicht nur zugestimmt. Ich lese Ihnen einmal vor, was Sie eine Woche vor dem letztgenannten Interview in der glei

chen Zeitung gesagt haben. Dort war zu lesen: "Minister Zeil verteidigt die Quelle-Rettung". Es gebe nun wieder eine Chance für Quelle. Mit der Bürgschaft würde das insolvente Versandhaus Zeit gewinnen.

Sie sollten sich schon überlegen, was Sie sagen. Sie versuchen jetzt, auszuweichen und behaupten, Sie hätten die Prüfung gemeint. Dann sollten Sie aber auch in den Interviews, die Sie sicher verifizieren und autorisieren lassen, klarstellen, dass Sie nur die Prüfung meinen. Das ist mit vielen Fallstricken verbunden.

Herr Minister, das zweite Beispiel sind Ihre Argumente für die Ablehnung unseres Dringlichkeitsantrags vom 1. Juli, mit dem ein Bericht der Staatsregierung über Ihre Linie gefordert wurde. Da haben Sie tatsächlich in der Plenar-Debatte und wenig später in einem Interview mit der BR-Moderatorin Ursula Heller behauptet, die GRÜNEN würden mit Ihrem Antrag zum einen die Offenlegung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und zum anderen den Bruch des Bankgeheimnisses fordern. Das ist völlig unwahr. Sie haben unseren Antrag nicht verstanden. Zum anderen, Herr Minister, empfehle ich Ihnen, das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs aus dem Jahr 2006, GRÜNE gegen Stoiber und andere, nachzulesen. Dort steht ganz klar: Selbst wenn es um Schutzinteressen Dritter geht, die grundgesetzlich geschützt sind, dominieren unsere Informations- und Kontrollrechte als Abgeordnete. Nicht einmal dieses Argument würde Ihnen hier helfen.

Damit komme ich zu unserem Begehren, von der Staatsregierung eine klare Linie einzufordern. Ich muss noch einmal betonen: Sie haben diese Linie nicht einmal ansatzweise. Ihnen fehlt jeglicher Kompass. Das ist gerade wieder deutlich geworden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schön, dass Sie heute da sind, Herr Ministerpräsident. Dann darf ich auch Sie zitieren. Unser Herr Ministerpräsident sagte in der Pressemitteilung vom 5. Juli 2009, vor der Anmeldung der Insolvenz, Folgendes: Wir halten es deshalb für dringend notwendig, dass die beantragte Rettungsbeihilfe schnellstmöglich bewilligt wird. In der heutigen Sitzung hat Herr Zeil gesagt: Ich möchte einmal wissen, was uns die Leute erzählt hätten, wenn wir nach den Vorgängen, die jetzt transparent geworden sind, vor der Insolvenz in dieses Fass ohne Boden Geld und Unterstützung gegeben hätten. Innerhalb der Staatsregierung weicht die Meinung um 180 Grad ab. Herr Ministerpräsident, Sie haben eine erstaunlich klare Linie, nämlich die SPD-Linie vor und nach der Insolvenz. Die Linie des Wirtschaftsministers weicht jedoch um 180 Grad ab. Sie sagen, Sie hätten eine klare Linie, wir meinen, Sie müssten einen Kompass finden.

Herr Zeil, Sie verblenden und verdrängen völlig die Tatsachen. Sie haben behauptet, es hätte keinen Streit in der Staatsregierung gegeben. Uns klingen noch die Worte von Herrn Minister Söder im Ohr, die ich gerne zitieren möchte: "Ich finde es besser, wenn der Wirtschaftsminister seinen Job macht und vor Ort ein Gespräch mit Betriebsräten und der Firmenleitung sucht, statt theoretische Fragen zu erörtern." - Das sehen Sie nicht als Dissens. Für uns war Ihre heutige Reaktion sehr bemerkenswert. Herr Minister, Sie haben zu meiner Freude gesagt: "Das Agieren der politischen Leitungen der beiden in Berlin zuständigen Ministerien". Hierzu haben nicht nur Ihre Freundinnen und Freunde Beifall geklatscht, sondern auch ein ganzer Schwung CSU-Abgeordneter. Den Bundeswirtschaftsminister haben Sie damit abgewatscht.

(Beifall bei der SPD, den Freien Wählern und den GRÜNEN - Dr. Otmar Bernhard (CSU): Das kann nicht sein! - Margarete Bause (GRÜNE): Das wird hier alles genau beobachtet!)

- Sie haben geklatscht. Sie saßen da oben und haben geklatscht.

Nun möchte ich die wirtschaftliche Situation und die aktuelle Wirtschaftspolitik einordnen. Das Finanzmarktdesaster, welches durch die entsprechenden Fehlleistungen in der Politik, auch unter der rot-grünen Bundesregierung, und durch die Medienpropaganda begünstigt worden ist, hat uns abrupt in die jetzt bekannte Wirtschaftskrise geführt. Die Krise hat sich aber schon viel früher abgezeichnet. In den Monaten davor haben wir massiv unter einer extremen Verteuerung der Rohstoffpreise, im Speziellen der Preise für fossile Energieträger, gelitten. Uns allen war bewusst, dass wir es mit den drohenden katastrophalen Auswirkungen des Klimawandels, der Welternährungskrise und mit der immer größeren Ungerechtigkeit vor allem zwischen Nord und Süd zu tun haben. Diese Signale haben gezeigt, dass es nicht so weitergehen kann wie bisher. Das heißt, dass es sich mitnichten nur um eine Konjunkturkrise handelt, wie viele behaupten, sondern um eine Systemkrise. Das System hat versagt. Deshalb müssen wir unsere Wirtschaftspolitik grundsätzlich auf den Prüfstand stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wirtschaften bedeutet, dass mit knappen Ressourcen haushälterisch umzugehen. Tatsächlich basieren Produzieren und Konsumieren in der modernen Industrieund Dienstleistungsgesellschaft auf Verschwendung und Ausbeutung. Unsere Art zu Wirtschaften geht zulasten der Menschen in anderen Kontinenten, zulasten kommender Generationen und zulasten der Umwelt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der Versuch, die Krise nacheinander abzuarbeiten, ist in unseren Augen bodenloser Unfug. Jetzt ist eine radikal veränderte Wirtschaftsform notwendig. In der Finanz- und Steuerpolitik, in der Wirtschaftspolitik, in der Haushaltspolitik und selbstverständlich auch in der Sozialpolitik muss radikal umgedacht werden. Wir müssen uns schleunigst um mehr Umwelt- und Klimaschutz, um Eine-Welt-Gerechtigkeit und eine Verteilungsgerechtigkeit bei uns kümmern.

Wir müssen ebenfalls darüber diskutieren, wie das Wirtschaftswachstum ausfällt. Ihr einziges Lösungsangebot ist ein neues Wachstum. Herr Minister Zeil, was machen Sie, wenn dieses Wirtschaftswachstum nicht eintritt? Welche Rezepte bieten Sie dann an? Wie wollen wir dann mit der Situation umgehen? Wiewohl ich die Wachstums-Debatte angesprochen habe, heißt das nicht, dass wir das Wachstum in einzelnen Unternehmen, in Branchen oder Volkswirtschaften verteufeln. Wir wollen deutlich machen, wohin uns ein auf Ausbeutung beruhendes Wachstum führt. Die Stichworte hierzu sind Ressourcenknappheit und Weltungerechtigkeit. Außerdem wollen wir deutlich machen, zu welchen Krisen und Verwerfungen das Platzen von Blasen - Blasen sind nun mal die größten Wachstumsträger - führt. Auch muss die zwingende Verknüpfung des Systems der sozialen Sicherung aller öffentlichen Haushaltssysteme mit einem stetigen und spürbaren Wachstum infrage gestellt werden. Hierbei sind wir ganz besonders gefordert. Wir befinden uns in einer schrumpfenden und alternden Gesellschaft. Von den großartigen Wachstumszahlen zu träumen, ist sehr fahrlässig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wohin uns die Ideologie von der Überlegenheit marktkonkurrenzieller Steuerung, auch in nicht wirtschaftlichen Lebensgebieten, und der Liberalisierungs- und Privatisierungswahn geführt hat, haben wir alle deutlich vor Augen geführt bekommen.

Sie haben über die Rolle des Staates gesprochen, ohne dazu etwas zu sagen. Das ist interessant. Wir sind der Meinung, dass wir in der heutigen Zeit einen starken Staat benötigen. Ein starker Staat ist nicht nur für die Regulierung wichtig, sondern auch als Anbieter von Dienstleistungen. Gerade in Krisenzeiten geht es darum, soziale und gesellschaftliche Verwerfungen zu verhindern. Auf die Frage: Passiert denn was? Passiert das Richtige? müssen wir antworten: Nein. Dieses Finanzmarktdebakel ist ein wunderbares Lehrbeispiel dafür, wohin der Aberglaube der Selbstheilungskräfte der Märkte in Verbindung mit Wachstumswahn und bewusster Blasenbildung führt. Der Finanzsektor ist eigentlich ein klassischer Dienstleistungssektor. Der Bedarf nach Kapital und nach Anlagemöglichkeiten soll zusammengebracht werden. Da auf einmal die Zins

margen den Beteiligten nicht mehr hoch genug gewesen sind, hat man sich darum bemüht, die Gewinne aus dem Zinsgeschäft durch Gewinne aus eigentlich bankwidrigen Geschäften zu ergänzen. Als vermeintlich lukrativer Geschäftszweig ist der Transfer mit Kreditrisiken entdeckt worden. Ein Beispiel ist der Handel mit forderungsgesicherten Forderungen, also ein PseudoWarenhandel.

Mittlerweile ist uns allen bekannt, was vorgefallen ist. Kredite und Kreditrisiken sind verkauft und gekauft worden. Sie sind verbrieft, gebündelt und gemischt worden, sodass schließlich überhaupt keine Transparenz vorhanden war. Die Bankinstitute sowie die einzelnen Beteiligten haben durch Umsatz- und Provisionserlöse, Boni und Gratifikationen wunderbar verdient. Tatsächlich hatten diese Geschäfte den Charakter von Glücksspielen oder Wetten. Derartige Geschäfte sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht der gegenseitigen Vorteilsbeschaffung dienen, sondern der letzte Teilnehmer auf der Strecke bleibt. Es handelte sich um ein gewaltiges global durchgespieltes Schneeballsystem. Den Zusammenbruch mit den entsprechenden Folgen haben wir daraufhin erlebt. Das Ergebnis dieser unsäglichen Zockerei mit fremden Geldern ist, dass die öffentliche Hand zur Begrenzung des Schadens Summen in schwindelerregender Höhe aufbringen muss.

Nun bin ich wieder beim Finanzmarkt. Passiert das Richtige? Ja oder Nein? Es gibt drei wesentliche Gründe, die zeigen, dass der Finanzmarkt ein spezieller Markt ist. Er muss besonders reguliert und beaufsichtigt werden. Zum einen geht es hauptsächlich um den Umgang mit fremden Geldern, die treuhänderisch bewirtschaftet werden. Zweitens hat der Finanzmarkt eine sehr große gesellschaftspolitische Verantwortung, weil es um die Kreditvorsorge, im Größeren um die Kapitalvorsorge der Wirtschaft geht. Drittens wissen wir alle, dass der Goldstandard abgeschafft worden ist. Mittlerweile sind die Staaten in der Pflicht, für die entsprechende Deckung zu sorgen. Die Banken haben die Möglichkeit zur Giralgeldschöpfung. Diese drei Gründe zeigen, dass Regulierung und Aufsicht unverzichtbar sind. Die jetzigen Debatten beschäftigen sich etwa damit, ab wann Hedge-Fonds oder Private-EquityFonds unter Aufsicht zu stellen sind. Materielle Vorschläge werden jedoch nicht eingereicht, weder vom Bundestag noch vom Europäischen Parlament.

Materielle Instrumente wären beispielsweise, die Eigengeschäfte von Universalbanken massiv zu begrenzen, für eine anständige Eigenkapitalhinterlegung zu sorgen, die Flucht über die Zweckgesellschaften einzuengen oder gar unmöglich zu machen. Man könnte zur Diskussion stellen, ob wir nicht endlich das unsinnige Instrument der Leerverkäufe verhindern wollen. Oder: Wie sieht es aus mit den Derivaten? - Man könnte

doch sagen, wo wirklich ein Geschäft dagegensteht, wo man sich gegen Kursrisiken und Kursveränderungen oder gegen die Veränderung der Rohstoffpreise absichern will, dort macht es Sinn. Wenn es aber rein spekulativ ist, dann macht es eben keinen Sinn mehr. Man könnte die Hedge-Fonds zügeln, man könnte die Relation von Eigenkapital und Fremdkapital nehmen und überlegen, wie groß darf der Hebel sein, wie groß darf er nicht mehr sein. Diese Überlegung gilt genauso für die Private-Equities.

Es gäbe also jede Menge Instrumente, und es gibt jede Menge Notwendigkeiten. Hier wird aber bedauerlicherweise nicht angesetzt. Was macht Berlin? - Eine Verschuldungskrise soll durch Verschuldung gelöst werden, Zweckgesellschaften werden durch neue Zweckgesellschaften ersetzt, ich nenne als Stichwort nur Bad Bank, und ein Asmussen soll durch einen Asmussen geheilt werden. Das ist doch wirklich eine fantastische Lösung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Grüne Wirtschaftspolitik für Bayern heißt hingegen, die ökologische Modernisierung voranbringen, den Mittelstand fördern, Innovationen anschieben, die kommunale Daseinsvorsorge garantieren, das Bildungssystem leistungsfähig, hochwertig und gerecht gestalten, eine gut funktionierende ökologische und sozial verträgliche Infrastruktur zu schaffen. Das heißt, wir GRÜNE stehen für eine Wirtschaftspolitik, die auf der einen Seite das gesellschaftliche und das individuelle Wohlergehen fördern will, die auf der anderen Seite aber der Begrenztheit der Ressourcen Rechnung trägt. Unsere Wirtschaftspolitik trägt zu einer möglichst gerechten Teilhabe aller an der Wertschöpfung bei. Unsere Wirtschaftspolitik berücksichtigt auch die Anliegen künftiger Generationen. Die soziale Marktwirtschaft ist heute schon oft bemüht worden. Wir haben schon immer gesagt, die Basis unserer Wirtschaftspolitik ist unbestritten die soziale Marktwirtschaft. Der Markt ist das dominierende Steuerungsprinzip. Wir sagen aber genauso: Der Markt ist nicht alles, und der Markt kann nicht alles.

(Beifall bei den GRÜNEN)