Wir brauchen einen starken sozialen Ausgleich, und wir brauchen die entsprechenden Regularien im Kartellund Wettbewerbsrecht, damit der Markt überhaupt erhalten bleibt. Außerdem gibt es - das hat die Erfahrung gezeigt - Felder, in denen der Markt nicht das bessere Steuerungsinstrument ist. Ein Beispiel dafür sind die Gebiete der kommunalen Daseinsvorsorge. Da hat sich der Markt nicht bewährt. Deshalb wollen wir an diesem Steuerungsinstrument, das wir derzeit haben, weiterhin festhalten.
Die Wirtschaftspolitik darf keine falschen Versprechungen machen. Ich denke, Herr Wirtschaftsminister Zeil, in dieser Frage stimmen wir überein. Die Wirtschaftspolitik darf auch keine Illusionen wecken. Sie kann und muss in unseren Augen positive Rahmenbedingen schaffen, soziale und ökologische Standards setzen, Innovationen anschieben und öffentliche Güter bereitstellen. Wertschöpfung und die Schaffung von Arbeitsplätzen, sind in erster Linie aber nicht Sache des Staates beziehungsweise der öffentlichen Hand. Auch wir wollen keinen reglementierenden, bevormundenden Staat. Freiheit und Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger sind auch in den Mittelpunkt des wirtschaftenden Handelns zu stellen.
Wie sieht es nun in Bayern aus? - Bayern muss dafür Sorge tragen, dass es als Wirtschaftsstandort weiterhin zukunftsfähig bleibt, dass die Chancen genutzt werden und dass Schwachpunkten und Defiziten entgegengearbeitet wird. Bayern ist, Herr "Minister" Huber - Sie hören es sicher gerne, wenn ich das sage - ein wirtschaftsstarkes Land. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Der Chiemsee wurde vorhin genannt. Dieses Beispiel zählt nicht.
- Der blaue Himmel, wunderbar. Es gab aber viele politische Entscheidungen, die nicht unbedingt die schlechtesten gewesen sind. Ich bitte Sie allerdings, ich ermahne Sie sogar, sich noch einmal die Zeiten vor der Krise anzusehen. Schon vor der Krise war es so, dass bei wesentlichen Zahlen, bei den Wachstumszahlen, bei den Arbeitslosenzahlen, bei den Beschäftigtenzahlen, in den alten Bundesländern die Schere immer stärker zusammengegangen ist. Bayern ist im Ranking der Wirtschaftsdynamik von Jahr zu Jahr zurückgefallen. Das ist nicht uninteressant. Schon vor der Krise war es so, dass die Disparitäten in Bayern von Region zu Region, von Arbeitsamtsbezirk zu Arbeitsamtsbezirk riesengroß waren. Es gab also Versäumnisse, und es gibt Versäumnisse, die bedauerlicherweise nicht behoben werden. Hier geht es um den Rahmen der Wirtschaftspolitik, also die Bildungspolitik, die Forschungspolitik und die Infrastruktur, und da haben wir in Bayern massive Versäumnisse zu verzeichnen.
Bayern hat die mit Abstand niedrigste Abiturientenquote. Gleichzeitig fehlen jetzt, sogar in Krisenzeiten, Ingenieure. Wir haben viel zu viele Schulabbrecher und Schulabbrecherinnen, gleichzeitig fehlen Facharbeiterinnen und Facharbeiter. Was die Infrastruktur anbelangt, so wurden Milliarden in unsinnige Straßenbauprojekte geklotzt, Gott sei Dank ist nicht jedes
Gleichzeitig gab es massive Versäumnisse bei der Breitbanderschließung im ländlichen Raum. Hier wurde also massiv gepatzt.
Zur aktuellen wirtschaftlichen Situation: Wir haben das an dieser Stelle schon mehrfach ausgeführt. Wir haben gehandelt mit dem knappen Instrumentarium der Länder - immerhin gibt es dieses Instrumentarium mit der Wirtschaftsförderung ganz zuvorderst, aber auch mit Beratung und Vermittlung für angeschlagene Unternehmen. Sie kennen unsere Linie. Diese Linie ist sehr restriktiv. Wir haben uns allerdings nicht dogmatisch festlegen lassen dergestalt, dass wir zu einzelnen Dingen "nie und nimmer" sagen würden. Es gibt Fälle, bei denen wir schon meinen, dass die öffentliche Hand mit Mitteln einspringen muss.
Was halten wir für zukunftsfähig? - Ich möchte hier nur ganz kurz dieses Thema abhandeln, um Anspruch und Realität einander gegenüberzustellen. Es gibt die schönen Schlagworte, die wir seit Jahrzehnten in unserem Programm stehen haben: "Umwelt- und Klimaschutz als Standortfaktor - mit grünen Ideen schwarze Zahlen schreiben".
Wir könnten in dieser Republik so viel weiter sein, wenn Sie uns früher gefolgt wären, wenn Sie nicht immer gebremst hätten, wenn Sie nicht immer gesagt hätten: Das ist Unsinn!
Ich erlaube mir an dieser Stelle, weil sie ganz frisch ist, eine Pressemitteilung des Verbands der Maschinenund Anlagenbauer vorzulesen. Darin heißt es:
Wir sind die Lösungstreiber für ressourcenschonende Umwelttechnologien, Energieeffizienz und CO2-Vermeidung, alternative Energien und auch bei der Elektromobilität und bei den Hybrid-Technologien.
Unsere Technologien sind es, die nachhaltiges Wachstum überhaupt erst möglich machen. Das Bewusstsein, dass Umweltschonung nicht nur Gutmenschentum, sondern für uns alle existenziell ist, greift auf der ganzen Welt immer mehr um sich. Hier sind wir dem Wettbewerb in aller Welt weit voraus und haben somit riesige Zukunftschancen.
Das ist eine Presseerklärung des Verbands der Maschinen- und Anlagenbauer. Damit meinen die Verfasser der Presseerklärung selbstverständlich auch uns. Wären Sie uns doch etwas früher gefolgt!
Die Zeit drängt bedauerlicherweise schon wieder. Ein weiteres Feld ist die Mittelstandspolitik. Bei Ihnen handelt es sich dabei hauptsächlich um Worthülsen, Herr Minister Zeil, wie Ihre ganze Rede eigentlich eine große Worthülse gewesen ist. Manche Maßnahmen sind sogar absolut kontraproduktiv und schaden dem Mittelstand. Beispiel Nummer eins: die Förderung von Großmärkten auf der grünen Wiese. Damit schaden Sie dem innerörtlichen, mittelständisch strukturierten Einzelhandel, Sie vernichten Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze.
Beispiel Nummer zwei: Hier können Sie sich an uns ein Beispiel nehmen: das Mittelstandsförderungsgesetz. Wir fordern hier im Landtag schon seit vielen Jahren eine klar gefasste Subsidiaritätsklausel mit einer drittschützenden Wirkung. Wir sind an den großen Fraktionen gescheitert.
- Es gibt auch gute Gründe in der Auseinandersetzung. Bei der FDP lesen wir diese Forderungen immer, doch sie bleiben nur Verbalakrobatik. Dann suchen Sie doch mal die Auseinandersetzung in Ihrer Koalition!
Das dritte Beispiel: die Bürokratie. Sie sprechen immer von Bürokratiebeseitigung und meinen die Einschränkung von Umwelt- und Sozialstandards. Wir verstehen darunter etwas anderes. Ich gebe Ihnen hierzu ein Beispiel: das Infragestellen der Monopolstellung der Berufsgenossenschaften oder die Funktionen der Kammern. Die Kammern haben mindestens drei Rollen: Zum Ersten, die hoheitliche, zum Zweiten das Lobbywesen und die Beratung und zum Dritten die wirtschaftliche Betätigung in Konkurrenz zu ihren Mitgliedsunternehmen.
Wir haben das auch hier im Bayerischen Landtag wieder mitbekommen, wie das Wirtschaftsministerium an Unternehmen der Kammern Aufträge vergibt, ganz gegen die Interessen der Zwangsmitglieder. Zwangsmitgliedschaft und diese drei Funktionen, das geht einfach nicht zusammen. Was die Berufsgenossenschaften angeht, warum um alles in der Welt müssen denn die Unfallversicherung und die Prävention, also Unfallschutz und Gesundheitsschutz, als Monopol organisiert sein? - Herr Bertermann, Sie nicken. Wir haben hier tatsächlich große Zweifel.
Es wurde der Mittelstandspakt angesprochen. Herr Kollege Daxenberger hat schon gesagt: "Wir haben Pakte zum Sau füttern". Das ist nichts anderes als eine PRMaßnahme. Ich habe seitenweise Überschriften und Zitate über ähnliche Veranstaltungen der Staatsregierung gesammelt in der Zeit, in der die FDP noch nicht dabei gewesen ist. Früher gab es einmal ein mittelständisches Aktionsprogramm. Jedes Mitglied der Staatsregierung, egal ob Minister, Ministerin oder Staatssekretär, durfte sich dort über Jahre hinweg x-mal produzieren.
Ich erspare Ihnen jetzt ein Vorlesen der Zitate. Es waren wirklich alle dabei, bis hin zum Umweltminister, auch die Staatssekretäre, die dann immer gesagt haben, wir erarbeiten gerade unser mittelständisches Aktionsprogramm, das wir demnächst verabschieden werden. Das ging über mehrere Jahre. Ich bringe ein Zitat vom zuständigen Minister, nämlich:
Mit der Wirtschaft wird zusammen ein mittelstandspolitisches Aktionsprogramm erarbeitet, das in Kürze beschlossen wird. Mit diesem Aktionsprogramm setzt die Bayerische Staatsregierung auf eine grundlegende Neuausrichtung in der deutschen Wirtschaftspolitik.
Das wurde also von jedem jahrelang angekündigt. Uns hat einfach die akademische Bildung gefehlt, um diese grundsätzliche Neuausrichtung in der deutschen Wirtschaftspolitik zu erkennen. Auch das war nichts anders als ein Papiertiger, ein PR-Instrument. Genauso verhält es sich auch jetzt wieder bei Ihrem Pakt.
In der Kürze der Zeit möchte ich auch noch auf einige in Anführungszeichen - "Highlights" in Ihren eben gehörten Ausführungen eingehen. Sie haben zum einen gesagt, die Politik dürfe nicht durch vorschnelle Inaussichtstellung von staatlichen Hilfen den Druck von den Beteiligten nehmen, um ihrer Verantwortung gerecht zu werden. Ganz richtig. Bei Opel: ein Riesenfehler, da sind wir uns einig. War es bei Quelle möglicherweise
auch ein Fehler? Denn nochmals: Dass die Gläubigerbanken nicht in der Lage waren, den Massekredit herzustellen, ist schon sehr erstaunlich, weil vor allem sie von dieser Mehrung der Masse profitiert hätten. Bei Quelle war im Übrigen interessant: Ich habe vom Kollegen Magerl dankenswerterweise gerade das Programm für den gestrigen Sommerempfang des Landtags in die Hand bekommen und festgestellt, da findet sich eine illustre Liste von Sponsoren. Bei den Sponsoren finden wir unter anderem die Quelle GmbH. Der Massekredit hat also tatsächlich schon gefruchtet.
Das Zweite in Ihrer Aussage war: "Wir halten an einer sicheren Kernenergie als wichtigem Bestandteil eines breiten Energiemixes fest." Herr Minister, da sagen wir: Damit verhindern Sie dringend notwendige Innovationen. Das ist für unsere Wirtschaft genau kontraproduktiv.
Außerdem haben Sie die Infrastruktur angesprochen und selbstverständlich wieder auf den Bund gezeigt und gesagt, Sie warnen den Bund, da jetzt zu wenig zu tun. Da muss ich sagen: Es ist sehr bequem, auf den Bund zu zeigen. Sie sind diejenigen, die mit dem Festhalten an milliardenschweren Unsinnsprojekten dringend notwendige Projekte wie beispielsweise ein weiteres Gleis und die Elektrifizierung der Strecke München - Mühldorf - Freilassing oder von Strecken in Nordostbayern verhindern. Auch Sie könnten und müssten da etwas tun.
Auch die Regionalförderung haben Sie angesprochen. Da muss ich Sie schon daran erinnern, wie das in der letzten Saison war: Die Regionalförderung ist um gut 20 Millionen Euro massiv gekürzt worden. Jetzt hat man diese Kürzung zwar etwas kompensiert. Aber wir sind noch nicht bei dem Status, den wir schon einmal hatten. Das ist mitnichten ein Punkt, über den man sich freuen kann und den man loben muss.
Groß gestaunt haben wir auch über eine Stelle in Ihrem Redemanuskript, wo es tatsächlich heißt, wir müssen heute schon anfangen, neue Wachstums- und Beschäftigungsfelder zu erschließen. Wir müssen heute schon anfangen! Warum haben Sie schon nicht am ersten Tag angefangen? Warum hat die Staatsregierung nicht schon vor zehn oder vor 15 Jahren angefangen? Es war eben viel zu spät.
Dann geht es wieder mit Forderungen an Berlin weiter. In Ihrem Manuskript heißt es unter anderem: "erstens zeitnah und für die Rückführung der Neuverschuldung nach der Krise". Wenig später heißt es dann: "Entlastung von Wirtschaft und Bürgern, vor allem auch der Mittelschicht bei Steuern." Wie soll das zusammengehen? Sie haben vorher gesagt, wir kämen an die Wachstumsraten nicht annähernd heran, welche wir in den letzten Jahren erleben durften. Wie wollen Sie denn dann auf der einen Seite hier die Steuern senken und auf der anderen Seite die Verschuldung zurückführen? Das ist wirklich unredlich.