Protocol of the Session on June 18, 2009

In dieser Zeit kann ich dann auch entscheiden, ob ich es möchte, dass die Aufnahmen verpixelt werden oder nicht. Vielleicht ist es mir auch egal, denn es gibt auch Menschen, denen das schlicht egal ist. Dieser Antrag ergänzt den Beschluss vom 27.05.09. Ansonsten halten wir an dem Beschluss fest. Wir werden also dem FDP-Antrag als einer sinnvollen Erweiterung und einer Ergänzung dieses Beschlusses zustimmen. Die anderen Anträge werden wir, aus genau den rechtlichen Gründen, die schon Herr Kollege Fischer ausgeführt hat, ablehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Frau Kollegin, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Streibl.

Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Schöne neue Welt, die wir hier bekommen. Es ist die Welt des Internets, eine virtuelle Welt, in der alles machbar scheint, in der alles möglich ist. Wir müssen uns fragen: Dürfen wir denn alles machen, was möglich ist, was wir technisch können? Ich denke, es ist nicht richtig, wenn wir das machen. Unsere Welt wird immer öffentlicher, immer einsichtiger. Wir sehen immer mehr. Es ist ein Voyeurismus, der ins Grenzenlose wächst. Alle können alles sehen. Wo haben wir noch eine Privatsphäre, einen privaten Raum, in den wir uns zurückziehen können, außer den eigenen vier Wänden zu Hause? - Und die sind auch nicht mehr ganz sicher, wenn man dort mit Google hineinschaut. Ich denke, hier muss man ganz vorsichtig sein. Diese Daten müssen erst einmal erhoben werden. Es werden Daten von Häusern, Straßen und von allem erhoben, was kreucht und fleucht. Sind die Daten aber erst einmal da, dann ist es mit der Anonymisierung der Daten lange nicht so, wie das sein sollte. Das sieht man in den USA, man kann auf den Bildern sehr gut erkennen, wer das ist.

Wir sind aufgefordert, diesen Irrsinn, der in einer immer öffentlicher werdenden Welt geschieht, zu stoppen. Wir alle wollen nicht, dass wir immer und überall ansichtig sind. Wir diskutieren in diesem Hause über die Videoüberwachung von Wertstoffhöfen und darüber, ob sie zulässig oder nicht zulässig ist. Hier nun werden ganze Straßen, ganze Ortschaften aufgezeichnet, und das nicht von hoheitlichen Organen, sondern von Privaten zu gewerblichen Zwecken. Das kann doch nicht sein. Ich denke, der Ansatz, der in den Anträgen der SPD und der GRÜNEN enthalten ist, ist der richtige. Wehret den Anfängen! - Ich muss doch gleich am Anfang darauf

achten, dass möglichst wenige Daten erhoben werden, denn wenn sie erst einmal da sind, wer garantiert mir denn dann, wie damit umgegangen wird?

Zum Widerspruchverfahren: Google sagt, es wird ein Link im Internet angebracht. Wer aber kein Internet hat, wie kann der widersprechen bzw. wo weiß ich, wann und wo ich aufgenommen wurde? Außerdem wird der Widerspruch in den USA bearbeitet. Woher wissen wir, was dort genau läuft? Welche Möglichkeiten haben wir, einzugreifen, wenn die Sache nicht so läuft, wie wir sie uns vorstellen oder wie wir sie uns wünschen? - Wir werden deshalb die Anträge der SPD und der GRÜNEN unterstützen.

Zum Antrag der FDP: Hier kann ich aufnehmen, was vorhin von Ihnen kam: Immer grüßt das Murmeltier. Das war ein Koalitionsgesülze und -geeiere, denn man musste ja den kleinsten gemeinsamen Nenner finden, und den hat man mit einem Antrag gefunden, der sich doch zum Teil schon überholt hat.

(Beifall bei den Freien Wählern und des Abgeord- neten Horst Arnold (SPD))

Dieser Antrag hinkt der Zeit hinterher. Das Thema ist dringlich, der Antrag leider nicht.

(Horst Arnold (SPD): So ist es!)

Es verwundert schon, dass so etwas wie Street View in den USA zugelassen wird. Wenn ich eine gewisse Terrorismushysterie bedenke: Was gibt es denn Schöneres, als dass jeder von Al-Kaida sich zu Hause am Schreibtisch hinsetzen kann und ausspähen kann, wer, wie, wo und was tut, und wie es dort aussieht. Das ist doch unvorstellbar! Man muss es doch nicht noch einfacher machen. Jeder, der schon einmal mit Staatsschutz zu tun hatte, weiß, wie wichtig eine Voraufklärung ist. Er weiß, wie wichtig es ist, gefährdete Objekte vorher zu beobachten, um zu sehen, ob sich Veränderungen oder Ausspähungen abspielen. Das kann man vergessen, wenn es Google Street View gibt. Mit Hilfe dieses Programms kann ich alle Anschläge vorbereiten, so genau ich nur mag. Ich brauche vorher nichts mehr ausspähen.

Außerdem: Wie steht es mit der informellen Selbstbestimmung unserer Bürgerinnen und Bürger, mit dem Recht am eigenen Bild? Ich sagte schon einmal: Erst sind die Daten da, dann sollen sie verpixelt werden. Irgendwo bleiben die Rohdaten immer, und das Internet vergisst nichts.

(Dr. Andreas Fischer (FDP): Das muss gelöscht werden!)

- Ja, aber wer sagt denn das? Wenn Sie das sagen, dann höre ich es zwar gerne, aber der Glaube fehlt.

(Horst Arnold (SPD): Jawohl!)

Die Sache ist doch die: Das Internet vergisst nichts. Wenn hier eine private Firma weltweit Straßen, Orte, Städte, ganze Länder aufzeichnet, dann wird mir das unheimlich. Die Bilder werden ins Netz gestellt, jeder kann damit machen, was er will. Für Historiker ist es später vielleicht einmal interessant, so in etwa 2000 Jahren zu sehen, wie wir einmal gelebt haben. Für uns, hier und jetzt, ist das aber nichts. Wir werden Ihren Antrag deshalb ablehnen und den Anträgen der Oppositionsparteien zustimmen.

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege, vielen Dank. Ich erteile jetzt das Wort Herrn Staatsminister Joachim Herrmann.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon seit einiger Zeit sind auch durch bayerische Städte die Aufnahmewagen der Firma Google gefahren. Sie sind auch in diesen Monaten unterwegs. Google hat angekündigt, die Wagen werden weiterhin unterwegs sein. Das ruft bei vielen Bürgerinnen und Bürgern verständlicherweise datenschutzrechtliche Befürchtungen hervor. Ich habe dazu schon in der vergangenen Woche deutlich Stellung genommen.

Auch wenn die geltende Rechtslage das Aufnehmen und Speichern der Bilder zulässt, wird das Persönlichkeitsrecht durch Google Street View faktisch doch erheblich beeinträchtigt. Kollege Arnold hat vorhin zu Recht darauf hingewiesen, dass der Staat solche Befugnisse bei weitem nicht hat. Wir haben die Fälle, in denen die Polizei Fotoaufnahmen machen darf, und die Zeit der Speicherung eng begrenzt. Darüber werden wir in diesem Hohen Haus demnächst noch einmal sprechen müssen. Das ist auch richtig so. Wenn aber ein amerikanisches Unternehmen wie Google ohne jede Beschränkung und ohne jede Kontrolle Daten beliebig speichern kann und kein Bürger weiß, wer eines Tages darauf zugreifen kann, werden unabhängig von der jetzigen Gesetzeslage Persönlichkeitsrechte ausgehöhlt.

Vor diesem Hintergrund haben die Datenschutzaufsichtsbehörden der Länder bereits im April einstimmig datenschutzrechtliche Forderungen an Google Street View erhoben. Auch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht unterstützt diese Forderungen. Die örtlich zuständige Datenschutzaufsichtsbehörde für Google ist der Hamburgische Datenschutzbeauftragte, da die deutsche Niederlassung dieser Firma dort ihren

Sitz hat. Die Hamburger Behörde hat deshalb federführend mit Google verhandelt, allerdings ausdrücklich im Einvernehmen mit allen anderen Datenschutzaufsichtsbehörden in Deutschland.

Gestern haben die Hamburger Kollegen mitgeteilt, dass es nach langen Verhandlungen mit der Firma Google zu einer Einigung in datenschutzrechtlichen Fragen gekommen sei. Die wesentlichen Punkte, die die Hamburger Behörde mitgeteilt hat, lauten:

Erstens. Google hat zugesagt, die Befahrungspläne bis zu zwei Monate im Voraus zu veröffentlichen und laufend zu aktualisieren.

Zweitens. Google räumt den Betroffenen ein Recht auf Widerspruch gegen die Veröffentlichung der sie betreffenden Bilder ein. Entsprechende Widersprüche der Betroffenen werden vor und auch nach der Veröffentlichung berücksichtigt.

Drittens. Google hat zugesagt, auf seiner Internetseite deutlich auf das Widerspruchsrecht hinzuweisen.

Google wird ferner Gesichter und Kfz-Kennzeichen vor einer Veröffentlichung unkenntlich machen. Ganz wesentlich für die Datenschutzaufsichtsbehörden ist, dass Daten, deren Veröffentlichung unzulässig ist, auch im Rohdatenbestand unkenntlich gemacht werden. Google hat zwar schon bisher zugesagt, diese Daten unkenntlich zu machen. Bisher stand allerdings im Raum, dass nur die Daten, die im Internet stehen, verpixelt werden, dass aber die Rohdaten, die im Computer von Google gespeichert sind, unverpixelt bleiben. Damit hätte kein Mensch etwas gewusst, wenn zu irgendeinem späteren Zeitpunkt irgendwer - womöglich missbräuchlich, wenn ein Hacker in den Computer eindringt - plötzlich doch auf die unanonymisierten Daten zugreift.

Nachdem sich Google lange Zeit total stur gestellt hat, möchte ich es schon als positiv bewerten, dass aufgrund des öffentlichen Drucks eine fast überraschend schnelle Einigung der zuständigen Datenschutzaufsichtsbehörde mit der Firma Google zustande gekommen ist. Wir werden zusammen mit dem Bayerischen Landesamt für Datenschutzaufsicht darauf achten, dass die Zusagen der Firma Google auch in vollem Umfang eingehalten werden. Die Kamerafahrten müssen deutlich angekündigt werden. Auf das Widerspruchsrecht muss deutlich hingewiesen werden. Natürlich werden wir von Seiten des Freistaats Bayern genauso wie die anderen Bundesländer öffentlich darauf hinweisen, dass es ein Widerspruchsrecht gibt.

Insofern ist die Hamburger Vereinbarung ein großer Erfolg. Ich sage aber auch ganz deutlich, dass in den nächsten Tagen und Wochen noch einmal sorgfältig

geprüft werden muss, ob und wie weit diese Vereinbarung reicht. Uns liegt bislang nur die Kurzmitteilung der Hamburger Behörde vor. Jetzt müssen wir uns im Detail mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen. Die Vereinbarung muss mit der im Moment geltenden Gesetzeslage in Deutschland abgeglichen werden. Erst wenn wir dann feststellen, dass es noch größere Lücken gibt, ist Google bereit, in weiteren Verhandlungen weitere Zugeständnisse zu machen.

Im Übrigen muss auch berücksichtigt werden, wie es mit anderen Bildern aussieht, die heute schon im Internet stehen. Die Problematik beschränkt sich keineswegs nur auf Google. Konkurrenten von Google verfolgen ähnliche Ziele. Sie haben für manche Großstädte schon Stadtansichten mit völlig eindeutig erkennbaren Personen als Panoramabilder und dergleichen ins Internet gestellt. Alles das muss sehr sorgfältig geprüft werden.

Dann müssen wir entscheiden, ob die Vereinbarung reicht und ob wir uns damit zufrieden geben können oder ob wir die Gesetze verändern und verbessern müssen, denn mehr gibt die momentane Gesetzeslage nicht her, um ein solches Treiben einschränken zu können. Wir werden das sehr intensiv prüfen. Unabhängig von den einzelnen Anträgen, die heute vorliegen, sage ich dem Hohen Haus zu, dass wir dem Parlament alsbald in den zuständigen Ausschüssen berichten werden, was die genaue Analyse dieser Vereinbarung von Hamburg ergeben hat bzw. wie weit wir weitere gesetzgeberische Maßnahmen für eine vernünftige Lösung für notwendig halten.

Abschließend möchte ich mich bei Herrn Kollegen Fischer ausdrücklich für die Feststellung bedanken - ich darf es mit meinen Worten sagen -, dass man Menschen von Format auch ohne oder trotz Verpixelung erkennen kann.

(Beifall und Heiterkeit bei der CSU und der FDP)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu trenne ich die drei Anträge.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1531 - das ist der Antrag der FDP - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Der Antragsteller und die CSU-Fraktion. Gegenstimmen? - Die SPD, Frau Pauli und die Freien Wähler. Enthaltungen? - Die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1539 - das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN - seine Zustimmung geben will, den bitte

ich ums Handzeichen. - Das sind die Antragsteller, die SPD-Fraktion, die Freien Wähler und Frau Pauli. Gegenstimmen? - Die beiden anderen Fraktionen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1540 - das ist der Antrag der SPD-Fraktion - seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist - - Jawohl! Gegenstimmen? - Enthaltungen? Das ist genau das gleiche Stimmergebnis wie vorher. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag auch abgelehnt.

Die Dringlichkeitsanträge auf Drucksachen 16/1533 und 16/1535 mit 16/1537 werden an die zuständigen federführenden Ausschüsse verwiesen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt folgen einige Bekanntgaben. Zuerst das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu den beiden Dringlichkeitsanträgen auf Offenlegung der Agrarzahlungen. Der Antrag auf Drucksache 16/1528 wurde von der SPD gestellt. Mit Ja haben 50 Mitglieder des Hohen Hauses gestimmt, mit Nein 110. Es gab zwei Stimmenthaltungen. Dieser Antrag ist abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 1)

Dann zum Dringlichkeitsantrag des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/1534: Mit Ja haben 47 Mitglieder des Hohen Hauses gestimmt, mit Nein 104. Es gab zwei Stimmenthaltungen. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Jetzt das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Aiwanger, Schweiger, Glauber und Fraktion (FW), betreffend die Vorlage des Raumordnungsberichts gemäß Artikel 28 des Bayerischen Landesplanungsgesetzes auf Drucksache 16/1529: Mit Ja haben 65 Mitglieder des Hohen Hauses gestimmt, mit Nein 85. Dieser Dringlichkeitsantrag ist abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Dann zum Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN auf Drucksache 16/1530 - Bildungsstreik ernst nehmen: Mit Ja haben 65 Mitglieder des Hauses gestimmt, mit Nein 86. Es gab eine Stimmenthaltung. Der Antrag ist damit abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Zum Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion - Keine Repressalien für Bildungsstreik-Teilnehmende - auf Drucksache 16/1532: Zu Ziffer 1 haben mit Ja 49 Mit

glieder des Hohen Hauses gestimmt, mit Nein 87. Es gab 13 Stimmenthaltungen. Damit ist die Ziffer 1 abgelehnt.