Herr Kollege, ich habe bloß drei Minuten Zeit. Und ich habe mir noch ein paar Seiten aufgeschrieben. Es tut mir leid, dass ich die Zwischenfrage nicht zulassen kann.
Heute hat man in der "Passauer Neuen Presse" lesen können, dass sich die Molkerei Rottalmünster mit Österreich zusammengetan hat und es dadurch schafft, einen höheren Milchpreis zu erzielen. Da wird aber
ganz klar gesagt: Das geht nur, wenn man bessere Qualität bietet. Diese bessere Qualität ist zum Beispiel die Gentechnikfreiheit in der Fütterung. Diese Auflage wird erfüllt, und auf den Schlag bekommen die Bauern 5 Cent mehr für einen Liter Milch. Das zeigt, dass mit Qualität tatsächlich etwas zu machen ist.
Herr Minister Brunner, Sie haben gesagt: Wir müssen die Weltmärkte erschließen. Ja, verdammt noch mal, zu welchem Preis erschließen wir momentan die Weltmärkte? Zu einem Preis, der unseren Bäuerinnen und Bauern kein Auskommen gibt, und vor allem zu einem Preis, durch den wir in den Drittweltländern den Markt kaputtmachen. Das Desaster, das wir bei unserem Milchmarkt haben, exportieren wir in andere Länder. Deswegen müssen wir fordern: Weg mit den Exporterstattungen!
Die sind tödlich für unsere Bäuerinnen und Bauern, vor allem für die Milchbäuerinnen und Milchbauern im Rest dieser Welt.
Sie haben richtig angesprochen, dass wir in Bayern Bioprodukte importieren müssen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass wir schon vor 15 Jahren im Agrarausschuss immer wieder gesagt haben: Hier gibt es einen Markt, einen Biomarkt; den müssen wir verstärkt fördern, weil wir da einen Preis jenseits des zerstörerischen Weltmarktpreises erzielen können. Im Biobereich haben wir Preise, die halbwegs einen kostengerechten Preis ausdrücken; deshalb müssen wir auf den Biomarkt setzen. Das ist nämlich eine Chance für Bayern. Dazu haben wir schon fast jahrzehntelang Initiativen ergriffen. Wenn wir eine naturnahe, ökologische, gentechnikfreie, flächendeckend bäuerliche Landwirtschaft haben, ist Bayern zukunftsfähig.
Herr Kollege, bleiben Sie hier stehen. Ich erteile Herrn Kollegen Füracker das Wort zu einer Zwischenbemerkung.
Herr Daxenberger, nehmen Sie zum einen doch bitte zur Kenntnis, dass nirgendwo die biologische Landwirtschaft so gut gefördert wird wie in Bayern, und zwar schon lange, nicht erst, seit irgendwann jemand von den GRÜNEN einen entsprechenden Vorschlag gemacht hätte. Das Bayerische Kulturlandschaftspro
Zum anderen nenne ich die flexible Mengensteuerung. Ich darf einmal fragen: Wer entscheidet, wie die Menge gesteuert wird? Könnten wir das nicht schaffen, wenn wir Bauern uns einig wären? Wer zwingt eigentlich die bayerischen, die deutschen, die europäischen Milchbauern, ihre Quoten zu überbieten? Ich weiß nicht, wer uns dazu zwingt. Wenn wir uns mit den Milcherzeugerverbänden einig wären, dass wir Bauern heuer 10 % weniger Milch liefern, dann kostet nach unserer Auffassung die Milch nächstes Jahr mehr Geld. Warum verhalten wir uns eigentlich nicht so? Wo ist das Hindernis?
Herr Füracker, das Hindernis ist die Politik, die die dafür notwendigen Rahmenbedingungen nicht einführt. Die Bäuerinnen und Bauern sind in einer absoluten Mehrheit bereit, weniger Milch zu produzieren. Ich erinnere nur an das Stichwort "Milchboard". Vielleicht hat Herr Füracker noch nie etwas von Milchboard gehört. Milchboard ist der Versuch, die Milchmenge aufseiten der Bauern zu bündeln. Wir verzeichnen in Europa zurzeit annähernd eine Million Milchbäuerinnen und -bauern. Die kann man nur in einem Milchboard bündeln. Die Vorschläge sind vorhanden. Die würden auch funktionieren. Die Möglichkeiten bestehen also. Nur muss die Politik die Rahmenbedingungen setzen.
Herr Füracker, ich wohne an der Grenze zu Österreich. Wenn ich mich in Österreich umschaue, werde ich sehr neidisch. Die Österreicher haben nämlich genau das gemacht, was wir Anfang der Neunzigerjahre händeringend immer wieder gefordert haben: den Qualitätsweg zu gehen, den Weg in die Ökoschiene. Es handelt sich dabei nicht um eine Nische, wie uns immer wieder erzählt worden ist, sondern es ist ein Bereich, in dem wir wirklich einen Preis erzielen können.
Bayern hat die Entwicklung verschlafen. Wenn es nicht so wäre, Herr Kollege Füracker, wieso hat Minister Brunner dann hier gesagt: Wir führen Bioprodukte ein. Verdammt nochmal, diesen Markt haben wir uns aus den Händen nehmen lassen! Deswegen muss ich ganz klar sagen: Wir haben die Entwicklung verschlafen. Denn Bio ist eine Zukunft, die wir uns erschließen müssen.
Herr Daxenberger, geben Sie mir recht, dass wir kein Gesetz haben, das den Bauern vorschreibt, mehr Milch zu produzieren? Geben Sie mir recht, dass dem Milchboard der Zulauf fehlt? Und geben Sie mir auch recht, dass wir kein Gesetz
Die Bäuerinnen und Bauern bei uns überbieten sich nicht. Sie haben die Quote momentan in der Regel nicht ausgeschöpft. Insofern stimmt die Behauptung nicht.
Aber ich sage noch einmal: Wir müssen die vielen hunderttausend Bauern bündeln. Deswegen bin ich ein Anhänger des Milchboard.
Ich gebe Ihnen recht: Ich bin nicht zufrieden mit den Beitritten der Bäuerinnen und Bauern zum Milchboard, auch wenn es immer noch einen Zulauf gibt. Aber es gibt hier Kräfte in unserer Gesellschaft, die dem entgegenstehen. Ich nenne auch den Namen: Es ist der Bauernverband, der verhindert, dass die Bündelung der Milch geschieht, weil der Bauernverband auf der Seite der großen Molkereikonzerne steht. Diese wollen billige Rohstoffe haben. Deswegen entstehen die Probleme.
Ich bin überzeugt, dass die Verantwortung für die Milchpolitik in Bayern und in Deutschland vom Bauernverband weg muss und in die Hände des BDM gegeben werden muss. Der Bauernverband mag gute Verdienste um die Landwirtschaft haben, aber in der Milchpolitik hat er schlicht und ergreifend versagt.
Ich möchte einen Bereich ansprechen, der bis jetzt zu kurz gekommen ist. Herr Brunner, Sie haben von einem Einkommensmix für die Landwirte gesprochen. Ich denke, die wichtigste Kombination für Landwirte ist und bleibt die Forstwirtschaft. Für die Forstwirtschaft haben wir als Land Bayern - Sie als die Staatsregierung und Inhaber der Staatsforsten schon große Instrumente in der Hand. Wir haben auch die Pflicht, die Instrumente zu nutzen.
Doch wie schaut es zurzeit aus? Die Bauern jammern sehr, wenn sie sich in Richtung Staatsforsten begeben. Die Staatsforsten schreiben ihre Arbeiten in extrem großen Losen aus. Es ist für Bauern und auch für andere Forstarbeiter überhaupt nicht mehr möglich, mitzubieten. Sehr viele Arbeiten gehen ins Ausland. Wir
haben tschechische und andere Trupps bei uns in den Wäldern. Das kann auf keinen Fall die Lösung für die Landwirtschaft sein.
Unsere Landwirte müssen die Möglichkeit haben, auch im Wald Geld zu verdienen. Aber wie soll das gehen, wenn der Staatsforst auch zuzeiten, in denen die Bauern Holz schlagen und Holz abliefern wollen, als Konkurrent auftritt? Sie wissen genau, dass das noch vor fünf Jahren anders war. Als der Staatsforst noch nicht in dieser Weise privatisiert war, wurde sehr wohl Rücksicht genommen, indem er in der Zeit, in der die Bauern ablieferten, etwas zurückhaltender ablieferte und auf den Markt brachte. Jetzt ist der Staat mit den 30 % der Wälder, die ihm gehören, der größte Konkurrent für unsere Bauern. Das ist so auf keinen Fall hinzunehmen.
Ich möchte auch noch andere Dinge anführen, die zum Forst gehören. Wir haben auch im Ausschuss einmal darüber gesprochen. Sie haben mich auch damals verlacht. Das ist ja sowieso die Masche, die am besten zieht. Wenn man etwas sagt, wird schnell geschmunzelt und gedacht: Die hat doch keine Ahnung! - Sie mussten dann jedoch zugeben, dass das, was ich gesagt habe, ganz richtig war, nämlich dass im Staatsforst mit extrem großen Maschinen gearbeitet wird, die den Boden extrem belasten, was nicht sein müsste.
Hier aber könnte sich die ländliche Bevölkerung gut ein Zubrot verdienen, indem sie in den Wald geht und arbeitet, natürlich nicht mit Pferden, wie Sie, Herr Brunner, das damals so lächerlich dargestellt haben. Auch die SPD arbeitet im Wald nicht mehr mit Pferden, es sei denn, es muss unbedingt sein. Wir wissen auch schon, dass es gute Maschinen gibt. Aber es gibt solche Maschinen und solche Maschinen. Es gibt Maschinen, die den Bodendruck so extrem weitergeben, dass nachher nichts mehr wächst, und es gibt Maschinen, die umweltverträglicher sind.
Lassen Sie uns den Staatsforst nicht so außen vor sehen. Er ist und bleibt ein Teil Bayerns. Er gehört uns allen. Wir können ihn nicht ausschließlich einer privaten Firma überlassen, die mit ihm macht, was sie möchte, und damit unseren Bauern ins Handwerk pfuscht, sondern wir müssen dem Staatsforst entsprechend auf die Finger schauen und auf eine Vergabe in kleinen Losen achten, sodass auch hiesige Anbieter mitbieten können. Arbeit im Wald mit möglichst kleinen Maschinen, sodass die Umwelt möglichst geschützt wird, und keine Konkurrenz für unsere Landwirte durch Holzlieferungen aus dem Staatsforst!
Vielen Dank, Frau Kollegin Noichl. Weitere Wortmeldungen liegen uns hier oben nicht vor. Deswegen ist die Aussprache geschlossen.
Ich bitte jetzt zu einer abschließenden Stellungnahme Herrn Staatsminister Brunner ans Rednerpult. Keine Sorge, ich vergesse hier niemanden, mein Gedächtnis ist gut.
Frau Präsidentin, ich ergreife gern abschließend das Wort, aber leider kann ich das nicht umfassend tun, denn es wäre wahrscheinlich eine mehrstündige Beantwortung erforderlich, wenn ich auf all das eingehen wollte, was hier alles auch an falschen Informationen geäußert wurde.
Es ist nicht zu erwarten, dass die Opposition ein Loblied auf die Staatsregierung singt, auch wenn verstecktes Lob sichtbar war. Trotzdem bin ich von der einen oder anderen Anmerkung von Ihnen enttäuscht. Das betrifft die Behauptung mangelnder Sachkompetenz, die Unterstellung von Populismus.
Ach, das sind ja die Freien Wähler. Da kann man sagen, was man will und was einem gerade in den Sinn kommt.
Es ist hochinteressant, was Sie, Frau Müller, zur Milchpolitik gesagt haben. Sie haben sich als Anhängerin der FDP-Linie geoutet. Ihr Kollege Aiwanger dagegen befürchtet geradezu Kolchosen in Bayern.