Protocol of the Session on May 27, 2009

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. Keine. Stimmenthaltungen? - Auch keine. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Eingabe betreffend Schulwegkosten (EB.0097.16)

Der Ausschuss für Eingaben und Beschwerden hat sich mit der Eingabe in seiner Sitzung vom 6. Mai 2009 befasst. Er hat beschlossen, die Eingabe gemäß § 80 Nummer 4 der Geschäftsordnung aufgrund der Stellungnahme der Staatsregierung für erledigt zu erklären mit dem Hinweis, dass das der Eingabe zugrunde liegende Thema interfraktionell weiterbehandelt werden soll.

Die SPD-Fraktion hat gemäß Artikel 5 Absatz 2 Satz 2 des Bayerischen Petitionsgesetzes fristgerecht beantragt, die Eingabe auf die Tagesordnung des Plenums zu setzen.

Ich eröffne hierzu die Aussprache - fünf Minuten pro Fraktion. Ich darf als erstem Redner Herrn Kollegen Werner das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen, liebe Kollegen! Der Petitionsausschuss hat sich in den letzten zehn Jahren immer wieder mit diesem inzwischen, wie ich sagen muss, unleidlichen Thema beschäftigt. In schöner Regelmäßigkeit musste der Ausschuss Anträge von Eltern ablehnen, die ihr Kind nicht auf die nächstgelegene weiterführende Schule geschickt haben, sondern auf eine weiter entfernte, weil das aus ihrer Sicht die geeignetere Schule war. Die Mehrheit in diesem Haus war niemals bereit zu akzeptieren, dass die Eltern diese Entscheidung nicht aus Jux und Tollerei getroffen haben, sondern dass es dafür ganz handfeste Gründe gegeben hat.

(Beifall bei der SPD)

Dann hat es immer wieder Versuche gegeben, doch wenigstens zu erreichen, dass den Eltern hinsichtlich der Erstattung der Schulwegkosten die Kosten erstattet werden, die zur nächstgelegenen Schule angefallen wären, die sogenannten fiktiven Kosten. Das ist in schöner Regelmäßigkeit unter Hinweis auf den hohen Finanzaufwand abgelehnt worden.

Die CSU hat dann im Laufe der Zeit selber ein schlechtes Gewissen bekommen, und es ist uns gelungen, einen Beschluss nach § 80 Nummer 3 unserer Geschäftsordnung herbeizuführen, nämlich das Thema der Staatsregierung als Material für allfällige Gesetzesänderungen an die Hand zu geben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist ja das Mindeste!)

Doch sie hat im Traum nicht daran gedacht, diesem einstimmigen Votum, das wir im Petitionsausschuss xfach gefasst haben, zu folgen. Immer wieder hat es Hinweise auf die hohen Kosten gegeben, die dadurch anfallen würden. Meine Damen und Herren, die Eltern, die vernünftig sind - das sind 99,9 % -, schicken ihr Kind auf die nächstgelegene Schule.

(Beifall bei der SPD)

Wenn sie es nicht machen, gibt es dafür handfeste Gründe. Das müssen wir doch endlich einmal akzeptieren. Jetzt haben wir im Petitionsausschuss gehört: Wir sind bereit, eine Koalitionsinitiative zu starten.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt!)

Was ist bei einer Petition, die Mitte Juni auf der Tagesordnung steht, allerdings dabei? - Die Staatsregierung warnt davor, irgendetwas an dem Gesetz zu ändern. Sie warnt davor. Die Koalition sagt: Wir wollen es ändern; die Staatsregierung warnt davor. Sie brauchen sich nicht zu wundern, meine Damen und Herren, dass wir das ins Plenum hochziehen und dass wir es zum Schwur kommen lassen.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt können Sie zeigen, meine Damen und Herren, ob es wirklich ihr politischer Wille ist, im Interesse bildungshungriger junger Menschen irgendetwas zu ändern.

Die jetzige Regelung ist so skurril, meine Damen und Herren, dass man es kaum fassen kann. In der letzten Sitzung hatten wir einen Fall, den ich Ihnen kurz schildern muss. Da schickt eine Familie ihre Kinder in ein acht Kilometer entferntes Gymnasium nach Aichach.

Aus Sicht der Staatsregierung ist die nächstgelegene Schule aber das 20 Kilometer entfernte Gymnasium in Indersdorf. Nur weil die Kosten für den Bus nach Aichach teurer sind, kann das Kind in diesem Fall nicht die eigentlich nächstgelegene Schule besuchen, sondern muss in die 20 Kilometer weit entfernte Schule gehen. Allein anhand dieses Beispiels sieht man, wie widersinnig die jetzige Regelung ist.

Meine Damen und Herren, lassen Sie doch jetzt Ihren Worten Taten folgen. Die SPD-Fraktion hilft Ihnen dabei. Wir haben einen Antrag gestellt, der darauf hinausläuft, dass künftig die fiktiven Kosten erstattet werden. Wenn die Eltern ihr Kind auf eine weiter entfernte Schule schicken wollen - ich betone noch einmal: aus ganz guten Gründen -, dann müssen sie die Mehrkosten selber tragen. Jeder wird das als gerecht verstehen, und auch die Eltern werden das akzeptieren. Bitte schön akzeptieren auch Sie das.

Zu dieser Petition haben wir im Petitionsausschuss Berücksichtigung beantragt. Es hätte nicht viel gefehlt, und wir wären damit vielleicht durchgedrungen. Sie haben jetzt noch einmal die Chance, sich das im Plenum des Bayerischen Landtags ganz gut zu überlegen und in einer Zeit, in der Bildung als unser allerhöchstes Gut anerkannt wird und in der Eltern ihren Kindern die bestmögliche Bildung bieten wollen, wenigstens der Erstattung der fiktiven Kosten des Schulwegs zuzustimmen. Ich bitte Sie also, sich das noch einmal gründlich zu überlegen und unserem Votum, das auf Berücksichtigung hinausläuft, zu folgen.

(Beifall bei der SPD und bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Rüth. Herr Kollege Rüth, bevor Sie beginnen, darf ich dem Hohen Haus bekannt geben, dass zu dieser Petition vonseiten der SPD-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt worden ist. Bitte schön, Herr Kollege Rüth.

Frau Präsidentin, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bei diesem Thema müssen wir festhalten, dass zunächst einmal die Sachaufwandsträger, sprich die Kommunen und die Landkreise gefordert sind. Der Freistaat Bayern hat im Haushalt 2009 273 Millionen Euro an Zuschüssen für die Sachaufwandsträger vorgesehen; der Anteil der Kommunen liegt bei etwa 200 Millionen Euro. Der Schlüssel beträgt also ca. 60 zu 40. Das ist die großpolitische Lage.

Hinsichtlich der Kostenerstattung für die Beförderung sind im Gesetz eine ganze Reihe von denkbaren Ausnahmen geregelt. Es geht beispielsweise darum, welche Kombination das Kind wählen will, ob die ge

wünschte Schule in der Nähe ist, ob ein Schulweg gefährlich ist. Das heißt: Im Gesetz sind sehr viele Ausnahmen geregelt, die vor Ort in Anspruch genommen werden können.

Zum konkreten Fall. Der Schüler stammt aus Schwarzenbruck und besucht das Wirtschaftswissenschaftliche Gymnasium in Neumarkt. Er hat frei wählen können, da das nächstgelegene Gymnasium in Nürnberg gewesen wäre. Aber nachdem die Fahrtkosten nach Neumarkt innerhalb dieser 20-prozentigen Toleranzregelung liegen, hat der Landkreis Nürnberg entschieden, diese Kosten zu bezahlen. Der Landkreis Nürnberger Land hat auch darauf hingewiesen,

(Zuruf des Abgeordneten Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD))

- Herr Pfaffmann, die Mittelfranken sind sehr stolz, das weiß ich schon. Wir kennen keinen Schmerz.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Deswegen macht ihr alles mit, was euch die Staatsregierung vorschlägt!)

Das Landratsamt Nürnberger Land hat entschieden, diese Mehrkosten zu übernehmen. Es hat aber auch darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung nur einschließlich des Schuljahres 2008/2009 gilt. Jetzt will der Schüler auf den mathematischen Zweig eines anderen Gymnasiums wechseln, und das nächste Gymnasium dafür ist in Altdorf. Weil hier diese 20-Prozent-Regelung überschritten wird, sagt das Landratsamt in Nürnberg, diese Kosten übernehmen wir nicht. Deshalb müssen die Eltern dieses Jungen die Kosten bezahlen, wenn er in Neumarkt bleiben will.

Ich habe einige E-Mails von einer Elterninitiative aus Schwarzenbruck bekommen. Darin wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass nur die Kinder reicher Eltern auf bestimmte Schulen gehen könnten. Wir müssen schon feststellen, dass der Freistaat Bayern ein Angebot hat, das es jedem Kind ermöglicht, das nächstgelegene Gymnasium zu besichtigen, nein, zu besuchen.

Es wurde von den Petenten auch darauf hingewiesen, dass die Qualität in Altdorf nicht so gut sei. Aber das ist eine sehr subjektive Aussage, da kann man natürlich nur schwer objektive Maßstäbe anlegen. Daher kann auch dieser Gesichtspunkt nicht in die Entscheidungsfindung einfließen.

Der entscheidende Punkt ist auch folgender: Wir haben hier das Thema Konnexität. Wenn es hier zu einer Änderung kommen soll, müssen die kommunalen Spitzenverbände mit ins Boot. Ich bin in der glücklichen Lage, dass unser Landrat der Vizepräsident des Baye

rischen Landkreistages ist. Der Kollege Fahn weiß das, weil auch er eine Petition eingereicht hat, bei der es um eine ähnliche Frage geht, die wir in der nächsten Sitzung behandeln werden. Vonseiten der kommunalen Spitzenverbände gibt es keinerlei Signale, dass hier eine Veränderung mitgetragen werden soll.

Ich will am Ende nochmals deutlich machen, dass die Entscheidung in den Händen der kommunalen Sachaufwandsträger liegt. Hier hat man vor Ort entschieden, nicht so verfahren so wollen, und diese Entscheidung ist okay. Ich will nochmals darauf hinweisen, dass es eine Reihe von Ausnahmetatbeständen geben kann, und die können gerne genutzt werden. - Sie dürfen gerne eine Zwischenfrage stellen, Herr Dr. Beyer.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Eine Zwischenbemerkung!)

Eine Zwischenbemerkung ist aber erst am Schluss des Redebeitrages möglich.

Das sind sechs Sekunden, damit bin ich fertig; bitte.

(Allgemeine Heiterkeit)

Das war also das Ende. Jetzt die Zwischenbemerkung: Herr Kollege Dr. Beyer, bitte schön.

Ich wollte Sie aber nicht zu einem abrupten Ende verleiten. Als Abgeordneter und Kreisrat aus dem Nürnberger Land zur Erläuterung: Die Schule in Altdorf ist eine hervorragende Schule. Ich habe auch den Eltern geschrieben, dass ich insofern den Satz nicht akzeptiere, wenngleich ich die Petition unterstütze.

Die Schule ist "besichtigt" worden.

Ich habe die Schule auch besichtigt, mehrfach sogar.

(Allgemeine Heiterkeit)

Sie haben das recht elegant gemacht, deshalb möchte ich eines klarstellen, weil ich weiß, dass sich die Eltern sehr genau und sehr vielfältig mit der Politik in Verbindung gesetzt haben und welche politischen Kräfte sie unterstützen und welche nicht. Die Eltern wollen, auch wenn Sie das Begehren ablehnen, trotzdem etwas Positives für die Zukunft mitnehmen. Ich bitte, dass wir uns darauf verständigen: Wenn die Kommunen so entscheiden, tun sie das aufgrund der geltenden Rechts

lage, und deren Änderung hat auch der Herr Kollege Werner gerade angesprochen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich möchte festhalten: Die Rechtslage zu ändern, ist auch Ziel der Petition. Ich entschuldige mich bei Frau Kollegin Jung, dass ich das vorweggenommen habe. Damit höre ich jetzt auf, das Nötige ist gesagt. Das Landratsamt Nürnberger Land ist nicht schuld, hätte aber natürlich den Eltern gerne geholfen. Ich bin sicher, dass Sie von der FDP und der CSU, nach dem, was der Herr Kollege Werner berichten konnte, heute über Ihren Schatten springen werden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)