man Erkenntnisse bekommen hätte, wenn ein an sich unproblematisches Gespräch in den privaten Bereich gegangen wäre, hätte man diese Erkenntnisse sowieso nicht verwerten dürfen. Schon nach bisheriger Rechtsgeltung hat es keine Verwertung gegeben. Ich habe so viel Vertrauen in die Behörden, um davon überzeugt zu sein, dass man diese gesetzliche Vorgabe eingehalten hätte.
Als Drittes nenne ich die Übertragung der richterlichen Anordnungs- und Überprüfungskompetenz bei OnlineDurchsuchungen auf ein Kollegialgericht. Die Kollegen der FDP haben das damit begründet, dass man die Schwere des Eingriffs dadurch deutlich machen will. Als ehemaliger Justizminister sage ich: Ich bin davon überzeugt, dass ein Einzelrichter genauso sorgfältig und gewissenhaft entschieden hätte, wie das ein Kollegialgericht tut.
- Ich sehe, hier sitzen Leute, die, wie ich, den Job auch schon einmal selbst gemacht haben. Wir dürfen dabei aber eine Problematik nicht übersehen. Durch die Regelung, dass künftig eine Kammer entscheiden muss und nicht mehr der Einzelrichter entscheiden wird, werden natürlich die Eilfälle zunehmen, in denen der Polizeipräsident anordnen muss. Am Freitagmittag oder Freitagnachmittag hat man zwar noch die Chance, einen Einzelrichter zu erwischen, der die Maßnahme anordnet, aber eine Kammer wird man am Freitag nicht mehr zusammenbringen. Die Folge wird sein, dass der Polizeipräsident entscheiden muss, was im Nachhinein vom Gericht überprüft werden wird.
Ich möchte aber deutlich machen, dass ich in den Polizeipräsidenten genauso viel Vertrauen habe wie in den Richter. Deshalb gehe ich davon aus, dass auch diese Regelung sicher zu verantworten ist.
Zur Speicherfrist: Man muss abwarten, ob uns Informationen verloren gehen, wenn schon nach drei Wochen anstatt erst nach zwei Monaten Daten gelöscht werden; das ist eine andere Sache.
Kurzum: Die Regelungen, die wir im ursprünglichen Gesetz getroffen haben, waren im Interesse der Sicherheit unserer Bürger wohlüberlegt. Die Akzente sind jetzt etwas anders gesetzt. Ich vertraue aber darauf, dass die Verfassungsschutzbehörden und die Polizei dieses Gesetz zum Schutz der Bürger richtig anwenden werden.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Das Stichwort lautet: Online-Durchsuchung. Es geht dabei um das Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und der Integrität. Diese Erkenntnis steht aufgrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Februar des Jahres 2008 fest, in dem klar und deutlich Maßgaben niedergelegt wurden. Wie Herr Kollege Weiß ausgeführt hat, war das bei Erlass des Gesetzes bekannt. Gleichwohl haben Sie im August dieses Gesetz, aus unserer Sicht mit Brachialgewalt, mit Hilfe Ihrer Zweidrittelmehrheit durchgesetzt - mit unpräzisen Eingriffsschwellen, mit unvollständigem Richtervorbehalt, mit Begleitmaßnahmen wie Betretung und Durchsuchung von Wohnungen, mit der Befugnis, die den Staat in die Lage versetzt, Daten nicht zu verändern und auch zu löschen, mit einer mangelhaften bis dürftigen Dokumentationspflicht, mit ungenügender Definition der Kernbereichsregelung und mit einem unsachgemäßen Einsatz von Richtern; denn der Richter, der den Kernbereich zu überwachen hätte, hätte nichts anderes zu tun, als Hunderte und Tausende von E-Mails - nicht nur im Bereitschaftsdienst, Herr Kollege, sondern auch als Einzelrichter in der damaligen Situation - zu überwachen. Sie haben auch die Überwachung von Berufsgeheimnisträgern einbezogen etc., etc., etc.
Trotz der nachhaltigen Warnungen, die auch in diesem Hause ausgesprochen wurden, nicht zuletzt von meiner Fraktion, haben Sie Ihre Vorstellungen durchgesetzt. Ich zitiere eine Äußerung der Justizministerin aus der "Welt" vom 09.05.2009:
Innere Sicherheit ist und bleibt ein Schwerpunkt der CSU-Politik für den Schutz und die Sicherheit der Menschen. Wir haben in der ablaufenden Legislaturperiode ja auch viele rechtspolitische Änderungen erreicht.
Wenn das eine der Änderungen ist, dann haben Sie innerhalb von acht Monaten eine Rückwärtsrolle vollzogen, und zwar mit einer sehr schlechten Landung. Das ist mangelhaft.
Weil uns das schon schwante, haben wir am 18.09.2008 wegen dieses Gesetzes eine Verfassungsbeschwerde eingelegt. Wir durften dann Ihrem Koalitionsvertrag entnehmen, dass sich nun die beiden Parteien darin einig waren, dass das Betreten von Wohnungen und andere Dinge nicht mehr gesetzlich gere
gelt werden sollen. Wir haben versucht, Nägel mit Köpfen zu machen, und haben Sie mit einem Antrag dazu aufgefordert, das Innenministerium zusammen mit uns zu bitten, dieses Gesetz während des Laufs der Verfassungsbeschwerde nicht anzuwenden. Was ist geschehen? - Mit den Stimmen der FDP, der Gralshüterin der Liberalität,
ist dieser Antrag aufgehalten worden. Jetzt sagen Sie, Sie seien stolz, dass Sie das hinterher geändert haben. Ich sagen Ihnen: Wer einen schwebenden Unrechtszustand duldet, fördert diesen. Das muss ich Ihnen vorwerfen.
Jetzt liegt dieser Gesetzentwurf der FDP- und CSUFraktion vor. Wir haben eine Klageschrift fertigen lassen. Mir kommt das vor wie das Echo vom Königssee. Wir haben geblasen, und Sie sind das Echo.
Die wesentlichen Inhalte unseres Antrags bzw. unserer Antragsschrift werden 1 : 1 umgesetzt. Natürlich ist das respektabel, aber Sie hätten in der Zwischenzeit auch mit uns stimmen können, um das Echo gewissermaßen noch zu verbessern. Wie das mit Echos eben so ist: Es ist nicht die Qualität, die ursprünglich ausgeblasen wird. Auch Sie haben - das haben Sie, Herr Dr. Fischer, selbst konzediert - noch Nachbesserungsbedarf, was den Geheimnisträgerschutz anbetrifft. Es gibt in der Tat noch Nachbesserungsbedarf, was die gesetzliche Zuständigkeit von Kollegialgerichten betrifft; denn dazu müsste das Gerichtsverfassungsgesetz in Richtung hoheitliche Aufgaben des Staates geändert werden. Herr Kollege Weiß, als Richter mit zwei Augen hätte ich nichts gegen ein Kollegialgericht, wenn auch ein Oberlandesgericht einmal einen Bereitschaftsdienst einrichten würde, wo die Kollegen zwar höher besoldet sind, aber doch die gleiche Aufgabe haben. Das wäre insofern positiv anzumerken.
Insgesamt haben wir noch einige Bedenken, auf die ich aber aufgrund der Zeitnot nicht weiter eingehen kann. Ich weise nur darauf hin, dass die kausalen Tatbestände dem Zweck des Gesetzes widersprechen. Das Gesetz sollte nur der Gefahrenabwehr dienen. Darüber hinaus sind die meisten Maßnahmen, die Sie vorgesehen haben, aber schon von Eingriffstatbeständen des Strafrechts erfasst und unterliegen daher der Strafprozessordnung und der Federführung durch den Staatsanwalt.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Heute ist in diesem Haus anscheinend der Tag des Hoheliedes auf die Liberalität. Alles trägt die liberale Handschrift. Kaufen Sie sich doch einen Computer, dann müssen Sie nicht alles mit der Hand schreiben. Vielleicht geht es dann schneller, denn wir haben doch relativ lange auf diesen Gesetzentwurf gewartet. Immer hat es geheißen, er kommt. Jetzt wissen wir auch, warum es solange gedauert hat. Sie haben alles mit der Hand geschrieben. Deshalb könnte es manchmal ein bisschen schneller gehen.
Dieser Gesetzentwurf zur Online-Durchsuchung oder besser gesagt - zum Ausforschen von Computern ist längst überfällig. Diese Maßnahme stellt mit Recht einen schweren Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Eine Online-Durchsuchung ist nach den Vorgaben des Verfassungsgerichts nur zulässig, wenn tatsächliche Anhaltspunkte einer konkreten Gefahr für ein überragend wichtiges Rechtsgut vorliegen. Hier ist also eine sehr hohe Hürde aufgestellt. Die Änderungen, die jetzt vorliegen, entsprechen weitgehend der Diktion des Verfassungsgerichts. Das ist gut. Das verdeckte Betreten von Wohnungen entfällt. Die Speicherung wird auf zwei Wochen begrenzt. Das ist zwar sehr schön, aber es sind doch nicht alle Bedenken ausgeräumt worden.
Eingriffe in die Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme lassen immer auch einen Rückschluss auf das Persönlichkeitsbild und das Profil des Anwenders zu, was bei einer Durchsuchung wohl auch gewollt ist. Es besteht immer die Gefahr des Missbrauchs. Rechte Dritter können durch diese Durchsuchung auch beeinträchtigt werden. Berufsgeheimnisträger sind nach meiner Meinung nicht ausreichend geschützt. Der Richtervorbehalt kann durch die Einführung eines Kollegialgerichts umgangen werden. Das wird wohl auch so sein, wie wir jetzt gerade gehört haben. Ein Kollegialgericht kann in der Eile manchmal nicht rechtzeitig zusammentreten, und dadurch würde der Richtervorbehalt, der sehr gut gemeint war, ausgehebelt. Meine Kollegen von der FDP, das Gegenteil von gut ist eben nur gut gemeint. Zweifelhaft ist auch, wie das Gesetz technisch richtig ausgeführt werden soll.
Warum muss immer erst das Bundesverfassungsgericht den Weg weisen, damit ein gescheites Gesetz gemacht wird oder damit wenigstens der Weg zu einem gescheiten Gesetz eingeschlagen wird? Die Gesetze werden heutzutage immer ausufernder. Für mich stellt sich manchmal schon die Frage, ob man auf die Auslegungskompetenz der Justiz noch vertrauen kann, wenn in einem Gesetz jeder Einzelfall geregelt werden soll. Welche Rolle misst man der Justiz zu, wenn man die Rechtsprechung schon im Gesetz vorweg nehmen möchte? Man sollte so, wie es früher bei der Einführung des BGB war, versuchen, ein Gesetz mit kurzen Worten darzustellen. Ist es wirklich so, wie es mir unlängst ein ehemaliger Richter eines höchsten bayerischen Gerichtes sagte? Die Justiz in Bayern ist nicht gut aufgestellt.
Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Tausendfreund. Darf ich einen Augenblick um Aufmerksamkeit bitten? Wie erst jetzt bekannt wurde, hat Frau Kollegin Tausendfreund vor Kurzem ihren langjährigen Lebensgefährten geheiratet.
Das geschah ganz geheim, deswegen kann ich Ihnen erst jetzt an dieser Stelle die Glückwünsche des Hohen Hauses sowie meine eigenen Glückwünsche aussprechen.
(Staatsminister Joachim Herrmann: Ist das mit dem Datenschutz vereinbar? - Hubert Aiwanger (FW): Geheimhaltungspflicht!)
(Alexander König (CSU): Jetzt wollen wir es aber ganz genau wissen! - Dr. Christian Magerl (GRÜ- NE): Der Präsident hat eine Online-Durchsuchung durchgeführt! - Alexander König (CSU): Waren Sie beteiligt, Herr Präsident?)
Ich wollte nur darauf hinweisen, dass eine gründlich überlegte Entscheidung war. Frau Tausendfreund, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt Dinge, die höchstpersönlich sind und die man auch geheim halten möchte. Anscheinend funktioniert es aber doch nicht so
ganz. Auch ohne Online-Durchsuchung ist der liebe Peter Paul Gantzer wohl draufgekommen. Die Hochzeit ist auch schon eine Weile her, deswegen haben wir zumindest eine ganze Weile dichthalten können.
Zur Sache. Bei der Online-Durchsuchung ist von den Ankündigungen der FDP nicht viel übrig geblieben. Von einem eingehaltenen Versprechen kann keine Rede sein. Der Gesetzentwurf der FDP und der CSU ist ein ernüchternder Kompromiss.
Der Gesetzentwurf wird dem Anspruch, die Bürgerrechte hochhalten zu wollen, nicht gerecht, auch wenn Sie es hier so vorgetragen haben, Herr Dr. Fischer. Woche für Woche hieß es im Laufe des letzten halben Jahres, dass wir nur darüber staunen würden, welchen fortschrittlichen Gesetzentwurf Sie vorlegen wollten. Dazu kann ich nur sagen: Fehlanzeige.
Stattdessen haben Sie unseren Gesetzentwurf abgelehnt, mit dem die Regelungen zur Online-Durchsuchung, die im letzten Sommer von der CSU noch durchgeboxt worden sind, wieder abgeschafft werden sollten. Wenn Sie Ihre Versprechungen eingehalten hätten, hätten Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen müssen. Sie haben auch den Antrag der SPD abgelehnt, mit dem die Online-Durchsuchung zumindest hätte ausgesetzt werden sollen. Außerdem haben Sie es abgelehnt, zu der Verfassungsbeschwerde, die momentan anhängig ist, eine Stellungnahme abzugeben.
Jetzt schlagen Sie eine Regelung vor, nach der Polizei und Verfassungsschutz immer noch in einem zu großen Umfang Computer ausforschen dürfen. Der größte rechtsstaatliche Fehltritt, das heimliche Betreten und heimliche Durchsuchen von Wohnungen, wird zwar beseitigt. Diese Regelung hätte vor dem Verfassungsgericht aber auch gar nicht gehalten. Mit den übrigen Regelungen sind Sie den voraussichtlichen Mindestvorgaben des Verfassungsgerichts vorsorglich entgegengekommen.
Es gibt geringfügige Verbesserungen bei der Benachrichtigung und Unterrichtung Betroffener. Es gibt geringfügige Verbesserungen durch die Verkürzung der Speicherfristen. Das gilt aber auch nur dann, wenn die Daten nicht mehr benötigt werden. Die Hürden für den Einsatz der Online-Durchsuchung, aber auch für die Wohnraumüberwachung und die Telefonüberwachung werden erhöht. Bei einem reinen Verdacht auf Vorbereitungshandlungen für Straftaten dürfen diese Maßnahmen nicht mehr angewendet werden. Diese Regelung war aber ohnehin höchst problematisch. Sie hätte den Anforderungen des Verfassungsgerichts nicht standgehalten. Des Weiteren dürfen gewonnene Daten bei der Änderung des Zwecks nicht mehr verwendet
werden. Dass die Daten bei Zufallsfunden nicht verwendet werden dürfen, ist aber auch eine Selbstverständlichkeit.