Protocol of the Session on April 22, 2009

Ich will das an Zahlen verdeutlichen. 10 Cent Milchpreisverfall bedeutet in Bayern 750 Millionen Euro, die den Bauern fehlen. Im Vergleich dazu geben wir in der zweiten Säule 450 Millionen Euro aus. Steuert der Milchpreisverfall auf 15 % zu - das ist im Augenblick der Fall -, macht das so viel aus, wie wir in Bayern aus der ersten Säule bekommen, nämlich 1,1 Milliarde Euro. Ich wollte damit die Größenordnung aufzeigen. Wir müssen die Maßnahme also über den Markt regeln.

Für die bessere Honorierung der ökologischen Leistungen der Bauern gibt es zwei Ansätze. Entweder es werden die Haushaltsmittel erhöht, was wir im Bereich des Kulturlandschaftsprogramms - Kulap - nicht getan haben. Die Mittel wurden gekürzt und jetzt wieder etwas erhöht. Im Vergleich zur letzten Legislaturperiode sind die Mittel aber deutlich gesunken. Frau Kollegin Biechl, das dürfte an Ihnen nicht vorbeigegangen sein. Man könnte auch die Umschichtung der Mittel von der ersten auf die zweite Säule erhöhen. Dagegen sind Staatsregierung und CSU.

Schließlich geht es um die Forderung nach besserer Vermarktung der Spezialitäten und die Konzentration auf Qualitätserzeugnisse.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Sie sind auf einem guten Weg!)

Ich bin zunächst auf Ihrer Seite, muss allerdings feststellen, dass viele Molkereien so groß sind, dass für sie Spezialitäten und regionale Qualität nicht von Interesse sind und sie sich zunehmend auf den internationalen Markt konzentrieren. Ich nenne Ihnen gerne ein aktuelles Beispiel aus dem Allgäu. Im Landkreis Oberallgäu haben sich 70 % der Milchbauern verpflichtet, kein gentechnisch verändertes Kraftfutter einzusetzen. Damit ist das Oberallgäu zur gentechnikfreien Zone geworden. Die Molkerei - interessanterweise eine genossenschaftliche Molkerei -, die die meiste Milch im Oberallgäu erfasst, interessiert das nicht. Sie musste sich von Greenpeace zu Recht an den Pranger stellen lassen, weil es sie nicht interessiert, dass die Lieferanten, die nicht aus dem Allgäu stammen, gentechnisch verändertes Soja einsetzen. Die Molkerei greift das, was die Bauern machen, nicht auf. Das ist ein weiterer Beleg, dass die Interessen der Bauern nicht die Interessen der Verarbeiter und Molkereien sind. Deshalb müssen wir die Marktmacht der Bauern stärken und nicht die der Molkereien.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weil die Forderungen nach immer besseren Molkereistrukturen laut werden, was immer größere Molkereien bedeutet, muss man die Tendenz feststellen: Je größer die Molkerei, desto schlechter die Preise.

Kolleginnen und Kollegen, das ist der falsche Weg. Wir müssen die vorhandenen Strukturen erhalten und die kleinen Strukturen gezielt fördern. Dort wird das Geld an der Milch verdient.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege, bleiben Sie bitte am Pult, weil eine Zwischenintervention gemeldet wurde. Herr Kollege, bitte.

Ja, es wurde sehr viel von Mengenbegrenzungen, die eingeführt werden müssten, gesprochen. Im Bundesrat hat kein einziges Land unsere Initiativen, die auf dem Milchgipfel entstanden sind, unterstützt, weder die rot-regierten Länder, noch die Länder, an deren Regierung Grün beteiligt ist. Da war überall "leere Hose". Keine der anderen Landesregierungen hat dafür gesorgt, dass wir im Bundesrat eine Mehrheit gehabt hätten. Die einzige Partei, die im Europaparlament geschlossen dafür gestimmt hat, dass die Milchquote nicht erhöht wird, war die CSU. Im Übrigen ist es gar nicht so einfach mit den Steuerungsmechanismen in der Hand der Landwirte. Niemand hindert die deutschen Landwirte daran, zu sagen: Wir liefern heuer 5 % weniger Milch. Wenn das so einfach wäre! Wir in der CSU sind ganz klar für eine Mengenbegrenzung. Niemals hat uns Grün in dieser Auffassung unterstützt, niemals Rot. Heute wird gescheit dahergeredet. Wenn es darauf ankommt, seid ihr nicht da, aber heute wollt ihr den Bauern einreden, die CSU sei dagegen, dass bei uns die Landwirtschaft und die Milchbauern eine Zukunft haben.

(Lebhafter Beifall bei der CSU - Zurufe von der CSU: Bravo!)

Herr Kollege Füracker, die Initiative zur Mengenbegrenzung, die vom Bundesverband Deutscher Milchviehhalter gekommen ist, wurde im Bayerischen Landtag übrigens einstimmig unterstützt. Das ist die eine Sache. Weder der damalige Bundeslandwirtschaftsminister noch die Bayerische Staatsregierung haben sich massiv dafür eingesetzt, um im Bundesrat eine Mehrheit zu bekommen. Das ist eine ganz andere Sache. Das hat man nämlich schleifen lassen, man hat die Bauern hingehalten und beruhigt und nichts getan.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich sage Ihnen noch mal: Wenn es nach den Milchbauern geht, bekommen Sie eine eindeutige Mehrheit für eine Mengenbegrenzung. Daran gibt es keinen Zweifel - in Bayern, in Deutschland und in Europa.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke, Herr Kollege. Die nächste Wortmeldung hat Herr Dechant. Bitte schön.

(Vom Redner nicht autori- siert) Sehr verehrtes Präsidium, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Heute wurde schon viel über Mengensteuerung gesprochen, über den Antrag der SPD. Ich habe mir die Arbeit gemacht und nachgeguckt, was die SPD im Bundestag zu diesem Thema sagt, spricht und schreibt. Aus einer Stellungnahme der SPD-Fraktion zu einem Antrag, der letztes Jahr im Bundestag gelaufen ist und einen ähnlichen Inhalt hat, darf ich wörtlich zitieren:

Nationale Königswege gebe es nicht mehr. Vielmehr unterliegen Preise aktuell und künftig Schwankungen.

Weiter gibt die SPD zu Protokoll:

Die Entwicklungen in anderen Ländern, etwa in Kanada, verdeutlichten, dass jede Mengensteuerung ihren Preis habe. Auch lasse sich der Strukturwandel damit nicht aufhalten. Vielmehr halte man es für vernünftig und politisch ehrlich, den betroffenen Bauern die Wahrheit zu sagen.

Weiter steht dort:

Es gebe keinen ersichtlichen Grund, von der gegenwärtigen Milchmarktpolitik und der Abschaffung der Quote abzuweichen.

Und jetzt dieser Antrag! Ich sage dazu: Die SPD in Bayern macht den Bauern falsche Hoffnungen. Die SPD in Bayern hat nicht den Mut, den Bauern ehrlich die Wahrheit zu sagen.

(Christa Naaß (SPD): Wie stehen Sie zum Antrag? Das wäre interessant!)

- Langsam, lassen Sie mich doch mit meiner Vorrede fortfahren.

(Christa Naaß (SPD): Ich bin halt neugierig!)

Sie haben, auf bayerisch gesagt, nicht genügend Arsch in der Hose, um den Bauern die Wahrheit zu sagen. Aber es ist offensichtlich Wahlkampf. Wir haben hier in Bayern zwei Wahlen. Da muss man offensichtlich für den bayerischen Wähler das Marketing für Ladenhüter hochfahren und möglichst viele Versprechungen machen.

(Beifall bei der FDP - Dr. Thomas Beyer (SPD): So wie ihr!)

- Wir machen keine Versprechungen.

Weiter ist festzustellen, dass dieser Antrag kontraproduktive Maßnahmen enthält. Nicht auf Dauer, aber in der jetzigen Situation sind diese Maßnahmen kontraproduktiv.

In Ihrem Antrag fordern Sie die Bayerische Staatsregierung auf, Mengensteuerungsinstrumente aufzubauen. Die Staatsregierung soll sich dafür einsetzen. Wozu sollen wir das von Bayern aus tun, wenn wir sicher sein können, dass die SPD im Bundestag das wieder ablehnt oder auch im Bundesrat, wie ich es gerade dargestellt habe? - Hier fehlt mir also der Sinn der Sache.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Sie fordern weiter, dass das Kartell- und Wettbewerbsrecht entsprechend angepasst und modifiziert wird. Ich frage mich als Liberaler: Warum sollen wir hier was tun, wenn Sie in Berlin nicht dafür stehen? Ich sage: Sie sind in Berlin an der Bundesregierung beteiligt, nicht wir.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sagen Sie das doch auch der CSU bei Gelegenheit einmal, die sind auch an der Bundesregierung beteiligt!)

Sie könnten dort diese Maßnahmen umsetzen, wenn Sie denn wollen würden; Sie sind an der Regierung. Dafür plädiere ich, wenn wir das unbedingt haben wollen. Sie wissen, dass die FDP gegen eine Verlängerung der Quote ist. Ich sage auch klipp und klar: Wir werden auf europäischer Ebene keine Quote mehr durchsetzen können. Das ist Fakt. Ich sage: Wir müssen den Bauern die Wahrheit sagen und ihnen helfen, sich auf diesen Fakt einzustellen. Aus diesen Gründen werden wir Ihren Antrag ablehnen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Herr Dechant, bleiben Sie bitte am Rednerpult. Herr Sprinkart hat eine Zwischenintervention.

Herr Kollege Dechant, können Sie mir erklären, warum es nicht möglich sein soll, dass wir in Bayern Mengenbegrenzungen auf Bundesebene und Europaebene fordern, weil die SPD das angeblich auf Bundesebene ablehnt? Wir haben es doch geschafft, dass wir in Bayern die Dieselvergütung wieder voll übernehmen wollen, obwohl die CSU im Bundestag dagegen gestimmt hat. Sie hat doch ihren Antrag abgelehnt. Also, selbst die CSU schafft es, dort dagegen zu stimmen. Trotzdem machen wir es. Warum soll das denn in diesem Bereich nicht gehen? Können Sie mir das erklären?

(Beifall bei den GRÜNEN)

(Vom Redner nicht autori- siert) Das kann ich Ihnen ganz gut erklären. Die Erleichterung beim Diesel, die wir hier beschlossen haben, kommt im Geldbeutel des bayerischen Bauern an. Die Bauern können das beantragen und kriegen vom bayerischen Staat das Geld überwiesen. Wenn wir hier in Bayern alleine eine Milchmengensteuerung für Deutschland und Europa beschließen, ist das, auf Deutsch gesagt, für den Arsch. Denn das bringt gar nichts.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben noch zwei Wortmeldungen von Frau Noichl und von Herrn Staatsminister Brunner. Bevor wir hier weitermachen, möchte ich darauf hinweisen, dass uns die Nennung einzelner Körperteile bei der Lösung des Problems nicht wirklich weiterhilft.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der FDP)

Jetzt ist Frau Noichl dran. Herr Aiwanger hat sich auch noch gemeldet.

Ich möchte zu Ihren Bemerkungen noch etwas ausführen. Herr Füracker, es ist zynisch, zu sagen: Die Bauern sollen einfach - jeder Einzelne für sich - weniger abliefern. Sie wissen ganz genau, dass das natürlich nicht geht.

(Widerspruch bei der CSU)

- Freilich haben Sie das so gesagt. Sie wissen ganz genau, dass die Bauern oft hohe Verpflichtungen haben und Schulden zurückzahlen für Stallbau etc. Ein einzelner Bauer kann sicherlich nichts bewirken; eine gemeinschaftliche Mengensteuerung muss her. Anders geht es nicht.

Frau Biechl, zu Ihnen möchte ich auch noch etwas sagen. Es ist ganz deutlich geworden, wo die Unterschiede sind. Sie setzen auf die Nachfrageseite. Sie sind der Meinung: Die Nachfrage muss angekurbelt werden. Das bedeutet aber - und das müssen Sie den Bäuerinnen und Bauern ganz deutlich sagen -: Wenn sie eigentlich 40 Cent bräuchten, um von der Arbeit noch leben zu können, aber nur 20 Cent bekommen, müssen sie doppelt so viel arbeiten, um über die Runden zu kommen. Das entspricht Ihrer Ausführung. Sie müssen doppelt so viel produzieren; sie müssen doppelt so viel arbeiten - dann kommen die Bauern über die Runden. Das kann es doch nicht sein. Zu Ihrem Vorschlag, den Verbrauch zu erhöhen, sage ich: So viel Milch können wir gar nicht trinken, dass man den Verbrauch entsprechend erhöhen könnte.

Zur Überlieferung muss gesagt werden: Dieses Jahr wurde nicht vollständig zu 100 % abgeliefert. Das ist richtig. Wir hatten aber auch den Milchstreik und die Quotenerhöhung. So schnell kann oft gar nicht reagiert werden, wie es sein müsste, um die 100 % zu erreichen. Natürlich wird in Zukunft vollständig abgeliefert werden; das wissen Sie; vermutlich werden es mehr als 100 % sein. Zu der Frage des Exports. Wir sollen global denken, aber lokal handeln. Frau Biechl, Sie können doch nicht ernsthaft glauben, dass man sich auf Dauer über Wasser halten kann, indem man produziert und produziert, exportiert und exportiert, und die anderen Länder damit überhaupt keinen Euro mehr machen können und von uns abhängig sind. Unseren Bauern das einzureden, da sind Sie auf jeden Fall auf der falschen Seite.

(Beifall bei der SPD)