Protocol of the Session on April 22, 2009

(Beifall bei den Freien Wählern und Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege wenn Sie genau hingehört hätten, wüssten Sie, dass ich nichts von zusätzlichen Einkommen gesagt habe. Alles das, was unter dem Kulap läuft, ist Landwirtschaft. Nachwachsende Rohstoffe sind Landwirtschaft. Mit zusätzlichen Einkommen hat das gar nichts zu tun.

Der zweite Punkt war die Quote. Herr Herz, Sie wissen so gut wie ich, dass wir mit unseren Forderungen nach Erhalt der Quote immer durchgefallen sind. Da muss man einfach die Mehrheiten sehen. Bayern stand zu hundert Prozent hinter der Forderung, aber die Mehrheiten sind anders. Als einzigen Unterstützer haben wir Hessen gehabt, sonst niemanden.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Zwischeninterventionen sind nicht angemeldet. Deshalb ist die nächste Rednerin Frau Müller.

Sehr geehrte Präsidentin, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Situation der Milchbauern in Bayern ist mehr als besorgniserregend. Die Talfahrt der Preise bringt viele Betriebe in eine existenzbedrohende Situation. Erst gestern ist in einem Lebensmitteleinzelhandel bei uns in der Region das Päckchen Butter für 49 Cent verkauft worden. Dass der Landtag das feststellen soll, was die Menschen in unserem Land längst am eigenen Leib spüren und was viele Familien in Existenzzwänge bringt, begrüßen wir. Wenn selbst eine Partei wie die SPD, die bekanntermaßen nicht der bekennende Freund der Bäuerinnen und Bauern ist

(Widerspruch bei der SPD)

- ich nenne als Stichwort auf Bundesebene nur Agrardiesel -, dieses Problem erkennt, ist das grundsätzlich positiv. Das Thema ist meiner Meinung nach aber zu ernst, um damit billige Wahlpropaganda zu betreiben.

Der vorliegende Antrag ist ein Musterbeispiel dafür, wie man versucht, es allen irgendwie recht zu machen, um möglichst viele Stimmen abzufischen. Dabei sind die einzelnen Forderungen durchaus vernünftig. Sie müssen von der Staatsregierung dringend aufgegriffen werden.

Fest steht, dass Exportsubventionen nicht die Lösung aller Probleme darstellen, und das schon gar nicht auf lange Sicht. Aller Voraussicht nach werden diese Subventionen im Zuge der WTO-Verhandlungen in den nächsten Jahren vollkommen verschwinden, was grundsätzlich auch zu begrüßen wäre, wenn alle Staaten so verfahren würden. Solange aber Staaten wie die USA, mit denen unsere Milchverarbeiter am Weltmarkt konkurrieren, hemmungslos sogenannte Nahrungsmittelhilfen anwenden, solange sollte die EU nicht einseitig Vorleistungen erbringen. Abgesehen davon wurden die EU-Mittel für diesen Bereich in der vergangenen Zeit schon erheblich zurückgefahren.

Die Forderung, mit der Abschaffung der Exportsubventionen in einem Zug angeblich alle Probleme im Rahmen einer flexiblen bzw., wie es in Ihrem Antrag formuliert ist, gezielten Milchmengensteuerung zu lösen, ist sehr wagemutig und zugleich gegenüber unseren Bäuerinnen und Bauern verantwortungslos. Verantwortungslos ist diese Forderung deshalb, weil die derzeit diskutierten Modelle nachweislich nicht mit EURecht vereinbar sind und weil auch keine Mehrheiten innerhalb der EU und auch nicht bei den Milchbauern selbst absehbar sind. Ich frage mich allmählich wirklich, wie oft die von der CSU geführten Ministerien auf Landes- und Bundesebene die diskutierten Mengenbegrenzungsmaßnahmen noch prüfen wollen, bis die zuständigen Ministerinnen und Minister und die dazugehörigen Staatssekretäre einmal den Mut haben, über das Ergebnis der fachlichen und rechtlichen Prüfung zu berichten. Es ist keine verantwortungsbewusste Politik, wenn auf dem Rücken der Existenzängste unserer Bauernfamilien mit diesem Thema Wahlkampf betrieben wird.

Zurück zum vorliegenden Antrag. Die einzelnen Forderungen sind, für sich allein betrachtet, durchaus richtig. Sie müssen, soweit noch nicht geschehen, auch durchgesetzt werden.

(Beifall der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

Dabei drängt sich schon die Frage auf, wie ernsthaft die SPD an ihre eigene Zielvorgabe kostendeckender Milchpreise glaubt, wenn sie im gleichen Antrag in einem späteren Punkt fordert, dass weitere Landesmittel bereitgestellt werden müssen, damit den Milchbauern ein ausreichendes Einkommen gesichert werden

kann. Dies ist in sich ein Widerspruch. Das passt so nicht zusammen

(Maria Noichl (SPD): Genauer lesen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, als aktive Milchbäuerin beängstigt mich die derzeitige Entwicklung zutiefst. Alle Möglichkeiten, mit denen den Bauern geholfen werden kann, müssen geprüft und schnellstmöglich verwirklicht werden. Wenn sie allerdings in einem Antrag das Ende wesentlicher Teile bisher noch bestehender Marktordnungssysteme fordern und auf eine gezielte Milchmengensteuerung hinweisen, für die es derzeit und in Zukunft keine rechtliche Grundlage gibt und für die auch keine realistischen Mehrheiten zu beschaffen sind, erweisen Sie den hart arbeitenden Milchbauern in unserem Land einen Bärendienst. Wir brauchen Maßnahmen, die am Markt sofort erkennbar sind und wirken. Sprich: Alle Möglichkeiten sind auszuschöpfen, um den Absatz anzukurbeln. Wir haben zum Beispiel den Cluster "Milch" - der schläft vor sich hin, Herr Minister. Er kann aktiviert werden. Man kann Schulmilchprojekte fördern, bei der Mittagsversorgung auf Milchprodukte achten, Ernährungsaufklärung an Schulen betreiben und diese Dinge mit der Umstellung der Lehrpläne einführen.

(Christa Naaß (SPD): Das sind keine strukturellen Änderungen!)

Wir haben eine "MUVA"-Produktentwicklung. Omega-3-Fettsäuren in der Milch aus den Grünlandregionen rufen geradezu nach einer verbesserten Vermarktung. Wir brauchen Verbraucheraufklärung über Palmöl in Speiseeis, Analogkäse und eine entsprechende Kennzeichnung. Wir müssen auf die Backwarenindustrie einwirken, damit mehr als 16 % des Milchaufkommens verarbeitet werden. Wir brauchen die konkrete Ausbildung der Hofnachfolger, also Menschen, die am Markt agieren und selbstständige Unternehmer werden.

Diese Beispiele müssen von der Staatsregierung sofort angegangen werden, um den Absatz zu fördern und eine Marktentlastung zu erreichen, die den Milchbauern jetzt nützt.

Die Fraktion der Freien Wähler stimmt dem Antrag der SPD nicht zu. Wir werden uns enthalten.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Für den nächsten Wortbeitrag wurde uns Adi Sprinkart gemeldet. Bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Vorweg: Wir können die Feststellungen des Antrags voll und ganz unterstützen.

Was wir jetzt erleben, Kolleginnen und Kollegen, ist ein mattes Vorspiel von dem, was die geplante Abschaffung der Quotenregelung ab 2015 bringen wird. Das müssen wir den Bäuerinnen und Bauern klar sagen.

Von den Feststellungen im SPD-Antrag will ich ganz besonders herausheben, dass die Exportförderung der falsche Weg ist. Auch wenn Sie, Frau Kollegin Biechl, etwas anderes behaupten, so vernichtet die Exportförderung in den Ländern der Dritten Welt doch das, was es dort an zarten Anfängen in der Milcherzeugung gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Es gibt genügend Beispiele. Jamaika hatte eine hervorragende Milchproduktion. Dieser Markt wurde mit dem subventionierten Milchpulver vollständig ruiniert. Das will ich nicht. Ich will nicht, dass unsere Probleme zulasten dieser Länder geregelt werden. Das ist der falsche Weg.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Wir brauchen - hier bin ich mit Kollegin Noichl einer Meinung - eine flexible Milchmengensteuerung, die eigenverantwortlich in der Hand der Milcherzeuger liegen muss. Man darf sich nicht darauf zurückziehen, dass es momentan keine rechtliche Handhabe gibt. Wenn das so ist, müssen wir die rechtliche Handhabe schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Milchmenge muss sich am Bedarf orientieren. Es darf nicht sein, dass die Erzeugerpreise nach dem Motto festgelegt werden: Die Bauern bekommen das, was übrig bleibt, nachdem der Handel und die Verarbeiter ihren Schnitt gemacht haben. Aus Sicht der Milcherzeuger wäre es allemal besser, die Milchmenge um 5 % zu reduzieren, als einen Preisrückgang von 25 % oder bei 20 Cent pro Liter von 50 % hinzunehmen. Frau Kollegin Biechl, ich gehe davon aus, dass Sie die Grundrechenarten beherrschen, deshalb müsste Ihnen doch klar sein, dass das tausendmal besser wäre. Würden die Milchbauern befragt, würde man dafür die absolute Mehrheit erhalten. Allerdings entscheiden nicht die Milchbauern, sondern die Funktionäre. Das ist ein Problem.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dass die Politik falsch handelt, indem sie die Milchquote erhöht hat, zeigt, dass sie nicht im Sinn der Bauern, sondern der Verarbeiter und des Einzelhandels handelt. Ich vermisse die Forderung des Bauernverbandes

nach einer Mengenreduzierung, obwohl der Preis nur bei Mengenreduzierung erhöht werden könnte, nicht mit Absatzförderung und Exportförderung. Letzteres wird nur sehr viel Geld kosten, aber nicht weiterhelfen.

Wir kommen nicht umhin, Frau Kollegin Biechl, festzustellen, dass der Milchpreisverfall damit zusammenhängt, dass es zu viel Milch auf dem Markt gibt. Ich glaube nicht, dass 5 % der Milch mit Absatzförderung verkauft werden können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Gleichgewicht auf dem Markt kann nur hergestellt werden, wenn die Menge reduziert wird. Dafür müssen wir uns einsetzen. Ich würde mich freuen, wenn auch Sie sich dafür einsetzen würden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Etwas Probleme habe ich mit der Forderung nach einem Milchkrisengipfel. Auf einen solchen Gipfel, wie er vor einem Jahr stattgefunden hat, können die Milchbauern und -bäuerinnen hervorragend verzichten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Ministerpräsident ist leider nicht mehr da - Frau Kollegin Noichl, Sie werden ihn mit Ihrer Bemerkung vertrieben haben. Der Ministerpräsident war als damaliger Bundeslandwirtschaftsminister an der "Verarschung", die dort stattgefunden hat, nicht ganz unbeteiligt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Zunächst hat er so getan, als würde er den Forderungen der Bauern zustimmen. Dann hat er sie bis nach der Landtagswahl in Bayern hingehalten und später nichts dafür getan, dass die Forderung im Bundesrat eine Mehrheit findet.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Richtig ist Ihre Feststellung, Frau Kollegin Biechl, dass die Politik nicht den Preis machen kann. Sie kann aber die Rahmenbedingungen schaffen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich sehe aber nicht, dass die Politik handelt.

Zu den Forderungen auf bayerischer Ebene: Die Hoffnung, den Milchpreisverfall mit Landesmitteln ausgleichen zu können, halte ich, ehrlich gesagt, für illusorisch. Es sei denn, wir behandeln die Milchbauern wie die Landesbank. Dann würde das funktionieren.

(Lachen bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich will das an Zahlen verdeutlichen. 10 Cent Milchpreisverfall bedeutet in Bayern 750 Millionen Euro, die den Bauern fehlen. Im Vergleich dazu geben wir in der zweiten Säule 450 Millionen Euro aus. Steuert der Milchpreisverfall auf 15 % zu - das ist im Augenblick der Fall -, macht das so viel aus, wie wir in Bayern aus der ersten Säule bekommen, nämlich 1,1 Milliarde Euro. Ich wollte damit die Größenordnung aufzeigen. Wir müssen die Maßnahme also über den Markt regeln.