Protocol of the Session on March 4, 2009

Ganz wichtig ist, dass wir gerade in dieser Zeit zusammenstehen und keine Frontstellungen entstehen lassen, die sonst allzu gerne in der Politik aufgebaut werden. Ein Zusammenstehen und gemeinsame Verantwortung in der gegenwärtigen Situation beweisen wir dadurch, dass Staatsregierung, der DGB, die Wirtschaft und die Arbeitsagentur, Regionaldirektion Bayern, eine Initiative zur Weiterbildung ergreifen. Darin erarbeiten wir gemeinsam eine Rahmenvereinbarung zur Weiterbildung; denn Deutschland ist keineswegs das Land, in dem das Prinzip des lebenslangen Lernens schon bei jedem angekommen ist, weder bei den Arbeitnehmern noch bei allen Arbeitgebern.

Wir werden Mitte März in meinem Hause ein Symposium einberufen mit Sozialpartnern und Experten aus allen einschlägigen Bereichen. Wir wollen uns dabei nicht öffentlichkeitswirksam voneinander absetzen, sondern uns gemeinsam darüber austauschen, wie das Handwerkszeug, das jeder hat, am besten ineinandergreifen kann, um den Problemen, die diese Krise für den Arbeitsmarkt mit sich bringt, zu begegnen. Wir wollen um jeden Arbeitsplatz in Bayern kämpfen. Das muss unser Ziel sein. Man darf Ziele formulieren, auch wenn sie in dieser Krise vielleicht nicht hundertprozentig realistisch sind. Das zweite Ziel ist das "Sprungbrett". Wenn es wieder aufwärts geht sollen bayerische Unternehmen die Nase vorne haben. Dazu brauchen sie motivierte und qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Dazu geben wir die notwendigen Rahmenbedingungen.

(Beifall bei der CSU)

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/748 seine Zustimmung geben will, bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Keine. Enthaltungen? - Keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag einstimmig angenommen.

Bevor wir zum nächsten Tagesordnungspunkt kommen, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der SPD auf Drucksache 16/781, Strafrechtliche Ermittlungen in Sachen Bayerische Landesbank, bekannt. Mit Ja haben 67 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 93; Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der CSU und der FDP auf Drucksache 16/782, Zeitnahe Unterrichtung der LBKomm über den Fortgang der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in Sachen BayernLB, be

kannt. Mit Ja haben 95 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 42; es gab 19 Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 5)

Ich rufe die Nummer fünf zu Tagesordnungspunkt 3 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Thomas Hacker, Renate Will, Julika Sandt u. a. und Fraktion (FDP) Bessere Qualifikationsmöglichkeiten für Lehrer mit nicht zugelassenen Fächerkombinationen und wissenschaftlich ausgebildete Quereinsteiger (Drs. 16/749)

Bevor ich die Debatte eröffne, teile ich die noch verbliebene Redezeit der einzelnen Fraktionen mit. CSU: 9.42 Minuten, SPD: 7.29 Minuten, FW: 8.08 Minuten, GRÜNE: 4.47 Minuten und FDP: 17.02 Minuten.

Ich eröffne die Aussprache. Erste Rednerin: Frau Sandt. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In Bayern ist jeder vierte Lehrer über 55 Jahre alt. Wir wissen, dass wir auf Dauer den Bedarf an Lehrern kaum decken können. Diese Entwicklung müssen wir vor dem Hintergrund im Auge behalten, dass wir gerade erst mehr Lehrerstellen aus gutem Grund gefordert und durchgesetzt haben. Erstens wollen wir mehr Ganztagsangebote schaffen; dazu brauchen wir Lehrer. Wir wollen mit Intensiviertungsstunden mehr Durchlässigkeit von unten nach oben schaffen; auch dazu brauchen wir Lehrer. Wir wollen, dass die Schüler in kleineren Klassen intensiver gefördert werden können. Wir wollen die Klassenhöchststärke vor allem dort reduzieren, wo viele Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund zur Schule gehen. Wir wollen Chancengerechtigkeit schaffen. Um das zu erreichen, brauchen wir mehr Lehrer, und vor allem brauchen wir gute Lehrer.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Lehrer braucht das Land!)

- Genau.

Lehrer aus anderen Bundesländern sind mitunter in Fächerkombinationen ausgebildet, die in Bayern nicht zugelassen sind.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Das ist nicht der ganze Antrag!)

Deshalb möchten wir, dass künftig noch mehr als bisher geprüft wird, welche Fächerkombinationen zusätzlich zugelassen werden können. Wir wollen, dass diese Re

gelungen gelockert werden können, um mehr Lehrern den Weg ans Lehramt in Bayern zu bahnen.

Unsere zweite Forderung betrifft bessere Bedingungen für Quereinsteiger. Wer eine wissenschaftliche Ausbildung in einen Fach hat, für das Lehrer gebraucht werden, sollte mit einem Zusatzmodul in Pädagogik und Psychologie auch ohne Staatsexamen in das Lehramt wechseln können. Auf psychologische und pädagogische Kenntnisse und praktische Fähigkeiten legen wir sehr großen Wert. Deshalb wurde das im Koalitionsvertrag betont.

Erinnern wir uns an unsere eigene Schulzeit zurück. Wer von uns hätte nicht gerne den einen oder anderen Lehrer gehabt, der praktische Erfahrungen in der Berufswelt außerhalb der Schule gesammelt und der mehr Lebenswirklichkeit vermittelt hätte? Viel zu oft haben wir uns mit grauer Theorie aus Schulbüchern konfrontiert gesehen. Ein Diplomkaufmann zum Beispiel, der sich in der freien Wirtschaft erfolgreich behauptet hat, ist fachlich sicherlich nicht weniger qualifiziert als ein Lehramtsabsolvent. Warum soll dieser mit dem entsprechenden Zusatzmodul nicht in das Lehramt gehen können? Ein fehlendes Staatsexamen und die starre Fixierung auf feste Fächerkombinationen dürfen auf keinen Fall dazu führen, dass auf dringend benötigte Lehrer verzichtet wird. Nicht nur in der Wirtschaft, der Forschung und der Technik, sondern gerade bei der Bildung und den Lehrern befinden wir uns im Wettbewerb um die besten Köpfe, die nicht unbedingt von Anfang an in Bayern studieren.

Im Übrigen stehen andere Bundesländer vor ähnlichen Herausforderungen. In dem Wettbewerb müssen wir schneller sein. Lassen Sie uns also die Turnschuhe anziehen. Wir müssen darauf achten, dass der Standort Bayern für Lehrer noch attraktiver wird. Lassen Sie uns unnötige Hürden, die guten Lehrern im Weg stehen, niederreißen. Unterstützen Sie den Antrag; denn so schaffen wir die besten Vorraussetzungen für unsere Schüler in Bayern.

(Beifall bei der FDP)

Um das Wort hat Herr Kollege Wägemann gebeten. - Er ist nicht anwesend. Dann gehen wir weiter. Nächster Redner: Herr Kollege Dr. Rabenstein. Herr Rabenstein? - Er ist hier.

(Harald Güller (SPD): Die SPD ist immer auf ihrem Platz!)

- Da wäre ich mal nicht so vorlaut, Herr Kollege Güller.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP hat

sinnvolle Ansätze, allerdings auch problematische Teile und viele Plattitüden.

(Beifall der Abgeordneten Isabell Zacharias SPD)

Sicherlich ist es sinnvoll, zusätzliche Fächerkombinationen zu ermöglichen. Wir wissen aus Petitionen, dass Pädagogen aus anderen Bundesländern Schwierigkeiten haben. Verbesserungen werden wir sicherlich zustimmen.

Im Weiteren geht es im Antrag um die sogenannten Quereinsteiger, von denen Sie gesprochen haben. Wir sagen, das sind die Förster, die Biologieunterricht halten sollen. Wir haben äußerste Zweifel, dass das sinnvoll ist. Wir lehnen Quereinsteiger ab. Ich möchte das kurz begründen. Wir meinen, dass wir gut ausgebildete Pädagogen brauchen, keine Quereinsteiger.

(Beifall der Abgeordneten Isabell Zacharias SPD)

Dieses Modell hat sich nicht bewährt; es ist gescheitert. Wir müssen nur an den betroffenen Volksschulen, Realschulen und Gymnasien nachfragen. Die werden das bestätigen. Wir brauchen keine ehemaligen Manager der Landesbank,

(Beifall bei Teilen der SPD)

die nun den Schülern erklären, wie man mit Geld umgeht. Wahrhaftig nicht. Die Einführung der Quereinsteiger war und ist eine "Schnapsidee" aus der Not geboren und ein Armutszeugnis bayerischer Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, Bayern hat versäumt rechtzeitig Lehrer auszubilden. Nun ist das Land in einer verzweifelten Situation. Deshalb wurden die "Quereinsteiger" erfunden. Ich meine, das ist eine Bankrotterklärung der Bildungspolitik.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich gibt es den einen oder anderen, der sich bewährt; das möchte ich nicht abstreiten. Natürlich gibt es auch pädagogische und - ich möchte es einmal so formulieren - didaktische Naturtalente, aber sie sind selten, und deswegen erfordert das Lehramt ein umfangreiches Studium. Das fordern wir: ein gutes und umfangreiches Studium für alle, die im Schuldienst tätig sein wollen.

(Beifall bei der SPD)

Weiter heißt es im Antrag der FDP, für Quereinsteiger soll der Weg ins Lehramt gebahnt werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, was soll denn das heißen?

Frau Kollegin Sandt, das müssen Sie mir genauer erklären.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Bisher ist es so, dass Quereinsteiger Zeitverträge erhalten, die verlängert werden können. Nach der zweiten Verlängerung müssten sie übernommen werden. Gewöhnlich sagt man dann, auf Dauer übernehmen wollen wir sie nicht, weswegen sie schließlich entlassen werden. Es ist also keine Dauerbeschäftigung. Ich würde gern wissen, was die Aussage im Antrag der FDP bedeuten soll. Möchte die FDP, dass die Quereinsteiger dauerhaft an den Schulen bleiben? - Dann müssen Sie einen entsprechenden Antrag stellen. Beim vorliegenden Antrag weiß man nicht, was er bedeuten soll.

Zum Schluss komme ich zu den Plattitüden. In der Begründung zum Antrag heißt es so schön - ich zitiere -: "Es ist positiv zu bewerten, wenn Lehrer praktische Erfahrung in anderen Berufen gesammelt haben; sie müssen jedoch auch in Pädagogik und Psychologie qualifiziert sein." - Da sagt natürlich jeder, das soll so sein, das kann man unterstützen. Insgesamt ist es aber platt. Entscheidend ist nämlich, wie das Ganze umgesetzt wird. Für eine bessere Lehrerbildung haben wir von der SPD konkrete Vorschläge gemacht, und wir werden sie auch in dieser Legislaturperiode einbringen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Felbinger. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute über bessere Qualifikationsmöglichkeiten für Lehrer sprechen, dann müssen wir uns auch fragen, warum wir das überhaupt tun. Die Antwort ist: Grund sind Versäumnisse der früheren Staatsregierung und der früheren CSU-Bildungspolitik, die erst zu diesen Fehlentwicklungen geführt haben.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Wir sprechen heute nicht zum ersten Mal über Unzulänglichkeiten in der Bildungspolitik. Speziell in der Lehrerausbildung gibt es erhebliche Schwächen. Insofern ist der Antrag der FDP zur Weiterentwicklung der Lehrerausbildung durchaus begrüßenswert. Wir sind ganz auf Ihrer Seite: Wir brauchen mehr Lehrer, wir brauchen gute Lehrer. Insofern kann ich ankündigen, dass wir dem Antrag zustimmen werden.