Nun sagen Politiker und andere, es sei möglich, die genannten Krisen nacheinander abzuarbeiten. Wir halten aber dagegen und sagen: Das ist verantwortungsloser Unfug. Jetzt ist eine andere Wirtschaftsweise notwendig. Demzufolge ist jetzt auch ein Umsteuern in der Finanz-, der Wirtschafts- und der Steuerpolitik notwendig.
Wir müssen uns also schleunigst um mehr Umwelt- und Klimaschutz kümmern sowie um mehr Eine-Weltgerechtigkeit und um mehr Verteilungsgerechtigkeit auch bei uns.
Meine Damen und Herren, mit dem Folgenden befinde ich mich tatsächlich im Widerspruch zu einigen meiner Vorredner. Wohin uns die Überhöhung der Ideologie von der steten Überlegenheit marktkonkurrenzieller Steuerung auch in nichtwirtschaftlichen Lebensgebieten, die Liberalisierungs- und Privatisierungskampagnen und der Deregulierungswahn gebracht haben, hat sich jetzt deutlich manifestiert.
Damit treffe ich überhaupt keine Schuldzuweisung in irgendeine Richtung. Man muss sich vielmehr anschauen, was in Berlin passiert ist. Ich habe ja das Stichwort "Deregulierungswahn" gebracht. Was ist bei der Zulassung windiger Finanzmarktprodukte geschehen? Erlaubnisvorbehalte wurden gestrichen. Die Bankenaufsicht und die Finanzmarktaufsicht wurden immer mehr ausgedünnt. Das haben damals alle unterstützt, selbst die von Herrn Huber angesprochene Couleur, die hier nicht stattfindet. Mittlerweile könnten alle so einsichtig sein, zu sagen: Das ist es nicht gewesen.
In dem Zusammenhang gilt es auch, die Rolle des Staates wie der öffentlichen Hand insgesamt anders zu definieren. Wir brauchen einen starken Staat. Das ist gerade in Krisenzeiten notwendig. Wir kommen möglicherweise in eine länger andauernde Phase der Schrumpfung hinein. "Einen starken Staat brauchen", kann nicht heißen, der Staat ist letzter Bürge. Vielmehr muss der Staat als Regulierer zur Verfügung stehen, auch dafür, für ein Umsteuern zu sorgen und um soziale und damit letztlich gesellschaftliche Verwerfungen zu verhindern.
Mit dem, was ich gerade vorgetragen habe, will ich mitnichten den Markt als dominierendes Steuerungsprinzip in unsem System infrage stellen. Die Damen und Herren der CSU und der SPD wissen, dass wir in der Hinsicht immer die eifrigsten Verfechter waren, zum Beispiel als es um die Subsidiarität oder um die drittschützende Wirkung des Mittelstandsförderungsgesetzes ging.
Wir sagen: Wo der Markt das bessere Steuerungsprinzip ist, wollen wir keine Staatswirtschaft und keine Mischwirtschaft. Aber wir sagen ebenso klar: Der Markt ist nicht alles; er kann nicht alles; er braucht Regulierung.
Wir müssen auch dies festhalten: Die soziale Komponente unserer Wirtschaftsordnung, die in den letzten Jahren in eine beträchtliche Schieflage geraten ist, muss wieder mehr betont werden.
Ich komme auf die vorhin gehaltenen Reden und den Antrag zurück. In der Begründung heißt es beispielsweise: "Wenn es nicht gelingt, die Krise rasch in den Griff zu bekommen..." Daran haben wir arge Zweifel. Wir meinen, dass die Entwicklung durchaus länger dauert, als vielen von uns lieb wäre. Vielleicht werden die Auswirkungen auch schwerer als vermutet sein. Wir müssen uns möglicher Bandbreiten des Einbruchs bewusst sein. Wir müssen für die unterschiedlichen Bandbreiten und die unterschiedlichen Tiefen mit den entsprechenden Instrumenten und Wegen gewappnet sein.
Von einigen Vorrednern wurden beispielsweise Steuersenkungen gepredigt. Das ist in unseren Augen nichts anderes als fatal. Wir werden sehen wie schnell der öffentlichen Hand das Steueraufkommen wegbrechen wird. Die Steuer ist auch nicht das Problem, abgesehen davon, dass dieses System unnötig verkompliziert ist. Leute, die Erwerbseinkommen, aber nicht genug Geld haben, um ordentlich konsumieren zu können, leiden nicht unter der Steuerlast, sondern unter den zu hohen Sozialabgaben. Das ist eine Tatsache, an der man viel dringender ansetzen müsste.
Ich äußere einen wichtigen Gedanken. Um mit der Krise zielgreifend umgehen zu können, bedarf es einer ehrlichen Diagnose. Wir bitten Sie inständig, die Täter nicht immer zu Opfern zu stilisieren. Ich erinnere dabei an den vorigen Tagesordnungspunkt. Man darf die beiden Rollen nicht miteinander verwechseln. Das wäre Beliebigkeit. Ich erinnere an das Stichwort "Bayerische Landesbank".
Mein Fazit: Wir stimmen dem Berichtsantrag selbstverständlich zu, in der Erwartung, dann wirklich tief in medias res einsteigen und uns kritisch austauschen zu können. Vielleicht erreichen wir in dem einen oder anderen Punkt Übereinstimmung.
Wir stimmen mit Sicherheit nicht jeder Aussage unserer Vorredner zu. Aber ich bitte um eine breite Zustimmung zu diesem Antrag.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte hat von allen Seiten deutlich gemacht, dass 2009 auch für Bayern gesamtwirtschaftlich eines der schwierigsten Jahre werden wird. Das ist uns allen klar. Wir sind überall gravierend betroffen. Das gilt für die Ausfuhren, für die Auftragseingänge; die Unternehmen fahren ihre Investitionspläne zurück. Wir alle wissen, dass dies natürlich auch die Gefahr einer Spirale nach unten beinhaltet.
Die neuesten Nachrichten aus der Automobilindustrie sind ebenfalls beunruhigend. Wir müssen Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt befürchten, der sich noch im Februar erfreulich robust gezeigt hat.
Ich unterstreiche, was Kollege Huber gesagt hat. In der Tat sollten wir hier die Unternehmen ausdrücklich hervorheben. Sie operieren außerordentlich verantwortungsbewusst und flüchten sich nicht in Massenentlassungen, sondern fangen ihre Absatzeinbrüche vielfach durch Kurzarbeit ab.
Wir dürfen trotz dieser ernsten Lage - das betone ich gleich zu Beginn - nicht in Schwarzmalerei und Weltuntergangsstimmung verfallen. Das würde unserer bayerischen Grundhaltung nicht entsprechen. Der Weg aus der Krise führt nur über Vertrauen in die eigene Stärke, entschlossenes Handeln und Zuversicht.
Vor diesem Hintergrund hat die Bayerische Staatsregierung bereits im März - übrigens weit vor vielen anderen - begonnen, die sich abzeichnende Krise entschlossen zu bekämpfen. Es ist das Beschleunigungsprogramm genannt worden, das weit wirksamer ist als die Konjunkturprogramme sind, die mit der Gießkanne vorgehen und seinerzeit gefordert worden sind. Wir haben den bayerischen Mittelstandsschirm errichtet. Die Fakten zeigen, dass er sehr gut angenommen worden ist. Wir gehen aber jedem Hinweis nach, wenn es irgendwo knirschen sollte. Je kon
kreter er ist, desto besser. Probleme werden wir selbstverständlich auch im Gespräch mit den Banken abzustellen versuchen.
Es ist gut gewesen, dass der Bund in einem zweiten Konjunkturpaket bei den öffentlichen Investitionen nachgelegt hat. Wir hatten dazu ja schon früher entschlossenere Impulse gefordert. Auch wenn ich mir andere Gewichtungen gewünscht hätte - Herr Kollege Halbleib, Ihre Partei war leider zu Verbesserungen nicht bereit -, haben wir letztlich in staatspolitischer Verantwortung für unser Land zugestimmt.
- Man hofft ja bis zuletzt immer auf einen Funken der Vernunft, insbesondere bei der SPD, Herr Kollege.
Wir haben viel getan, um das entschlossen und schnell auf die Kommunen herunterzubrechen. Wir haben beispielsweise einen Schritt mit der Vereinfachung des Vergaberechts getan, um hier zu entbürokratisieren. Wir werden uns in Schnelligkeit bei der Umsetzung von niemandem übertreffen lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht in der Tat um den Kampf um jeden zukunftsfähigen Arbeitsplatz. Ich bin, wie viele andere Kolleginnen und Kollegen auch, sehr viel vor Ort. Es ist auch sehr wichtig, dass wir den Unternehmen gerade in dieser Krise zeigen, dass die Politik da ist, dass sie nicht nur zu den Großunternehmen, sondern auch zu den Mittelständlern kommt.
Wir müssen dieses Engagement auf der Basis klarer ordnungspolitischer Vorstellungen betreiben. Erstens. Die Lösung unternehmerischer Probleme ist eben nicht vorrangig Aufgabe des Staates, sondern muss in der Verantwortung der Unternehmen, der Eigentümer, der beteiligten Banken und der Tarifvertragsparteien bleiben.
Zweitens. Der Staat ist Treuhänder der Steuerzahler. Wir dürfen also öffentliche Mittel nicht für Rettungsaktionen verpulvern, die von vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Staatliche Hilfen dürfen nicht dazu missbraucht werden, das Aus für unrentable Betriebe hinauszuzögern. Wir brauchen zukunftsfähige Konzepte, in die wir investieren. Neue Maxhütten wollen und dürfen wir uns nicht leisten.
Drittens. Unternehmen, denen der Staat mit Liquiditätshilfen und Bürgschaften beispringt, müssen im Kern gesund und wettbewerbsfähig sein und ein tragfähiges Zukunftskonzept vorweisen können. Dazu müssen vor allem die Eigentümer und die Banken einen gewichtigen Beitrag leisten.
Viertens. Einen Einstieg des Staates in Firmen lehne ich grundsätzlich ab. Es bleibt dabei: Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer. Wir dürfen gar nicht damit anfangen, meine Damen und Herren, unternehmerische Risiken zu sozialisieren. Marktwirtschaft ohne Risiko funktioniert nicht.
Ich bin der Kollegin der SPD sehr dankbar dafür, dass sie mich gleich vor Marx in Schutz genommen hat. Als bayerischer Wirtschaftsminister fühle ich mich dem Erbe Ludwig Erhards verpflichtet, nämlich der sozialen Marktwirtschaft. In einer Zeit, in der ein Rettungsschirm nach dem anderen aufgespannt wird, in der viele die Lösung aller wirtschaftlichen Probleme vom Staat erwarten, sage ich unmissverständlich: Der Marsch in die Staatswirtschaft ist keineswegs die Lösung, die wir jetzt brauchen können.
Meine Damen und Herren, um aus den Schwierigkeiten herauszukommen, brauchen wir Initiativgeist, Innovationskraft, Leistungsbereitschaft und Eigenverantwortung, die sich im fairen Leistungswettbewerb entfalten können. Gerade in Bayern haben wir durch die mittelständischen Unternehmen, denen wir natürlich mit allen Möglichkeiten den Rücken stärken, eine Basis, um auch aus den Schwierigkeiten sehr gut herauszukommen. Auf dieser Basis wird die Koalition von CSU und FDP ihre Arbeit fortsetzen. Je breiter die Zustimmung aus dem gesamten Hause ist, desto besser können wir das leisten.
Danke, Herr Staatsminister. Frau Staatsministerin Haderthauer hat auch noch ums Wort gebeten, bitte.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Lage wurde schon vielfach beschrieben. Ich möchte die Debatte um die Aspekte des Arbeitsmarktes ergänzen und vorausschicken, dass wir selbstverständlich, wie Sie vollkommen richtig gesagt haben, keine Staatswirtschaft haben und deshalb auch nicht dafür zuständig sind, wo und wie in der freien Wirtschaft Ar
beitsmärkte funktionieren, Arbeitsplätze verloren gehen oder geschaffen werden. Wir haben aber sehr wohl den Anspruch, dass wir im Rahmen der sozialen Marktwirtschaft für den Arbeitsmarkt Rahmenbedingungen zur Verfügung stellen, mit denen man natürlich reagieren muss, wenn ein Arbeitsmarkt, wie das leider auch bei uns in Bayern der Fall ist und weiterhin sein wird, in Bedrängnis gerät. Wir haben zwar einen robusten Arbeitsmarkt, der momentan vor allem davon profitiert, dass wir viele kleine und mittelständische Unternehmen und eine breite Streuung von Branchen haben. Trotzdem müssen auch die Menschen in Bayern um ihren Arbeitsplatz fürchten. Es gibt eine erschreckend hohe Anzahl von Anmeldungen zur Kurzarbeit und von Betrieben, in denen tatsächlich Kurzarbeit Realität ist.
Wir müssen deutlich machen: Wir haben Strategien, und Staat und Politik nutzen ein Bündel von Maßnahmen, die Arbeitgebern und Arbeitnehmern - nicht alleine den Arbeitgebern - helfen, um so gut wie möglich über diese Krise mithilfe einer Brücke hinwegzukommen und gleichzeitig für die Zukunft mit einem Sprungbrett gerüstet zu sein. Ich wähle bewusst das Bild von der Brücke, die zum Sprungbrett wird; denn diese Doppelstrategie wollen wir auch gemeinsam mit der Bundespolitik im Arbeitsmarkt fahren. Wir wollen Arbeitgeber in die Lage versetzen, ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mithilfe einer Brücke zu halten, indem wir ihnen viel Geld über das Konjunkturpaket des Bundes und auch über das Investitionsbeschleunigungsprogramm des Landes zugutekommen lassen. Wir fördern die Kurzarbeit dadurch, dass wir sie erleichtern, und wir haben die Voraussetzungen geschaffen, dass Arbeitgeber von den Sozialversicherungsbeiträgen entlastet werden, wenn sie das mit Qualifikation verbinden, davon sogar vollständig entlastet werden. Wir sorgen auch dafür, dass Investitionen vorgezogen werden, um Arbeitsplätze zu halten. Beim normalen Verlauf hätten diese Investitionen erst sehr viel später eingesetzt.
Der Schwerpunkt unserer Maßnahmen, die ich unter die Überschrift "Sprungbrett" stellen möchte, liegt auf der Qualifizierung für die Zukunft, besonders für jene, die allzu leicht Verlierer auf dem Arbeitsmarkt werden, nämlich für die gering Qualifizierten und die älteren Personen. Wir haben im europäischen Sozialfonds die Mittel, die wir gerade für kleine und mittlere Unternehmen gezielt einsetzen, die eine Weiterqualifikation nicht so stemmen können wie große Betriebe. Wir fördern Qualifizierungsmaßnahmen für gering Qualifizierte und Ältere; wir fördern nachträgliche Schulabschlüsse und zusätzliche Ausbildungsplätze, die wir entstehen lassen. Wir fördern die Integration besonders benachteiligter Jugendlicher und auch von Menschen mit Behinderung. Wir setzen die Mittel des Arbeitsmarktfonds ganz gezielt ein, um von Arbeitslosigkeit bedrohten Personen zu helfen.
Ganz wichtig ist, dass wir gerade in dieser Zeit zusammenstehen und keine Frontstellungen entstehen lassen, die sonst allzu gerne in der Politik aufgebaut werden. Ein Zusammenstehen und gemeinsame Verantwortung in der gegenwärtigen Situation beweisen wir dadurch, dass Staatsregierung, der DGB, die Wirtschaft und die Arbeitsagentur, Regionaldirektion Bayern, eine Initiative zur Weiterbildung ergreifen. Darin erarbeiten wir gemeinsam eine Rahmenvereinbarung zur Weiterbildung; denn Deutschland ist keineswegs das Land, in dem das Prinzip des lebenslangen Lernens schon bei jedem angekommen ist, weder bei den Arbeitnehmern noch bei allen Arbeitgebern.