Protocol of the Session on March 4, 2009

Wir sprechen heute nicht zum ersten Mal über Unzulänglichkeiten in der Bildungspolitik. Speziell in der Lehrerausbildung gibt es erhebliche Schwächen. Insofern ist der Antrag der FDP zur Weiterentwicklung der Lehrerausbildung durchaus begrüßenswert. Wir sind ganz auf Ihrer Seite: Wir brauchen mehr Lehrer, wir brauchen gute Lehrer. Insofern kann ich ankündigen, dass wir dem Antrag zustimmen werden.

Ich möchte im Folgenden aber noch auf einzelne Punkte eingehen. Wenn es um die Zulassung zusätzlicher Fächerkombinationen geht, muss man erwähnen, dass es für die Gymnasien bereits 60 verschiedene Fächer

kombinationen und für die Realschulen 40 verschiedene Fächerkombinationen gibt. Wir meinen, das ist eine ganze Menge. Oft sind das aber starre Fächerkombinationen, die die Schulen im Einzelfall einengen und in ihren Planungen behindern. Deswegen sind wir dafür, eine Öffnung zuzulassen, und zwar gerade dann, wenn Lehrermangel herrscht. In einer solchen Ausnahmesituation brauchen wir etwas mehr Flexibilität und Freiheit für die Schulen.

Was die Bewerber aus den anderen Bundesländern angeht, ist es nicht so, dass sie bisher keinerlei Chance hätten, sondern es gibt bereits das Instrument des Lehreraustausches, wofür ein Bewerber aus einem anderen Bundesland einen passenden Tauschpartner braucht. Ich gehe aber davon aus, dass der Antrag der FDP stärker auf die freien Bewerber abzielt, die dem in bestimmten Bereichen herrschenden Lehrermangel mit Fächerkombinationen, die in Bayern bisher nicht möglich waren, abhelfen sollen. Wir sind der Meinung, wenn Lehrermangel herrscht und es die Möglichkeiten gibt die Möglichkeiten muss man schaffen, indem man das System etwas aufweicht -, dann können wir der Forderung vorbehaltlos zustimmen, falls die pädagogischen Ausbildungskriterien den Kriterien in Bayern entsprechen.

Der letzte Punkt des Antrags betrifft die Quereinsteiger. Wir sehen die Sache ähnlich, wie es die Kollegin von der FDP vorhin ausgedrückt hat. Warum soll man es nicht versuchen? Wenn ein bisschen mehr Praxisbezug in den Unterricht einkehrt, ist das sicher nur von Vorteil. Wenn man berufsbegleitende Module in der Pädagogik, der Psychologie und unter Umständen auch in der Methodik hinzufügt, kann man mittelfristig eine wichtige Reserve aufbauen. Die Reserve braucht man allerdings nur, wenn Lehrermangel herrscht. Wir müssen auch darauf achten, dass die Quereinsteiger im Vergleich zu denjenigen, die ein Lehramtsstudium absolviert haben, nicht überbezahlt werden. In der Vergangenheit ist es nämlich bei den Kontingenten, die jede Schule zur Verfügung hat, schon zu Unstimmigkeiten gekommen.

Wir hoffen, dass der Antrag der FDP auch die Zustimmung der CSU findet. Es sollte nicht so sein wie in früheren Jahren, als die Kultusministerin Hohlmeier hieß und man mit sehr geringem Erfolg versucht hat, Förster und Österreicher als Lehrkräfte zu gewinnen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Gehring, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP wirft einige Fragen auf, zum Beispiel die Frage, ob die FDP aufgrund der Versäumnisse in der Vergan

genheit einen Lehrermangel befürchtet und was wir dagegen tun müssen. Immerhin prophezeit eine Studie des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes einen Lehrermangel von 20.000 Lehrkräften im Jahr 2010.

Zweite Frage: Will die FDP die Fesseln des Berufsbeamtentums, die einer modernen Professionalisierung des Lehrerberufs im Wege stehen, abwerfen und auf ein neues Lehrerleitbild hinarbeiten? - Wenn ja, sollten Sie es hier sagen und tun.

Drittens. Will die FDP der publizistischen Blase der Bundesbildungsministerin, die dafür eigentlich nicht zuständig ist, aber gefordert hat, dass Ingenieure in die Schulen gehen sollen, ein Konzept entgegensetzen? Wenn ja, dann tun Sie es bitte. Sie haben es in diesem Antrag leider nicht getan.

Ein Satz zum Thema der Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern. Ich bin ein Verfechter des Bildungsföderalismus, aber das, was wir uns hinsichtlich der Mobilität von Lehrerinnen und Lehrern innerhalb Deutschlands insbesondere in Bayern leisten, ist zum Haareraufen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir reden über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer in Europa, die Anerkennung von Bildungsabschlüssen von Portugal bis Bulgarien, von IT-Spezialisten aus Indien, aber wenn ein Lehrer aus Nordrhein-Westfalen, Hessen, Niedersachsen oder Baden-Württemberg nach Bayern will, dann leisten wir uns eine Kleinstaaterei, die nicht zu akzeptieren ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Deutlich wird das an Petitionen im Bildungsausschuss. Kürzlich haben wir einen Fall behandelt, in dem jemand nicht den richtigen Studienschwerpunkt hatte. Die Qualifikationen, die seit dem Studienabschluss erworben wurden, zählen nicht. Es zählen auch weder die Leistungen an der Privatschule noch die pädagogische Eignung. Die Formalismen stehen über dem Ansehen der Person. Ich halte das für fatal.

Wir begrüßen den Antrag der FDP dennoch, weil er, wenn auch sehr vage, in die richtige Richtung weist. Ich will Ihnen nun die Richtung, in die wir müssen, aufzeigen. Wir müssen endlich die Umstellung der Studiengänge auf Bachelor und Master für eine Reform der Lehrerbildung nutzen. Wir brauchen Bachelor-Studiengänge, die breit aufgestellt sind und über die Schularten hinweg fachlich qualifizieren und Mobilität ermöglichen. Momentan erleben wir, dass Studierende nicht einmal von Eichstätt nach Augsburg wechseln können, und das im Zuge des Bologna-Prozesses. Wir dürfen es

da ist Ihr Minister Dr. Heubisch, ein Quereinsteiger, gefragt - nicht den fachbezogenen Egoismen der Universitäten überlassen, wie diese Bachelor-Studiengänge gestaltet werden. Zweitens. Alle Lehramtsstudiengänge, vom Grundschullehrer bis zu den weiterführenden Schulen, brauchen Master-Abschlüsse.

Drittens. Ein Wort zu den Quereinsteigern: Wir GRÜNE halten es durchaus für sinnvoll, dass Quereinsteiger an die Schulen kommen. Wir unterstützen, dass Leute mit anderem beruflichem Hintergrund und anderen Erfahrungen an die Schulen kommen. Aber diese Leute müssen qualifiziert werden. Deswegen brauchen wir einoder zweijährige Master-Studiengänge, um solche Quereinsteiger für die Schulen zu qualifizieren. Auch dafür müssen Sie etwas tun.

Wir werden diesem Antrag der FDP zustimmen, weil er, wenn auch vage, in die richtige Richtung weist. Wir warten jetzt auf die Taten der Regierung und werden von unserer Seite die entsprechenden Konzepte vorlegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Gehring. Mit Zustimmung der Fraktionen darf ich noch Herrn Kollegen Wägemann das Wort erteilen. Ich erwähne das bewusst, auch um die Kolleginnen und Kollegen darauf hinzuweisen: Wenn der Redner nicht im Plenarsaal ist, wenn sein Name aufgerufen wird, ist der Redebeitrag verfallen. Herr Kollege Kreuzer hat bei den Fraktionen das Einverständnis damit eingeholt, dass Herr Kollege Wägemann noch das Wort bekommt. Bitte schön, Herr Kollege.

(Hubert Aiwanger (FW): Er ist halt ein kleiner Quereinsteiger! - Ulrike Gote (GRÜNE): Weil's der Gerhard ist!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich zuerst dafür, dass ich doch noch ans Rednerpult darf. Ich war gerade beim Ausdrucken draußen, als ich aufgerufen wurde. Zu spät ist zu spät!

(Allgemeine Heiterkeit - Hubert Aiwanger (FW): Wir sind ja alle Menschen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das derzeit gültige Lehrerbildungsgesetz wurde nach ausgiebiger Diskussion 2006 in Kraft gesetzt; seither wurde auch die Lehramtsprüfungsordnung I - LPO I - weiterentwickelt. Der Forderung im Antrag der FDP, die Ausbildung zum Lehramt bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, kann man sich nicht verschließen. Das ist immer gut, nachdem es ja um die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen

geht. Dem Wunsch, weitere Fächerkombinationen zuzulassen, stehen wir aufgeschlossen gegenüber, wenngleich man darauf hinweisen muss, dass das bereits bisher zwingender Leitgedanke bei der Reform der Lehrerbildung war. Wir müssen darauf achten, dass keine Fächerverbindungen angeboten werden, die eine berufliche Verwendung nach dem abgeschlossenen Studium schon allein durch diese Fächerkombination ausschließen. Wie Kollege Felbinger zu Recht gesagt hat, wurden die zugelassenen Fächerverbindungen bei den Realschulen erst 2008 von 37 auf 43 und beim Lehramt an Gymnasien von 43 auf 60 im vergangenen Jahr erhöht. Hier hat sich bereits sehr viel getan.

Bei der Zulassung von Bewerberinnen und Bewerbern von außerhalb unseres Freistaates Bayern müssen wir natürlich darauf achten, dass die entsprechende Ausbildung vorliegt. Wenn dies der Fall ist, können sie auch im Anstellungsverfahren mit nicht zugelassenen Fächerverbindungen zugelassen werden, um die Unterrichtsversorgung dauerhaft zu sichern. Wenn sie nicht einsetzbare Fächerverbindungen haben, wird hier eine Nachqualifikation angeboten: wenn also ein Fach passt und das andere nicht, können sie ein zweites Fach dazu erwerben, um so den Bedarf mit abzusichern.

Wir halten es auch für sinnvoll, das weiter zu verbessern und zu erleichtern.

Bei den Quereinsteigern muss man die Interessen unserer regulär ausgebildeten Lehrkräfte berücksichtigen. Das heißt: Es kann eigentlich nur dort Quereinsteiger geben, wo Mangelfächer sind, nicht aber in Bereichen, in denen genügend regulär ausgebildete Lehrkräfte vorhanden sind. Denn diejenigen, die das reguläre Studium durchlaufen haben, die sich der Einstellungsprüfung, der LPO I und LPO II, unterzogen haben, sollen nicht von Quereinsteigern überholt werden können.

Wichtig ist natürlich, dass außer dem Fachwissen und der beruflichen Erfahrung, die die Quereinsteiger haben, die notwendige Eignung in Pädagogik, Didaktik, in den Erziehungswissenschaften vorhanden ist. In Modulen können sie nachqualifiziert werden, um den Bedarf besser abdecken zu können. Auch das halten wir für richtig. Deswegen ist es sinnvoll, den Zugang über diese Zusatzmodule zu ermöglichen.

Der Antrag der FDP geht daher sicherlich absolut in die richtige Richtung, auch wenn bereits etliches umgesetzt und in Vorbereitung ist. Daher bitte ich, diesem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank, Herr Kollege. Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit ist die Aussprache geschlossen und wir kommen zur Abstimmung. - Ich bitte, zur Abstimmung die Plätze einzunehmen. - Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/749 seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die CSUFraktion, die FDP-Fraktion, die Fraktion Freie Wähler und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. - Wer ist gegen diesen Dringlichkeitsantrag? - Die SPD-Fraktion. Wer enthält sich der Stimme? - Danke schön. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

Wir kommen zu den nächsten Dringlichkeitsanträgen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf die Dringlichkeitsanträge 6 a und 6 b:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Franz Maget, Johanna Werner-Muggendorfer, Christa Naaß u. a. und Fraktion (SPD) Gleichstellung von Frauen endlich auch in Bayern verwirklichen (Drs. 16/750)

Dringlichkeitsantrag der Abg. Georg Schmid, Karl Freller, Joachim Unterländer u. a. und Fraktion (CSU), Thomas Hacker, Brigitte Meyer, Renate Will u. a. und Fraktion (FDP) Chancenpotenziale für Frauen (und Männer) konsequent ausbauen! (Drs. 16/783)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache und darf Frau Kollegin Dr. Strohmayr das Wort erteilen. Die Redezeiten für die einzelnen Fraktionen sind bekannt? - Gut. Bitte schön, Frau Kollegin.

Sehr geehrte Kolleginnen, sehr geehrte Kollegen, sehr geehrte Frau Präsidentin! Am 8. März ist Frauentag. Gleichzeitig müssen wir heute feststellen, dass Bayern in puncto Gleichstellung für Frauen immer noch Entwicklungsland ist.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Trotz aller positiven Entwicklungen und Fortschritte ist eine wirkliche Chancengleichheit im Alltag noch längst nicht gegeben. So steht es im Sozialbericht, der uns unlängst vorgelegt wurde. Das wird mit einer Vielzahl von Beispielen und Zahlen belegt. Es muss also unser dringendstes Anliegen sein, hier endlich Abhilfe zu schaffen. Das gilt vor allen Dingen für die Handlungsfelder Gleichstellung bei der Erwerbstätigkeit, beim Einkommen, bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, bei der Gleichstellung bei der Gesundheitsvorsorge und Versorgung bei der Pflege, bei Migration und Integration sowie beim bürgerlichen Engagement und vor allen Dingen auch in der Politik. Obwohl Frauen hier in Bayern bessere Bildungsabschlüsse erzielen - sie verlassen die Schule weniger häufig ohne Schulabschluss,

sie machen häufiger Abitur; 23 % der Frauen in Bayern machen Abitur; bei den Männern sind es nur 18 % wirkt sich das immer noch nicht auf die berufliche Stellung bzw. auf das Einkommen aus. Das ist doch eine Schande.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Frauen sind darüber hinaus häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen. Sie schaffen seltener den Sprung in die Führungsebene. Diese Daten ergeben sich alle aus dem Sozialbericht. Auch an den bayerischen Hochschulen sieht es für Frauen finster aus. Der Anteil der Professorinnen bleibt mit 11 % deutlich hinter dem Anteil der Männer zurück.

All diese Benachteiligungen am Arbeitsmarkt führen letztendlich dazu, dass vielen Frauen Altersarmut droht. Frauen bekommen zum Beispiel im Durchschnitt nur 499 Euro Rente, Männer 955 Euro.

Liebe Frauen, liebe Männer, wir müssen dieses Thema angehen, und zwar dringend und schnell.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Deswegen fordern wir: Wir brauchen endlich Quotenregelungen, zum Beispiel im öffentlichen Dienst, wir brauchen Kaskadenmodelle