Protocol of the Session on March 20, 2013

Die FREIEN WÄHLER werden sich aus diesen Gründen beim Dringlichkeitsantrag der SPD enthalten. Eine Erklärung der Ministerin im Landtag, wie es mit dem Antrag gefordert wird, ändert daran überhaupt nichts. Es ist zu bedenken, dass sich die innere Einstellung bei uns ändern muss.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Als Nächste hat Frau Kollegin Ackermann das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Landtagspräsidentin, ich werte Ihre Weigerung, zu dem Verhalten der Sozialministerin in Würzburg Stellung zu nehmen, als Kritik an Ihrer Sozialministerin.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Georg Schmid (CSU): Sie suchen sich das so aus, wie Sie es brauchen!)

Des Weiteren möchte ich die Vorwürfe, die meiner Kollegin Simone Tolle gemacht wurden, auf das Schärfste zurückweisen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Tolle ist eine sehr engagierte Frau, die sich in Würzburg um die Flüchtlinge gekümmert hat und auch in der Vergangenheit für deren Rechte eingetreten ist, und zwar in den Momenten, in denen die Frau Sozialministerin nicht die Notwendigkeit gesehen hat, zu Flüchtlingen zu gehen, die sich im Hungerstreik befunden haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die sind von Frau Tolle begleitet worden. Meine Kollegin, Simone Tolle, agierte von außen oder musste von außen agieren, weil sie zu der Delegation nicht eingeladen war. Deshalb konnte Sie auch nicht teilnehmen. Sie war jedoch betroffen und hat sich geäußert. Nicht nur sie, sondern viele Expertinnen und Experten aus der Anhörung, die im April 2009 im Landtag stattgefunden hat, sind der Meinung, dass diese Lager psychisch und physisch krank machen. Das hat nicht nur der Leiter des Missionsärztlichen Instituts in Würzburg gesagt, sondern auch der Bischof von Freising. Sie alle sind Menschen, die sich intensiv mit dieser Problematik auseinandersetzen. Sie kommen zu diesem Urteil.

Das sollten Sie sich auf die Fahnen schreiben, wenn Sie solche Einrichtungen besuchen. Sie würden dann zu der Überzeugung kommen, dass diesen Menschen mehr geholfen werden muss als nur mit freundlichen und warmen Worten. Die Menschen brauchen tatkräftige Unterstützung. Sie sind in der Regierung, und Sie können das ändern. Das tun Sie seit Jahren nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der missglückte Versuch der Frau Sozialministerin Haderthauer in Würzburg zeigt uns deutlich, dass sie sich lieber auf Facebook mit Journalisten streitet, als Gespräche mit Flüchtlingen zu führen. Es zeigt uns deutlich, welche Ignoranz sie gegenüber Flüchtlingen an den Tag legt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das zeigt deutlich, dass sie soziale Kälte statt menschlichem Verständnis walten lässt. Dafür wurde sie massiv kritisiert. Ich möchte noch einmal auf Burkhard Hose zu sprechen kommen, nachdem Sie, Frau Landtagspräsidentin, ihn als äußerst glaubwürdigen Menschen geschildert haben. Er ist glaubwürdig. Kollege Pfaffmann hat bereits zitiert, was er gesagt hat. Ich habe noch eine Internetnotiz von ihm. Er schreibt: Eiseskälte drinnen und draußen − mit diesem Eindruck bin ich gestern nach dem Gespräch mit der Ministerin Haderthauer nach Hause gefahren. Draußen harrten Flüchtlinge in der Kälte aus, um wenigstens einige Minuten mit der Sozialministerin zu sprechen, und wurden enttäuscht. Drinnen überwog für mich bei

dem zweistündigen Gespräch mit der Ministerin die Eiseskälte der real existierenden CSU-Asylpolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)

Ich könnte noch fortfahren, aber ich glaube, diese Worte zeigen bereits deutlich, was sich in Würzburg an diesem Tag zugetragen hat. Nachdem Frau Staatsministerin Haderthauer das Gespräch, zu dem Frau Tolle nicht eingeladen war, beendet hat, haben die Flüchtlinge versucht, die Gelegenheit zu ergreifen, um mit ihr zu sprechen, nachdem sie seit Monaten darauf warten, dass sie einmal zu ihnen kommt. Es ist selbstverständlich, dass sie diese Gelegenheit ergreifen möchten. Das ist Ihr gutes Recht. Was aber macht die Ministerin? Sie verkriecht sich feige im Auto und verweigert das Gespräch.

(Widerspruch bei der CSU)

Herzlichen Glückwunsch, Frau Ministerin, für diese Volksnähe, die Sie da gezeigt haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dieser Besuch in Würzburg wirft ein bezeichnendes Schlaglicht auch auf Ihre sonstige Politik, Frau Ministerin. Nachdem Sie mit großem Elan damals die Metallcontainer verboten haben, haben wir Hoffnung geschöpft, aber es kam nichts nach. Es gab in der Asylpolitik keine Verbesserung. Nein, Sie haben weiterhin auf den harten Bedingungen der Unterbringung für Asylbewerber bestanden. Sie hätten es in der Hand gehabt, aber Sie haben nichts verbessert. Sie haben einen Sozialbericht herausgegeben, aber keine Konsequenzen gezogen. Die Verhältnisse sind nach wie vor so wie immer.

Sie haben einen Aktionsplan erstellen lassen, ohne die behinderten Menschen einzubeziehen. Sie haben versucht, uns klarzumachen, dass Altenpflegeschulen kein Schulgeld erheben würden. Das stimmt nicht. Wir haben das schmerzlich über Monate hin diskutiert, und trotzdem hat sich nichts geändert. Unterdessen hat die CSU jetzt die Erleuchtung, dass Altenpflegeschulen künftig kostenfrei zu stellen sind.

Während die Wohlfahrtsverbände eine Pflegekonferenz aufgrund des in Bayern herrschenden Pflegenotstands veranstaltet haben, gingen Sie lieber zu McDonald’s. Ihre politische Ignoranz bezüglich eines menschenwürdigen Umgangs mit Flüchtlingen und sozial Schwachen zieht sich wie ein roter Faden durch die Politik.

Frau Haderthauer, Sie sind keine soziale Ministerin, sondern Sie sind eine Karrieristin, die zufällig Sozialministerin wurde.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Lebhafter Widerspruch bei der CSU)

Frau Kollegin Ackermann, bleiben Sie noch zu einer Zwischenbemerkung.

(Zurufe von den GRÜNEN: Das ist aber sehr spät!)

Ich habe das nicht rechtzeitig gesehen; ich bitte um Entschuldigung. Frau Kollegin Ackermann, kommen Sie bitte noch einmal ans Redepult. Herr Hintersberger, Sie haben das Wort zu einer Zwischenbemerkung.

Frau Kollegin, Sie werfen der Sozialministerin vor, eine eiskalte Gesprächssituation erzeugt zu haben.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Sie und auch andere Vorredner Ihrer Fraktion klagen sie an, dass es menschenunwürdig sei, Essenspakete zu verteilen. Was halten Sie von der Situation, dass Mitglieder dieses Hohen Hauses bei dieser Gemengelage Plakate mit der Aufschrift "Lager tötet" hochhalten?

(Ulrike Gote (GRÜNE): Was für ein Vergleich!)

Damit sollten doch zumindest fahrlässig, wenn nicht sogar bewusst Assoziationen geschürt werden. Ich persönlich halte dies für eine Vergiftung eines gesellschaftlichen Konsenses. Das trägt bestimmt nicht dazu bei, diesen Menschen zu helfen. Ich möchte das mit allem Nachdruck als verwerflich bezeichnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Hintersberger, ich habe die eiskalte Atmosphäre, von der ich sprach, lediglich aus dem Schreiben des Pfarrers zitiert, mit dem Frau Landtagspräsidentin ein gutes Verhältnis hat und dem sie vertraut.

(Beifall bei den GRÜNEN - Heiterkeit des Abge- ordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Deshalb vertraue auch ich ihm und glaube, dass es eine eiskalte Atmosphäre war.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ein Weiteres. Die Essenspakete sind unmenschlich, dabei bleibe ich. Die Menschen müssen dadurch etwas essen, was sie gar nicht wollen. Sie sind nicht zu doof, selber einkaufen zu können.

(Beifall bei den GRÜNEN - Lebhafte Zurufe von der CSU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ihr Geschrei, meine Damen und Herren von der Rechten, rettet Sie auch nicht.

Zu Frau Tolle und zu dem Plakat sage ich Ihnen Folgendes. Es gab in dieser Unterkunft bereits einen Suizid und einen Suizidversuch. Es gibt die Aussage, dass diese Lager psychisch und physisch krank machen. Der Schritt dazu, dass sie gesagt hat, "Lager töten", ist ein gradueller Unterschied. Ein Mensch ist in diesem Lager gestorben. Glauben Sie nur nicht, er sei gestorben, weil die Unterbringung so gut sei.

(Zurufe von der CSU)

Er ist gestorben, weil er verzweifelt war.

(Anhaltende Zurufe von der CSU)

Das ist etwas, was wir nicht weiter mittragen wollen und können.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin Ackermann. Jetzt hat sich die Staatsregierung zu Wort gemeldet. Frau Staatsministerin Haderthauer hat das Wort.

(Volkmar Halbleib (SPD): Hat die FDP dazu keine Meinung?)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf das Gespräch in Würzburg eingehe, möchte ich auf zwei Kleinigkeiten im Dringlichkeitsantrag der SPD eingehen. Das ist mir aus verschiedensten Gründen wichtig, Herr Kollege Pfaffmann. Sie zitieren darin angebliche Äußerungen von mir. Da geht es zum einen um eine Pauschalkritik an den Medien. Wenn Sie die Quellen gelesen hätten und sich nicht immer nur aus Sekundär- oder Tertiär-Literatur schlau gemacht hätten, hätten Sie erkannt - es hätte Ihnen gut angestanden, bei der Formulierung eines solchen Antrages genau hinzusehen; das Ganze ist ja öffentlich zugänglich -, dass es keine pauschale Medienkritik, sondern eine ganz konkrete Medienkritik gewesen ist. Dazu läuft derzeit auch ein Richtigstellungsverfahren.