Protocol of the Session on March 20, 2013

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf das Gespräch in Würzburg eingehe, möchte ich auf zwei Kleinigkeiten im Dringlichkeitsantrag der SPD eingehen. Das ist mir aus verschiedensten Gründen wichtig, Herr Kollege Pfaffmann. Sie zitieren darin angebliche Äußerungen von mir. Da geht es zum einen um eine Pauschalkritik an den Medien. Wenn Sie die Quellen gelesen hätten und sich nicht immer nur aus Sekundär- oder Tertiär-Literatur schlau gemacht hätten, hätten Sie erkannt - es hätte Ihnen gut angestanden, bei der Formulierung eines solchen Antrages genau hinzusehen; das Ganze ist ja öffentlich zugänglich -, dass es keine pauschale Medienkritik, sondern eine ganz konkrete Medienkritik gewesen ist. Dazu läuft derzeit auch ein Richtigstellungsverfahren.

Das Gleiche gilt für die angebliche Behauptung von mir, ein Fotograf habe da etwas gemacht. Die gibt es

von mir nicht. Das mögen Sie mir sonst bitte nachweisen. Das Wort "Fotograf" finden Sie in dem ganzen Eintrag nicht, auf dem diese Posts zu finden sind.

Sie müssen sich einfach mal die Mühe machen, meine Facebook-Einträge zu lesen. Ich habe darin deutlich gemacht − das können Sie dort nachlesen -, dass ich das gedruckte Bild nicht wahrgenommen habe. Daraus habe ich dann geschlossen, dass es vorher oder später geschossen worden sein muss. Mit "nachher" meine ich den Zeitpunkt, als die Polizei die Menschen auseinandergebracht hatte. Das war notwendig, damit wir fahren konnten. Mir ist das deshalb wichtig, weil es doch merkwürdig rüberkommt, wenn Sie Äußerungen, die Sie nicht nachweisen können, als wahr unterstellen.

(Beifall bei der CSU)

Noch kurz zu Facebook etwas. Man kann der Meinung sein, dass eine Ministerin nicht auf einer privaten Facebook-Seite politische Themen diskutieren sollte. Ich glaube aber, in der heutigen Zeit ist das ein sehr gutes Mittel, um Transparenz zu schaffen, und es ist etwas, was gegen die Politikverdrossenheit wirkt.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich mache das sehr gerne und immer wieder. Ich sage Ihnen aber auch, dass ich selbstverständlich und gerade in diesem Fall immer wieder problematische Posts gelöscht habe. Ich kann sie natürlich nicht löschen, bevor sie geschrieben sind.

(Zurufe von den GRÜNEN: Oh, oh! - Volkmar Halbleib (SPD): Ganz neu!)

Das heißt: Natürlich kommt es vor, dass auf allen Facebook-Seiten problematische Posts stehen, die zu löschen sind. Da bin ich Ihrer Meinung, und das habe ich auch getan. Was ich aber nicht mache, das ist, dass ich jeden Post wegzensiere, der nicht meiner Meinung entspricht.

(Alexander König (CSU): Sehr richtig!)

Ich denke, das wäre nicht Sinn der Sache, Herr Pfaffmann.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe darauf hingewiesen. Ich habe zwei Facebook-Seiten − eine dienstliche und eine private −, und auf beiden wird immer wieder darauf hingewiesen.

Nun möchte ich aber auf das Thema eingehen. Bevor wir über den Zwischenfall danach sprechen, vielleicht noch kurz: Das Gespräch habe ich persönlich als sehr

konstruktiv empfunden, und Ihr Kronzeuge, Herr Pfarrer Hose, schildert da etwas anderes. Er hat aber kein Zitat, welches seine emotionale Einlassung in irgendeiner Weise belegen kann, beibringen können. Das spricht eher dafür, dass es kein Zitat von mir gibt, das dies belegen kann, sonst hätte er es vielleicht schon beigebracht.

(Theresa Schopper (GRÜNE): Manchmal gibt es auch nonverbale Kommunikation!)

Ich sage Ihnen aber auch, dass ich bezweifle, dass sich in dem Pressegespräch, das danach stattgefunden hat, sowohl eine absolut integere Person wie Bischof Hofmann als auch unsere Landtagspräsidentin hingestellt und der versammelten Presse gesagt hätten, dass es ein konstruktives Gespräch in einer sehr guten Atmosphäre gewesen sei, wenn auch nur ein wenig an dem dran wäre, was Pfarrer Hose über Internet verbreitet hat.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe das Gespräch als konstruktiv empfunden und sage Ihnen auch, dass wir gute Ergebnisse hatten. Ich habe mich nur hinterher gewundert, als ich das gehört habe, weil sich Herr Pfarrer Hose sehr freundlich von mir mit Handschlag verabschiedet und für das gute Gespräch bedankt hat. Ich kann mir aber eines vorstellen: Natürlich haben wir − das hat die Landtagspräsidentin hier auch deutlich gemacht − dort auch geschildert, in welchem Spannungsfeld sich die gesamte Asylpolitik und Asylsozialpolitik befindet. Natürlich haben wir den Asylsozialkompromiss, den wir im Bayerischen Landtag beschlossen haben, erklärt, und natürlich haben wir, weil die Atmosphäre vertrauensvoll, konstruktiv war, auch die widerstreitenden Interessen und Meinungen, die es zu diesem Thema gibt, dargelegt. Darauf kann sich das vielleicht bezogen haben, ich weiß es nicht. Aber ich sage Ihnen nur eines: Die Gesprächsführung habe ich nicht allein vorgenommen. Wir hatten ein sehr schönes, offenes Gespräch miteinander, welches zu sehr guten Ergebnissen geführt hat, sonst hätte es danach kein Pressegespräch gegeben, das ebenfalls von dieser Atmosphäre getragen war.

Dann komme ich nach zweieinhalb Stunden Rundgang und Gespräch heraus. Wir haben den Rundgang erst allein begonnen, der Bischof und ich. Danach sind die Landtagspräsidentin dazugekommen, Herr Kollege Jörg und andere. Wir haben den Rundgang darauf konzentriert, uns die baulichen Verbesserungen in der GU anzuschauen, weil ich im letzten November dort war und der Bischof ebenfalls im letzten Jahr. Wir haben uns mit Familien unterhalten, die jetzt in Familienzimmern untergebracht sind, weil ich

im Jahr 2009 bauliche Leitlinien erlassen habe, die dafür sorgen, dass das in den Gemeinschaftsunterkünften jetzt auch umgesetzt worden ist. Rund 80 % der GUs entsprechen inzwischen diesen Standards. 29 Millionen Euro Steuergelder wurden für Verbesserungen in GUs aufgewendet − nur weil hier immer gesagt wird, es sei nichts passiert.

Wir kamen heraus, und draußen in der Dämmerung stand uns eine unbekannte Gruppe von Männern gegenüber, die dadurch nicht vertrauenerweckender wurde, liebe Frau Tolle, dass sie von Ihnen angeführt war, und die uns vorher mit dem Schild "Lager tötet!" empfangen hat −

(Beifall bei der CSU - Heiterkeit bei den GRÜ- NEN)

in einer Situation, in der uns nicht gesagt wurde, was das Anliegen ist.

(Unruhe bei der CSU − Glocke des Präsidenten)

Nicht einmal Sie, Frau Tolle, haben es für nötig befunden, vielleicht zu sagen: Frau Ministerin, da sind Menschen, die gern mit Ihnen sprechen würden und das und das Anliegen haben, das ist der und der.

(Simone Tolle (GRÜNE): Das habe ich gesagt!)

Sie haben weder vor dem Gespräch darum gebeten, dass man Sie mit hineinnimmt, noch haben Sie selbst die Einladung der Landtagspräsidentin angenommen, die Sie

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie war nicht als Landtagspräsidentin dort!)

ausdrücklich zu diesem Gespräch eingeladen hat. Darauf sagten Sie Nein, darauf verzichten Sie. Sie haben die Zeit genutzt, um eine Gruppe zu organisieren, die dann draußen stand und von der einfach nur ein lautes Rufen zu vernehmen war, das sich dann letztlich auf meine Person fokussiert hat. Ich hörte dann Rufe wie: Da ist sie! Da ist sie! Ich sage Ihnen ganz ehrlich vor dem Hintergrund, dass die Polizei, die vorher gerufen worden war − sicherlich nicht, weil sich die Gruppe so friedlich verhalten hat −, wieder weggefahren war, weil sich das Ganze zwischendrin wieder verlaufen hatte: In einer solchen Situation ist es doch nachvollziehbar, dass man zu der Einschätzung gelangt, dass bei einer solchen aufgeheizten, emotionalen Stimmung keine Basis für eine sachbezogene Begegnung oder gar ein Gespräch vorhanden ist.

(Beifall bei der CSU)

An dieser meiner Einschätzung hat sich im Nachhinein nichts geändert, als ich erfuhr, dass das nicht Bewohner der GU gewesen sind, sondern Aktivisten, die von außerhalb hereingeholt wurden und die diese ganzen Veranstaltungen, Demonstrationen usw., die in Würzburg immer wieder stattfinden, organisieren,

(Zurufe von der CSU: Hört, hört!)

unter anderen auch der nicht mehr in der GU lebende iranische Flüchtling, der im letzten Jahr in den Hungerstreik getreten war. Das ist kein Gegenargument, aber Thema dieses Gesprächs waren die GU und ihre Bewohner und nicht Menschen, die wegen Anerkennungsfragen − da sie ohnehin wissen, dass ich nichts daran ändern kann − kommen. Es ging um die Verhältnisse in der Gemeinschaftsunterkunft, und dazu sage ich Ihnen ganz klar: Das zu missbrauchen und dann Flüchtlinge zu instrumentalisieren, die völlig andere Anliegen haben, um uns hier unter Druck zu setzen, - - Meine Reaktion darauf hat nichts mit kaltoder warmherzig zu tun,

(Beifall bei der CSU)

sondern damit, dass ich mich nicht nötigen lasse und mich einer Nötigung nicht beuge. Ich sage Ihnen auch: Das muss Konsens in diesem Rechtsstaat sein.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe nicht mehr so viel Redezeit, aber eines ist mir schon wichtig: Wenn über Erpressung − wie beim letzten Mal mit dem Hungerstreik − oder Nötigung gearbeitet wird, halte ich es für ein problematisches Signal, wenn man sich diesem beugt. Wir haben gute Ergebnisse; bei dem anderen Dringlichkeitsantrag werde ich noch darauf eingehen. Aber lassen Sie mich trotzdem noch ein Wort zum Thema Kälte und Empathie sagen. Wissen Sie, nicht bei jedem zeigt sich Empathie gleich. Persönlichkeiten sind unterschiedlich. Bei mir läuft das in der Regel so ab, dass ich Empathie nicht so empfinde, dass ich mich hinsetze und erst einmal Händchen halte und mitweine, sondern ich mache mir die Anliegen der Betroffenen zu eigen und ziehe für sie in den Kampf. Deswegen ist in dieser Legislaturperiode −

(Zuruf der Abgeordneten Ulrike Gote (GRÜNE))

und Sie können nicht ändern, dass das stimmt − so viel an Verbesserungen geschehen wie lange, lange zuvor nicht, weil wir alle miteinander das Ziel haben, zeitgemäße und humane Asylsozialpolitik zu machen.

(Beifall bei der CSU - Isabell Zacharias (SPD): Das merkt man deutlich!)

Ich sage Ihnen auch: Mir ist bewusst, dass ich dabei oft streitbar bin. Mir ist auch bewusst, dass ich oft anstrengend bin, dass die Träger das auch nicht immer schön finden und ich sie sehr konsequent auch an ihre Verantwortung erinnere; das ist richtig. Aber letztendlich muss sich auch Sozialpolitik an den Erfolgen messen lassen, und daran lasse ich mich gerne messen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU)

Danke schön, Frau Staatsministerin. Bleiben Sie bitte noch.

Meine Damen und Herren, zum weiteren Fahrplan zu diesem Tagesordnungspunkt: Wir haben jetzt eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Bause mit der Möglichkeit zur Erwiderung durch die Frau Staatsministerin. Danach führen wir die Abstimmung durch, die zur Beratung des Tagesordnungspunktes gehört, und anschließend folgt noch eine persönliche Erklärung nach § 112 von Frau Kollegin Tolle. Damit, Frau Bause, sind Sie nun an der Reihe; bitte schön.

Frau Haderthauer, Ihre Kollegin Frau Stamm hat Ihnen sehr vorsichtig nahegelegt, dass Sie vielleicht die Chance ergreifen sollen, von einem Fehler zu sprechen, den Sie in dieser Situation gemacht haben.

(Peter Winter (CSU): Das haben wir nicht gehört!)

− Ja, wer hören kann, der hätte es hören können. Sie sagte, man hätte sich in dieser Situation auch anders verhalten können. Nun gut, Sie haben auf das Desaster Ihrer Flüchtlingspolitik noch ein kommunikatives Desaster draufgesetzt, und Sie haben heute die Chance vertan, sich dafür zu entschuldigen. Aber das müssen Sie selbst ausbaden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie haben vorhin gesagt, Sie hätten weder pauschal die Medien angegriffen, also Medienschelte betrieben, noch unterstellt, dass das Foto irgendwie manipuliert gewesen sein könnte. Vielleicht darf ich Ihrer Erinnerung auf die Sprünge helfen; ich habe hier die Kopie aus Ihrem Facebook-Eintrag. Da heißt es: "Aber die Zeitungen schreiben eben einfach ohne Recherche auch mal einfach Behauptungen, nur weil sie zur Story passen." − Die Zeitungen schreiben einfach Behauptungen − wenn das keine pauschale Medienschelte ist, dann weiß ich es nicht.