Protocol of the Session on March 20, 2013

Ich darf meiner Fraktion und der FDP-Fraktion dafür danken, dass wir hier in der Übereinstimmung ein Stück weitergekommen sind.

Meine Bitte ist nur: Nehmen Sie mein Angebot an. Sprechen wir über das, über das es zu sprechen gilt, über das, was wichtig und notwendig ist. Herr Kollege Rinderspacher, Sie wissen, dass ich jetzt keine Zeit habe; ich muss jetzt vom Redepult gehen.

Aber ich danke Ihnen, dass Sie mir zugehört haben. Ich war über 13 Jahre in der Verantwortung für die Unterbringung von Asylbewerbern. Diese Verantwortung wahrzunehmen und auf der einen Seite den

Menschen gerecht zu werden, aber auf der anderen Seite nicht genügend Unterkünfte zu haben, keine genügende Bereitschaft vorzufinden, ist schwer. In der Unterkunft in Würzburg haben wir über hundert Fehlbeleger. Die könnten ausziehen. Wir müssen gemeinsam schauen, Wohnungen zu bekommen. Es müsste auch in unserer Gesellschaft eben sehr viel mehr möglich sein. Alle müssten sich aufgerufen fühlen, mitzuhelfen, damit die Dinge zumindest mit dem, was rechtlich bei uns auf den Weg gebracht worden ist, im Interesse der Menschen vorankommen können.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Es liegen zwei Meldungen zu Zwischenbemerkungen vor, eine von Frau Kollegin Schopper und eine vom Kollegen Pfaffmann. Bevor ich Frau Schopper das Wort erteile, beziehe ich mich darauf, dass vorhin der Zwischenruf kam: "Halt die Klappe!" Das war nicht auf die Rednerin, sondern auf einen anderen Zurufer gemünzt. Ich habe aber nicht mitbekommen, wer das gesagt hat. Ich habe nicht mitbekommen, von wem der Zwischenruf kam. Ich darf aber anmerken, dass ein solcher Zwischenruf sicher nicht angemessen ist. Solche Zwischenrufe bitte ich Sie zu unterlassen. Frau Kollegin Schopper, Sie haben jetzt das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, ich kann Ihnen auf die Sprünge helfen. Es war der ehemalige Justizminister Weiß, der diesen Zwischenruf hier im Parlament gemacht hat.

(Dr. Manfred Weiß (CSU): Weil hier laufend gestört wurde!)

Ich möchte der Frau Kollegin und Präsidentin Stamm eine Frage stellen: Wie lange hatten Sie eigentlich Gelegenheit, um von der von Pfarrer Burkhard Hose beklagten Eiseskälte zum politischen Frühling zu kommen? Wie lange haben Sie Zeit gehabt, um den Menschen, die nach Deutschland kommen, hier Schutz suchen und Leib und Leben gerettet haben, weiterhin Essenspakete anzubieten, um jetzt in puncto Deutschkurse umzudenken und um die Leitlinien des Sozialministeriums zu verändern, welches weiterhin die Politik vorgibt, dass keine Integrationsmaßnahmen gewollt sind und dass unbegleitete Minderjährige statt in der Jugendhilfe in Lagern wohnen, wo sie nicht hingehören? Wo bleibt da die von ihnen beschworene christliche Nächstenliebe, die beim Kirchenasyl zu Zerwürfnissen geführt hat und es so weit kommen ließ, dass die Kirche gesagt hat, wir geben diesen Menschen Schutz?

Wir sind nicht die besseren Menschen. Das nehmen wir für uns nicht in Anspruch. Wir nehmen aber für

uns in Anspruch, dass wir unsere politischen Forderungen, die wir hier jahrelang gepredigt haben und bei denen Sie immer mit der kalten Schulter gezuckt haben, hier vortragen dürfen und dass wir uns hier politisch auseinandersetzen können und nicht die Klappe halten müssen, wie es uns hier mitgegeben wurde.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Liebe Frau Kollegin Schopper, wenn Sie Herrn Pfarrer Hose ansprechen, gehen Sie bitte zu ihm und sprechen Sie mit ihm. Wir beide haben gerade beim Stichwort Kirchenasyl, das Sie eben angesprochen haben, engstens zusammengearbeitet. Sie können von ihm aus der Nähe darüber unterrichtet werden, wie intensiv unsere beiderseitige Zusammenarbeit gewesen ist. Das gilt im Übrigen auch für die Zusammenarbeit mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann.

Zu den unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Einigen ist bekannt, dass ich in Würzburg stellvertretende Vorsitzende des Caritas-Verbandes bin. In einer unserer Einrichtungen, in Don Bosco, bilden wir vor allen Dingen benachteiligte junge Menschen aus. Wir haben die Zahl der Plätze erhöht, um unbegleitete Flüchtlinge aufzunehmen, sie auszubilden und sie unter unseren Schirm zu nehmen. Wenn die jungen Leute mehr von München wegwollten und zu uns kommen würden: Die Plätze stehen bereit. Wir sind auch bereit, sie aufzunehmen. Kollege Jörg weiß es, Sie, Kollege Halbleib, wissen es auch, dass wir in Don Bosco diese Maßnahmen durchführen. Wir sind auch bereit, hier weiterzuarbeiten.

Frau Kollegin Schopper, wissen Sie denn nicht mehr, was in Ihrer Fraktion passiert? Reden Sie mit Ihren Kolleginnen und Kollegen. Ich war an einer Veranstaltung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hier im Bayerischen Landtag beteiligt. Bei dieser Veranstaltung haben wir auf die Probleme dieser jungen Menschen aufmerksam gemacht, und sie hatten auch die Möglichkeit, sich hier vorzustellen.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Wer regiert denn hier? Zuruf von der CSU: Hört doch einmal zu!)

Sie müssen es auch akzeptieren, dass man von Pauschalvorwürfen wegkommt, und zumindest eine ganz kleine Bereitschaft zeigen, zur Kenntnis zu nehmen, dass es auch andere Menschen gibt, die guten Willens sind.

(Anhaltender Beifall bei der CSU - Ulrike Gote (GRÜNE): Wer regiert denn hier seit vielen Jahren?)

Frau Kollegin, wir haben noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Pfaffmann.

Frau Kollegin Stamm, dass Sie soziale Kompetenz haben, bezweifelt niemand. Die haben Sie bewiesen. Das war auch nicht Gegenstand der Diskussion von heute. Mich würde interessieren, wie Sie es beurteilen, dass die bayerische Sozialministerin Gespräche mit Betroffenen verweigert, und zwar nicht das erste Mal. Mich würde interessieren, wie Sie es beurteilen, dass Journalisten, die missliebig schreiben, pauschal verurteilt werden, und dass Fotografen der Manipulation verdächtigt werden. Mich würde interessieren, wie Sie es werten, dass gerade Sie und Ihre Fraktion eine Erweiterung der Erstaufnahmeeinrichtungen seit Jahren verweigern. Sie haben eben selber davon gesprochen, dass es zu wenig Unterkünfte für die Erstaufnahme gibt.

(Beifall bei der SPD)

Wie beurteilen Sie, dass es immer noch − Frau Kollegin Schopper hat es gesagt − Essenspakete und so weiter und so fort gibt?

(Johannes Hintersberger (CSU): Was haben die Essenspakete damit zu tun? )

Im Interesse einer sachlichen Diskussion würde es mich auch interessieren, wie Sie es beurteilen, dass Ihre Fraktion vor der Beratung des Doppelhaushalts die Mittel für die Beratung von Asylsuchenden und Flüchtlingen gekürzt hat, was Sie jetzt wieder rückgängig gemacht haben und was anzuerkennen ist. Darum geht es in der Debatte. Genau zu diesen Themen haben Sie nichts gesagt. Ich bin nicht empfindlich. Sie können mich auch beschuldigen. Ich würde persönliche Angriffe sogar starten.

(Georg Schmid (CSU): Der war nicht einmal dabei! Der weiß doch gar nichts!)

Es wäre einmal interessant zu erfahren, welche persönlichen Angriffe Vertreterinnen und Vertreter Ihrer Fraktion in den letzten Plenarsitzungen hier zum Besten gegeben haben. Aber sei’s drum.

Herr Kollege, zwei Minuten!

(Georg Schmid (CSU): Ihre Zeit ist vorbei! Aus!)

Mich würde interessieren, wie Sie das Verhalten der Sozialministerin in der Sache in den letzten Monaten beurteilen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin Stamm, bitte.

Herr Kollege Pfaffmann, Sie waren bei dem Termin nicht dabei. Die Stimmung hat sich dort mehr aufgeheizt, als es uns allen recht gewesen ist. Das Gespräch war anberaumt, um mit denen zu reden, die in der Unterkunft tätig sind, mit den Ehrenamtlichen, mit Vertretern der Caritas, mit hauptamtlichen Mitarbeitern und mit Vertretern der Regierung. Der Bischof war auch dabei. So war es gedacht. Wir sind vorher kurz durch die Einrichtung gegangen. Das hätte man ein bisschen länger machen können. Das gebe ich ohne Weiteres zu. Wir haben aber einen Eindruck von der Unterkunft gewonnen.

Im Übrigen darf ich hier gleich einfügen: Ich bin sehr dafür, dass diese Maßnahme weiterhin positiv begleitet wird; wir erproben in Würzburg gerade − das ist ein Vorschlag, der auch von Abgeordneten gekommen ist -, vom Sachleistungsprinzip wegzugehen. Ich habe den Eindruck, dass das sehr gut läuft. Es ist aber auch sehr schwierig. Wir haben eine große Unterkunft, wo sich viele Nationalitäten auf einem Gang befinden und miteinander zurechtkommen müssen. Ich halte das Modell, vom Sachleistungsprinzip wegzukommen, für richtig. Glauben Sie mir aber, Kolleginnen und Kollegen, wir können nicht einfach sagen, wir gehen davon weg. Das nützt uns nichts. Diese Menschen müssen auch begleitet werden.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Kollegin Tolle, Sie müssten es auch wissen: Schreien ersetzt keine Argumente.

(Zuruf von den GRÜNEN: Personal einstellen! - Ulrike Gote (GRÜNE): Das ist doch nichts Neues, was Sie hier erzählen!)

Das ist jetzt eine Erwiderung auf eine Zwischenbemerkung. Das muss nicht in einen Dialog ausarten.

Ich muss auch nicht darauf antworten. Ich bin gefragt worden, wie ich zum Sachleistungsprinzip stehe. Ich habe gesagt, dass wir in Würzburg in der Erprobungsphase sind. Ich möchte, dass die Erprobung weitergeführt wird.

Dann habe ich den Kollegen Pfaffmann um Verständnis dafür gebeten, dass wir nach der Besprechung, die wesentlich länger gedauert hat und bei der alles unter Zeitdruck geraten ist, in eine Situation hineingeraten sind, die auch anders hätte beendet werden können, um es so zu sagen. Die Schlüsse, die Sie heute im Nachhinein ziehen, es habe Eiseskälte geherrscht, und alles andere, was Sie gesagt haben, sind nicht gerechtfertigt.

(Beifall bei der CSU - Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Das waren nicht meine Worte!)

Es gibt solche Situationen. Sie haben hier eine Politikerin vor sich stehen, die in der Politik vieles mitgemacht hat. Ich denke nur an die BSE-Zeit. Es gibt Situationen, in denen Sie alles falsch machen können. Es gibt Situationen, in denen Sie alles richtig machen. Es ist aber auch menschlich, jemandem zuzugestehen, dass er in eine Situation geraten ist, die für ihn menschlich sehr, sehr schwierig gewesen ist. Wenn es Situationen gibt, die für uns Politikerinnen und Politiker menschlich schwierig sind, sollten wir die Barmherzigkeit haben, darüber hinwegzusehen.

(Anhaltender Beifall bei der CSU und der FDP)

Die nächste Wortmeldung kommt von Kollegen Professor Bauer.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Dringlichkeitsantrag der SPD ist für mich Anlass, über einige grundsätzliche Fragen des Umgangs miteinander in diesem Hohen Hause und in der Politik allgemein zu sprechen. In der Fraktion haben wir das ausführlich diskutiert. Wir waren der Meinung, dass die zahlreichen Pressemeldungen zur Kenntnis zu nehmen sind. Wir möchten das nicht weiter bewerten oder kommentieren. Eines muss ich feststellen: Die Berichte decken sich fast völlig. Die Reaktion der Frau Landtagspräsidentin war eindeutig und positiv. Das ist sehr zu begrüßen. Frau Präsidentin Stamm, an dieser Stelle danke ich Ihnen dafür, dass Sie sich einem Gespräch mit den Menschen in einer Notlage gestellt haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das war vorbildhaft und wäre von der Sozialministerin zu erwarten gewesen. Gerne nehmen wir das Angebot zu einem Dialog, das Sie gerade gemacht haben, an. Ich wünsche mir auch persönlich im Umgang miteinander und vor allem im Sozialausschuss mehr Kommunikationsbereitschaft. Die Frau Staatsministerin hat es in dieser Legislaturperiode − ich denke, ich erinnere mich richtig − bisher nur zweimal geschafft, dem Sozialausschuss Rede und Antwort zu stehen.

Die FREIEN WÄHLER möchten ebenfalls den fehlenden kollegialen Umgang ansprechen. Ich kritisiere eine gewisse Respektlosigkeit gegenüber Kollegen und Fraktionskollegen. Fraktionskolleginnen und Fraktionskollegen haben mir berichtet, dass ein Gruß auf dem Gang vonseiten der Sozialministerin nicht erwidert werde. Oftmals sind Fraktionskollegen einfach Luft.

(Widerspruch bei der CSU)

Das ist schon mehrfach passiert. Das kann ich selber berichten. Bei offiziellen Terminen wie Staatsempfängen hat die Begrüßung oft nicht nach dem Protokoll stattgefunden. Ich und andere sind nicht begrüßt worden.

Der vorliegende Dringlichkeitsantrag wirft die grundsätzliche Frage auf, wie wir im Politikbetrieb miteinander umgehen. Wir FREIE WÄHLER fordern bei allen politischen und menschlichen Differenzen mehr Respekt und Toleranz im Umgang miteinander. Parlamentarische Debatten sollen sich an Sachthemen orientieren. In diesem Falle darf und muss hart miteinander gerungen werden − in der Sache und um eine Lösung. Sie dürfen aber nicht in Schlammschlachten und persönliche Angriffe ausarten. Das sind wir sowohl uns als auch unseren Wählern schuldig.

Die FREIEN WÄHLER werden sich aus diesen Gründen beim Dringlichkeitsantrag der SPD enthalten. Eine Erklärung der Ministerin im Landtag, wie es mit dem Antrag gefordert wird, ändert daran überhaupt nichts. Es ist zu bedenken, dass sich die innere Einstellung bei uns ändern muss.