Protocol of the Session on December 13, 2012

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Wir ziehen kurz Bilanz der Söderschen Finanzpolitik. Wir haben bisher kein Konzept für den Länderfinanzausgleich vorgelegt bekommen. Wir haben kein Konzept für die Schuldentilgung vorgelegt bekommen. Wir haben kein Konzept für eine gerechte Steuerpolitik vorgelegt bekommen. Wir haben keinen ernsthaften Willen gesehen, die massive Unterbesetzung der Finanzämter zu bekämpfen. Wir haben keine konsequente Haltung zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung erkennen können. Da würden wir uns den vom Ministerpräsidenten angesprochenen pathologischen Ehrgeiz des Finanzministers wünschen. Dieser gilt offensichtlich nur für das persönliche Fortkommen, aber nicht für die dringend überfällige Herstellung von Steuergerechtigkeit in diesem Freistaat. Deswegen lehnen wir diesen Einzelplan mit Überzeugung ab. Die Herstellung von Steuergerechtigkeit in Bayern ist mit dieser Regierungskoalition ganz offensichtlich nicht möglich. - Danke schön für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege, bleiben Sie am Pult. Graf Lerchenfeld hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Graf Lerchenfeld.

Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank. Herr Kollege Halbleib, Sie sprechen von Steuersenkung auf Pump, weil Sie endlich dazu bereit sind, das Bundesverfassungsgerichtsurteil anzuerkennen. Heißt das, dass dies auch Steuersenkung auf Pump ist?

Ein Zweites. Das Doppelbesteuerungsabkommen mit der Schweiz wurde in gleicher Art und Weise mit Großbritannien, Österreich und Italien geschlossen. In Österreich sind mehr Steuereinnahmen in erheblicher Höhe angefallen. Ich habe Ihnen vorhin die Steuerdebatte mit Herrn Eichel dargelegt. Wie stehen Sie denn dazu, dass Herr Eichel damals die Amnestie mit einem Steuersatz von nur 15 % anerkennen wollte?

Drittens. Lesen Sie doch bitte regelmäßig die "FAZ". Dann sehen Sie, dass die Unionspolitiker in den Parlamenten Deutschlands einen sehr vernünftigen Vorschlag zum Länderfinanzausgleich unterbreitet haben.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Halbleib, Sie haben das Wort.

Der Grundfreibetrag war immer unstrittig. Der entscheidende Punkt war, was mit der kalten Progression und was in Fragen der steuerlichen Absetzbarkeit passiert. Das ist klar. Das Bekenntnis ist auch klar. Ich bin der festen Überzeu

gung, dass Steuersenkung auf Pump kein Weg in die Zukunft ist. Das müssten eigentlich gerade Sie einsehen, weil Sie auch in Bayern zu Recht den ausgeglichenen Haushalt nach vorne stellen. Was für Bayern gilt, muss in gleicher Weise für den Bund gelten. Das zum ersten Punkt.

Zweiter Punkt: Steuerabkommen mit der Schweiz. Sie wissen, dass die USA gegenüber der Schweiz ganz andere Regelungen durchgesetzt haben, dass die europäischen Standards, was den Datenaustausch mit Staaten betrifft, ganz andere sind und dass es ein Fehler der Bundesregierung war, mit der Schweiz Einzelverhandlungen aufzunehmen. Europäische Verhandlungen wären notwendig gewesen, um die Standards in Europa, was den Datenaustausch betrifft, endlich durchzusetzen.

Dritter Punkt. Herr Kollege Lerchenfeld, Sie kennen doch den Unterschied zwischen der Haltung Eichels und diesem Steuerabkommen so gut wie ich. Amnestie ist bei Eichel: Hosen herunterlassen, alle steuerlichen Sachverhalte auf den Tisch legen. Was Sie machen, ist sozusagen ein Ablass, der letztendlich in vollständiger Anonymität von Steuerhinterziehung abläuft. Das ist eine Art und Weise des Umgangs mit der Steuergerechtigkeit, die mit der Eichelschen Politik überhaupt nichts zu tun hat. Sie stützen die Steuerhinterzieher durch Anonymität. Das ist inakzeptabel.

Nur ein Wort zum Länderfinanzausgleich. Sie haben ein Konzept vorgelegt. Der Finanzminister hat in der öffentlichen Verlautbarung etwas ganz anderes von sich gegeben. Insofern würde ich vorschlagen, Herr Kollege Lerchenfeld: Einigen Sie sich zunächst einmal mit Ihrem Finanzminister über ein Konzept, was den Länderfinanzausgleich und den Steuerföderalismus betrifft, und dann sprechen wir uns in diesem Hause wieder.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Halbleib, Herr Kollege Dr. Bertermann hat sich noch zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Dr. Bertermann.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Sehr geehrter Herr Kollege Halbleib, wiegt die Blockade bei der kalten Progression, durch die Millionen von Arbeitnehmern nicht mehr Geld in der Tasche haben, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf? Sie schädigen durch Ihre Blockade im Bundesrat Millionen von Arbeitnehmern.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Herr Kollege Halbleib, Sie haben das Wort.

Ich weiß nicht, ob man von der FDP Ratschläge entgegennehmen muss.

(Beifall bei der SPD)

Sie haben im letzten Bundestagswahlkampf allen Bürgern blauäugig Steuersenkungen in Milliardenhöhe versprochen. Was haben Sie realisiert?

(Dr. Otto Bertermann (FDP): Herr Halbleib, Sie machen es nicht!)

Sie sind in der Steuerpolitik völlig unglaubwürdig geworden. Punkt 1.

(Beifall bei der SPD)

Zweiter Punkt. Herr Bertermann, Sie müssen mir dann schon sagen, ob Sie auf Nettoneuverschuldung setzen. Sagen Sie das hier. Wenn Sie auf zukünftige Verschuldung setzen, dann sagen Sie das hier. Wir sagen: Wir wollen keine Nettoneuverschuldung. Wir wollen Steuererleichterungen, die in manchen Bereichen durchaus sinnvoll und diskutierbar sind, aber wir wollen unter dem Strich keine Steuersenkung auf Pump. Deswegen hätten Sie sich bewegen können; aber Sie schützen die Spitzeneinkommen in diesem Land. So verstehen Sie Ihre Politik und Ihren Auftrag. Es tut mir leid, Sie hätten die Angelegenheit gestern beenden können. Wir wären zu einem sinnvollen Kompromiss bereit gewesen. Mit dieser FDP und dieser CSU aber war das leider nicht möglich.

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: Bravo!)

Danke, Kollege Halbleib. Bevor ich dem nächsten Redner das Wort gebe, möchte ich mitteilen, dass von der CSUFraktion zum Einzelplan 06 namentliche Schlussabstimmung beantragt wurde.

(Prof. Dr. Michael Piazolo (FREIE WÄHLER): Etwas anderes hätte mich überrascht!)

Jetzt hat der Kollege Reichhart das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Einzelplan des Finanzministeriums ist nicht der größte, aber sicherlich der bedeutendste für den Freistaat. Denn ohne eine funktionierende Finanzverwaltung ist ein Staat nicht handlungsfähig. So zeigt sich unter anderem auch an Griechenland, wie wichtig eine funktionierende Verwaltung ist.

An dieser Stelle bedanke ich mich sehr herzlich im Namen der FREIEN WÄHLER bei den Beamtinnen und Beamten für ihre Arbeit in den vergangenen Jahren, dies insbesondere, da die Arbeitsbedingungen der Finanzverwaltung durchaus als kritisch zu bezeichnen sind. Die Staatsregierung hat in den letzten Jahren einer Überlastung der Beschäftigten bei den bayerischen Finanzämtern in unverantwortlicher Weise einigermaßen tatenlos zugesehen. Da hilft es auch nichts, dass sie jetzt endlich pünktlich zur Wahl zusätzliche Stellen in der Finanzverwaltung schafft. Ich bin überzeugt, die Beschäftigten werden nicht vergessen, dass sie jahrelang vernachlässigt worden sind. Der Krankenstand in der Finanzverwaltung ist nachweislich deutlich höher als in anderen Ministerien und ein guter Indikator der starken Arbeitsbelastung.

Meine Damen und Herren der Staatsregierung, Sie tragen auch die Verantwortung dafür, dass dem Staat jährlich hohe Steuereinnahmen entgehen und die Steuergerechtigkeit in Bayern leidet. Zu der schwierigen Personalsituation an den Finanzämtern kommt die verbesserungsfähige und teilweise auch mangelhafte EDV-Ausstattung. Dies trägt mit dazu bei, die Leistungsfähigkeit derer zu beeinträchtigen, die sich täglich bemühen, die immer größer werdende Flut an Steuergesetzen und Änderungen möglichst bürgerfreundlich umzusetzen und vernünftig zu vollziehen.

Wir brauchen dringend eine zukunftsgerichtete Personalpolitik, die sich an der demografischen Entwicklung und an den steigenden Aufgaben orientiert. Das Durchschnittsalter von deutlich über 50 Jahren in einzelnen Finanzämtern sollte Sie nachdenklich machen. Die Hoffnung, unsere Steuergesetzgebung könnte so reformiert werden, dass das Personal, das heute zur Verfügung steht, den Anforderungen gerecht werden kann, wird sich wohl nicht erfüllen. Umso wichtiger ist es schon heute, die Bedingungen für die Zukunft zu schaffen. Dazu bedarf es einer strategischen Planung, die sich eben nicht an der Kassenlage, sondern an der sich abzeichnenden problematischen Altersstruktur orientiert. Deshalb ist es sicherlich allerhöchste Zeit, die Wiederbesetzungssperre auf drei Monate zurückzufahren. Aber warum, meine Damen und Herren, haben Sie diese Sperre nicht gleich ganz aufgehoben? Warum setzen Sie solche Signale bei den Staatsbeamten? Wir brauchen auch bei der Wiederbesetzung Kontinuität, das heißt, freiwerdende Stellen sind unverzüglich zu besetzen. Als Unternehmer wundere ich mich sehr, dass die Beamten dies so scheinbar klaglos hinnehmen. Aus meiner Sicht würde es Sinn machen, überlappend zu besetzen, um einen reibungslosen Wissenstransport zu gewährleisten. Vielleicht können Sie das mit Orden wettmachen. Ich weiß es nicht.

Herr Staatsminister Söder, nachdem Sie ein Jahr Finanzminister sind, ist die Zeit gekommen, einmal über Ihre Amtsführung zu sprechen. Es mag sein, dass Ihre Amtszeit für Ihren Heimatort Nürnberg vorteilhaft war. Bei den Aktivitäten, die Sie für die Kaiserburg in Nürnberg an den Tag legen, steht sogar zu befürchten, dass Sie diese als Ministerpräsident, der Sie ja gerne wären, als neuen Amtssitz wählen wollen.

Stichwort Ministerpräsident. Wie man hört, ist ihm Ihre Selbstdarstellung scheinbar ein Dorn im Auge. Schön wäre es, einmal zu hören, wie der Ministerpräsident das mit den "charakterlichen Schwächen" und mit dem "vom Ehrgeiz zerfressen" wirklich meint. Aber vielleicht waren das Koseworte und waren wie so oft gar nicht so gemeint.

Tatsächlich und ganz offensichtlich nutzen Sie Ihr Ministerium weitgehend als Profilierungs- und Selbstdarstellungsplattform. Sie haben mit dem Bayerischen Finanzbrief sogar eine Publikation zur Verbreitung eigener Bilder erfunden. Regelmäßig hat diese Informationsbroschüre mehr Ministerportraits als Seiten.

(Zuruf von der CSU: Sie übertreiben aber stark!)

Ansonsten zünden Sie gerne Nebelkerzen in vielen Bereichen, die letztlich Bundesrecht sind. Egal ob Länderfinanzausgleich oder Bayerntarif im Steuerrecht: An blumigen Ankündigungen fehlt es nicht. Wann kommt nun endlich die Klage gegen den Länderfinanzausgleich? Oder warten Sie damit, bis Sie absolut sicher sind, dass kein Urteil mehr vor der kommenden Landtagswahl zu erwarten ist?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Herr Söder, nutzen Sie Ihr letztes Jahr als Finanzminister dazu, Ihre Hausaufgaben zu machen. Das ist Ihre Aufgabe als oberster Verwalter des bayerischen Steuergeldes. Sorgen Sie für eine angemessene EDV-Ausstattung der Finanzverwaltung in Bayern. Sorgen Sie im Bund dafür, dass die Gemeinden-ITProjekte der Länder nicht weiterhin regelmäßig scheitern. Machen Sie sich Gedanken über echte Vereinfachungen im Steuerrecht und verhandeln Sie diese mit Ihren Kollegen aus den anderen Bundesländern. Wirken Sie im Konsens, wenn das möglich ist, auf einen solidarischen und gerechten Länderfinanzausgleich hin, der Anreize für alle schafft, gut zu wirtschaften. Vor allem aber sorgen Sie für eine angemessene Personalausstattung der Finanzverwaltung. Die Mitarbeiter der Finanzämter sichern dem Staat die Einnahmen für die wichtigen und notwendigen Zukunftsinvestitionen in Infrastruktur, Bildung und Energiewende.

An dieser Stelle danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Schlösser- und Seenverwaltung, dem Landesamt der Finanzen und der Vermessungsverwaltung herzlich. Es muss betont werden, und das durchaus lobend, dass das Finanzministerium und die Verwaltung vielleicht sogar trotz des Staatsministers hervorragende Arbeit leisten. Nicht zuletzt ist erfreulich − das sage ich insbesondere als Haushälter -, dass die Schlösser- und Seenverwaltung und die Vermessungsverwaltung einen hohen Deckungsgrad haben. Er beläuft sich auf 98 % in der Schlösser- und Seenverwaltung, abgesehen von den Baumaßnahmen. Dies ist hier besonders lobend zu erwähnen.

Betonen möchte ich auch Folgendes: Wir FREIEN WÄHLER freuen uns darüber, dass die Kaiserburg in Nürnberg so herausragend weiterentwickelt wird. Auch die Baumaßnahmen an den Königsschlössern und am Mainfränkischen Museum in Würzburg im Rahmen des Kulturkonzepts begrüßen wir ausdrücklich. Die Schlösser und Seen stehen für unser Bayern und tragen in hohem Maße zum positiven Bild Bayerns in der Welt bei. Wir würden uns aber wünschen, dass der zuständige Minister mit Herzblut alle − ich betone alle − Projekte so fördert wie die Kaiserburg in seiner Heimatstadt.

Die positive Entwicklung der Vermessungsverwaltung ist hervorzuheben. Sie ist ein Vorreiter im E-Government und bei der Nutzung der Möglichkeiten des Internets für Verwaltung, Bürger und Unternehmer.

Ein letztes Anliegen möchte ich Ihnen, Herr Staatsminister, mit auf den Weg geben. Der Finanzminister sollte auch der oberste Wächter des Vermögens des Freistaates sein. Machen Sie sich stark für die Erhaltung des Vermögens, insbesondere für einen starken Bauunterhalt im Hochbau sowie bei den Staatsstraßen. Lassen Sie es nicht zu, dass Vermögen verkommt und Lasten in die Zukunft verschoben werden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke, Herr Kollege. Als Nächster hat Kollege Eike Hallitzky von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Söder, ich mache mir die Wortwahl des Ministerpräsidenten nicht zu eigen, und ich würde mir wünschen, dass kein Mitglied dieses Hohen Hauses und kein Mitglied des Kabinetts in dieser Art über andere redet.

Nun zu Ihrem Handeln als Finanzminister und zu Ihrem Etat. Ich fange mit dem an, was Ihnen offensichtlich am Wichtigsten ist, nämlich mit Ihrem ausgeprägten Hang zur Selbstdarstellung. Es ist unstrittig in

diesem Hohen Hause, dass die Politik der Staatsregierung in besonders hohem Maße erklärungsbedürftig ist. Das erklärt zwar, aber es entschuldigt nicht, dass Sie im Wahljahr 2013 die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit vervierfachen,

(Volkmar Halbleib (SPD): Hört, hört!)