Frau Kollegin, wissen Sie, dass Sozialchartas eine begrenzte Geltungsdauer haben? Nach fünf Jahren endet der Schutz. Ist Ihnen bewusst, dass das derzeitige Mietrecht nach drei Jahren Mietpreiserhöhungen um 20 % ermöglicht, plus die Umlage von Luxussanierungen, plus zusätzliche Mieterhöhungen auf die Modernisierungsumlage? Ist Ihnen bewusst, dass die Renten aufgrund des derzeitigen Mietrechts keineswegs so schnell wie die Mieten steigen werden? Wie soll ein Mensch, der
60 oder 70 Jahre alt ist und keine allzu hohe Rente hat, in zehn Jahren eine solche Wohnung weiterhin mieten, wenn es zu einem Verkauf an den meistbietenden Privatinvestor kommt? - Das ist meine erste Frage.
Die zweite Frage lautet: Glauben Sie, dass die Kommunen Nürnberg und München, die sich zu einem Konsortium zusammengetan haben, in einem freien Bieterverfahren auch nur den Hauch einer Chance haben, wenn Sie nicht bereit sind, ein gutes wohnungswirtschaftliches Konzept bei der Ausschreibung vorzuschreiben?
Ich würde mich freuen, wenn sich die Städte Nürnberg und München mit der Gesellschaft, die sie gründen, bewürben, was sie bereits angekündigt haben, und wenn sie den Zuschlag erhalten würden. Das wäre eine sinnvolle Sache. Diese Städte sind am nächsten dran. Deshalb würden wir sie gerne unterstützen.
(Harald Güller (SPD): Einen Verkauf in Tranchen gibt es gar nicht! Entweder werden alle Aktien verkauft oder keine!)
- Natürlich können Aktien verkauft werden. Wohnungen werden nicht verkauft, auch wenn Sie das immer wieder zu suggerieren versuchen. Sie erwecken auch immer den Eindruck, dass die Mieter hier umsonst wohnen würden. Bereits jetzt müssen die Mieter für diese Wohnungen und für die Leistungen, die sie bekommen, normale Mieten zahlen. Sie wollen die Mieter beunruhigen und malen Schreckgespenster an die Wand. Das ist nicht in Ordnung.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit aller Deutlichkeit Ihren Vorwurf zurückweisen, die Oppositionsparteien versuchten, den Mietern Angst einzujagen. Wir klären auf und legen die Finger in die Wunde eines politischen Versagens, das in den letzten Jahren stattgefunden hat. Wir sind dafür da, auch einmal eine andere Sicht der Dinge ins Gespräch zu bringen und offen darüber zu diskutieren. Ich weise jedoch mit aller Deutlichkeit und Schärfe zurück, wenn uns hier dumme Angstmache vorgeworfen wird.
Wir müssen wieder einmal über die negativen sozialpolitischen Folgen des Debakels bei der Landesbank
diskutieren. Wir müssen uns nicht über die Verträge der einzelnen Mieter unterhalten, sondern über das EU-Verfahren. Ich möchte ganz klar sagen: Bayern muss sozial bleiben. Die Aussage der FREIEN WÄHLER ist ebenso deutlich: Auf dem Rücken der Mieter, die für dieses Landesbank-Debakel nichts können, darf dieses Problem nicht ausgetragen werden.
Die sogenannte Sozialcharta plus bzw. Sozialcharta XXL erinnert mich an ein Möbelhaus oder an Pommes, aber nicht an seriöse Politik. Solche Begriffe sollten nicht verwendet werden. Vielmehr sollten die Begriffe mit Inhalt gefüllt und definiert werden. Ganz klar muss hineingeschrieben werden, was damit gemeint ist. Werbesprüche helfen hier nicht weiter.
Wir reden hier über das Problem von 80.000 Menschen, die in 33.000 Wohnungen leben. Wir reden über Schicksale von sozial schwachen Familien. Wir reden über Bürgerinnen und Bürger, die in den Ballungsräumen München und Nürnberg in einer angespannten Situation leben. Die Aussage der FREIEN WÄHLER ist deutlich: Wir legen Wert darauf, unverhältnismäßige Mietsteigerungen zu verhindern. Wir müssen Luxussanierungen verhindern. Eine Umwandlung in Eigentumswohnungen darf nicht passieren. Der soziale Wohnungsmarkt in den Ballungsgebieten Bayerns ist angespannt. In Bayern darf deshalb nicht noch mehr sozialer Wohnraum verloren gehen. Die Situation bei den Sozialmieten darf nicht länger angespannt bleiben; sie muss im Gegenteil entspannt werden. Schließlich sind die betroffenen Familien auf Unterstützung und unsere Hilfe angewiesen.
Wir müssen im Wohnungsmarkt darauf achten, dass diese Wohnungen in den Ballungsräumen erhalten werden. Meine Damen und Herren, die Entscheidung muss sorgfältig überlegt und unter Berücksichtigung der sozialen Verantwortung Bayerns getroffen werden. Die FREIEN WÄHLER stehen für ein soziales Bayern. Sollten tausende Sozialwohnungen wegbrechen, verändert Bayern sein Gesicht. Das wollen die FREIEN WÄHLER nicht. Ich unterstelle auch Ihnen nicht, dass Sie dies wollen. Wir müssen gemeinsam eine Lösung finden. Wir dürfen keine Gräben aufbauen, sondern müssen gemeinsam das soziale Gesicht Bayerns erhalten und stärken.
Zusammenfassend möchte ich sagen: Die Dringlichkeitsanträge der SPD und der GRÜNEN sind richtig. Deswegen werden wir sie unterstützen. Ich bitte Sie noch einmal, dies auch zu tun.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Ausgangslage ist wohl jedem klar. Wir hatten eine größere Problematik bei der Bayerischen Landesbank. Der Freistaat Bayern musste 10 Milliarden Euro einschießen. Die EU-Kommission hat aufgrund dieses Einschusses ein Beihilfeverfahren gestartet und uns aufgetragen, die Bilanzsumme der Landesbank drastisch zu reduzieren: von 400 auf 200 Milliarden Euro. Hiermit hat auch die Debatte über den Verkauf der Anteile der Landesbank an der GBW zu tun, die wir heute führen. Wir haben dort Anteile, besitzen aber keine Wohnungen.
Am Anfang muss man die Sachlage darstellen. Denn es ist nicht sicher, ob wir uns darauf in der Diskussion noch berufen können. Wir haben zwar noch keinen offiziellen Schrieb, können aber nach wie vor davon ausgehen, dass die EU-Kommission ein offenes, transparentes, diskriminierungsfreies Verfahren von uns verlangt, um die Anteile der Bayerischen Landesbank zu verkaufen.
Wir haben hier immer erklärt: Wir werden den Verkauf mit einer Sozialcharta verbinden, egal, wie wir dieses Instrument marketingmäßig noch ein bisschen aufpeppen, z. B. durch "Sozialcharta plus" oder "Sozialcharta 3.0". Letztlich geht es darum, dass wir über den hohen Mieterschutz in Deutschland hinaus mit den sozialen Leitlinien, die sich die GBW schon 2010 gegeben hat, Verstärkungen einführen.
In den Leitlinien steht unter anderem, dass es keine Luxusmodernisierung und keine Umwandlung in Wohneigentum gibt. Die Sozialcharta möchten wir als die die Staatsregierung tragenden Fraktionen so in die Ausschreibung geben, dass sie zu einem verpflichtenden Vertragsbestandteil wird. Dieser Bestandteil müsste auch mit Vertragsstrafen bewehrt sein. Dann hätte man ein entsprechendes Druckmittel.
Wenn dies kritisiert wird und man sich auf den Mieterbund beruft, dann kann ich nur sagen: Wo die Kritiker Verantwortung tragen, tun sie nichts anderes. Eine der ersten Maßnahmen der grün-roten Regierung in Baden-Württemberg war, im Koalitionsvertrag den Verkauf der Wohnungen der Baden-Württembergischen Landesbank mit einer Sozialcharta festzuschreiben. Der grüne Ministerpräsident hat sich damals, als die Ausschreibung beendet war und der Sieger bekannt gegeben wurde, dazu hinreißen las
sen, zu sagen, dass der Unterschied von 30 Millionen Euro zwischen dem einen und dem anderen Konsortium wirklich beachtlich ist und 30 Millionen Euro ein Haufen Geld sind. Der Ministerpräsident hat gesagt, die Ausschreibung gehe in Ordnung. Sie war diskriminierungsfrei, transparent und all das, was ich vorhin angeführt habe.
Deshalb finde ich es nicht besonders glaubwürdig, wenn Sie sich jetzt hier in Bayern hinstellen und uns für eine ähnliche Vorgehensweise hart kritisieren.
Trifft es zu, dass Sie tatsächlich nur verpflichtet sind, die GBW-Anteile aus der Landesbank herauszulösen, und dass Sie suggerieren, Sie seien verpflichtet, die Anteile auf dem freien Markt zu verkaufen? Es trifft doch sicherlich zu, dass Sie in der Lage sind, die GBW-Anteile in anderen Bereichen des Freistaats Bayern zu halten. - Das ist die erste Frage.
Die Beantwortung geht von meiner Zeit ab. Deshalb mache ich es schnell. - Nach Informationen des Finanzministers wird in der Feststellung der EU-Kommission stehen, dass eine Beteiligung des Freistaats Bayern an einem Bieterkonsortium beim Verkauf der Anteile ein weiteres Beihilfeverfahren nach sich ziehen könnte. Diese Gefahr, die dort lauert, ist nach unserer Auffassung den Mietern der GBW-Wohnungen nicht zuzumuten. Wir wollen dieses Verfahren so schnell wie möglich abschließen, damit Klarheit darüber besteht, wie die Umstände sind. Wir wollen mit Ihnen darüber nicht ständig diskutieren, weil die Menschen sonst dadurch in Angst und Schrecken versetzt werden.
Frau Kollegin Kamm und Herr Güller, zu Ihren Einlassungen erlaube ich mir eine Grundsatzbemerkung. Ich spreche Ihnen das Recht ab, sich hier in einer Alleinstellung zum Anwalt der Mieter im Freistaat Bayern zu machen. Denn bezüglich des Themas Wohnraumversorgung genügt ein Blick in die Verfassung. Dafür ist im Freistaat Bayern nicht die Staatsregierung zuständig, sondern es handelt sich um eine Pflichtaufgabe der Kommunen. In der Landeshauptstadt München hat Ihr Oberbürgermeister genug Arbeit, um die Wohnraumversorgung hier sicherzustellen.
Frau Kollegin Kamm, ich gebe Ihnen eine kleine Lehrstunde in Sachen soziale Marktwirtschaft: Mietpreise hängen immer auch davon ab, wie sich Angebot und Nachfrage verhalten. Selbstverständlich gibt es hier eine große Nachfrage, aber dann wäre es auch Aufgabe der Landeshauptstadt München und ihres SPDOberbürgermeisters, sich für eine ausreichende Wohnraumversorgung einzusetzen. Aber da versagt er kläglich.
Am 25. Juli dieses Jahres wurde das Beihilfeverfahren abgeschlossen. Die Kommission hat klar und eindeutig festgelegt, dass der Anteil der Bayerischen Landesbank an der GBW bis Ende 2013 zu veräußern ist.
Das Einzige, Herr Kollege Güller, was ich wirklich bedaure, ist, dass es keine Möglichkeit gegeben hat, Sie bei den Verhandlungen der EU-Kommission dabeizuhaben. Wenn Sie dabeigewesen wären, hätten Sie gemerkt, was hier Sache ist, wer hier handelt und wer manchmal leider Gottes auch behandelt wird.
Wir hatten keine andere Möglichkeit. Wir mussten uns nach klaren Vorgaben der EU-Kommission richten. Dafür gab es wettbewerbsrechtliche Gründe. Die Vorgaben der EU-Kommission sind nicht spezifisch für den Freistaat Bayern oder die Bayerische Landesbank, sondern genauso für das Bundesland BadenWürttemberg und die dortige Landesbank.
Der Vergleich mit Baden-Württemberg - das sollten Sie einmal einsehen - zeigt doch, dass die Mieter in Baden-Württemberg nach dem Verkauf an einen Privatinvestor nicht zum Spielball privater Interessen geworden sind. Tun Sie doch nicht so, als ob dort, wo sich Private im Wohnungsmarkt engagieren, nur
Hauen und Stechen geschieht. Vielmehr gibt es einen ausgezeichneten Mieterschutz, selbstverständlich auch im privaten Bereich.
Ich spreche noch etwas an, was der eine oder andere vielleicht vergisst: Wenn es eine Begleiterscheinung der Finanzmarktkrise gibt, die man positiv werten kann, dann ist es die inzwischen bei den Privatinvestoren einsetzende Einsicht, dass irgendwelche windschiefe Hütten in den Vereinigten Staaten von Amerika oder irgendwelche Papiere von Staaten, die kurz vor der Zahlungsunfähigkeit stehen, nicht unbedingt Rendite abwerfen, sondern dass es besser ist, im eigenen Land in den Wohnungsmarkt zu investieren, der langfristig seinen Wert behält und steigert.