Protocol of the Session on July 18, 2012

Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt auf Drucksache 16/13220, den Antrag abzulehnen. Wer entgegen diesem Votum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der FREIEN

WÄHLER. Ich bitte, Gegenstimmen anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Enthaltungen? Das ist die Fraktion der SPD. Vielen herzlichen Dank, damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Thorsten Glauber u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Energiewende jetzt - Bayern braucht ein eigenes Energieministerium! (Drs. 16/12327)

Geschäftsleitend weise ich darauf hin, dass wir diesen Antrag noch vor der Mittagspause erledigen werden. Die weiteren Anträge werden nach der Behandlung der Dringlichkeitsanträge nach der Mittagspause aufgerufen. Herr Kollege Glauber, Sie haben das Wort zur Antragsbegründung.

Herr Präsident, verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst möchte ich meine Forchheimer Gäste auf der Besuchertribüne herzlich im Bayerischen Landtag begrüßen. Außerdem möchte ich von hier aus Herrn Kollegen Tobias Reiß, der momentan erkrankt ist und nicht bei uns sein kann, herzliche Genesungswünsche nach Hause schicken. Er führt die Energiekommission vorbildlich, und ich hoffe, dass er bald wieder bei uns im Hause ist.

(Allgemeiner Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Energiekommission wurde eingesetzt, um die Energiewende in Bayern nach vorne zu bringen. Ich habe damals gesagt, dass ich gegen diese Energiekommission bin, weil sie aus meiner Sicht ein reines Placebo ist und weil sie als Kaffeekränzchen-Runde enden wird. Ich bin heute immer noch der Meinung, dass die Energiekommission falsch ist; denn sie nimmt ein Stück weit die politische Debatte aus diesem Hause. Wir kommen in dieser Energiewende nicht voran.

Weder der Wirtschaftsminister noch der Ministerpräsident haben diese Energiekommission jemals erwähnt. Daher ist es die Frage, ob sie den Aufwand wert ist. Mit unserem Dringlichkeitsantrag, ein eigenes Energieministerium in Bayern zu schaffen, liegen wir genau richtig. Wir haben eine Jahrhundertaufgabe vor uns. Wir wollen eine Energiewende, haben aber den größten Anteil an atomarer Energie in ganz Deutschland. Diese Herkulesaufgabe ist daher eine Staatsaufgabe sondergleichen. Wenn ich von einem Jahrhundertprojekt spreche, müssten das auch die einzelnen Ministerien so sehen.

Der Wirtschaftsminister, der Umweltminister und der Landwirtschaftsminister fühlen sich ein bisschen als bayerische Energieminister. Jeder möchte in Broschüren zeigen, wie toll er ist. Wir kommen aber in der Energiewende nicht voran. Dieses Hickhack um den Preis des Schönsten und des Hübschesten wird uns nichts bringen. Heute sehen wir: Der Ministerpräsident versucht über Herrn Dobrindt, ein eigenes Marktdesign zu schaffen, ein modernes EEG. Ich frage mich, warum wir einen Wirtschaftsminister haben, wenn der Ministerpräsident selbst versucht, am Wirtschaftsminister vorbei ein eigenes Energie-Marktdesign zu schaffen. Wer ist da für was zuständig?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das ist die klare Aufgabe eines Energieministers. Der Wirtschaftsminister fliegt nach Moskau und spricht dort mit Gazprom, aber nicht mit bayerischen Kommunen oder bayerischen Investoren. Ich frage mich, was das für ein bayerischer Wirtschaftsminister ist. Er hat überhaupt nicht erkannt, um was es geht. Er hat bayerische Interessen und nicht russische Interessen zu vertreten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Tobias Thalhammer (FDP): Da habt ihr echt einiges nicht verstanden!)

Wer mit uns bei der Handwerkskammer Oberbayern war, hat genau gehört, was Sache ist. Wir brauchen ein modernes Marktdesign. Sie haben in diesem Hause Folgendes gemacht: Sie haben den Kreis derer, die für das EEG bezahlen, kleiner gemacht. Sie haben mittlere und große Unternehmen entlastet. Das Handwerk in der Person von Herrn Traublinger hat Ihnen klar gesagt, was es davon hält. Die Antworten sind ausgeblieben. Es wäre die Aufgabe eines Wirtschaftsministers, es wäre die Aufgabe eines Energieministers, ein marktfähiges, ein modernes, ein zukunftsgerichtetes, ein mit Marktkapazitäten versehenes, ein Speicherkapazitäten berücksichtigendes EEG zu schaffen, ein EEG, das zukunftsfähig ist, ein EEG, das den Vorrang sicherstellt. Zu all diesen Dingen hören wir nichts. Deshalb fordern wir ein eigenes Energieministerium, um diese Themen voranzubringen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wenn Sie über die Windkraft diskutieren, müssen Sie hinaus. Sprechen Sie mit den Kommunen. Die Kommunen können die Windräder nicht stemmen. Wir alle sprechen von dezentralen Strukturen. Mittlerweile spricht auch die FDP von einer Regionalisierung der Energiewende, da sie merkt, dass ihr die Felle davonschwimmen. Wenn wir aber die Kommunen in die Energiewende einbinden wollen, brauchen wir Staats

bürgschaften. Wir brauchen keine Abenteuer in Kärnten; wir brauchen keine Hotels in Berchtesgaden - wir brauchen Bürger-Windräder; wir brauchen Windräder in kommunaler Hand, die vom Staat bebürgt werden. Da wäre unsere Landesbank gefordert.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Da bekommen wir einen Reinvest. Das wäre gute Wirtschaftspolitik für Bayern. Auch da Schweigen im Walde.

(Thomas Hacker (FDP): Staatswirtschaft!)

Als Letztes möchte ich noch dazusagen: Die Verunsicherung, die Sie in letzter Zeit bei den Verbrauchern geschaffen haben, sucht ihresgleichen. Auch Umweltminister Altmaier fängt schon damit an zu sagen: Na ja, ich weiß nicht, was aus dieser Energiewende wird. Mit diesen Verunsicherungen streuen Sie im Volk nur Unfrieden. Sie müssen positiv vorangehen, Kommunikation betreiben und mit den Bürgern reden.

(Widerspruch bei der CSU)

Sie dürfen nicht immer nur sagen, was nicht geht, sondern müssen mit breiter Brust vorangehen und sagen, was geht. Das wäre eine kraftvolle Wirtschaftspolitik. Diese vermissen wir. Deshalb wollen wir ein eigenes Energieministerium, um die Energiewende herbeizuführen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Alexander König (CSU): Gott sei Dank hat er aufgehört!)

Für die CSUFraktion hat als Nächster Herr Kollege Martin Schöffel das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die ausgleichende Art des Kollegen Reiß ist vom Kollegen Glauber noch gelobt worden. Kaum ist aber Kollege Reiß nicht da, rasten hier im Plenum schon wieder die einen oder anderen aus, wenn es um die Energiepolitik geht.

(Beifall bei der CSU)

Ich bin der Meinung, dass wir uns über dieses Thema ganz sachlich unterhalten sollten. Ich glaube, dass es hierfür auch notwendig ist, zumindest ein wenig zu betrachten, was bei dieser ganzen Geschichte die Aufgaben des Landes und die Aufgaben des Bundes sind.

Ich möchte mit den Aufgaben des Bundes beginnen und zum EEG kommen. Wir haben eigene bayerische Auffassungen, was daran zu verändern ist. Das ist aber natürlich ein Thema, das in Berlin entschieden

werden muss. Forschung und Technologieförderung für Energiespeichersysteme sind ein Thema, das wir mit unserem neuen Haushalt angehen, sind aber auch ein Thema, das deutschlandweit angegangen werden muss. Der Netzausbau, die Abschreibungsmöglichkeiten bei energetischer Sanierung, die Rahmenbedingungen für Investitionen in Reservekraftwerke und die Ausweitung der Kraft-Wärme-Kopplung in Fällen, in denen dies aus wärmeenergetischer Sicht sinnvoll ist, all dies sind Schlüsselthemen der gelingenden Energiewende, aber das sind Themen, die in Berlin geklärt werden müssen.

Ich meine, wir in Bayern können sagen, dass alle Häuser, die mit der Energiewende befasst sind, die Dinge gut voranbringen und auch gut zusammenarbeiten. Ich möchte das Landwirtschaftsministerium nennen, das sich für eine möglichst optimale Nutzung der Biomasse und der Biotreibstoffe einsetzt. Ich möchte das Umweltministerium nennen, das Rahmenbedingungen für die Windenergie in der Gebietskulisse und für die Wasserkraft geschaffen hat und zusammen mit dem Wirtschaftsministerium an der Neugestaltung des EEG mitwirkt, bei dem auch die Gesamtkoordination liegt und die Energieagentur angesiedelt ist.

Wir können allen Ministern in Bayern Dank sagen, dass sie in diesem Bereich diese Dinge voranbringen und auch gut zusammenarbeiten. Ich möchte allerdings nicht verschweigen, dass es selbstverständlich auch Reibungsverluste gibt, wenn mehrere Häuser mit einer Problematik befasst sind. Aber machen wir uns doch nichts vor: Es wird immer eine Schnittstellenproblematik geben. Auch ein Energieministerium hat am Ende das Problem, dass es Schnittstellen zur Wasserwirtschaft, zum Naturschutz und zur Landwirtschaft gibt. Diese Schnittstellen bearbeiten wir mit der Energieagentur und mit der Zusammenarbeit der Ministerien nach besten Kräften.

In dieser Legislaturperiode wird es mit Sicherheit keine Kabinettsumbildung mehr geben; das wäre in der Sache überzogen. Was in den nächsten Legislaturperioden sein wird, ist eine andere Frage. Ich will bei der ganzen Sache auch die Kosten neuer Ministerien nicht völlig außer Acht lassen. Das ist nämlich auch ein bedeutender Faktor. In diesem Sinne können wir dem Antrag leider nicht zustimmen.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Tobias Thal- hammer (FDP): Gott sei Dank nicht zustimmen!)

Für die SPDFraktion hat nun Herr Kollege Bernhard Roos das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Dringlichkeitsantrag der FREIEN WÄHLER mag auf den ersten Blick durchaus Charme aufweisen; denn es ist in der Tat so, dass beim Thema Energiewende sehr viel Missklänge, sehr viel Durcheinander und auch sehr viel Chaos in der Bayerischen Staatsregierung herrschen. Das beginnt schon bei der Frage: Brauchen wir die Energiewende überhaupt, und schaffen wir sie bis 2022 oder nicht? Da haben manche die Hosen absolut gestrichen voll. Herr Zeil wird nicht müde, immer wieder zu betonen: Das ist sehr anspruchsvoll; schaffen wir das überhaupt? Vor lauter Bedenkentragen schafft man es dann auch wirklich nicht und begibt sich der Chance, dieses hoch anspruchsvolle Ziel zu erreichen.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, das ist eine falsche Haltung. Hinzu kommt, dass wir als Oppositionsparteien gesagt haben: Diese Energiewende, das Lernen aus Fukushima ist so wichtig, dass wir einen eigenen Ausschuss im Landtag brauchen. Wenn man einen eigenen Ausschuss hat, dann mag es auch folgerichtig sein, ein eigenes Energieministerium einzurichten. Wir bekamen nicht den Ausschuss, sondern die Kommission. Die Kommission bemüht sich redlich. Der Name Tobias Reiß ist gefallen. Ich schließe mich den Genesungswünschen sehr, sehr gerne an. Er macht zusammen mit dem stellvertretenden Vorsitzenden Ludwig Wörner anständige Arbeit, um die unterschiedlichen Sichtweisen zusammenzubringen und ein hohes Maß an interfraktionellem Konsens zu generieren.

Man fragt sich jedoch, wie wir uns als Legislative und Parlament gegenüber der Staatsregierung durchsetzen können. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den FREIEN WÄHLERN, das Wissenschaftsministerium oder die Staatskanzlei sind genauso involviert. Seehofers Vorschlag, zwei bis drei Gaskraftwerke durch rechnerisch 26.000 zusätzliche Biogasanlagen zu ersetzen, schlägt sich selbst die Füße weg. Das ist absurd. Ich kann nur sagen: Das sind viel zu viele Köche, die den Brei ungenießbar werden lassen. Deswegen wäre es angebracht, ein eigenes Energieministerium zu schaffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zur Laufzeit. Damit meine ich nicht die Restlaufzeit der Atomkraftwerke, sondern die Restlaufzeit dieser Bayerischen Staatsregierung.

(Beifall bei der SPD)

Außerdem betrifft das die Restlaufzeit der schwarzgelben Bundesregierung. Die Bürgerinnen und Bürger erkennen, dass Sie nicht in der Lage sind, die Ener

giewende zu managen. Kaum ist Herr Altmaier im Amt, sagt er: Das werden wir nicht hinbekommen; das ist zu teuer. Das ist - weiß der Teufel was. Genauso ist es in Bayern. Keiner ist da, der in der Energiewende die Federführung übernimmt. Obwohl meine eigene Bundestagsfraktion in Berlin sagt, dass wir ein Energieministerium benötigen, ist es richtig, dieses in Bayern nicht einzuführen. Das wird eine Frage der Gewichtung und des Neuzuschnitts der Bayerischen Staatsregierung in der Koalition mit den GRÜNEN und den FREIEN WÄHLERN unter der Federführung der SPD sein. Im Jahr 2013 werden wir das Richtige dazu sagen. Wir werden die richtigen Beschlüsse fassen. Wir werden die Energiefragen so weit zuspitzen und konzentrieren, dass man mit einer Zunge spricht, selbst wenn es drei Fraktionen sind. Bei SchwarzGelb weiß man nie, wer für die Regierung spricht: Der eine oder der andere? Frau Staatssekretärin, Sie haben die Ehre, darauf zu antworten. Im Moment lehnen wir den Antrag der FREIEN WÄHLER ab. Ich hoffe, dass wir im Jahr 2013 Nägel mit Köpfen machen können.

(Beifall bei der SPD)

Bevor wir in der Debatte fortfahren, darf ich Ihnen das Ergebnis der eben durchgeführten namentlichen Abstimmung über die Listennummer 98 der Anlage zur Tagesordnung bekanntgeben. Das ist der Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN), "Umgehende Regelung der Inklusionsleistungen", Drucksache 16/11872. Mit Ja haben 63 gestimmt. Mit Nein haben 87 gestimmt. Es gab eine Stimmenthaltung. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 4)

Wir fahren mit der Debatte fort. Herr Kollege Dr. Martin Runge, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bei aller Sympathie für die FREIEN WÄHLER und vor allem bei aller Zustimmung zu zahlreichen Initiativen in der Energiepolitik vonseiten der FREIEN WÄHLER können und wollen wir Ihnen bei diesem Antrag nicht folgen. Das Problem in der aktuellen bayerischen Energiepolitik besteht in der weitgehenden Planlosigkeit zu zentralen Handlungsfeldern der Energiewende. Sehen wir uns die Netzpolitik und den Netzausbau an. Für die Thüringen-Oberfranken-Leitung ist kein Ende absehbar. Bei der Stromspeicherung tut sich nichts. Hinsichtlich der Ersatzkraftwerke, der sogenannten Backup-Kraftwerke, brüstet sich die Bayerische Staatsregierung

ausgerechnet mit den guten Kontakten zu Gazprom. Ausgerechnet bei den regenerativen Energien, der Photovoltaik und der Energieeffizienzrichtlinie bremst Schwarz-Gelb.

Selbstverständlich gibt es viele strukturelle Fehler. Wir sollten uns beispielsweise anschauen, mit welchen Leuten die Energieagentur bestückt ist. Dort sind vor allem diejenigen Leute aus dem Wirtschaftsministerium, die sich immer gegen die Energiewende ausgesprochen haben. Wie sollen diese Leute ein solches Projekt wie die Energiewende mit Begeisterung tragen und voranbringen? Wenn sich die Spitze des Hauses darin gefällt, auf die Schwierigkeiten der Energiewende hinzuweisen, anstatt die Energiewende mit Tatkraft voranzubringen, kann das nicht gut gehen.

Nach unserer Meinung ist ein Energieministerium in Bayern nicht zielführend. Wir sollten dafür Sorge tragen - die Wende im nächsten Jahr ist bereits angesprochen worden -, die Regierung zu verkleinern und nicht weiter aufzublähen. Deswegen wäre es unseres Erachtens sinnvoll - das haben wir schon zu Beginn der Legislaturperiode beantragt -, das Umweltministerium aufzupäppeln. Das Umweltministerium soll im weitesten Sinne zuständig für den Klimaschutz und für Fragen der Energiepolitik gemacht werden.